Roter Teppich, in regelmäßigen Abständen rollen dunkle BMW Limousinen heran und spucken einen mehr oder weniger bekannten Promi aus. Auch Thomas Gottschalk ist dabei. Blitzlichtgewitter, und kurze, mehr oder weniger belanglose Interviews, bis er hinter der Tür zu den Ballsälen des Berliner Hotel Adlon verschwunden ist. Unter den Interviewern am roten Teppich auch Miriam Pielau, früher Aushängeschild von Tele 5, inzwischen Promiexpertin bei BMW-TV.
Der Tele 5 Director’s Cut, hat sich in der Tat zu einem Highlight der Berlinale entwickelt. Obwohl die Veranstaltung, die traditionell fast am Schluss des international renommierten Filmfestivals liegt, aber nicht Bestandteil in dessen offiziellen Programms ist, kann sie von Jahr zu Jahr mehr Aufmerksamkeit erheischen – und das trotz der unmittelbaren Konkurrenz von Großveranstaltungen in der Hauptstadt, die alle auch vom Glanz der Berlinale profitieren wollen, die Goldene Kamera etwa, immer kurz vor dem Festival, oder Cinema for Peace etc. Hinter dem Director’s Cut steht der Eventmanager Sören Bauer, der auch andere renommierte Branchentreffs verantwortet, etwa „Movie meets Media“ oder „Music meets Media“ am Rande der Musikmesse Popcom in Berlin. Mit Sponsoren arbeitet er bei all diesen Events.
Was den Director’s Cut besonders macht ist die Möglichkeit des Namensponsorings verbunden mit einer engen Kooperationsmöglichkeit bei der Gestaltung der Promisause. Tele5 gab seinen Namen bereits zu Anfang der Eventreihe, pausierte dann und überlies Sat.1 den Turf, um jetzt im zweiten Jahr mit steigender Intensität beim Tele5 Director’s Cut Präsenz zu zeigen. Der Spielfilmsender hat in diesem Jahr auch den KFZ-Bauer BMW mit ins Boot geholt und damit die Eventmaschinerie zu aller Vorteil weiter geölt, mit Auswirkungen, die in letzter Konsequenz vielleicht noch gar nicht zu durchschauen sind.
Denn es wäre allerdings falsch diesen Event nur um seiner selbst zu verstehen, es mausert sich vielmehr zu einem Kern einer umfassenden Marketingplattform: „Der Tele5 Director’s Cut transportiert die Kernaussage unserer Sendermarke auf ideale Weise“, sagt der Vermarktungschef des Senders, Stefan Graf. Der Veranstalter, Bauer, erklärt, dass der Veranstaltung längst nicht nur eine Networking Plattform ist. „Hier haben Regisseure die Möglichkeit über ihre Arbeit zu sprechen. Das ist einzigartig, denn bislang hatten Regisseure keine eigene Plattform und wurden auch nicht besonders protegiert“, so der Eventmanager. Dort würden Inhalte und News geboten mit einem Informationsvorsprung für die Branche von bis zu zwei Jahren: „Beispielsweise hatte Roland Emmerich bereits 2010 bei dem Talk Ausschnitte aus seinem neuen Projekt ‚Anonymus‘ gezeigt, das erst 2012 in die Kinos kommt.“ Einladungen zu den Director’s Cuts sind in der Tat inzwischen sehr begehrt, die Veranstaltung habe sich zu einem echten „Must be there“ Event entwickelt.
Auch BMW wäre der Einladung zum Sponsoring quasi sofort gefolgt, betont Graf.
„BMW ist neben Tele5 der zweite große wichtige Partner der Eventreihe Tele5 Director’s Cut“. Ohne deren Unterstützung wäre es sehr schwierig die Veranstaltungsreihe zu finanzieren“, bewertet Bauer das Engagement des neuen Partners während Graf mit Nachdruck darauf hinweist, dass es sich bei dem Paket, das für den Automobilhersteller geschnürt wurde, um weit mehr handelt als nur um ein Sponsoring. „Wir haben etwa ein großes gemeinsames Gewinnspiel, das sowohl auf dem Sender als auch Online läuft“, betont er. Die Vereinbarung hat auch eine finanzielle Komponente und natürlich enthält sie auch die Fahrzeuge für den VIP Shuttle von und zu der Veranstaltung.
Allerdings gibt es noch eine weitere Komponente, die sowohl für Tele5 und BMW gleichermaßen eine Rolle spielt: Der Zugriff auf frische Inhalte. Wie bereits am Anfang erwähnt, war sowohl Tele5 als auch BMW-TV waren mit eigenen Teams vor Ort! BMW war auch Hauptsponsor der Berlinale in diesem Jahr und wird zudem auch die beiden weiteren Tele 5 Director’s Cut in diesem Jahr, während des Filmfestes in München und des Hamburger Filmfestivals. Der Automobilhersteller verlängert so sein Engagement beim Thema Film in das gesamte Jahr hinein.
BMW selbst war nicht zu einem Interview bereit, um über seine Strategie in diesem Bereich zu sprechen. Den Unternehmensberater Thomas Geiger verwundert das Vorgehen des Autobauers beim Ausbau seiner eigenen TV-Strategie wenig. Er ist selbst ein Pionier des Branded TV, also von markeneigenen TV-Angeboten. Seine ehemalige Firma Atkon AG entwickelte und produziert etwa Bahn-TV für die Deutsche Bahn: „BMW setzt konsequent um, was wir auch immer wieder sagen“, so seine Einschätzung. Geiger fordert in Unternehmen ein zentrales Content Center, das alle medialen Inhalte, vom Schulungsvideo über Werbespots und Image-Filme oder dem letzten Vortrag des CEO produziert, bündelt und archiviert. „Von da aus kann dann in die unterschiedlichen Kanäle eingespeist werden, in den eigenen TV Sendern im Internet, auf Schulungsplattformen oder auch in klassische Marketing Kanäle“, so der Experte.
Dabei ist es gar nicht einmal zwingend, dieses Content Center auf rein unternehmensnahe Inhalte, wie eben Werbespots oder Imagefilme zu beschränken. „Das Unternehmen muss entscheiden, was die idealen Inhalte sind, um seine Zielgruppe zu erreichen. Wenn das am besten etwa über Live-Style-Themen geht, dann muss ich mir auch solche Inhalte beschaffen. Da macht es dann durchaus Sinn, auch in exklusive Inhalte, wie im Falle von BMW, auf großes Kino und Red-Carpet-Events, oder auch Golf Tournements zu setzen. Das ist natürlich nur etwas für ganz große Unternehmen“, führt Geiger aus. Dass große und exklusive von extern bezogene Inhalte nicht für Jedermann sind, erscheint logisch, fallen dadurch doch teils recht hohe Lizenzkosten an, die von einem Unternehmen freilich zumindest teilweise kompensiert werden können, etwa indem ich den Veranstaltern von Red-Carpet-Events etwa meinen VIP-Fuhrpark zur Verfügung stelle.
Das alles lässt sich wunderbar an BMW-TV und dem Engagement der Marke beim Tele 5 Director’s Cut belegen. Denn das Engagement dort beschränkt sich nicht alleine auf die bereits genannten Elemente, wie das gemeinsame Gewinnspiel mit und auf Tele5 oder auf Sponsorings von Red Carpet Events wie den Director’s Cut. BMW hat sich schon sehr früh im Bereich Film positioniert. Dabei beschränkte der Autohersteller sich nicht allein auf Product Placement, wo etwa in den James Bond Blockbustern die neuste Toplimousine der Bayern in atemberaubenden Stunts geschrottet wurden, das Besondere war die konsequente Verlängerung dieser Szenen in Werbespots der Marke, zum beiderseitigen Vorteil für Filmvermarkter und Autohersteller.
Auch hier wurde schon eine klare Fixierung auf eine Premiumzielgruppe erzeilt. So ist das Engagement als Hauptsponsor der Berlinale eine konsequente Verlängerung dieser Strategie, die zudem durch den Einstieg beim Tele 5 Director’s Cut ins gesamte Jahr verlängert wird. Dabei ist es schon eine geradezu natürliche Anmutung, wenn die Stars, gerade dem BMW entstiegen, gleich am Anfang des roten Teppichs für BMW TV interviewt werden. Die breite Distribution über das Internet ist sichergestellt, nicht nur auf dem eigenen Internet Channel von BMW-TV, sondern auch durch die Einbindung in andere Webportale. So ist in der Werbeleiste auf der Nachrichtenseite von n-tv.de im Werberand immer ein Videofenster von BMW-TV offen, dessen Ton zugeschaltet werden kann. Zusätzlich findet sich in der Playlist, die nach einem n-tv Videobeitrag eingeblendet wird immer auch eine Werbelink von BMW, etwa zu einem BMW-TV Beitrag mit einem Testberichten des neuesten Cabrios.
Man könnte meinen, es gäbe sie doch: die Eier legende Wollmilchsau, zumindest bei den Beteiligten solcher Arrangements. Jeder scheint seinen Vorteil daraus zu ziehen. Für Sören Bauer ist BMW neben Tele 5 „der zweite wichtige Partner“ des Director’s Cut, ohne den ein weiterer Ausbau der Marke kaum denkbar sein dürfte. Tele 5 erhöht seine Sichtbarkeit, erhält einen positiven Beitrag zu seinen Umsätzen und auch noch Werbung in eigener Sache qua Gewinnspiel und auf BMW-TV, das wiederum seine Contentstrategie weiter verfolgen kann und damit sein Markenimage über alle Plattformen und Kanäle trägt, womit wiederum Werbeumsätze für andere Akteure im Internet, wie etwa n-tv, generiert werden.
Doch wo liegen die Grenzen dieser gegenseitigen Vorteilnahme? „Auf Grenzen stößt man erst, wenn sich zum Beispiel einer der Partner nicht mehr in der Zusammenarbeit oder der Positionierung wohlfühlt, oder die Gäste auf der Veranstaltung in ihrem Wohlbefinden eingeschränkt werden“, urteilt Bauer aus der Sicht des Veranstalters und ergänzt: „Ähnlich wie in einer guten Ehe muss man offen über alles sprechen und Lösungen und Kompromisse finden. Dann gibt es sicherlich keine Grenzen.“ Dass eine solche Grenze im Verhältnis von den beim Tele 5 Director’s Cut beteiligten Sendern, also Tele 5 und BMW-TV, entstehen könnte, denn irgendwo konkurrieren ja beide Plattformen um den Zuschauer, dem widerspricht der Tele 5 Vermarktungschef vehement: „Wir als klassischer TV-Sender sind in keiner Weise von den Aktivitäten BMWs im Internet betroffen. Das sind ganz andere Plattformen mit völlig unterschiedlichen Erwartungen der Nutzer“, so Graf.
Die Frage ist allerdings, wie lange das so bleibt. Schon heute würde etwa Bahn-TV, kumuliert auf den Monat, über eine Millionen Zuschauer erreichen. „Das ist sicherlich eine Frage der kritischen Masse bei den Zuschauern und wann die erreicht ist, wenn aber Internet und TV zusammenwachsen, wie sich das ja inzwischen durch das so genannte Hybrid-TV abzeichnet, dann ändert sich das sehr schnell. Wenn auch der Fernsehapparat im Wohnzimmer als normaler Screen wahrgenommen wird auf dessen Begrüßungsbildschirm die bevorzugten Angebote auf vielleicht 40 Kacheln angeboten werden, dann treten klassische TV-Sender und Web-Angebote in direkte Konkurrenz“, analysiert Geiger die Situation. Allerdings heißt das nicht, dass Cross Promotion zwischen diesen Plattformen nicht weiter Sinn macht oder vielleicht sogar noch notwendiger als heute ist. Denn, welcher Content ist King, wenn er nicht gefunden wird.
Dieter Brockmeyer
(MB 05/11)
Medial total vernetzt
Was 360˚ für die Kommunikationsindustrie bedeutet lässt sich ansatzweise bereits heute sehen, etwa an der Strategie des Autoherstellers BMW, der seine Produkte und den eigenen TV Sender konsequent mit anderen Medien vernetzt. Profitieren können offenbar alle Beteiligten, wie das Beispiel des Tele 5 Director’s Cut am Rande der Berlinale bewies.