Im klassischen Fernsehen erfolgreiche TV-Serien seien regelmäßig die populärsten Abrufinhalte von Abo-Portalen wie Maxdome, Netflix oder Amazon Prime. Brancheninsider sprechen von einem „Goldenen Zeitalter des Fernsehens“ und einer „Übernahme des Internets durch das Fernsehen“. Von Convergent Media Consulting ausgewertete Programmanalysen der Jahren 2012 bis 2015 zufolge, nutzen TV-Programmveranstalter in Deutschland und Österreich jedoch bisher das große Publikumsinteresse an der Kategorie „Fiction“ (TV-Serien, Spielfilme) nicht, um Reichweitenverluste auszugleichen oder aussichtsreiche Nachfolger für Erfolgsprogramme, deren Formatlebenszyklus beendet ist, zu entwickeln.
Bemängelt wird auch, dass nach wie vor keine Voraussetzungen dafür geschaffen würden, um die heutige Position des Fernsehens als das führende audiovisuelle Massenmedium auch in Zukunft zu erhalten. Hierzu Bertold Heil (Foto), Gründer und Eigentümer von Convergent Media Consulting: „Für das Fernsehen hat ein strategisches Endspiel begonnenen. Fehlende interne Innovationsdynamik und wettbewerblich aggressive Alternativen im Netz lassen für ein ‚Weiter so’ keinen Raum. Veränderungen außerhalb der heutigen Komfortzonen sind notwendig.” Diese Einschätzung gilt nicht allein für kommerzielle Programmveranstalter. Der Umgang mit der „Institution“ BBC in Großbritannien und jüngste Entwicklungen in Deutschland ließen zudem erwarten, dass ein medienpolitisch-regulatorischer Gezeitenwechsel zukünftig zu härteren Rahmenbedingungen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland und Österreich führen wird.
Laut dieser Studie bieten die aktuellen Strategien der Programmveranstalter keine überzeugende Antwort der Branche auf diese existenziellen Herausforderungen. Kaufmännisches Sicherheitsdenken überwiege programmliche Risikobereitschaft, kerngeschäftsferne Diversifikation verhindere eine dringend notwendige Fokussierung auf das TV-Geschäft. Andere Unternehmen konzentrieren ihre Ressourcen zu stark auf den Erhalt des Status Quo anstatt Initiativen für einen Strategiewechsel zu entwickeln.
Die TV-Marktstudie identifiziert fünf konkrete Handlungsfelder für öffentlich-rechtliche und kommerzielle Programmveranstalter. Hierzu gehören beispielsweise die Konzentration aller Unternehmensressourcen auf das TV-Kerngeschäft, die Verjüngung alternder Organisationen oder eine übergreifende Programmplanung innerhalb von Sendergruppen. (9/15)