Ein Videostream macht noch keinen Fernsehsender

Geschäftsmodelle Sparten TV und IP-TV Tatsache ist, dass immer mehr Internetanbieter immer mehr Videos ins Netz stellen, weil sich die Kosten-Nutzen-Schere dafür schließt. Trotzdem darf bezweifelt werden, dass sich dank IP-TV tausende neuer TV-Spartensender etablieren werden. Schließlich braucht jeder Sender langfristig ein erfolgreiches Geschäftsmodell. MEDIEN BULLETIN analysiert und dokumentiert einige Erfolg versprechende Ansätze für neue Sparten-TV-Sender, Mediendienste und digitale Plattformen und welche Produktionsbedingungen dabei zu Grunde liegen.

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Wenn Oma mit ihrem allerneusten Handy die süßen Enkel filmt und das Ergebnis potentiell für jedermann weltweit sichtbar auf eine digitale Plattform wie You Tube als „User Generated Content“ stellt, ist das natürlich noch kein Fernsehen. Auch wenn Spiegel Online neben Texten und Standbildern Informationen und Unterhaltung wie zum Beispiel „Ehrensenf“ als Bewegtbilder offeriert, handelt es sich nicht um Fernsehen. Hingegen hat die Hamburger Moderedakteurin Manuela Brodersen-Horn den Aufbau eines neuen Spartenkanals im Visier, den sie Anfang März als IP-TV über die Homepage www.fashionguide-tv.com vom Stapel ließ.

Schon seit vielen Jahren fuchst die heute 52Jährige Ein-Frau-Unternehmerin, die einst neun Jahre bei der Hör Zu und danach fünf Jahre beim damaligen ARD-Ratgeber „Mode“ als Redakteurin beschäftigt war, dass ihr Thema weder bei den öffentlich-rechtlichen, noch bei den privaten Sendern eine angemessene Rolle spielt. Brodersen-Horn’s Intention ist es, zu zeigen, dass die Mode, die sie mit einem jeweils kleinen angemieteten Kamera-Ton-Team bei den Shows in Mailand, Kopenhagen und Barcelona mit HD Cam oder DV Cam filmt, auch „tragbar ist“ und wie sich modebewusste Frauen damit „umstylen“ können.
Nach eigenen Angaben verfügt Brodersen-Horn über einen Filmstock von zirka drei bis vier Stunden, der „wöchentlich“ auf ihrem Fashionguide-IP-Kanal „um rund 30 Minuten ergänzt“ werde. „Zu 90 Prozent“ handele es sich „um eigenproduziertes Material, das sich aus kürzeren Beiträgen zusammensetzt“, betont sie. Brodersen-Horn’s aktuelles Business ist es, im Auftrag verschiedener Kunden PR-, Werbe- und Industriefilme im Bereich Mode, Beauty, Wellness und Fitness zu produzieren: beispielsweise einen PR-Film über das Einkaufszentrum in Kairo und im Auftrag von Niki eine DVD als Beilage für Zeitschriften. So generiert sie gleichzeitig ihren Filmstock.

Dass sie sich für IP-TV entschieden hat, habe sich im Prozess mit der Beschäftigung von neuen technologischen Entwicklungen wie auch hin zu HD ergeben, wobei Brodersen-Horn auf das Know-How ihres renommierten Mediendienstleisters Chroma Film und TV GmbH hinweist, mit dem sie in Hamburg zusammen arbeite. Zur Modebranche, so betont sie, gehöre auch die „Schönheit der Bilder“, was sie denn auch mit ihrem „ersten deutschsprachigem Mode-TV-Kanal“ beweist. Von dem schon seit Jahren etabliertem internationalem, aus Frankreich stammenden Spartenkanal Fashion TV grenzt sich Brodersen-Horn ab: Während Fashion TV sich allein auf die Präsentation der großen Modeschauen kapriziere – ganz ohne redaktionelle Einordnung, sei bei ihrem Fashionguide-TV eben gerade die redaktionelle Leistung wichtig, – in deutscher Sprache, natürlich.

Zu den Kosten ihres Fernsehprojektes will sich Brodersen-Horn nicht äußern. Allem Anschein nach werden dabei keine Unsummen verschlungen, zumal der Content ja schon vorhanden ist und Brodersen-Horn die Redaktion und Moderation im Off selber übernimmt. Sendelizenzkosten entstehen nicht, da man keine Lizenz im Internet braucht. Eine Homepage zu besetzen schlägt kaum zu Buche. Allerdings entstehen Kosten für Datenleitung und Speicherplatz, die nach Expertenangaben je nach IP-TV-Angebot zwischen 30.000 und 200.000 Euro jährlich liegen können. Ob sie denn dem technischen Dienstleister Grid-TV die von ihm angegebene Mindestrate von monatlich fälligen 2500 Euro für die Ausstrahlung des Programms über das IP-TV-Sendenetzes überweist? Auch das lässt Brodersen-Horn im Dunkeln.

Vielleicht gibt es ja für den PR-wirksamen Fashionguide-Kanal bei Grid-TV Sonderkonditionen, zumal es das wichtigste Ziel des rührigen Grid-TV-Chefs Ingo Wolf ist, so viele IP-TV-Sender wie möglich an sein Sendenetz zu binden, um die behauptete Monopolstellung dafür manifest zu machen. „Zu 90 Prozent“, so Ingo Wolf, habe er den deutschen IP-TV-Markt mit seinem Sendezentum IPOC (International Playout Center) im Griff, von wo aus sich „bis zu 10.000 IP-TV-Stationen parallel kontrollieren“ ließen. Wobei „die von Grid-TV entwickelten Technologien FileLoadBalancing neuronal net, TV-Edit und TV-Serve auf Basis der gängigen Internet-Streaming-Software gleichzeitig auch Fernsehen über Satellit, Terrestrik, Kabel, UMTS und GPRS möglich machen“ würden. „1,5 Prozent“ seiner rund 250 Sender, von denen er rund die Hälfte selber mit Inhalten belegt, würden sogar in HD ausstrahlen. Und, na klar, natürlich sei es möglich, dass auch beispielsweise 100.000 Zuschauer zeitgleich einen in seinem Sendenetz verankerten IP-TV-Sender empfangen könnten, behauptet Wolf. Allerdings: Die User müssen im Dickicht des World Wide Web erst einmal den Sender finden.
Dabei war Brodersen-Horn schon wenige Tage nach Start von Fashionguide-TV mit der Resonanz höchst zufrieden: „Ich denke, das ist ein Markt der Zukunft“. Flink hätten beispielsweise Frauenzeitschriften Interesse an einer Zusammenarbeit signalisiert. Auch Anfragen von Kabelnetzbetreibern lägen ihr vor, die sich für die Aufnahme des Fashionguide-TV in ihren digitalen Paketen interessierten. Langfristiges Ziel sei es, für den Sender Werbung zu akquirieren und ihn mit einer Shopping-Plattform zu verbinden. Genau dafür bieten die IP-TV-Sender im Gegensatz zum herkömmlichen digitalen TV eine ideale Grundlage, da die lineare Ausstrahlung des Programms immer mit einem zusätzlichen Video-On-Demand- und Interaktionsangebot verknüpft werden kann, was eben IP – das Internet Protocol – erlaubt. Dass allerdings die volle Etablierung ihres Senders, nur mit einem erheblichen Marketing- und Kooperationsaufwand zu stemmen ist, ist Brodersen-Horn bewusst. Personal dafür hat sie längst im Auge.

Wie im Kleinen so im Großen: Obwohl der reiche ADAC natürlich über ein viel stärkeres wirtschaftliches Rückgrat als die Alleinunternehmerin Brodersen-Horn verfügt, geht er einen durchaus vergleichbaren Weg wie sie, um ADAC-Fernsehen im Internet zu etablieren. Ausgangspunkt ist auch hier, dass der Content im Wesentlichen schon vorhanden ist. Schon seit vielen Jahren betreibt der ADAC in München ein kleines Fernseh- und Hörfunkstudio mit einem vierköpfigen Redaktionsteam. Hier entsteht Footage-Material, das, wie ADAC-Kommunikationschef Dieter Wirsich sagt, Fernsehmagazinen wie dem ARD-Ratgeber „nachrichtlich“ zur Verfügung gestellt wird. Rund ums Auto gibt es keinen Themenmangel: von Crah-Tests, Flugrettungsfeature, Stauberichten bis zur Insassensicherheit.
Beim IP-TV-Angebot www.adac-tv.de handele es sich um ein „Testballon“, einen zusätzlichen PR- und Kommunikationskanal, um all die vielen Themen, über die der ADAC verfügt „unters Volk zu bringen“. Auch ein Engagement mit Zukunftsperspektive, da sich das Mediennutzungsverhalten speziell bei den Jüngeren sukzessive verändere, hat Wirsich beobachtet. So würden heute bereits 80.000 Leser die ADAC-Zeitschrift „Motorwelt“ als E-Paper beziehen. Allerdings: Die Auflage der Print-Ausgabe bleibt mit 14 Millionen nach wie vor unschlagbar.
Noch verfolge der ADAC kein konkretes Geschäftsmodell mit seinem IP-TV-Sender. Doch wenn es gut laufen sollte, wolle man das Angebot natürlich ausbauen. Geprüft werden soll dann, inwieweit man eine Art Shopping-Kanal installieren könne, um die vielen ADAC-Produkte aus dem Verlagsbereich wie Reisemagazine, Versicherungen und Finanzdienstleistungen online zu vermarkten.
Von den ADAC-TV-Zuschauern am liebsten goutiert werden allerdings die Crah-Tests weiß Wirsich, besonders die mit dem ersten chinesischen Auto oder dem ersten Motorrad mit Airbag. Die würden immer wieder gerne abgerufen.

Wie bei Fashionguide-tv gibt es auch beim ADAC-TV die lineare Programmausstrahlung, die mit einem Video-On-Demand-Angebot aus dem Archiv ergänzt wird. Aktuell bietet ADAC-TV rund 50 Beiträge an, die überwiegend eine Länge von drei Minuten haben. Einige Beiträge wie der über die ADAC Trentino Classic sind aber auch deutlich länger. Das Programmangebot wird ständig erweitert und aktualisiert, mit Stauprognosen zum Wochenende oder Spezialthemen wie „Sicherheitssystem E-Call“.
ADAC-TV ist Anfang 2007 mit der Verleihung des „Gelben Engel“ gestartet, wozu es eine Live-Übertragung von der Veranstaltung gab, wo die ADAC-Vorstände im eigenen Fernsehkanal glückliche Gesichter zeigten. Die Programmsteuerung und Sendeabwicklung wird von dem Kölner Full-Service-Unternehmen Wige Media AG gemanagt, deren Kerngeschäft in der Außenproduktion und TV- und Filmproduktion liegt. Mit dem eher kleinen Zusatzgeschäft im IP-TV-Markt will Wige seine Kompetenz für einen wachsenden Zukunftsmarkt unterstreichen, sagt Wige-Prokurist René Steinbusch, wobei man perspektivisch auch die Möglichkeit sieht, über IP-TV neue Kunden für größere Außenübertragungen und TV-Produktionen zu gewinnen. Bevor Wige mit dem ADAC ins Geschäft kam, hatte man bereits die Internet-TV-Plattform der Deutschen Eishockey Liga DEL (www.deltv.org) aufgebaut. Im Auftrag von Premiere ist Wige für die DEL-Liveübertragung verantwortlich. Ausschnitte davon wurden als IP-TV ins Netz gestellt und fanden mit 50.000 Zuschauern eine gute Resonanz.

In der Zusammenarbeit mit dem ADAC hat Wige auch das Konzept des TV-Kanals auf Basis des vom ADAC gelieferten Footage-Materials entwickelt. Die Internet-Leitungen für die Sendeabwicklung hat Wige von Grid-TV angemietet. Der ADAC-TV-Kanal wurde so aufgebaut, dass die User für das Zusehen nicht unbedingt über einen Breitbandanschluss verfügen müssen. Entsprechend ist das laufende Programm ab der kleinsten DSL-Bandbreite (0,5 MBit/s) zu empfangen, im Archiv reicht sogar ISDN Geschwindigkeit. Aber auch Breitbandkunden kommen auf ihre Kosten: Bei Auswahl der höchsten Qualitätsstufe (2500 KBit/s) entspricht die Bildqualität der des (analogen) Kabelfernsehens.
„Wenn Ihr die Inhalte schon habt, dann zeigt sie auch!“ Das war, wie Steinbusch erläutert die nahe liegende Idee für das ADAC-IP-TV-Projekt. An und für sich, so räumt Steinbusch ein, sei „Video im Internet ein alter Hut“. Aus diesem Grunde rät er auch, trotz des großen Hypes, den es zurzeit rund um IP-TV gibt, sich mit dem Thema nüchtern und nicht überschäumend zu befassen. Sicher allerdings sei: Ein Engagement in IP-TV lohne sich deshalb jetzt für viele Anbieter, weil sich „Kosten und Nutzen mittlerweile annähern“ würden.

Ob aber aus ADAC- und Fashionguide-IP-TV in Zukunft echte Fernsehsender werden, steht noch in den Sternen. Im Zeitalter der Digitalisierung ist plötzlich ungewiss geworden, wie man Fernsehen – Brodcast – rechtlich und technisch definieren soll. Ob und unter welchen Umständen man für IP-TV-Sender die allein über den Computermonitor zu empfangen sind, eine Lizenz beantragen muss, ist bis dato noch ungeklärt. Die Landesmedienanstalten, die es eigentlich als Aufsichtsbehörde von privaten Sendern wissen müssten, haben das Thema erstmals für den 20. März dieses Jahres auf ihre offizielle Diskussionsagenda gesetzt. Nach dem bestehenden Rundfunkstaatsvertrag wird aber immerhin schon Fernsehen von einem Mediendienst unterschieden. Als ein Mediendienst wird zum Beispiel der erfolgreiche DüsseldorferTeleshoppingsender QVC eingestuft, der denn auch gar keine Sendelizenz beantragen musste.
Ein Spartensender wie TV.Gusto, der rund um das Thema Essen und Genießen meist aus dem Kochstudio informiert, wird, wenn er über die klassichen Übertragungswege Kabel und Satellit ausstrahlt, heute noch als Rundfunk eingestuft und muss sich bei Start um eine Sendelizenz bemühen. TV.Gusto-Chef Jörg Schütte, der seinen Sender in drei Jahren so erfolgreich gemacht hat, dass der Großkonzern Burda 50 Prozent der Geschäftsanteile übernommen hat, ist ohnehin überzeugt: Erfolgreich kann man auch einen Spartenfernsehsender nur dann machen, wenn er dort empfangen wird, wo auch das klassische TV-Angebot ist: nicht auf Computermonitor, sondern auf dem Fernsehschirm. Genau da will das Deutsche Anleger Fernsehen, DAF, hin, das bislang als Mediendienstleister bei der Landesmedienanstalt Bayern eingetragen ist und bislang nur über die Telefondrähte ISDN und DSL zu empfangen ist.

Obwohl erst im August letzten Jahres als IP-TV im Netz unter www.anleger-fernsehen.de gestartet hat DAF offenbar eine fulminante Karriere hingelegt. So zählt DAF mittlerweile in der Spitze nach eigenen Angaben „beinahe 110.000 Unique User am Tag, bei bis zu 1000 gleichzeitigen Nutzern“. DAF-Themen, mit denen sich der Sender an private Anleger wendet, sind Börse, Aktien, Fonds und Zertifikate. Jeweils zur vollen Stunde gibt der Sender, der im Internet 13 Stunden zwischen 9.00 und 22.00 Uhr sendet, einen aktuellen Überblick über das Geschehen an der Börse und lässt es von unabhängigen Experten kommentieren. Mehr als die Hälfte des Programms wird laut einer Pressemitteilung von DAF live gesendet.
Seit Januar des Jahres hat DAF das lineare Programm um ein umfassendes Video-On-Demand-Angebot erweitert. Unter verschiedenen Menüpunkten wie „News“, „Anlegerwissen“, „DAF Q&A“ und „DAF Depot“ findet der User laut DAF „rund 1600 Videos mit mehr als 600 Aktienwerten“. Dabei betont DAF-Vorstand Peter Rampp, man wolle sich als „zuschauernaher Sender etablieren“.
Nicht kleckern, sondern klotzen: Mit Ex-RTL-Chef Helmut Thoma und dem über positive TV-Mehrwertdienst-Studien branchenweit bekannt gewordenen Medienberater Prof. Dr. Klaus Golhammer (Goldmedia) hat sich DAF zwei Renommierpferde in den Aufsichtsrat geholt. DAF setzt wie alle erfolgreichen Spartensender auf intensive Kooperationen: mit dem Finanzportal OnVista und dem Sender Rhein-Main-TV im Großraum Frankfurt „als typischer Börsenregion“. Kooperationen sollen weiter ausgebaut werden, sagt DAF-Vorstand Rampp, beispielsweise sei eine Ausstrahlung über Fahrgast TV (S- und U-Bahn-Netz) „angedacht“.

Auf die Frage, wie sich DAF zurzeit finanziere und über welches Budget DAF verfüge, sagt Rampp knapp: „DAF ist eine 100 %ige Tochter der Börsenmedien AG, das Budget ist siebenstellig“. Die 1989 – noch unter dem Namen „Börsenbuchverlag“ – gegründete Kulmbacher Börsenmedia AG hat sich nach eigenen Angaben mit einer „Vielzahl von Print- und Online-Produkten einen Namen gemacht“. Die bekannteste Publikation ist das wöchentlich erscheinende Börsenmagazin „Der Aktionär“. Hinter DAF steht laut „Die Welt“ Bernd Fötsch, der sich in den Neunziger Jahren mit Anlageempfehlungen für Neue-Markt-Werte einen Namen gemacht habe.
Im März hat DAF nun verkündet zu einem „klassischen“ Fernsehsender zu mutieren, als Free-TV auf digitalen Kabelplattformen und auch als Kanal im Plattformangebotpaket der Telkos von zum Beispiel t-home oder Alice-home. Eine zusätzliche Satellitenübertragung werde später geprüft. Damit würde DAF sich rechtlich von einem Mediendienst in einen echten Fernsehsender verwandeln. Das Procedere zu einer Lizenzbeantragung bei den Landesmedienanstalten sei im Gange, sagt eine DAF-Sprecherin. Rampp nennt gegenüber MEDIEN BULLETIN das Ziel: „DAF ist komplett auf die finanzaffine Zielgruppe ausgerichtet. Die Finanz-Werbegruppe ist sehr stark an dieser Zielgruppe interessiert, so ergeben sich gute Möglichkeiten zur Refinanzierung über Werbung“.
Rampp rühmt, dass DAF „über eine der modernsten TV-Technik-Ausstattungen in Deutschland“– zumal „als Apple-Referenzkunde“ – verfüge „mit vollständig integrierten Workflows“. Die Redaktion umfasse „35 Mitarbeiter“. Insgesamt seien bei DAF „über 50 Mitarbeiter“ beschäftigt..DAF verfüge über zwei Studios in der Größe von 120 qm, die sich am Firmensitz in Kulmbach befinden. Weitere Studios unterhalte DAF in Frankfurt und New York.

Die IP-TV-Streamverteilung von DAF erfolgt nicht über Grid-TV, sondern über den in München-Unterföhring ansässigen Dienstleister TV1.DE, dessen Content Delivery Network, CDN, DAF nutzt, das aus insgesamt 550 weltweit positionierten Rechnern besteht, mit denen die Bildinhalte verteilt werden. Schon beim Start von DAF sagte Michael Westphal, Geschäftsführer von TV1.DE: “Wir erwarten mehrere 10.000 Breitbandnutzer, die täglich bis dreizehn Stunden das Deutsche Anleger Fernsehen sehen. Das ist im deutschen Internet bisher einmalig. Unser Netzwerk ist für den Ansturm vorbereitet, erst ab 330.000 gleichzeitigen Anfragen müssten wir zusätzliche Ressourcen bereitstellen“.
Kernkompetenz von TV1.DE sind IP-TV-Produkte. Wobei TV1.DE definiert: „IP steht für „internet protocol“, als IP-TV wird ein Internet basierter Fernsehdienst bezeichnet.“ Dabei ermöglichen die Lösungen von TV1.DE „den Betrieb eines eigenen Kanals im Internet, auf dem User interaktiv eingebunden werden“.
Auch kleinere Unternehmen oder Vereine könnten so „ohne große Investitionen in Hard- oder Software 24 Stunden im Internet auf Sendung gehen – und über Werbespots zusätzliche Umsätze und Einnahmen generieren. Dabei ist TV1.DE allerdings offensichtlich eher im Großgeschäft mit IP-TV tätig. So hat die Münchner Firma ein Vier-Millionen-Auftrag von der EU für Live-Übertragungen von EU-Kongressen und Seminaren im Internet in der Tasche, der bis 2010 läuft.

Das Beispiel DAF macht zweierlei deutlich. Erstens. Es macht durchaus Sinn, allein schon aus Kostengründen, die Akzeptanz für den Neuaufbau eines Spartensenders erst einmal als IP-TV zu testen, auch wenn das Programm zunächst nur über den Computermonitor zu empfangen ist. Weil es aber, wie der Sprecher der Gesellschaft für Unterhaltungselektronik, Roland Stehle, weiß „noch keine verbindlichen Standards gibt, die für alle Set-Top-Boxen gelten, die IP-TV leisten“, kann sich der Konsument ein solches digitales Spartenprogramm nur dann auf seinen Fernsehapparat aufladen, wenn der Anbieter seiner Set-Top-Box das Programm auf seiner digitalen Plattform eingebunden hat. Was zweitens heißt: Wenn DAF wie andere schon erwachsen gewordenen deutschen Spartenprogramme von tv.gusto über Kinowelt.tv bis Gutelaunetv eine lukrative Reichweite auch auf dem Fernsehschirm generieren will, muss auch DAF zusehen, auf möglichst vielen digitalen Plattformen der Kabelnetzbetreiber und Telekommunikationsanbieter – von Kabel Digital Home bis t-Home – verbreitet zu werden. Was umso mehr gilt, da DAF die Refinanzierung als Free-TV über Werbung anstrebt. Zwar käme dafür auch eine Ausstrahlung über Satellit in Frage. Das propere Video-on-Demand-Angebot von DAF käme dann aber weiterhin vorerst nur im Internet und via Computermonitor zum Zuge, weil die generelle bidirektionale Ausrichtung zum Beispiel bei Astra gerade erst in Arbeit ist.

„Wenn sich IP-TV zu einem Massenmarkt entwickelt“, so frohlockt der zurzeit erfolgreichste deutsche Spartenprogrammpionier Jörg Schütte, „dann ist es ein ganz interessantes Medium für individuelle Werbeformen, Werbeformen die noch mehr Streuverluste vermeiden, als wir es ohnehin schon beim Spartenfernsehen tun“. Natürlich hat Schütte sein tv.gusto längst auf den IP-TV-Plattformen t-home von T-Online und Alice Home von Hansenet platziert. Da ist auf jeden Fall lineares Fernsehen in Verbindung mit Video-On-Demand und weiteren Interaktionen möglich, da ja diese digitalen Plattformen im Gegensatz zum digitalen Kabel von Anfang an auf dem Internet Protokoll basieren. Zwar hat das Triple-Play-Angebot t-home laut FTD bis Januar dieses Jahres erst 25.000 Kunden gewinnen können. Doch versucht die Telekom mit einem Strategiewechsel mehr Gas zu geben, um das Angebot breiter und schneller durchzusetzen. Immerhin kann man damit über 130 TV-Sender empfangen und erhält im Huckepack ein Video-On-Demand-Angebot dazu. Die Telekom hat versprochen sowohl den Ausbau im DSL- wie im VDSL-Bereich zu forcieren. Zur CeBIT hat auch Arcor ein eigenes IP-TV-Angebot vorgestellt.
Schon hat Schütte zusammen mit seinem Partner Klaus Klenke, Ex-Vox-Programmdirektor, mit dem er in Köln die Firmen Passion.TV und Carius Media unabhängig von tv.Gusto betreibt, mit www.equipe-tv.de einen neuen Spartensender auf die Beine gestellt, – erst einmal als IP-TV. Die Einspeisung wird über den „externen Programmierer“, der Kölner Firma forUTV Media KG durchgeführt. Es handelt sich um einen Special-Interest-Kanal für Pferdeliebhaber, dessen Formate von Endemol produziert und zugeliefert werden. Damit werde „eine super Zielgruppe“ angesprochen, ist Schütte überzeugt. Zumal für alle Menschen, die ein Pferd haben oder sich mit dem Reiten beschäftigen, es „ein ganz dominantes Thema ist“. Obendrein sei die Zielgruppe „auch noch kaufkräftig“. Eine Lizenz für Kabel und Satellit und als Pay-TV wurde auch schon beantragt.

Erika Butzek (MB 04/07)

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