Der Moderator Philippe Bailly stellte in seinem Einführungsvortrag einige der neuen Verteilplattformen für Live-Events vor: Digital-Terrestrial-Television (DTT), Personal-Mobile-Television (DVB-H und 3G), Internet-Television (IPTV) und High-Definition-Television (HDTV). Diese neuen Formate konkurrieren immer mehr (in den verschiedenen europäischen Ländern unterschiedlich ausgeprägt) mit dem traditionellen Standard-Definition-Fernsehen (SDTV). Er prognostizierte für das Jahr 2012 eine weltweite Penetration von mehr als einer Milliarde Handys mit der Möglichkeit zum Empfang von Fernsehprogrammen.
Wähle Deinen Lieblingswettkampf
Mathieu Ficot, von der Rechteagentur SportFive begrüßte die Zunahme der Verteilplattformen, da besonders IPTV den besseren Verkauf von Randsportarten ermöglicht. Auch bei der Vermarktung der nächsten Olympischen Spiele sieht er zusätzliche Einnahmepotentziale, da an jedem Wettkampftag bis zu 14 Events gleichzeitig stattfinden, die alle über IPTV angeboten werden können und der Zuschauer aus diesem Angebot dann seinen „Lieblings“-Wettkampf auswählen kann – sofern er bereit ist, dafür zu bezahlen.
Sportrechtepreise für IPTV überzogen
Marcus Luer von Total Sports Asia unterstrich, dass Sportübertragungen den größten Wert haben wenn sie live ausgestrahlt werden, und betonte, dass durch die Zeitverschiebung die Übertragungen aller großen europäischen Fußballspiele in Asien zwischen 1 Uhr und 5 Uhr früh stattfinden. Und um diese Zeit ist niemand bereit, auch nur einen Cent zusätzlich zu bezahlen – weder für ein High-Definition-Signal, noch für eine Übertragung auf ein Mobile-TV. Außerdem stellte er fest, dass seit der FIFA WM02 in Korea und Japan der Abo-Umsatz mit Fußballübertragungen auf die Mobile-TVs dramatisch eingebrochen ist. Auch die Erfahrungen von Total Sports Asia mit IPTV sind teilweise desaströs: So hat man IPTV-Übertragungsrechte für 40 Millionen US-Dollar gekauft, um dann festzustellen, dass nicht einmal 1.000 Zuschauer die Übertragung verfolgten. Er begrüßte aber grundsätzlich den Aufbau von IPTV-Infrastrukturen, da man eine überprüfbare Zuschauerzahl erhalte und dadurch die derzeit überzogenen Sportrechtepreise für IPTV auf einen bezahlbaren Level eingedampft würden.
Live-Events auf allen Plattformen
Jean-Louis Dutaret von Canal+ eröffnete sein Statement mit der Feststellung, dass Sport- und Wahlsendungen Live übertragen werden müssen. Dafür zahlt Canal+ viel Geld an die Rechteinhaber und besteht deshalb darauf, alle Rechte zu erhalten. Canal+ überträgt deshalb für seine Kunden große Sportevents auf allen Plattformen: in SDTV, in HDTV, über IPTV, über Mobile-TV und zwar live, Near-Live und On-Demand. Canal+ ist mit diesem Service für seine Kunden ein Vorreiter unter den europäischen Broadcastern, von denen viele erst jetzt begreifen, dass die Ausstrahlung von Live Events über IPTV ein ernst zu nehmender Wettbewerber für die traditionellen Verteilwege geworden ist.
Break-Even mit 10.000 Abonnenten
David Steinberg von Fox Sports stellte klar, dass es sich kein Broadcaster erlauben kann, sein Angebot nur auf die lineare Übertragung zu begrenzen. Fox Sports baut deshalb seine IPTV-Kapazitäten kontinuierlich aus, um für die Vielzahl an Sport-Events in Amerika zusätzliche Übertragungswege anbieten zu können. NBA, NFL, NHL, MLB – alle amerikanischen Profi-Ligen kämpfen um zusätzliche Sendeplätze und nehmen die Live-Verbreitung ihrer Spiele über IPTV dankbar an – denn nur mit der Live-Übertragung im Internet lassen sich zusätzliche Einnahmequellen erschließen. Nach Berechnungen von Fox Sports braucht ein IPTV-Kanal 10.000 Abonnenten um Break-Even zu erreichen.
IPTV ermöglicht den „Live Video Control Room“ für jeden
Craig Quinn von DeltaTre beschrieb den IPTV-Auftritt von NBC während der Olympischen Spiele in Peking. Über www.nbcolympics.com konnten die amerikanischen Zuschauer auf einen „Live-Video-Control-Room“ zugreifen und sich darüber ihre Lieblingssportart auswählen – Live oder On-Demand. Jeder Computer wurde so zu einem Personal-Video-Recorder (PVR), über den man auch jetzt, drei Monate nach den Spielen noch Zugriff auf 2.200 Stunden olympischen Sport hat. Mehr als 20 Millionen Videostreams wurden während der Olympischen Spiele abgerufen. Der Zugriff auf die Videobibliothek war kostenfrei, da NBC die Rechte zur Verbreitung über alle Plattformen gekauft hatte. IPTV-Kanäle können schnell „On-Air“ geschaltet werden und genauso schnell wieder „Off-Air“ genommen werden. Das hat besonders bei der weltweiten Distribution von Sportprogrammen seine Vorteile: Rugby hat in England und Frankreich einen wesentlich höheren Stellenwert als in Deutschland, Kricket wiederum ist in Südafrika, Indien und Pakistan die Nummer Eins, während Biathlon vor allem in Deutschland, Schweden und Norwegen seine Zuschauer findet. IPTV kann alle diese unterschiedlichen „Geschmacksrichtungen“ bestens bedienen und auch bei der weltweiten Übertragung von Randsportarten eine genügend große Anzahl von Zuschauern finden und damit mehr und mehr für Werbekunden interessant werden.
In Afrika, für Afrika
In einer Pressekonferenz präsentierten Francis Tellier, CEO von HBS und Danny Jordaan, CEO des LOC (Local Organizing Committee) den aktuellen Stand der Vorbereitungen an den neun Austragungsorten der FIFA WM 2010 in Südafrika. Die unilateralen Multi-Feed-Signale von den 64 Spielen werden alle in High-Definition 1080i/50 produziert. Auch auf dem Media-Server im IBC werden alle Signale in High-Definition 1080i/50 gespeichert und stehen den Rechteinhabern für die Generierung der lateralen Signale zur Verfügung. HBS wird in Südafrika mit wesentlich mehr Crews auch Bilder von den teilnehmenden Mannschaften aus den jeweiligen Trainingscamps in High-Definition anbieten. Damit bietet HBS den Rechteinhabern eine weitere Dienstleistung an, die dazu führen wird, dass die meisten Rechteinhaber die Entsendung eigener Kamera-Teams nach Südafrika auf ein Minimum begrenzen werden. Die zu bewältigende Herausforderung in Südafrika ist die teilweise fehlende logistische Infrastruktur. Deshalb werden in Südafrika keine Ü-Wagen zwischen den zehn Stadien pendeln. An allen zehn Stadien werden die notwendigen fernsehtechnischen Installationen in Containern untergebracht. Da aber das bewährte „Dream Team“-Konzept erhalten bleibt, werden sieben Crews zwischen den zehn Spielorten pendeln. Die Signale von den Stadien werden über ein Glasfasernetzwerk (ist zurzeit im Bau) zum IBC in Johannesburg übertragen und durch Satelliten-Links abgesichert. D. Jordaan unterstrich, dass die Regierung in Südafrika in den nächsten fünf Jahren 160 Milliarden Rand (12,5 Milliarden Euro) in den Ausbau der Verkehrs-Infrastruktur und 13,6 Milliarden Rand (1,1 Milliarden Euro) in den Aus- und Aufbau der Fußball-Stadien und des IBCs investieren wird. Für die aus aller Welt anreisenden Fußballfans werden in allen neun Austragungsorten Public-Viewing-Plätze eingerichtet.
100 Jahre Giro d‘Italia
Vom 9. Mai bis zum 31. Mai tourt der 100. Giro durch Italien, bei dem Lance Armstrong sein Comeback feiern will. Der letztjährige Gewinner des Giro, Alberto Contador Velasco, stellte zusammen mit Carlo Nardello von RAI Trade und Matteo Pastore von RCS Sport den Streckenverlauf des Giro vor, der wiederum in 142 Länder übertragen wird und wie schon in diesem Jahr mehr als 250 Millionen Zuschauer erreichen soll.
Neben den weltweit operierenden Sportrechte Händlern (BBC International, CSI Sports, Dentsu, DFL Sports, Eurovision, Globo Sports, Infront, TEAM, Red Bull, SportFive, UFA Sports, etc.) und den internationalen Sportverbänden (AGFIS, FIA, FIFA, FIS, IAAF, NASCAR, UCI, ect.) präsentieren sich auch immer mehr Hardware-Hersteller und Sport-Dienstleister auf der SPORTEL. So stellten Arri Media, Digital Video Sud, I-Movix und LMC ihre High-Definition High-Speed-Kameras vor, Outside Broadcast und Wige Media ihre High-Definition-Ü-Wagen, DutchView und SFP ihre drahtlose Infrastuktur von den MotoCams über die Helikopter bis zu den Ü-Wagen, die bei der Übertragung von Marathon, Triatlon und Radrennen zum Einsatz kommen. Durch diesen informellen Austausch von Sportrechtehändlern und Firmen mit speziellen fernsehtechnischen Applikationen auf ein und derselben Ausstellung wird deutlich, wie sehr ein erfolgreicher Verkauf von Sportrechten von einer immer besseren fernsehtechnischen Umsetzung der Sport-Events abhängig ist – und dass diese Umsetzung in High-Definition 1080i/50 erfolgt, ist hier kein Diskussionspunkt mehr sondern Common-Sense.
In Zusammenarbeit mit dem Internationalen Olympischen Komitee werden jedes Jahr die Golden Podium Awards von Prince Albert II an die Regisseure der besten Sport-Fernsehprogramme verliehen. Auch das ist sicher ein Grund dafür, dass die SPORTELMonaco jedes Jahr mit neuen Teilnehmerrekorden aufwartet und der Ausstellungsplatz im Grimaldi Forum immer ausverkauft ist.
Reinhard Penzel (12/08)
Sport und Fernsehen
SPORTELMonaco Beim 19. Internationalen Symposium der SPORTELMonaco vom 20. bis 23. Oktober 2008 tauschten 2.495 Teilnehmer aus 80 Ländern und 1.028 Firmen ihre Erfahrungen bei der Vermarktung von internationalen Sport Events über traditionelle Fernseh-Verteilwege sowie über das Internet und mobile Applikationen aus. In der Round-Table-Diskussion „The Digital Revolution: Towards more Rights Segmentation and the Proliferation of Formats“ wurden die unterschiedlichen Ansätze von Rechteverkäufern und Rechteeinkäufern deutlich.