Für alle Fälle

Die Broadcast Solutions GmbH aus Bingen bietet innerhalb Ihrer Ü-Wagen-Produktfamilie Streamline vorkonfigurierte, standardisierte Fahrzeuge in fünf verschiedenen Versionen mit vier bis 16 Kameras an. Sie sind nach Angaben des Unternehmens für jede Broadcast-Umgebung geeignet und lassen sich schnell und kostengünstig realisieren. MEDIEN BULLETIN sprach mit den Geschäftsführern Stefan Breder und Jürgen Kössinger über ihre Strategie beim Ü-Wagen-Bau.

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Für alle Fälle

›Broadcast Solutions zeigte in den vergangenen Monaten wieder auf diversen Broadcast-Messen Flagge. Das Ingelheimer Unternehmen war unter anderem auf der IBC 2014 präsent ebenso wie auf der diesjährigen Cabsat in Dubai oder der Broadcast Asia in Singapur. Vorgestellt wurden hier Ü-Wagen- und Studio-Bau-Lösungen. Highlight beim Ü-Wagen-Bau ist die von Broadcast Solutions entwickelte Streamline-Produktfamilie. Die dazu gehörenden Produktionsfahrzeuge werden in fünf verschiedenen Versionen mit vier bis 16 Kameras angeboten. „Alle Streamline-Fahrzeuge sind fertig vorgeplante und standardisierte Produkte, die mit einem signifikanten Preisvorteil und in kurzer Zeit geliefert werden können – jedoch ohne Kompromisse hinsichtlich neuester Technologien, Qualität und Langlebigkeit“, betont Broadcast Solutions-Geschäftsführer Stefan Breder.

Der Streamline S4 ist das kleinste Mitglied der Streamline Familie. Das Fahrzeug kann mit bis zu vier Kameras betrieben werden, inklusive der optionalen Integration einer SNG. Der S4 basiert auf einem Kastenwagen Chassis (bis zu fünf Tonnen Gewicht) mit der Option einer SNG, die in allen gängigen Frequenzbändern arbeitet.

Der Streamline S6 kann als voll-funktionsfähiger Ü-Wagen mit bis zu sechs Kameras betrieben werden. Er basiert auf einem Selbstfahrer-Chassis mit Kofferaufbau mit einem Gesamtgewicht von bis zu fünf Tonnen. Da die Produktionseinheit als Kofferaufbau realisiert wird, ist die Lieferung laut Brrder auf unterschiedlichen Chassis einfach zu realisieren.

Der Streamline S8 kann mit bis zu acht Kameras betrieben werden und basiert auf einem Selbstfahrer-Chassis mit Kofferaufbau mit einem Gesamtgewicht von bis zu zwölf Tonnen. Mit maximal neun Arbeitsplätzen und einem geräumigen Stauraum kann der Ü-Wagen autonom auch bei größeren Produktionen eingesetzt werden. „Der integrierte Stauraum macht den Einsatz eines zusätzlichen Rüstfahrzeuges unnötig“, erklärt Breder. Da der S8 ebenfalls als Kofferaufbau realisiert wird können auch bei ihm unterschiedliche Chassis verwendet werden.

Der Ü-Wagen Streamline S12 basiert auf einem Trailer-Zugmaschine-Gespann mit maximal zwölf Kameras und 13 Arbeitsplätzen. Er bietet vier separate Bereiche: drei Arbeitsbereiche für Produktion, Audio und Engineering sowie einen geräumigen Stauraum. „Bei Übertragungswagen in dieser Größe ist das einmalig und macht auch ein zusätzliches Rüstfahrzeug überflüssig“, betont Breder.

Die größte Version der Streamline-Ü-Wagen ist der S16, der mit bis zu 16 Kameras betrieben werden kann. Der Trailer bietet Platz für bis zu 20 Arbeitsplätze und verfügt über drei Bereiche für Produktion, Audio und Engineering. Alle Streamline Versionen können mit unterschiedlichen Klimaeinheiten bestückt werden und stellen so den Einsatz der Fahrzeuge unter allen Klimabedingungen sicher. „Der Trend geht eher hin zum Einsatz von kleineren und mittelgroßen Ü-Wagen, die sich in einem wettbewerbsintensiven Marktumfeld möglichst wirtschaftlich effizient einsetzen lassen. Dienstleister müssen ihre Produktionssysteme dabei so zusammenstellen, dass sie perfekt ihren Anforderungen entsprechen“, erklärt Breder. Abstriche bei der Qualität der integrierten Technik würden bei Broadcast Solutions indes nicht gemacht. „Die von uns gebauten Ü-Wagen sind zwar insgesamt kompakter gestaltet, verfügen aber dennoch über hochwertige Technik und schöne Arbeitsplätze“, betont Breder.

Verbaut werden unter anderem 2 M/E-Mischer von Sony oder Grass Valley Mischer, Grass Valley LDX-Kamerasysteme, EVS XT3-Server, Soundcraft oder Lawo Audio-Mischer, Riedel Artist Interkom-Anlagen und Riedel MediorNet Echtzeit-Netzwerke. „Via MediorNet lassen sich alle Signale für Video, Audio, Daten und Kommunikation über ein Glasfaserkabel absetzen. Dadurch müssen nur wenige Kabel verlegt werden und die Aufbauzeiten für den Ü-Wagen können deutlich verkürzt werden. Auch das spielt im Ü-Wagen-Geschäft heute eine große Rolle“, erklärt Breder.

Beim Bau der Streamliner-Ü-Wagen macht Broadcast Solutions von der Planung der Karosserie bis zum kompletten Innenausbau alles in Eigenregie.

Zu den Ü-Wagen-Dienstleistern, die auf Streamline-Fahrzeuge setzen, gehört MPP Mediatec. Das unlängst von NEP übernommene Unternehmen (siehe Beitrag in dieser Ausgabe) hat mittlerweile neun Fahrzeuge dieser Produktfamilie im Einsatz. Zuletzt wurden drei S12 zur Produktion der Basketball-Bundesliga (siehe Beitrag in dieser Ausgabe) geordert. Sie sind seit Oktober 2014 im Einsatz. Ausgestattet sind sie mit 2M/E Grass Valley Mischer, EVS-Plätzen, sechs großen Flachbildschirmen in der Regie, Harris-Kreuzschiene mit integriertem Multiviewer und Tonregie mit Lawo Audio-Mischer MC2 56. „In der Regie reichen Industriestandard-Monitore völlig aus. Hier sind NEC-Monitore installiert. In der Bildkontrolle dann aber höherwertige Monitore“, sagt Breder.

Neben der Bild-Regie mit EVS-Arbeitsplätzen, der Tonregie und dem Bereich Kamerakontrolle sind die S12 von MPP Mediatec mit einem gekapselten und gut klimatisierten zentralen Geräteraum ausgestattet sowie mit einem Stauraum in hinteren Teil. Verkabelt sind sie für den Einsatz von zwölf Kameras, standardmäßig werden aber maximal nur acht Kameras eingesetzt. „Für eine Acht-Kamera-Produktion passt in den Stauraum alles wunderbar hinein. Platz zum Kabeltransport bietet zudem noch der Unterflur des Fahrzeugs“, sagt Breder. „Das Konzept für den S12 hat MPP Mediatec vor vier Jahren mit uns gemeinsam entwickelt. Wir vertreiben das Fahrzeug-Modell jetzt international“, betont er. Unter anderem habe man zwei Fahrzeuge der Baureihe nach Tansania geliefert. Derzeit gebe es ferner Interessenten im Mittleren Osten.

Ein weiterer aktueller Broadcast Solutions-Kunde ist VRT aus Belgien. Insgesamt sechs kleine Reportage- und Newsproduktionsfahrzeuge wurden für das Unternehmen gebaut. Einige von ihnen sind mit SNG-Funktion ausgestattet. Sie bieten Platz für ein Vier-Mann-Team: Fahrer, Kameramann, Journalist mit Arbeitsplatz und Internet-Verbindung und ein Cutter mit Avid Arbeitsplatz, der bei angeschlossenen Quellen auch am Mischer eine Live-Produktion machen kann.

Die meisten Systeme in dem kompakten Fahrzeug wie die Schaltung der elektrischen Gruppen werden vom Innenraum her bedient. Auch remote lässt sich einiges steuern. „Das Fahrzeug ist so gestaltet, dass auch während der Fahrt gearbeitet werden kann. Man kann sich also auf der Fahrt zur Location vorbereiten und nach dem Dreh das Material gleich nacharbeiten. Oder man setzt das Material zwischendurch ab über WiFi oder 4G. Das Auto ist für den schnellen Einsatz konzipiert“, erklärt Breder.

Es verfüge auch über Systeme zur Ferndiagnostik. „Alle Geräte haben Web-Interface oder SNMP-Kontrollmöglichkeiten. Das Auto lässt sich dadurch auch fernwarten wenn es auf einer längeren Produktion eingesetzt wird. Man braucht keinen eigenen Techniker mitnehmen“, sagt Breder. Auch lasse sich die Produktionseinheit ganz einfach in Betrieb nehmen. „Wenn man Gruppen einschaltet fährt automatisch im Hintergrund ein PC hoch und startet unter anderem den Spektrum Analyser und Multiviewer“, erklärt der Broadcast Solutions Chef. Das Fahrzeug hat ein großes integriertes Batterie-Pack an Bord mit dem man ein bis zwei Stunden völlig autark auch mit Uplink arbeiten kann. Das kompakte 3,5 Tonnen Fahrzeug verfügt zudem über einen eigenen Generator, der vom Motor angetrieben wird und während der Fahrt die Batterie laden kann. Im Prinzip lassen sich bis zu drei Kameras anschließen. Bei VRT wird der Reportagewagen aber meist nur mit einer EB-Kamera genutzt.

Nachgefragt werden bei Broadcast Solutions mittlerweile auch 4k-Ü-Wagen. Für Breder ist indes die verfügbare 4k-Produktionstechnik noch nicht ganz ausgereift. „Es gibt noch kein komplett schlüssiges System dafür. Es fehlen noch Produkte. Aber das kann sich bald ändern“, meint er.

Eine Flaute im Ü-Wagen-Bau-Business sieht er heute nicht. „Das bleibt deshalb auch weiterhin unser Kerngeschäft. Unsere Produktionshallen sind gut ausgelastet“, betont er. Allerdings würde weniger für den deutschsprachigen Markt produziert als vielmehr für den internationalen. Interessante Märkte für Broadcast Solutions seien insbesondere Osteuropa, der Mittlere Osten und Teile von Asien.

Auch beim Bau von Studios und Festregien ist Broadcast Solutions heute verstärkt aktiv. „Den Bereich Festinstallation bedienen wir zwar schon seit 15 Jahren, wollen ihn aber jetzt weiter ausbauen“, betont Jürgen Kössinger, Mitgeschäftsführer von Broadcast Solutions. Dabei setzt man unter anderem auf ein eigenes Möbelkonzept mit dem sich laut Kössinger vom Regietisch bis zum kompletten Kontrollraum so ziemlich alles realisieren lässt. Es basiert auf einem stabilen Grundgerüst aus Aluminium Strangpress-Profilen, die sich mit beliebigen Holzmaterialien beplanken lassen. Dieses Verfahren wird auch beim Ü-Wagen-Bau eingesetzt. „Die gesamte Konstruktion ist nur verschraubt und lässt sich dadurch auch jederzeit ändern und erweitern. Und es ist ein sehr hochwertiges Möbel“, betont Kössinger. „Unsere Kunden wollen nicht nur einen einfachen, günstigen Tisch haben, sondern lieber etwas Wertiges und Repräsentatives – auch im Ü-Wagen-Bereich“, sagt er. Heute komme es nicht nur auf die beste Technik an, sondern auch darauf, dass der Arbeitsplatz möglichst angenehm sei. Kössinger: „Man muss sich da wohlfühlen können.“

Eckhard Eckstein

MB 4/2015

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