Satellite News Gathering für jedermann

Eutelsat startete am 21. März den News Gathering-Dienst „Newspotter“. Damit sollen erstmals TV-Satellitenübertragungen ab 30 Euro die Stunde möglich sein. Vorgestellt wurde „Newspotter“ im Londoner Wembley Stadion. Fußballstadien sind bei Satellitenbetreibern beliebt, um neue Dienste oder Produkte vorzustellen. Denn via Satellit gelang es 1970 erstmals, die Fußball WM aus Mexiko Live in alle Welt zu übertragen.

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Satellite News Gathering für jedermann

Mit dem „Newspotter“-Angebot will Eutelsat das Satellite News Gathering revolutionieren: Während die TV-Liveübertragung via Satellit wegen hoher Kosten bislang ausschließlich großen Fernsehanstalten vorbehalten blieb, sollen sich nun auch kleine Anbieter diese Form der aktuellen Vor-Ort-Berichterstattung leisten können – wie Verlage oder Web-TV-Stationen. Sie können über den „Newspotter“-Dienst nun Live-Bilder mit Kosten ab 30 Euro die Stunde übertragen. Und das klappt bei einer Bandbreite von bis zu 20 Megabit pro Sekunde sowohl in SD- wie in HD-Qualität.

Für Christiano Benzi, Chef der Value Added Services von Eutelsat, ist das Angebot die folgerichtige Antwort auf die Entwicklung der Broadcast-Technik: Denn professionelle, für eine TV-Übertragung geeignete ENG- und EFG-Kameras sind bereits zu Preisen ab 4.000 bis 8.000 Euro zu bekommen. Und auch die IP-basierte Übertragungstechnik passe zur modernen Newsroom-Produktionsweise von TV- und Web-TV-Sendern, die ohnehin bereits dateibasiert arbeiten.

Möglich macht die Satelliten-Live-Übertragung fürs kleine Budget der KA-SAT: Eutelsat schoss diesen Satelliten Ende 2010 ins All. Auf der Position 9 Grad Ost sendet und empfängt dieser sogenannte High-Throughput-Satellit in einem höheren Frequenzband als die etablierten Ku-Band-Telekommunikationssatelliten: Das KA-Band liegt zwischen 26 und 40 Gigahertz, das Ku-Band darunter bei 18 bis 26 Gigahertz. Während die Transponder der Ku-Satelliten ganz Europa ausleuchten, strahlen die 82 Spot-Beams des KA-SATs ihre Signale zielgerichtet an kleinere Footprints mit 250 Kilometer Durchmesser. Durch die verschiedenen Beams ist es möglich, die vier verschiedenen Frequenzen des Satelliten 20-mal zu verwenden, ohne dass sie sich gegenseitig stören. Ein Beam schafft einen Datendurchsatz von 950 Megabit pro Sekunde, der gesamte KA-SAT sendet und empfängt 70 Gigabit pro Sekunde. Der KA-SAT-Dienst ist in ganz Europa einschließlich Weißrussland, Skandinavien und Nordafrika nutzbar.

Bodenstationen, sogenannte Gateways, steuern die einzelnen Spot-Beams und befördern Signale in die andere Richtung hoch zum Satelliten. Die Aufgabe erledigen derzeit acht Parabolantennen mit einem Durchmesser von neun Metern, in ganz Europa verteilt und per Glasfaser miteinander verbunden.
Zur Demonstration im Wembley-Stadion wurde eine Satelliten-Verbindung von Benzi im Stadiongebäude und Arduino Patacchini, President von Skylogic, vor der Arena hergestellt. Dazu übertrug ein SNG-Van die Signale hoch zum KA-SAT, der sie wiederum an den zugehörigen Gateway in Berlin herunter transferierte. Von dort ging es per Glasfaser nach Turin, wo die Zentrale des KA-SAT-Glasfasernetzes liegt. Ins Wembley-Stadion zurück sollten sie über einen PoP-Knoten in Frankfurt via Internet gelangen – zumindest nach der einleitenden Erklärung in der Präsentation von Benzi. Als nach dem Schaltgespräch eine Verzögerung von rund acht Sekunden kritisiert wurde stellte sich allerdings heraus, dass Eutelsat für die Demonstration doch eine Double-Hop-Übertragung wählte: Die Bilder von Patacchini wurden über einen erneuten Uplink zum KA-SAT wieder zurück zum Stadion gesendet. Die Verbindung per Internet schien den Technikern offenbar zu unsicher – eine dedizierte, also eigens für die Übertragung reservierte Leitung ließ sich zum Zeitpunkt nicht buchen. Daher wählten sie den sicheren Weg. Ohne Double-Hop, so Benzi auf Nachfrage, betrage die Verzögerung etwa vier Sekunden.

Seit Mai 2011 bietet Eutelsat den Internetdienst Tooway über den KA-SAT an: Damit erhalten Heimverbraucher in ländlichen Gebieten ohne DSL einen Internetzugang mit bis zu 10 Megabit im Download und bis zu vier Megabit im Upload. Den professionellen News-Gathering-Service testete Eutelsat letztes Jahr mit verschiedenen Partnern. Darunter etwa die britische BBC, RTL, die italienische Rai, Sky und der italienische SNG-Dienstleister M-Three. Im Unterschied zur Heim-Variante Tooway lassen sich darüber Upload-Datenraten von bis zu 20 Megabit pro Sekunde fest buchen. Die Übertragung erfolgt über KA-SAT stets IP-basiert, daher werden die AV-Daten in der Regel per Netzwerk – über sogenannte PoP-Knoten – in die Funkhäuser geliefert. Abgerechnet wird das übertragene Datenvolumen, doch die Kapazität muss zur gewünschten Zeit vorbestellt werden: Nur so kann Eutelsat die gebuchte Bandbreite in der entsprechenden Zeitspanne garantieren. Je nach dem georderten Jahresvolumen sind Preise ab 15 bis maximal 45 Euro pro Gigabyte möglich.

Uplink-Einheiten

Teil zwei der Preisrevolution sind die Uplink-Einheiten, die von verschiedenen Herstellern angeboten werden. Erstmals sind tragbare Kofferstationen mit Preisen unter 10.000 Euro zu bekommen. Sie richten sich teils vollautomatisch auf den KA-SATelliten aus – so etwa das Produkt “GC Zero 70 K” des britischen Herstellers Dawson.
Bei der Demonstration im Wembley-Stadion arbeitete Eutelsat mit dem Partner M-Three zusammen, der den SNG-Van mit der Dawson-Antenne vor dem Stadion aufstelle. Die Baukosten des Übertragungswagens bezifferte Benzi auf rund 40.000 Euro. An Bord des Gefährts: Modem und Router für das „Newspotter“-System, ein Macbook Pro zur Steuerung der Uplink-Einheit sowie ein kompakter Audio- und HD-Videomischer einiges Zusatz-Equipment wie Kameras, Drahtlos-Mikrofonempfänger oder Notstromaggregat.

Nutzerterminals in drei Varianten

Die Newspotter Nutzerterminals wird es grundsätzlich in drei Varianten geben: In Flyaway-Versionen, die in einen Rucksack passen und sich je nach Ausfertigung manuell oder automatisch ausrichten lassen. Diese Terminals wiegen zwischen fünf und zehn Kilogramm und haben einen Durchmesser von 60 bis 75-Zentimetern. Antennen mit automatischer Ausrichtung sollen nach zwei Minuten sendebreit sein. Daneben soll es Uplink-Einheiten zur festen Montage auf SNG-Wagen geben – in zwei Qualitätsstufen: Vehicular Compact oder Vehicular Rugged.
Während die Vehicular-Compect-Einheiten in einer ähnlichen Preisklasse wie die Flyaway-Produkte liegen, sollen die Rugged-Antennen zwischen 25.000 bis 50.000 Euro kosten.

Die Nutzer buchen ihren Sendeslot online. Auf der Internetseite des Skylogic-Portals OSS müssen die Anwender dafür die Nummer des Terminals, den Einsatzort, das Zeitfenster sowie die benötigen Bitraten für den Up- und Downlink eingeben. Denn während der Übertragung lässt sich die Satellitenverbindung für einen Rückkanal wie auch als Internetzugang nutzen.
Jan Fleischmann
(MB 05/12)