Programm für die ganze Familie

SUPER RTL ging im April 1995 auf Sendung. Gesellschafter sind zu je 50 Prozent die RTL Group und der Disney-Konzern. Der Spartensender richtet sich hauptsächlich an Kinder und Jugendliche und hat einen hohen Anteil an Animations serien und -filmen im Programm. SUPER RTL hat in der Vergangenheit erheblich von den Programmzulieferungen seines Gesellschafters Disney profitiert. Seit Januar 2014 betreibt Disney mit dem Disney Channel einen eigenen Sender, der exklusiv Disney-Produktionen im deutschen Free-TV zeigt. Wie SUPER RTL die freien Programmflächen füllt und damit weiterhin Marktführer bleiben will, erläutert Frank Dietz, Leiter Programmeinkauf & Koproduktion bei SUPER RTL, im Interview.

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Programm für die ganze Familie

Wofür steht SUPER RTL heute? Welche Zielgruppen spricht der Sender an?

In der Daytime sind wir ein Sender für die Drei- bis 13-Jährigen. Am Vormittag stehen die Vorschüler im Vordergrund, ab zwölf Uhr geht das Programm in Richtung der Sechs- bis 13-Jährigen. Je älter der Tag, desto älter unser Publikum. Die Prime-time gestalten wir als familienfreundliches Umfeld, das die Kinder nicht verschreckt. Im Gegenteil: Mit unseren hochwertigen Animations- und Zeichentrickformaten am Freitag und den Animationsserien am Samstag wie „Star Wars: The Clone Wars“ bieten wir ein attraktives Umfeld für die ganze Familie. Der Freitagabend mit dem „Family Cartoon“ hat sich als fester Sendeplatz für Familien etabliert, so wie der ‘Tatort’ am Sonntagabend für Erwachsene.

Wie sieht es mit den Marktanteilen von SUPER RTL aus?

SUPER RTL hatte im vergangenen Jahr einen durchschnittlichen Marktanteil von 23,3 Prozent in der Zielgruppe der Drei- bis 13-Jährigen (6.00 bis 20.15 Uhr). Der gebührenfinanzierte Kinderkanal kam auf 20,1, Nickelodeon auf 11,6 Prozent.

Das heißt, SUPER RTL ist im Bereich Kinderfernsehen Marktführer?!

Ja, wir sind seit Februar 1998 die unangefochtene Nummer 1 bei den Kindern.

Welchen Anteil hatten daran die von Disney zugelieferten Programme?

Die Disney-Programme waren in der Aufbauphase des Senders sehr wichtig, da sie für Aufmerksamkeit und Zuschauer gesorgt haben. Sie hatten einen Anteil von circa 25 bis 30 Prozent des ausgestrahlten Programms. Glücklicherweise gibt es einen sehr lebendigen Markt für Animationsprojekte. Im Laufe der Jahre haben wir ein enges Partner-Netzwerk aufgebaut. Darüber versorgen wir uns mit Serien, die sich mit den Disney-Produktionen messen können und quotenseitig genauso erfolgreich sind. Insofern können wir den Wegfall der Disney-Programme gut verkraften. Wir hatten genügend Zeit, um uns auf die Umstellung vorzubereiten und konnten so das Disney-Programm graduell ersetzen.

Eigentlich war am 31. Dezember Schluss mit Disney-Programmen, die zweite Staffel von „Once Upon a Time“ läuft jedoch auch noch in diesem Jahr. Wie kommt dies?

Die Gesellschafter von SUPER RTL sind zu je 50 Prozent die RTL Group und Disney. RTL hat einen mehrjährigen Vertrag mit Disney und „Once Upon a Time“ ist Teil dieses Deals. Die Serie kommt also von RTL zu uns, obwohl sie eine Produktion des zu Disney gehörenden US-Senders ABC ist.

„Dragons – Die Reiter von Berk“ stammt von Dreamworks. SUPER RTL hat einen Volumendeal mit Warner Bros. Und auch Disney ist eine Marke. Wie wichtig ist heute aber noch die Marke Produktionshaus? Ist es für das Publikum nicht viel relevanter, dass das Programm, die Serie an sich eine Marke ist?

Das kommt darauf an, über welchen Markt wir sprechen.

Im Zuschauermarkt geht es in erster Linie um Inhalte, um Charaktere und um die Qualität einer Serie. Im B-2-B-Markt, wo die Akzeptanz der Werbekunden im Vordergrund steht, ist eine extrem bekannte Marke wie Dreamworks sehr hilfreich.

Es gibt kaum ein Animationsstudio, das als Qualitätslieferant international so renommiert ist. Pixar produziert keine Serien und Disney hat verschiedene Marken unter seinem Dach, zum Beispiel Marvel oder Disney Animation. Für uns ist es sehr wichtig, mit Partnern wie Dreamworks oder auch Warner Bros. zu arbeiten, da diese Marken bei den Werbekunden für Vertrauen auf zukünftigen Erfolg sorgen.

Erschwert es nicht die Chancen europäischer und deutscher Produzenten, Programme an SUPER RTL zu verkaufen, wenn das Renommee des Produktionshauses ein solches Gewicht hat?

Nein, ganz im Gegenteil. Zum einen ersetzt Dreamworks Disney nicht komplett und zum anderen hatten wir auch in der Vergangenheit einen großen Bedarf an Programm – immerhin waren mindestens 70 Prozent davon nicht von Disney. Diesen Bedarf können wir nur über den Independent-Sektor abdecken. Das ist eine klare Botschaft an den Markt: Wir brauchen die unabhängigen Produzenten! Und von dort kommen ebenfalls Quotenerfolge, wie zum Beispiel „Angelo!“ oder „Sally Bollywood“.

Was hat SUPER RTL neben den Volumendeals mit Dreamworks und Warner Bros. noch eingekauft, um sich für die Zeit ohne Disney zu rüsten?

„Calimero“ von Gaumont Animation oder die Pre-School-Serie „Peter Hase“ von Silvergate. Wir hatten 2013 wahrscheinlich die höchste Schlagzahl an Neuabschlüssen in der Geschichte von SUPER RTL. Jetzt schon zu sagen, welche Titel 2014 neu hinzukommen werden, ist allerdings noch zu früh.

Welche Rolle spielt die Verlängerung von Kinder-Programmen ins Internet oder auf Second Screen-Anwendungen?

Die Verlängerung und Verzahnung mit diesen Plattformen spielt eine große Rolle, da sie gute Möglichkeiten für die Promotion und den Aufbau von Programmen bieten. Das hat man sehr schön an der Serie „Dragons – Die Reiter von Berk“ gesehen, die mit 25,7 Prozent in der Kernzielgruppe erfolgreicher war als die Disney-Serie „Phineas und Ferb“ mit 21,7 Prozent. Durch entsprechende Aktionen vor Serienstart konnten wir die Welt von Berk, das Thema der Serie und ihre Charaktere bekannt machen. Das Spektrum der digitalen Medien reicht von der Unterstützung für die Ausstrahlung im Fernsehen bis hin zur Verlängerung des Fernsehprogramms durch neue Inhalte auf den digitalen Plattformen.

Wie ist die Mischung von Fiction und Animation im Programm?

Die Daytime ist sehr animationslastig, obwohl wir viel Wert auf Edutainment-Programme wie „Woozle Goozle“ oder „Wow – Die Entdeckerzone“ legen. Die Primetime ist eher von Real-Fiction dominiert.

Wie sieht es im Abendprogramm bei SUPER RTL aus? Dort laufen ja Programme, die eindeutig für junge Erwachsene sind wie etwa die Serie „Pretty Little Liars“.

In der Primetime ist die Konkurrenzsituation deutlich verschärfter. Man muss sich einfach vor Augen führen, wie viele neue Spartensender an den Start gegangen sind, die sich nun positionieren. Daher schauen auch wir uns verstärkt nach Formaten um, mit denen wir unser Profil schärfen können. Da gibt es ‘Tentpoles’ wie die schon erwähnten Freitage und Samstage. Im Rest der Woche geht es in Richtung frauenaffine Programmierung – immer unter der Maßgabe, dass die Kinder mit den Müttern schauen können.

Wie groß ist der Anteil europäischer Animationsproduktionen bei SUPER RTL?

Wo eine Serie produziert wird, ist für uns zweitrangig. Welche Geschichte wird erzählt, mit welchen Charakteren? Sind die Protagonisten mit Identifikationspotential ausgestattet, werden Kinder gut unterhalten, finden sie sich in den Geschichten wieder und sind diese für Kinder relevant? Das sind die wichtigsten Kriterien. Für uns ist wichtig, dass ein Thema kreativ entwickelt und finanziert wird. Wir bekommen ja ein fertiges Produkt und es gibt verschiedene Finanzierungsinstrumente. Diesbezüglich ist der französische Markt am besten aufgestellt, da es in Frankreich mit der Förderung des CNC ein sehr schlagkräftiges Finanzierungsinstrument auch für Animationsserien gibt. Das haben wir in Deutschland nicht. Aus Großbritannien beziehen wir viel Pre-School-Programm und auch Kanada hat sich als wichtiger Markt etabliert.

In Deutschland werden Serien generell nicht gefördert. Die deutschen Animationsproduzenten fordern jedoch eine entsprechende Unterstützung wie in Frankreich. Ist es damit getan oder könnten deutsche Projekte auch etwas mehr Kreativität brauchen?

Wir haben in Deutschland ein üppig ausgestattetes, gebührenfinanziertes Fernsehsystem. Einige Produzenten konnten von den gut gepflegten Beziehungen dorthin sicher ganz gut leben. Umgekehrt ist es so, dass bei der Unterstützung der Produzenten noch Luft nach oben ist. Wir sind bei SUPER RTL durchaus bereit, uns für deutsche Produktionen zu engagieren – wenn sie in unser Programm passen. Ein gutes Beispiel dafür ist die Serie „Leo Lausemaus“ von M4E.

Wie wichtig ist der Finanzierungsmarkt für Animationsserien Cartoon Forum, der jedes Jahr im September in Toulouse stattfindet, für SUPER RTL?

Cartoon Forum ist der frühest mögliche Zeitpunkt, um von Projekten zu erfahren und zu sehen, wer kreative Wagnisse eingeht. Zudem ist es ein sehr guter Wasserstandanzeiger für die Bereitwilligkeit von Sendern, in ein Vorfinanzierungsrisiko zu gehen. Für uns ist dieser Markt extrem wichtig, um sowohl die Produzenten als auch die Senderkollegen an einem Ort zu treffen, sich auszutauschen und zu diskutieren, welche neuen Ideen und Projekte das Zeug haben, sich zu den nächsten Hits zu entwickeln. In den vergangenen Jahren hat sich das Cartoon Forum auch gegenüber Ländern außerhalb Europas geöffnet. Diese Entwicklung ist sehr positiv, denn es wird immer schwieriger, Animation zu finanzieren, weshalb sich Animationsproduzenten mit ihren Stoffen internationaler aufstellen müssen, um neue Partner zu finden. Als Partnerschaftsplattform ist Cartoon Forum daher aus dem Markt nicht mehr weg zu denken.

Ist Cartoon Forum auch ein Ort, an dem die Sender Produzenten Ideen vorschlagen, die sie sich für ihr Programm wünschen?

Es findet ohnehin ein permanenter Austausch statt, nicht nur beim Cartoon Forum. Das wäre auch zu wenig.

Cartoon Forum zeigt die ganze Bandbreite an Animationsserien von Pre-School bis hin zu Animation für junge Erwachsene.

Letztere bekommt man hierzulande aber nicht zu sehen, solange es sich nicht um US-Importe handelt. Könnte SUPER RTL nicht eine Nachtschiene einrichten?

Erwachsenenanimation ist für uns kein Thema, weil wir das Publikum nicht haben und das interessierte Publikum die Angebote kaum findet. Man kann das nicht einfach unter dem Banner Animation zusammenfassen, denn dafür ist Animation viel zu differenziert.

SUPER RTL hat 2013 den jährlich beim Cartoon Forum vergebenen Cartoon Tribute als Europäischer Sender des Jahres erhalten. Das kam komplett unerwartet. Sie saßen im Saal ganz oben und es dauerte einige Minuten bis sie unten waren. Was bedeutet diese Auszeichnung für Sie?

Das war nicht nur ein sehr schöner Moment, sondern vor allem eine großartige Auszeichnung für den Sender, der über die Jahre kontinuierliche Arbeit geleistet hat und als verlässlicher Partner wahrgenommen wird. Ich begreife das als Signal, dass die Landschaft nicht einfacher wird und mit Disney einen neuen Player bekommt, der eine eigene Agenda verfolgt.

Ich denke, dass SUPER RTL für unabhängige Produzenten der denkbar beste Partner ist, weil wir Projekte erfolgreich mit Marketing und Promotion unterstützen und dadurch zum Erfolg führen können. Mit Neustarts wie „Peter Hase“, „Zig & Sharko“ oder „Dragons – Die Reiter von Berk“ haben wir gezeigt, dass wir Themen wirklich groß machen können. All das ist in diese Wahl mit eingeflossen – wenn man bedenkt, dass France Television mit einem weitaus größeren Budget ebenfalls nominiert war, dann war es schon eine große Überraschung, dass wir den Tribute mit nach Köln nehmen konnten.

Hinzu kommt, dass ZDF Enterprises als zweite deutsche Firma einen Cartoon Tribute als Investor/Vertrieb des Jahres erhalten hat. Daran sieht man doch, dass Deutschlands Image in der europäischen Animationsindustrie gar nicht so schlecht ist, wie man immer dachte.

Thomas Steiger

(MB 1/14)