Das Beste aus Kultur und Wissenschaft

Vor 25 Jahren ging die Dreiländer-Anstalt 3sat auf Sendung – nicht zuletzt als öffentlich-rechtliche Reaktion auf das aufkommende Privatfernsehen. Jetzt wurde Bilanz gezogen, gefeiert und eine „Berliner Erklärung" verabschiedet.

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Zur Jubiläumsfeier am 1.Dezember hatte 3sat ins Berliner TIPI, einem der angesagtesten Veranstaltungsorte direkt neben dem Bundeskanzleramt geladen. Die Kabarettgala „Dreiländerspitzen“ war angesetzt, gewissermaßen als Kür des Abends für rund 300 geladene Gäste. Die Pflicht war die Intendantenrunde, in der schön formuliert nur wenig Zukunftsweisendes herauskam. Es blieb bei Freundlichkeiten, medienpolitische Faktenhuberei wäre unangebracht gewesen. So blieb man da schon eher in der Gegenwart des Senderverbunds, auch wenn Katrin Bauerfeind frech und spritzig moderierte. Mit dabei waren ZDF-Intendant Markus Schächter, SWR-Intendant und ARD-Vorsitzender Peter Boudgoust, ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz und der Präsident des Verwaltungsrates der „SRG SSR idée suisse“, Jean-Bernard Münch. Schächter formulierte das Selbstverständnis des Senders: „Wir wollten den besten Kulturkanal und den besten Wissenschaftskanal im deutschsprachigen Raum. Und das haben wir heute nach 25 Jahren erreicht.“ ORF-Chef Wrabitz bezeichnete „die gute Mischung des Programms wirklich das beste aus dem Kultur- und Wissenschaftsbereich aus diesen drei Ländern – auch in der digitalen Vielfalt, in der wir jetzt leben.“ Und weiter: „In Österreich gibt es keinen Kulturschaffenden, der nicht 3sat zu seinem Lieblingsprogramm zählt, der nicht sagt, was in der Kulturzeit vorkommt, das ist im deutschsprachigen Raum für die Kultur bedeutend, und was dort nicht vorkommt, das ist einfach nicht wichtig.“ Allerdings klappt es mit der Markenidentität wohl noch nicht so ganz. „Manchmal sagen Leute aus der Kultur, so etwas wie die Kulturzeit müsstet ihr zusammenbringen. Und wenn wir vom ORF dann sagen, das machen wir gemeinsam, dann löst das Erstaunen aus. Dann sind wir sehr stolz, dass wir mit dabei sein können.“ Immerhin – auch Nachrichten sind ein fester Bestandteil von 3sat – die „Zeit im Bild 2“, kurz ZIB 2, würde es ohne den Multisender hier nicht geben. Wrabitz: „Das ist ein Fenster, wo sich Deutsche ein bisschen für Österreich interessieren können – oder die Welt aus einem österreichischen Blickwinkel sehen kann. Und umgekehrt können wir Tagesschau und heute auf 3sat anschauen.“
Jean-Bernard Münch aus der Schweiz zeigte sich vor allem stolz auf die Experimente, die bislang schon gemacht wurden und meinte, dass 3sat „noch viel mehr wagen“ könne.

Eine andere Duftmarke
Als die Moderatorin Schächter dann nach den von 3sat bislang in der Medienlandschaft hinterlassenen Spuren fragte, hatte der natürlich freies Schussfeld: „Kulturzeit – täglich 30 Minuten, das ist eine Leistung und eine Kunst! Oder – eine andere Duftmarke – die Themenabende, die von den Kollegen des ‚kleinen Fernsehspiels‘ eingebracht wurden. Oder 21 Stunden Goethe – Faust 1 und Faust 2 in der Inszenierung von Peter Stein. Und dann mehrfach wiederholt – wo ist das sonst möglich?“
Die Arbeitsteilung zwischen ZDF und ARD umschrieb ihr Vorsitzender Peter Boudgoust ganz kurz: „Wir ergänzen uns sehr gut, das ZDF hat vor allem bei Neuproduktionen sehr viel in 3sat investiert, wir können aus einem großen Programmvorrat schöpfen. Den braucht man zum Beispiel für Thementage, für Schwerpunkte, und das hat insgesamt zu einem außerordentlich schönen und erfolgreichen Programm geführt.“
Auch das Thema Wissenschaft in 3sat hält der ARD-Chef für wichtig. „Es funktioniert, wenn man kein Wissensinfotainment betreibt, sondern wirklich Wissenschaftssendungen, die sich um die großen Themen kümmern, die von Laien wie Wissenschaftlern gleichermaßen verstanden werden.“ Nun steht 3sat nicht alleine da, andere Digitalprogramme wollen auch was bieten. „Einsfestival richtet sich zwar an ein jüngeres Publikum, aber 3sat hat ohnedies eine eigene Positionierung. Es ist ein Best-off-Programm, und das hat eben diesen Blick auf die deutschsprachige Kultur. Über das Profil von 3sat braucht man sich keine großen Gedanken zu machen, das Profil ist einfach da, und das ist schön konturiert“, erklärte Boudgoust.
Auch beim ZDF gibt es mediale Konkurrenz, genannt ZDFneo. Dazu Schächter: „In dem Viereck arte, 3sat, Theaterkanal und Hauptprogramm spielt die ältere Kulturmarke 3sat nach wie vor eine herausragende Rolle. Allerdings – der digitale Imperativ, ‚organisiere Dich besser, damit Du mit gleichem Geld mehr machen kannst‘ ist die Herausforderung an die Sender von heute. Wir müssen synergetischer vorgehen, können uns im Senderverbund keine fünf Wissenschaftsredaktionen leisten.“ Zum Schluss der Diskussionsrunde wünschte ORF-Mann Wrabetz dem Sender viel Erfolg und versprach, „schamlos alles, was 3sat macht und erfindet, zu kopieren.“ Jean-Bernard Münch sieht in der Zusammenarbeit zwischen den drei Ländern eine Möglichkeit, das Verständnis für die anderen zu verbessern. Auch möchte er gerne einen neuen zusätzlichen Nobelpreis schaffen – für die Völkerverständigung. „Und sicher wird 3sat der 1. Preisträger sein.“
Zum Schluss der Elefantenrunde dann das obligatorische Geburtstagsständchen, echt interaktiv: Das Publikum im Saal durfte mitsingen.
(MB 02/10) Rainer Bücken