Eine komplexe Angelegenheit

Die Content-Landschaft ist ein Dschungel. Lineare Kanäle und VoD-Dienste buhlen um die Aufmerksamkeit der Zuschauer und neue werbefinanzierte Pay-Light-Geschäftsmodelle à la Netflix sollen Userzahlen anziehen lassen. Auch Google mischt mit und möchte Inhalte bündeln und leicht auffindbar machen. Wie das funktionieren soll, verriet Faz Aftab auf den Medientagen München.

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Eine komplexe Angelegenheit
Faz Aftab im Gespräch mit Torsten Zarges

Medienkonsum ist eine komplexe Angelegenheit geworden. On-Demand-Angebote und lineare Kanäle buhlen um die Aufmerksamkeit der User und auch Streaming-Unternehmen und TV-Sender stehen vor richtungsweisenden Entscheidungen. Zuletzt wurden bei den Medientagen München die Trends Abonnements versus Werbefinanzierung und Fragmentierung versus Bündelung diskutiert. Faz Aftab, Director, International M[&]E Content Partnerships (Google TV / Platforms [&] Ecosystems), sei es deshalb klar, dass sich Geschäftsmodelle rund um den Verbraucher und die Inhalte weiterentwickeln müssen und lineare Verbreitungswege nach wie vor eine Daseinsberechtigung haben.

“Wir erkennen, dass Verbraucher weiterhin lineare Inhalte sehen wollen. Aber sie erwarten eben auch, zusätzliche Alternativen über SVoD-, TVoD- oder AVoD-Streams angeboten zu bekommen”, meint Aftab und erklärt, lineare Kanäle seien besonders dann relevant, wenn Menschen zusammenkommen, weil es um Event-Fernsehen oder Sport geht: “Sie wollen sich mit etwas beschäftigen, mit dem sich gleichzeitig auch andere beschäftigen. Ich erinnere mich an die Zeit, als ich für ITV die Technik- und Betriebsleitung für Love Island übernahm. Die Sendung wurde zu einem Riesenerfolg, vor allem weil junge Menschen in einem linearen Stream auf Mobiltelefonen einschalteten. Ein weiteres Beispiel ist Abema in Japan. Das ist ein linearer Aggregationsdienst, der die Zielgruppe der 16- bis 34-Jährigen genau trifft. Deren Thema ist K-Pop und es ist alles live, gebündelt in linearen Kanälen. Von der Aufmachung passt das Programm nicht in das traditionelle Raster, ist zudem sehr spitz im Programmangebot und gerade deswegen so spannend für eine junge Zielgruppe.” 

Abonnements vs. Werbefinanzierung

Nachdem sich Streamingdienste wie Netflix nach und nach dazu entschieden, werbefinanzierte Varianten ihres Angebots zu starten, wurde auf den Medientagen München auch die Frage diskutiert, wo für Medienhäuser der Sweet Spot zwischen einem werbefreien Abo-Modell und einer Variante mit Werbefinanzierung liegt. Für Aftab eine spannende Fragestellung, die sie bei Google zu beantworten versuchen: “Wir sprechen viel mit unseren M[&]E-Partnern und machen auf Trends aufmerksam, die wir im Markt sehen. Anhand dieser Trends bewerten wir die Leistungsfähigkeit der Geschäftsmodelle und der technischen Infrastruktur. Daraus leiten sich Handlungsempfehlungen ab, die darauf abzielen, die Monetarisierung zu verbessern. Das Ergebnis ist in der Regel die Frage, wie unsere Partner den oberen Teil des Sales-Funnels optimieren können. Denn umso einfacher der Einstieg in die Content-Welt eines Anbieters, desto höher ist auch die Chance, dass der ein oder andere User diesem Service auch lange treu bleibt.”

Ein kostenloser, werbefinanzierter Bereich sei daher ein probates Mittel, neue Klientel anzusprechen, so Aftab. Gerade in Zeiten, in denen die Kaufkraft sinkt und die Lebenshaltungskosten steigen. “Was kann man da tun? Man versucht, dem Verbraucher das richtige Angebot zu machen”, findet Aftab. 

Bündelung wird immer wichtiger

Das richtige Angebot zu machen, scheint auch mit Blick auf die fragmentierte Content-Landschaft immer wichtiger zu werden. Über verschiedene Plattformen gestreut, hat der Konsument mit nur einem Streaming-Anbieter immer seltener alle gewünschten Inhalte unter einem Dach. Ein gutes Beispiel ist der Fußball, bei dem aktuell mindestens drei Abos notwendig sind, um alle Spiele deutscher Mannschaften wettbewerbsübergreifend zu sehen. Ähnlich ist es aber auch im fiktionalen Bereich. Mit jedem Launch eines neuen Streaming-Angebots werden die Rufe nach einer besseren Bündelung der Inhalte lauter. “Das ist genau die Aufgabe, der wir uns bei Google stellen. Wenn wir eines besonders gut können, ist es, Informationen zu organisieren und sie hilfreich und zugänglich zu machen. Wir möchten unseren Partnern mit Google TV anbieten, ihre Inhalte in unser Schaufenster zu stellen, damit sie von interessierten Usern bestmöglich gefunden werden können”, so Aftab. Gerade in Europa sei aber noch ein weiter Weg zu gehen – eine “content forward experience” zu schaffen, sei nur mit vielen Metadaten und Bildern möglich. “Klar ist auch, dass die Bündelung von Inhalten für unsere Partner nur dann zufriedenstellend ist, wenn der User zu jeder Zeit weiß, wessen Inhalte er gerade konsumiert,” erklärt Aftab. Zudem sei es wichtig, den Servicegedanken der Partner zu verstehen und zu transportieren: “Es geht uns nicht darum, Streaming-Anbieter zu verdrängen. Unser Ziel ist es, die Konsumenten so schnell wie möglich mit deren Inhalten zu verbinden.”