Gigabit-Strategie der Bundesregierung: ANGA zieht erste Bilanz

Vor einem Jahr hat die Bundesregierung ihre Gigabit-Strategie vorgestellt. Jetzt hat der Breitbandverband ANGA eine Zwischenbilanz gezogen. Sie zeigt: Es besteht weiterer Handlungsbedarf.

49

Die Gigabitstrategie der Bundesregierung sollte „der zentrale Kompass auf dem Weg zu digitalen Gigabit-Infrastrukturen in Deutschland“ sein. Ein Jahr nach der Veröffentlichung zieht ANGA Der Breitbandverband eine gemischte Zwischenbilanz.

„Es hat sich einiges getan. Aber es bleibt noch viel zu tun, wenn wir die Ziele der Strategie – Versorgung der Hälfte aller Haushalte bis 2025 mit Glasfaseranschlüssen und flächendeckenden Glasfaserausbau bis 2030 – schaffen wollen“, betont ANGA-Präsident Thomas Braun.

„Auf der Haben-Seite steht vor allem die neue Förderrichtlinie. Sie enthält eine klare Positionierung gegen geförderten Überbau existierender oder geplanter Gigabitnetze und nimmt zumindest im Ansatz eine Priorisierung bei den Fördergebieten vor“, so Braun. Der Verband appelliert für einen noch stärkeren Vorrang des eigenwirtschaftlichen Ausbaus und den Schutz privater Investitionen. „Unsere Devise lautet klar: Privat vor Staat“, unterstreicht der ANGA-Präsident.

Fortschritte sieht der Verband bei der effizienteren Gestaltung von Genehmigungsverfahren: Mit dem Breitbandportal der Länder Hessen und Rheinland-Pfalz gäbe es eine Lösung auf Länderebene. Weitere Länder sollten sich zügig anschließen. Sie müssen dringend die rechtlichen und praktischen Voraussetzungen für einen effizienteren und schnelleren Ausbau schaffen, fordert der Breitbandverband. Ein Meilenstein für die Branche sieht die ANGA in der Standardisierung alternativer Verlegemethoden. „Sie führt hoffentlich dazu, dass moderne Verlegetechniken wie Trenching künftig deutlich häufiger zum Einsatz kommen“, sagt Braun.

Gleichzeitig besteht an vielen Stellen noch Handlungsbedarf für die Politik: Die Gigabit-Strategie spricht sich klar für den Vorrang des eigenwirtschaftlichen Ausbaus aus. Damit dies auch in der Praxis umgesetzt werden kann, seien weitere regulatorische Weichenstellungen erforderlich. Angesichts der gesamtwirtschaftlichen Lage und der steigenden Ausbaukosten seien die richtigen Rahmenbedingungen für Investoren wichtiger denn je, damit die angekündigten 50 Milliarden Euro in den Glasfaserausbau in Deutschland fließen, heißt es in einer Mitteilung.

Die Gigabit-Strategie sieht vor, gegen wettbewerbswidrigen Überbau gegebenenfalls auch regulatorisch vorzugehen. Der Ankündigung müssen Taten folgen, so der Verband. “Wenn die Deutsche Telekom ihre erhebliche Marktmacht missbraucht, um Wettbewerber im Glasfaserbereich aus dem Markt zu drängen, muss sie in Bezug auf ihre Glasfasernetze stärker durch die Bundesnetzagentur reguliert werden.” Ein strategischer Doppelausbau konterkariere die Gigabit-Ziele der Bundesregierung.

Refinanzierung des eigenwirtschaftlichen Ausbaus erleichtern

Das neu eingeführte Glasfaserüberlassungsentgelt, das Telekommunikationsunternehmen befristet für die Errichtung von Glasfaserinfrastrukturen in Gebäuden erheben dürfen, erfüllt aus Sicht der ANGA bislang nicht seinen Zweck. Die gesetzlich festgelegten Beträge seien zu niedrig und sollten auf die tatsächlich durchschnittlich entstehenden Kosten angehoben werden. Zudem sollten Wettbewerber, die ein Glasfaser-Inhouse-Netz unentgeltlich mitnutzen, zumindest die Anschlusskosten tragen, erklärt der Breitbandverband.

Investitionen in Netzinfrastruktur schützen

Für eine leistungsfähige und flächendeckende Gigabit-Versorgung müssen Glasfaser- und Mobilfunkausbau aus Sicht der ANGA zusammen gedacht werden. Im Jahr 2025 werden die Nutzungsrechte für Mobilfunkfrequenzen neu vergeben. Eine erneute teure Versteigerung würde dem Markt wichtige Mittel für den weiteren Ausbau entziehen und die Investitionen der Unternehmen erheblich entwerten.