Neue Infrastruktur für die TV-Zukunft

Zur IBC 2014 in Amsterdam wurden Trend-Themen wie 4k, Ultra HD, Multiscreen, Videostreaming oder OTT diskutiert. Die damit verbundenen Business-Modelle lassen sich indes mit den herkömmlichen Technologien oft nur schlecht umsetzen. Kein Wunder also, dass das besondere Interesse der Besucher den präsentierten innovativen Infrastruktur-Technologien galt. Netzwerk- und IP-basierte Lösungen standen dabei im Vordergrund.

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Neue Infrastruktur für die TV-Zukunft

›Das Fernsehen der Zukunft wird mit klassischen Übertragungsverfahren wie SDI (Serial Digital Interface) nicht mehr auskommen. Broadcaster, die mit ihren Angeboten in der multimedialen Welt wettbewerbsfähig bleiben wollen, sind gehalten, ihre technischen Infrastrukturen zu modernisieren. Das gilt insbesondere mit Blick auf neue Produktions- und Sendeformate wie 4k (Ultra HD). Bandbreiteneffizienz ist mehr denn je gefragt, vor allem aber auch Technologien, die einen reibungslosen Umstieg von den traditionellen hin zu modernen IT-basierten Workflows und Prozessen versprechen. Das wurde auf der IBC 2014 in Amsterdam deutlicher denn je. Das Interesse an entsprechenden Lösungen war sehr groß. Zahlreiche Aussteller versuchten, dem Rechnung zu tragen und versprachen ihren Kunden Begleitschutz bei der Migration in die neue Fernsehwelt.

Evertz beispielsweise stellte zur IBC einen Lösungsansatz vor, der einen nahtlosen Übergang von SDI-basierter Infrastruktur hin zu einem IP-basierten Video-Backbone erlaubt: „SDVN – Software Definiertes Video Netzwerk“ lautet das Stichwort. Den Kern des Evertz SDVN bilden das Media Gateway „IPG” und der 10GbE „IPX“ Switch. 10 Gigabit Ethernet habe sich zu einer attraktiven Alternative zum SDI-Koaxkabel entwickelt, wenn es um den Transport und die Verschaltung von Video- und Audiosignalen geht, sagte Charles Adkinson, Director off Routing Systems bei Evertz. 10GbE bietet viele Vorteile: So verringern sich beispielsweise die Anzahl der notwendigen Kabel, da über ein 10GbE-Kabel mehrere HD Videosignale übertragen werden können. 10GbE wird von Haus aus über Glasfaser übertragen. Damit lassen sich recht einfach „Kreuzschienensysteme“ mit räumlich verteilten Ein- und Ausgängen aufbauen, die zudem mehr Ein- beziehungsweise Ausgänge haben können, als dies mit heutigen SDI-Kreuzschienen möglich ist. Adkinson erklärte: „Evertz auf IPX und IPG basierende SDVN-Plattform gibt ihren Nutzern die gesamte Flexibilität eines 10 GbE-IP-Netzwerkes in Kombination mit der Zuverlässigkeit und Funktionalität einer klassischen SDI-basierten Videoinfrastrukur. Evertz hat die Steuerung des Video-Netzwerkes weitestgehend abstrahiert und in das hauseigene Controller-System MAGNUM implementiert. Damit lässt sich der 10 GbE IPX-Switch wie eine Video-Kreuzschiene bedienen.“ Der Übergang von herkömmlicher SDI- zu 10 GbE-Infrastruktur könne so ohne Einschränkungen im Betrieb und ohne Veränderung der gewohnten Betriebsabläufe geschehen. Sowohl das MAGNUM-Steuersystem, wie auch alle gewohnten Bedienmöglichkeiten, so Adkinson, könnten weiter genutzt und herkömmliche Kreuzschienen-Bedienteile dabei durch Software-basierte Smart Panels und die frei konfigurierbare Evertz-Steuersoftware VUE ergänzt werden.

Networked Media Interface

Evertz unterstützt auch die von Sony initiierte sogenannte „Networked Media Interface“-Initiative. Partner sind auch Altera Corporation, Cisco Systems, Imagine Communications, Juniper Networks, Macnica Americas, Matrox Electronics Systems, Rohde & Schwarz DVS, Vizrt und Xilinx. Bei dem am Sony-Stand vorgestellten Networked Media Interface handelt es sich um eine neue AV-/IP-Schnittstelle, die die Übertragung von HD- und 4k-Videos sowie Audio- und Metadaten über ein Standard-IP-Netzwerk erlaubt. Damit qualitativ hochwertige Video-, Audio- und Metadaten in Echtzeit über Standard-Netzwerkinfrastrukturen übertragen werden können, müssen sie in geeignete Datenpakete umgewandelt werden. Diese Aufgabe übernimmt das Networked Media Interface. Es vereint moderne IP-Netzwerktechnologie mit der aktuellen SDI-Standardschnittstelle für die Videoübertragung in sämtlichen Auflösungen. Während konventionelle Systeme für die Übertragung der Signale (Video-, Audio-, Referenz-, Meta- und Steuerungsdaten) mehrere Kabel benötigen, erfordert das Networked Media Interface nur ein einziges Standard-Netzwerkkabel, das durch herkömmliche Netzwerk-Switches geleitet wird. Sony verfolgt nach eigenen Angaben das Ziel, IP-Produktionen zu vereinfachen, die Akzeptanz IP-basierter Netzwerkübertragungen im Markt voran zu treiben und die Kompatibilität mit Produktionsequipment anderer Hersteller zu optimieren. Das Unternehmen arbeitet an der Entwicklung der LLVC-Technologie (Low Latency Video Codec), um 4k/60p-Videomaterial für die Übertragung über 10-Gbit/s-Ethernet zu komprimieren. Ein Registered Disclosure Document (RDD) für die Patentanmeldung der Codec-Technologie ist in Vorbereitung. Weitere Technologien, die Sony für die IP-Produktion nutzt, sind SMPTE ST 2022-6 und ST 2022-7 für unkomprimierte HD-SDI-Übertragungen über Standard-Netzwerke. Dafür unterstützt Sony auch die Standardisierung von SMPTE 2059, dem Precision Time Protocol (PTP), das die Synchronisierung (IP-Genlocking) und nahtlose Umschaltung zwischen verschiedenen Geräten über IP in Sendequalität ermöglicht. Zur Verbreitung der AV-/IP-Schnittstelle innerhalb der Branche plant der japanische Elektronik-Konzern eine schnelle Lizensierung des Networked Media Interface und will Entwicklungstools und technische Spezifikationen zur Anbindung und Verwendung geeigneter Geräte bereit stellen. Die Technologie unterstützt die direkte Verbindung verschiedener Geräte mit dem IP-Netzwerk über eine bestehende Layer-3-IP-Switch-Infrastruktur. Darüber hinaus macht sie die simultane Übertragung an verschiedene Zielpunkte sowie eine störungsfreie Geräteumschaltung möglich. SD-, HD- sowie 4k-Videoauflösungen werden gleichermaßen verarbeitet. Das neue IP-Live-Produktionssystem ist laut Sony auf Flexibilität und Skalierbarkeit ausgelegt. Anwender sollen damit zu einer Infrastruktur mit mehr Geräten und höheren Videoauflösungen, einschließlich HD und 4k, migrieren können.

4K-Live-Übertragung via IP

Gemeinsam mit BCE (Broadcasting Centre Europe) und Level 3 Communications, dem Betreiber des globalen Glasfaserübertragungsdienstes Vyvx, präsentierte Sony zur IBC 2014 die IP-Live-Übertragung einer vollständigen 4k-Produktion mit einer Bildwechselfrequenz von 50p zwischen Luxemburg und Amsterdam. Die Produktion wurde im Live-Studio von BCE in Luxemburg mit der Sony-Kamera PMW-F55 in Ultra High Definition aufgezeichnet und auf der IBC 2014 gezeigt. Die Live-Produktion demonstrierte die bidirektionale Übertragung von 4K- Signalen einschließlich Audio- und PTZ-Fernbedienung für das Schwenken, Neigen und Zoomen der Kameras. Die Echtzeit-Fernproduktion in 4K/50p mit IP-Übertragung aus Luxemburg war auch am Stand von BCE zu sehen. Das Unternehmen errichtet aktuell eine neue, hochmoderne Produktionsstätte in Luxemburg und plant, die gesamte AV-Infrastruktur innerhalb des Gebäudes per IP zu konfigurieren. BCE sieht IP als Garanten für enorme Flexibilität rund um Aufnahmeformate und -konfigurationen. Auf diese Weise will man den Kunden eine breitere Inhalteauswahl anbieten und gleichzeitig laufende Kosten für die IT-Wartung reduzieren. „Rundfunkanstalten profitieren von Einsparungen bei den Betriebsausgaben, denn Live-Übertragungen via IP ermöglichen einen minimalen Bedarf an Personal, Ü-Wagen und Verkabelungen für einzelne Projekte“, erklärte Claus Pfeifer, Strategic Marketing Manager Live Production bei Sony Professional Solutions Europe, in Amsterdam. Und Gusty Feinen, Manager of New Technologies bei BCE meinte: „Wir betrachten Live-Übertragungen über IP als revolutionäre Neuerung, denn das Verfahren bietet Sendeanstalten eine leistungsstarke Kombination aus Flexibilität, kreativer Kontrolle und uneingeschränkter Mobilität. Wir sind überzeugt, dass diese Technik über die kommenden Monate und Jahre hinweg eine bedeutende Rolle spielen wird, denn Live-Sendeanbieter betrachten 4k-Bildqualität zunehmend als Alleinstellungsmerkmal. Gleichzeitig müssen aber auch die Kosten und logistischen Notwendigkeiten auf einem vertretbaren Niveau bleiben.“

Erste Lösungen für IP-Routing und -Steuerung mit dem VSM-System zeigte L-S-B Broadcast Technologies an seinem IBC-Stand. „Die zunehmende Verbreitung von IP-Infrastruktur in die Produktion innerhalb der Broadcast-Industrie wird das Aussehen von und die Arbeit in Produktionseinheiten massiv verändern – ganz gleich ob Studio, MCR oder OB-Van. Die IP-Technologie hebt die bisherige direkte enge Verbindung zwischen Signalen und der Infrastruktur auf und erhöht die Flexibilität bei Arbeitsabläufen, verwendeter Hardware und komplexen Sendeanlagen“, meinte L-S-B-Geschäftsführer Wilfried Luff. L-S-B biete mit seiner Technologie eine sichere Lösung und Strategie, um den Wechsel in die IP-basierte Broadcast-Welt zu meistern. Mit dem VSM-System sei eine umfassende Steuerung von Broadcastanlagen, ohne Rücksicht auf die eingesetzte Hardware, bereits Realität. Weiterhin soll das VSM-System um eine erweiterte IP-Funktionalität ergänzt werden, die eine Anbindung in IP-basierten Netzwerken, ähnlich einer Router-Integration, des VSM-System möglich macht. Der VSM steuert IP-Netzwerke und Signale durch die direkte Anbindung und Steuerung von Media Convertern, wie etwa dem Lawo V_Link4. Das Routing der Signale innerhalb des IP-Netzwerkes wird durch die neue VSM IP-Routing Funktionalität gewährleistet.

Innovative Infrastrukturlösungen, das zeigte die IBC, sind auch im Postproduktionsbereich zunehmend gefragt. Interessant war für viele Besucher etwa die Europa-Premiere von Quantels Genetic Engineering 2. Die Netzwerklösung gibt mehreren Postproduktionssystemen wie Pablo Rio und Pablo PA Zugriff auf einen gemeinsamen Arbeitsspeicher und ermöglicht einen Echtzeit-Workflow mit dem derzeit höchsten Auflösungsformat 4k 60p. GE2 erlaubt den Postproduktionsstudios, das Material weiter zu bearbeiten, während das 4k/60p-Footage eingelesen wird oder bereits fertig geschnittene Beiträge für den Playout vorbereitet werden. GE2, betont das Unternehmen, beschleunige deutlich den gesamten Postproduktionsprozess und sorge für eine größere Flexibilität, da hochauflösende High-End-Formate in verschiedenen Suiten parallel bearbeitet werden können. GE2 ist laut Quantel eine skalierbare Systemlösung, die für jede Produktionsumgebung und Produktionsgröße konfigurierbar ist. Die lieferbare Größe des Speichers für den GenePool rangiert von 22 TB für die Bearbeitung von HD-Produktionen in zwei Suiten bis zu knapp 400 TB, was als Speicherkapazität ausreicht, um an mehreren Systemen gleichzeitig verschiedene 4k- oder 6k-Bearbeitungen vorzunehmen. „Postproduktionshäuser müssen in der Lage sein, ihre Ressourcen vollends auszuschöpfen, um für jeden Auftrag mit jedem System und Operator das absolute Maximum leisten zu können“, sagt der Quantel Marketing Direktor Steve Owen. „Wir haben mit Genetic Engineering 2 eine hochgradig effiziente Systemlösung entwickelt, mit der die Postproduktionsfirmen Zeit und Geld sparen und darüber hinaus eine größere Flexibilität erhalten.“

IP-basierte Audio-Plattformen

Im Audio- und Intercom-Bereich spielten innovative Netzwerktechnologien auf der IBC 2014 ebenfalls eine zentrale Rolle. Riedel Communications stellte hier beispielsweise mit Tango TNG-200 seine erste vollständig netzwerkbasierte Plattform auf Basis der Kommunikationsstandards AES67 und AVB vor, die für eine Vielzahl von Kommunikationsszenarien geeignet ist. “Wir haben den Netzwerk-Gedanken stets als wesentlichen Ansatz unserer Technologie betrachtet”, meinte Thomas Riedel, CEO von Riedel Communications. „Wir freuen uns, mit Tango die weltweit erste vernetzte und erweiterbare Hardware-Plattform auf der diesjährigen IBC zu präsentieren. Tango ist als besonders offene und flexible Plattform konzipiert.” Neben einem leistungsfähigen Prozessor verfügt Tango TNG-200 über zwei integrierte digitale Riedel Partylines, zwei AES67 und AVB-kompatible Netzwerk-Ports, zwei Ethernet Ports, einen Option-Slot und redundante Stromversorgung. Tango TNG-200 ist nicht nur mit allen Riedel Intercom-Panels voll kompatibel, sondern auch mit dem neuen RSP-2318 Smartpanel. Die Tango TNG-200 Plattform wird durch die Verwendung der ebenfalls neu vorgestellten Intercom-Applikation zu einem leistungsstarken Intercom-System, das laut Riedel leicht an die Bedürfnisse des Anwenders angepasst und erweitert werden kann; so auch die Audio-Kreuzschienengröße, die ab 40 x 80 verfügbar ist. Die asymmetrische Anordnung von 40 Eingangs- und 80 Ausgangskanälen ist eine weitere Riedel-Innovation. Konfiguriert wird Tango über die neue Software Pulse. Anwender können über Pulse auf die Plattform und die darauf installierten Applications wie Intercom zugreifen, um Einstellungen vorzunehmen.

Auch Lawo zeigte auf seinem stark frequentierten Stand unter dem Motto „IP Live Production Infrastructur Today“ interessante IP-basierte Lösungen. Dazu zählte insbesondere die All-in-one Video-over-IP-Plattform V_link 4 (siehe auch das Interview mit Lawo-Vorstand Philipp Lawo in dieser Ausgabe).

Im Kabelbereich zeigt man ebenfalls auf die neuen infrastrukturellen Herausforderungen im Broadcast-Markt vorbereitet. Belden präsentierte dazu am Stand von Grass Valley sein komplettes Leistungsportfolio. Ein Messe-Schwerpunkt des Unternehmens, das unlängst Grass Valley und Miranda übernommen hat, waren innovative Kabel und Steckverbindungen, die für Videoübertragungen in HD, 3G und 4k geeignet sind. Auf der IBC 2014 stellte Belden dazu unter anderem die neue Modellreihe Belden Duobond Plus DNH vor. Ebenfalls neu ist das SMPTE311 HD Camera Assembly, das 720p, 1080i und 1080p unterstützt. Die Lösung eignet sich für die bidirektionale Datenübertragung auf einer Länge von bis zu vier Kilometern. „Das wichtigste Thema bei der Weiterentwicklung der Rundfunktechnologie ist 4k”, betonte Werner Eich, Marketing Manager für Broadcast Connectivity EMEA von Belden. „Für 4k haben wir schon heute die entsprechenden Produkte parat – und zwar nicht nur Kabel, sondern auch Infrastrukturlösungen für die IT-Welt wie komplette Schränke für das Kabel-Management“, sagte Eich. Das neue Tochterunternehmen Grass Valley, welches nun damit beginne, die eigenen Router in die IT-Welt zu transformieren, könne man deshalb sehr gut auf seinem Weg unterstützen. Eich räumt allerdings auch ein: „Das Geschäft beim Umstieg von traditionellen Broadcast- auf IT-Infrastrukturen brummt noch nicht wirklich. Es ist ähnlich wie bei 4k: Alle Leute reden darüber, aber die wenigsten nehmen jetzt schon das Geld dafür in die Hand.“ Eich kündigte an, dass Belden voraussichtlich zur NAB 2015 ein Daten-Kabel für 4k-Produktionen anbieten werde, das dann mehrere SDI-Signale gleichzeitig übertragen könne.

Grass Valley selbst hielt zur IBC 2014 ebenfalls die IP-Fahne hoch. Mike Cronk, Senior Vice President of Strategic Marketing, erklärte im MEDIEN BULLETIN-Interview: „Die Broadcast-Industrie befindet sich in einer sehr spannenden Zeit. Nie ging der technologische Wandel so schnell von statten wie heute.“ Rundfunksender seien mit vielen neuen Formaten wie 4k oder HLS für Videostreaming konfrontiert. Neue Player wie Netflix würden auf den Markt kommen, die mit innovativen Geschäftsmodellen für Unruhe sorgen würden. Die Sender müssten schneller auf neue Herausforderungen reagieren können als je zuvor. „Wir von Grass Valley wollen deshalb die Investitionen unser Kunden zukunftssicher machen und ihnen Equipment zu günstigen Preisen liefern, das sie heute einsetzen können, das aber auch schon für alle Zukunftsanforderungen vorbereitet ist“, erklärte Cronk. Für alle Sender sei schließlich die Agilität im Geschäftsleben entscheidend, um problemlos und schnell Formate zu wechseln oder neue Kanäle oder Businessmodelle zu starten. Cronk: „Dabei hilft uns die IP-basierte Technologie ungemein.“ Ein Sender der heute seine Produktion auf IP-Infrastrukturen aufsetze habe viele strategische Vorteile. Er könne etwa formatunabhängig agieren und leichter Remote-Produktionen realisieren. Grass Valley investiere deshalb über alle Produktlinien hinweg stark in die Entwicklung von IP-Technologien. Zur IBC gezeigt wurde unter anderem wie die Software Defined Network (SDN) Technologie von Grass Valley, Broadcastern möglicht, Switches von Drittanbietern aus der IT-Industrie zu kontrollieren, gleichzeitig aber ihre Workflows mit gewohnten Kontrollpanels weiter zu betreiben.

Wie bei Grass Valley so standen Cloud- und IP-basierte Lösungen auch bei Imagine Communications zur IBC im Vordergrund. Das Unternehmen hat die integrierte, IP-basierte Playout-Plattform VersioCloud auf den Markt gebracht. Sie ermöglicht Medienunternehmen, das Management von Videos und das Channel-Playout aus der Cloud. „Die Nutzer heutzutage haben eine wachsende Zahl von Alternativen beim Videokonsum, vom linearen Fernsehen bis zu Over-the-Top-Angeboten. Wenn Medienunternehmen Marktanteile wahren und die Zuschauer für ihre Inhalte begeistern wollen, dann müssen sie ihre technische Infrastruktur heute darauf einstellen“, meinte Charlie Vogt, CEO von Imagine Communications. VersioCloud könne sie dabei unterstützen: Nach Herstellerangaben handelt es sich dabei um die einzige professionelle Lösung, die vollständig auf Software-Basis und handelsüblichen IT-Plattformen betrieben werden kann. Durch die Verknüpfung von VersioCloud mit dem Workflow-Managementsystem Zenium von Imagine Communications können Inhalteanbieter das Playout in der Cloud nach ihren individuellen Anforderungen konfigurieren. Mit VersioCloud können alle integrierten, traditionellen Playout-Anwendungen nun in der Cloud genutzt werden: Dazu zählen Branding, Grafiken, automatische Prozesse sowie die Steuerung der Server. Zu dieser Lösung gehören auch das kürzlich gestartete Softwarekontrollsystem Magellan SDN Orchestrator sowie die Kompressions- und Prozessanwendung Selenio, die das transparente Management von Inhalten auf Basis von SDI, ASI und IP ermöglicht. Damit, so der Hersteller, ist der nahtlose Austausch zwischen IP und anderen Protokollen möglich.

Imagine-CEO Charlie Vogt erklärte auf der IBC: „Der Übergang von Baseband zu IP ist heute das zentrale Thema in der Branche. Unser Ziel ist es, den Weg dafür zu ebnen. In den kommenden zwei bis drei Jahren wird hier viel passieren.“ Er sprach sich für ein „offenes und kollaboratives“ Miteinander beim anstehenden Technologiewechsel aus. Vor diesem Hintergrund wurde in Amsterdam auch eine neue Kooperation mit Microsoft bekannt gegeben. Gemeinsam will man die nächste Zenium-Generation zum Einsatz auf Microsofts Azure Media Services vorbereiten. Hierbei handelt es sich um eine offene und skalierbare Plattform, die Anwendern erlaubt, Prozesse bei der Entwicklung und beim Management von komplexen Medienworkflows zu vereinfachen.

Stefan Weidner, Director Nordic & Central Europe von Imagine, betonte in Amsterdam: „Wir sind dabei, die Produkte, die in der Vergangenheit sehr hardwarelastig waren zu virtualisieren, um so die Möglichkeit zu bieten, eine Software auf Standard-IT laufen zu lassen. Das gilt zum Beispiel auch für das Produkt Versio, das eine Kombination aus Playout Automation-, Grafik- und Videoserver-Funktionalität darstellt. Kunden erwarten von uns, als einer der großen Player im Markt, entsprechende Lösungen angeboten zu bekommen. Wir sehen In den letzen Monaten einen sehr starken Trend in Richtung IT-basierte Infrastrukturen mit Standardhardware auf der dann unsere Softwarelösungen laufen werden.“ Dabei dürfe man aber nicht vergessen, dass Imagine-Kunden auch nach wie vor traditionelle Produkte benötigen würden. Weidner: „Unsere Strategie sieht hier so aus, dass wir unseren Kunden anbieten, sie auf ihrem Migrationsweg, der vielleicht eine ganze Dekade dauert, zu begleiten – mit Produkten, die man heute kaufen kann, traditionelle Baseband-Technologie, wo wir aber Schritt für Schritt die Möglichkeit anbieten, auf eine IP-basierte Infrastruktur umzustellen.“

Nicht alle Hersteller verfolgen hier die gleiche Strategie. „Wenn es um Live-Übertragung geht, dann ist SDI immer noch King“, meinte etwa Jeff Moore, Executive Vice President und Chief Marketing Officer bei Ross Video. Den Einsatzbereich von IP- und Cloud-basierte Lösungen sehe sein Unternehmen eher bei der Postproduktion. „Unser Geschäft ist die Live-Produktion. Alle unsere Mischpulte und Grafiksysteme spielen in dieser Welt. Hier geht es um Echtzeit und niedrige Latenzen. In einer Liveproduktionsumgebung ist ein Minimum an Verzögerung und ein Maximum an Reaktionsbereitschaft gefragt. Und das bietet SDI.“ Wann die Umstellung auf IP-Infrastrukturen sich durchsetzen würde sei noch völlig unklar. Der Hype bei IP habe mit der Realität zu tun. „SDI ist nach wie vor der richtige Weg in einer Live-Produktionsumgebung. Unsere Kunden wollen praktische Lösungen, die funktionieren“, meinte Moore.

Eckhard Eckstein

MB 6/2014

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