Schon im vergangenen Jahr wurden auf der IFA 4K- und sogar 8K-Displays vorgestellt. Doch in diesem Jahr ließen die Hersteller keinen Zweifel daran, dass Ultra HD, und – was Yoshiyuki Miyabe, Geschäftsführer von Panasonic angeht – ab 2020 UHD2, als kommende Display-Generation gesetzt ist. Vorerst nicht im Broadcast- aber im Home Entertainment-Bereich. Grund sind die Aufnahmegeräte für Film und Foto, die bereits im Bereich von 4K aufwärts im Einsatz sind. Beliebtestes Argument der Hersteller war denn auch immer der Hinweis, dass der Konsument nur auf UHD-Fernsehern die beste Darstellung für seine, mit hochwertigen Kameras gemachten, Aufnahmen hat, die in der Regel eine Auflösung jenseits von 4K haben. Selbst Handykameras verfügen heute schon über 8 Mio. und mehr Pixel.
In der Filmproduktion zeichnen viele digitale Kameras ebenfalls in 4K auf, die Sony F65 sogar in 8K, jedoch werden die Aufnahmen in der Regel herunterskaliert und in 2K weiterverarbeitet und letztendlich ausgespielt. Im Licht zukünftiger Entwicklungen wäre es also sinnvoll Rohdaten zumindest aufzuheben, denn eine vollständige Herstellungskette in 4K ist noch sehr teuer, wie Alan Lasky, Director of Operations, NSA/OSW, bei der medienwoche@IFA-13-Veranstaltung „Schärfer als die Wirklichkeit“ vorrechnete, und wird daher selten gemacht. Dennoch liegen Filme in 4K vor. Sony wirft zehn in 4K gemasterte Filme für jene Kunden in den Einkaufskorb, die ihren UHD-Fernseher Bravia X9 kaufen oder den VPL-VW500ES 3D-fähigen 4K-Projektor für rund 10.000 Euro, der mit 1.700 ANSI Lumen eine Leinwand bis 200″ bespielen kann. Die Lampe hält circa 5.000 Stunden. Die Demo-Leinwand auf der IFA hatte 144″ und der Projektor erzeugte auf ihr ein gestochen scharfes, brilliantes Bild mit überzeugenden Schwarzwerten, die wie die satten Farben mit Hilfe der Triluminos-Technologie erzeugt werden, die auch in den neuesten Smartphones und Tablets von Sony Verwendung findet. Aber die Verfügbarkeit von Filmen spielt kaum eine Rolle, denn die Verfahren der einzelnen Hersteller zum Hochskalieren von BlueRay-Discs ist so ausgefeilt, dass es kaum einen Unterschied zur Bildqualität von nativen Ultra-High-Definition-Inhalten gibt.
Warum UHD?
Was sind die Vorteile von UHD gegenüber einfachem HD? Einerseits hat ein UHD-Bild eine vier mal größere Auflösung gegenüber HD. Dadurch wird es nicht nur schärfer, es erlaubt auch eine höhere Farbsättigkeit und -brillianz. Das Bild entspricht so mehr der Wirklichkeit. Durch die größere Schärfe wird es möglich größere Displays zuhause aufzustellen, die das gesamte Gesichtsfeld ausfüllen, da sich der erforderliche Sitzabstand zu ihnen halbiert. Laut einer von Toshiba in Auftrag gegebenen Studie wollen ein drittel aller Haushalte und 50 Prozent aller Haushalte mit mindestens vier Personen einen Fernseher mit 50″ Größe oder mehr, um das gemeinsame Fernseherlebnis zu steigern. Jedoch sind 70 Prozent aller deutschen Wohnzimmer unter 30 qm, also zu klein für einen HD-Fernseher dieser Größe. UHD hebt diese Grenze an, wodurch das Wohnzimmer noch mehr die Anmutung eines Heimkinos erhält. Ausgestattet mit 3D und einer leistungsfähigen Audioanlage gibt es dann zumindest vom technischen Aspekt her kein Argument mehr, das für einen Kinobesuch spricht. Technisch gesehen ist UHD QFHD 3840×2162 sowie 4K 4096×2160. Das entspricht der 4-fachen Auflösung von HD beziehungsweise 2K. Bei UHD2 bzw. 8K kommt es zu einer 16-fachen Auflösung gegenüber HD/2K. Aufgenommen wird in der Regel im Kinoformat 4K. Das schmalere Fernsehbild begründet sich aus dem Seitenverhältnis der Geräte, die bei 16:9 liegen. Die dabei überzähligen Pixel werden entweder „abgeschnitten“ oder genutzt, um die Kadrierung (Wahl des Bildausschnitts) in der Postproduktion zu verändern. Bei 3D-Produktionen ist der überzählige Raum nützlich, um die Tiefenwirkung des 3D-Raums im Nachhinein zu justieren.
Ein UHD-Display ist im Grunde zwei HD-Displays. Dies kann man sich bei 3D, dem gemeinsamen aber doch getrennten Fernsehen und Gaming zunutze machen. Hier werden einfach zwei HD-Bilder ineinander gewoben, die mit Hilfe entsprechender Polarisationsbrillen sichtbar werden. Bei 3D als stereoskopischer Film in HD-Qualität und beim Gaming beziehungsweise gemeinsamen getrennt fernsehen indem jeder sein eigenes Bild in 2D-HD bekommt. Die Gamer haben so immer ihre eigene Perspektive vor Augen oder der Mann kann in Ruhe die Sportschau sehen, während die Frau sich einen Spielfilm ansieht (oder umgekehrt) – und dies auf demselben Sofa.
Inhalte für UHD
Bei Sportübertragungen bietet UHD die Möglichkeit des digitalen Zooms. Werden Details bei geringeren Auflösungen im digitalen Zoom unkenntlich, erlaubt UHD noch genügend Schärfe, um etwa Linienübertretungen oder Fouls auch aus Totalen heraus erkennbar zu vergrößern. Ein UHD-Bildschirm kann zudem in neun Panels unterteilt werden, von denen jedes noch HD-Qualität besitzt. Ein solches Panel kann mit ergänzenden Inhalten, etwa aus dem Internet, belegt werden. Stephan Heimbecher, Head of Innovations [&] Standards-Technology bei Sky Deutschland kann sich auch vorstellen in der unteren Hälfte die Totale des Spielfelds zu zeigen, während sich die obere Hälfte das Signal für das Spiel sowie eine weitere Perspektive – idealerweise eine Torkamera – teilt. Allerdings sind Live-Übertragungen im Sportbereich in UHD zur Zeit unmöglich, da es noch keine in Echtzeit einsetzbare Kompressionstechnologie gibt.
Um Inhalte auf einen UHD-Fernseher zu bekommen, ist der Verbraucher also auf physische Datenträger beziehungsweise gestreamte Inhalte angewiesen. Um diese ruckelfrei aus dem Internet zu übertragen, bietet etwa Sony eine Streamingbox an. Bei physischen Datenträgern fehlt bisher ein Träger wie die BlueRay-Disk. Für UHD ist sie zu klein. Daher bietet Sony seine für UHD gemasterten Filme auf Disc nicht als UHD oder 4K, sondern als „Mastered in 4K“ an. 57.000 UHD-Fernsehgeräte sind laut Grant Anderson, Executive Director, Sony 3D Technology Center, in seiner Keynote, die er bei der medienwoche@ifa 13 bei der Veranstaltung „Schärfer als die Wirklichkeit“ hielt, bisher verkauft worden. Circa vier Millionen sollen es bis 2016 sein. Die Kosten liegen zur Zeit zwischen 2.000 Euro für einen 50″-Fernseher vom chinesischen Anbieter Hisense, der im UHD-Display-Bereich mit Loewe kooperiert und 35.000 Euro für den Samsung S9 mit 85″.
Technische Herausforderungen von UHD
Bietet die höhere Auflösung ein deutliches Plus für die Übertragung verschiedenster technischer Informationen, ist sie doch mit erheblichen Herausforderungen verbunden. Da ist zuerst einmal die Zuspielung. Hierfür braucht man UHD-fähige Abspielgeräte und Übertragungswege nebst Anschlüssen. Um die Möglichkeiten voll auszunutzen, etwa die progressive Darstellung bis zu 60 Bildern pro Sekunde, ist HDMI (High Definition Multimedia Interface) 2.0 notwendig, das gerade erst eingeführt wird. Allerdings sind alle UHD-Fernseher so gebaut, dass sie zukunftssicher sind – auch darauf legen die Hersteller großen Wert. Dies heißt, dass regelmäßig kostenlose Software-Updates für neue Techniken zur Verfügung gestellt werden. Samsung fährt sogar noch eine Stufe sicher. Das Empfangsgerät für das Broadcastsignal ist vom Display abgekoppelt.
Dann die Kompression. UHD hat eine zehnfach höhere Datenrate als HD. HD hat bei 8 bit Farbtiefe eine Rate von 746 Mbit/s; UHD bei 10 bit (aufgrund des brillianteren Bildes) 7.465 Mbit/s. Den dadurch verursachten Daten-Tsunami hofft man nun mit dem neuen Kompressionsstandard HEVC (High Efficency Video Coding), auch H.265 genannt, zu bewältigen. HEVC soll im Vergleich zum jetzt gebräuchlichen Komprimierungsstandard H.264/AVC nur noch die Hälfte der Datenrate benötigen. Das wirkt sich im Übrigen auch positiv auf andere Übertragungswege aus, die durch HEVC doppelt so viele Daten übertragen können. Durch HEVC reduziert sich die Datenrate für 4K-Inhalte auf 15 Mbps die Sekunde, was Breitbandnetze in Ballungsgebieten durchaus bewältigen können. Kein unerheblicher Umstand, denn echtes UHD wird sich vorerst nur auf den Verbreitungsweg Internet stützen können, da es für die bei UHD erforderlichen Datenvolumina noch keinen physikalischen Datenträger wie BlueRay gibt.
Auch wenn UHD bereits möglich ist, gibt es noch viele offene Fragen bezüglich Standardisierungen. Niemand weiß, wie die letztendlich aussehen werden. Welche Kompression kommt zum Einsatz, insbesondere bei Live-Übertragungen, denn augenblicklich dauert die HEVC-Komprimierung eines Fußballspiels „drei Wochen“, wie Stephan Heimbecher nicht ganz grundlos bei dem medienpolitik@IFA-Panel „Fernsehen jenseits von HDTV“ scherzte. Allerdings ist UHD mit Einschränkung des langen Encodings „machbar“. Mit der Einführung eines UHD-Kanals bei Sky rechnet Heimbecher daher noch in diesem Jahrzehnt. Nach Ansicht von Grant Anderson wird UHD vor 2016 im Broadcastbereich nicht möglich sein.
Connected Home
Schaute man genauer hin, stellte sich schnell heraus, dass Ultra HD nur das sichtbarste Element im Universum des Connected Home ist, das mittlerweile jede große Firma verfolgt. Hier lassen sich Inhalte per Fingerwisch auf jedes beliebige Endgerät im und außerhalb des Hauses schieben, Kaffeeautomaten und der Kochtopf „neXt“ von Philips beziehen selbsttätig Rezepte aus dem Internet und zaubern etwas Leckeres daraus, Waschmaschinen gehorchen aufs Wort (Panasonic), Kühlschränke behalten den Überblick über ihr Inneres und Breitbandverbindungen sind das Rückgrat einer ganz und gar auf die Bedürfnisse des Konsumenten zugeschnittenen schönen, neuen Welt. Pieter Nota, Vizepräsident von Philips und CEO der Sparte Philips Consumer Lifestyle, sagt: „Die Verknüpfung einzelner Produkte wird in den kommenden Jahren immer wichtiger, aber nur, wenn es auch einen klaren Vorteil für den Konsumenten gibt.“ Samsung und Loewe haben das Empfangsgerät für den Fernsehempfang vom Display abgekoppelt. Damit ist vollzogen, was im Grunde längst Wirklichkeit ist: das Fernsehen ist nicht mehr Fernsehen und ein Display gibt nur Bilder wieder, wie sie darauf kommen, ist eine komplett andere Sache. Sony etwa setzt auf Near Field Communication (NFC). Man muss mit dem Handy oder der Kamera nur den Fernseher – sorry – das Display berühren und die neuesten Fotos werden übertragen und angezeigt.
Bis Ende des Jahres sind rund 100 Geräte damit ausgestattet. Loewe setzt mit dem modularem Aufbau seiner Produkte und dem neuen Schwerpunkt Softwareentwicklung in besonderer Weise auf das Connected Home. Mit der Follow Me-Funktion können Inhalte via Second Screen auf Displays in anderen Räumen oder auf ein Tablet verschoben werden. Das Loewe-Display der Zukunft wird schmal wie ein Bilderrahmen sein, da die zentrale Media-Einheit unsichtbar an anderer Stelle untergebracht ist. Von dort werden Bewegtbilder, Fotos oder Musik an jeden Ort in der Wohnung gestreamt, an den man sie haben möchte. Auf der IFA-Pressekonferenz sagte Vorstandsvorsitzender Matthias Harsch, dass „Loewe sich von einem Fernsehhersteller zum Anbieter einer international anerkannten, europäischen Entertainment-Plattform im Bereich anspruchsvoller System-Lösungen“ wandeln möchte. Zu der Neudefinition kommt es, weil „Fernsehen nicht mehr Fernsehen ist“, so Harsch weiter. Für dieses Konzept wird ein neuer Investor gesucht. Im Bereich von UHD gibt es eine strategische Partnerschaft mit dem chinesischen Hersteller Hisense.
Konsequenzen für Produzenten
Aber wie sieht es mit der Inhalteindustrie und den Zugangswegen aus? Antwort könnte der internationale Medienkongress medienwoche@IFA 13 geben, der unter dem Motto „All You Can Watch!“ stand. In seiner Eröffnungsansprache betonte Elmar Giglinger, Geschäftsführer der Medienboard Berlin Brandenburg, unter deren Federführung der Medienkongress veranstaltet wird, dass sich die Medienwelt inmitten eines Paradigmenwechsels befände. „Für die immer zahlreicher werdenden Marktteilnehmer gibt es neue Herausforderungen und Strategien“, sagte er und illustrierte dies mit dem Charles Darwin zugeschriebenen Zitat: „Es ist nicht die stärkste Spezies die überlebt, auch nicht die intelligenteste, – es ist diejenige, die sich am besten anpassen kann.“
Diese Marktteilnehmer bestehen sowohl aus Geräteherstellern, Lösungsanbietern bei Komprimierung und Übertragung sowie den Inhalteproduzenten. Wie schwierig es ist diese drei Komponenten als eine von einander abhängige Kette zu betrachten, zeigte bereits die Eröffnungsrunde des Medienkongresses. ZDF-Intendant Thomas Bellut beschränkte sich in seiner Keynote erneut darauf das Angebot des ZDF zu verteidigen. Er sprach sich zwar für einen Jugendkanal aus, verpasste aber hier die Gelegenheit einen visionären Entwurf eines Angebots vorzulegen, das er als traditionelles lineares Programm sieht. Zum Ende seiner Keynote ging er noch auf Germany’s Gold ein, eine aus Deutschland heraus aufgebaute VoD-Plattform, an der auch die Produzentenschaft beteiligt ist. Die „nach wie vor ungeklärten kartellrechtlichen Fragen“, würden womöglich bedeuten, dass man das Engagement wohl amerikanischen Anbietern überlassen müsse, die „bei ZDF Enterprises bereits Schlange, um das Geschäft zu übernehmen“, sagte Bellut.
In der anschließenden Diskussion kristallisierten sich die Blöcke zwischen traditionellen Fernsehanbietern und den Vertretern der neuen Medien rasch heraus. Während Thomas Bellut in der Diskussion merkwürdig still war, fühlte sich die rbb-Intendantin Dagmar Reim veranlasst, jeden vermeintlichen Angriff auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk aggressiv abzuwehren, womit sie lediglich ihren Kritikern in die Hände spielte. Oliver Kaltner, General Manager der Consumer [&] Channels Group (CCG) von Microsoft Deutschland warf der Intendantin nämlich vor, nicht mit den Geräteherstellern zu sprechen, um gemeinsam Möglichkeiten zu finden, Inhalte auf technische Möglichkeiten anzupassen und umgekehrt. Kaltner betonte, dass bei den jungen Konsumenten die ‘Consumer Experience’ im Vordergrund stehe, die keine Präferenz – egal ob Inhalt oder Anbieter – kenne und immer dann stattfinde, wenn es der Konsument wünscht oder zeitlich einrichten kann.
Es sind jedoch nicht die Eröffnungsrunden des Medienkongresses, die die wirklichen Erkenntnisse bringen, sondern die Panels und Podien, die sich im Verlauf der zwei Tage mit Teilaspekten des übergeordneten Themas befassen. Dazu gehörte auch der Produzentengipfel mit dem Titel „Die neue Ökonomie der Inhalteproduktion und -verbreitung“. In ihrer Keynote sprach Ingrid Deltenre, Director General der European Broadcasting Union (EBU), über die Notwendigkeit alte Pfade in der Verbreitung von Inhalten zu überwinden. Ohne das Dilemma um Germany’s Gold beim Namen zu nennen, sagte sie: „Europa macht sich selber klein. Es gibt bei uns kein Gegengewicht zu Google oder ähnlichen Konzernen, weil Kartellämter und Regulierer ein Gegenmodell in Europa verhindern.“ Deltenre sprach sich deutlich gegen die Beibehaltung der traditionellen Verwertungskette für Filme aus. „Wenn wir an der Verwertungskette festhalten, wird die Piraterie zunehmen und sich dies zu unserem Nachteil auswirken“, sagt sie. „Stattdessen sollte man dem Konsumenten alle Inhalte so zur Verfügung stellen wann und wie er es möchte.“ Weiterhin müsse das Marketing für europäische Produktionen ausgebaut und die Art der Filmförderung überdacht werden, um Filme herstellen zu können, die ein größeres Publikum erreichen, auch außerhalb ihres Entstehungslandes. Unterstützung erhielt Deltenre hier von Andreas Wildfang von dem VoD-Anbieter EYZ Media, der sich ein VoD-Abomodell für das europäische Arthouse-Kino wünscht.
Deutlich wurde ebenfalls, dass sich die Produktionswirtschaft in Zukunft weiter differenzieren wird. Auf der einen Seite wird es die Fiktion-Produzenten geben, die weiterhin auf Fernsehen und Filmförderung angewiesen sind, anderseits wird es die großen Unterhaltungsproduzenten wie Brainpool geben, die es durch Rechtebehalt und eine entsprechende Infrastruktur schaffen, weitere Auswertungskanäle in den digitalen Medien zu schaffen sowie eine neue Generation von Produzenten, die günstig via YouTube u.ä. Kanäle direkt für das Publikum produzieren. „Direkt für webbasierte Kanäle zu produzieren ist ein eigenes Handwerk, das man lernen und auf das man sich einlassen muss”, erklärte Andreas Briese, Strategic Partnership Development Manager, YouTube, in der anschließenden Diskussion.
Die Erkenntnis, dass für den europäischen (Arthouse)-Film-Markt neue Vertriebsmodelle gefunden werden müssen, ist nicht neu. Das MEDIA Programm der EU fördert mittlerweile ein Pilotmodell, das den zeitgleichen Start via VoD zum Kinostart in einem oder mehreren europäischen Ländern eines europäischen Films fördert. Ein Modell gegen das sich viele Kinobetreiber aber auch Produzenten sträuben. Um eine fundierte Diskussion über die Vorbehalte, Sachzwänge und Potentiale dieses Modells in Gang zu bringen, lud die MEDIA Antenne Berlin Brandenburg im Rahmen der Medienwoche zu einer Diskussionsrunde hinter geschlossenen Türen, an der rund 40 Vertreter aus Produktion, VoD, Vertrieb und Förderung teilnahmen. Unter der Moderation von Andreas Wildfang diskutierten unter anderem Joachim A. Birr (BVV/SPIO/FFA) Christian Berg (Medienboard), Markus Hauk (CLA Content Lizenz Agentur), Karsten Aurich (Sabotage Films) und Thorsten Frehse (Neue Visionen) über Erlös- und Geschäftsmodelle der VoD-Auswertung. Die Produzenten appellierten vor allem an Förderer und Politik, ihre Position als Rechteinhaber den Sendern gegenüber zu stärken. Daneben plädierten sie für die Aufhebung der Sperrfristen und mehr Mitgestaltungsrechte bei der Auswertungs- und Vertriebsstrategie ihrer Projekte. Insofern korrespondierte ihre Position mit der Prognose Wildfangs, dass die öffentlich-rechtlichen Sender mittelfristig umdenken müssen. Auch Christian Berg betonte, dass der Paradigmenwechsel von allen Beteiligten, auch den Förderern, neue Ansätze erfordere. Die zweistündige intensive Diskussion hat viele neue Fragen aufgeworfen, dennoch wurde klar, dass die Rolle des Kinos als Leitmedium zukünftig stärker in Frage gestellt werden muss.
Thomas Steiger
(MB 10/13)