Der Trendscout

Peter Nöthen hat in den letzten Jahren immer eine gute Nase bewiesen, wenn es um die Entwicklung in der Broadcast-Branche ging. Jetzt setzt er verstärkt auf eigene Softwareentwicklung, die Förderung junger IT-Talente und auf neue Cyber Security Services. Auf der IBC 2017 sprach MEDIEN BULLETIN mit Nöthen über seine aktuellen Ideen und Pläne.

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Der Trendscout

Qvest Media ist auf Wachstumskurs. Zuletzt wurde angekündigt HMS zu übernehmen. Was steckt hinter dieser Akquise?

HMS ist ein Soft- und Hardwarehersteller für komplette Channel-in-a-Box-Lösungen. Mit der Übernahme stärken wir die eigene Softwareentwicklung, insbesondere mit Blick auf Cloud- basierte Produkte. Zudem sehen wir einen Standortvorteil. HMS ist in Halle angesiedelt, wo es im Umfeld interessante Universitäten gibt. Das hilft uns beim Rekrutieren von Fachkräften.

Ist das ein Problem bei Ihnen?

Wir wachsen personell beständig weiter. Da im Senior-Bereich die Fachkräfteauswahl beschränkt ist, sind wir bemüht, kontinuierlich Junioren von Universitäten einzustellen und in einem internen Trainingsprogramm weiterzubilden. Aktuell haben wir einen Altersdurchschnitt von 32 Jahren – wir sind also gut für die Zukunft aufgestellt. Mit dem gesunden Mix aus erfahrenen Spezialisten und jungen Absolventen schaffen wir es regelmäßig, neue Ideen und Businessmodelle zu realisieren.

Warum eigene Software-Entwicklung?

Wir möchten zunächst das bestehende Line-up von HMS aus- bauen. Der Produktgedanke steht jedoch nicht an erster Stelle, sondern der Vorteil, Software Development im Haus zu haben. Das ermöglicht uns u.a. die Entwicklung von Interfaces für Lay- er- und Bus-Systeme, um Produkte miteinander zu verbinden. Es vereinfacht die Implementierung von individuell designten Workflows, unabhängig davon, ob die Technik beim Kunden vor Ort installiert ist oder in einer Cloud orchestriert wird.

Wie bringen Sie IT- und Broadcast-Know-how dabei zusammen?

Entweder bewegt man Broadcast-Experten in Richtung IT oder die IT-Absolventen in Richtung Broadcast. Wir gehen beide Wege, allerdings fällt es uns etwas leichter, Experten aus dem IT-Sektor zu rekrutieren. Sie sind sehr engagiert und finden den Mediensektor sowie dessen Transformationsprozess äußerst spannend. Für die Vermittlung des erforderlichen Know-hows haben wir interne Wissensteams aufgebaut. Diese befassen sich mit Spezialthemen wie zum Beispiel Media Intelligence, IP for Broadcast, OTT oder Cloud Solutions und bestehen aus Mitarbeitern unterschiedlicher Standorte und Abteilungen.

Welche Relevanz haben bei den sich ändernden Marktverhältnissen Kooperationen mit Lösungsanbietern wie Avid?

Insbesondere in internationalen Ausschreibungen werden zunehmend Components of the Shelf (COTS) – also Standardprodukte nachgefragt. Unsere Kunden möchten Prozesse durch standardisierte Funktionalitäten vereinfachen und dabei gleichzeitig von den wirtschaftlichen Vorteilen eines Standardprodukts profitieren. Solche COTS müssen von uns hersteller- unabhängig in sinnvollen Workflows zusammengebracht wer- den, wobei uns die erwähnte Verstärkung durch HMS hilft.
Der Hersteller kann sich so stärker auf sein Produkt fokussieren und muss sich weniger in Bereichen wie Integration und Professional Services involvieren. Eine solche Entwicklung betrifft Avid wie auch viele andere Unternehmen. Wir spielen hier in der Tat mit den Herstellern gut zusammen.

Was sind denn zur Zeit die neuesten Aktivitäten bei Qvest Media?

Ein wichtiger neuer Bereich bei uns ist Cyber Security. Heute existieren in den Bereichen Broadcast- und Corporate-IT häufig noch getrennte Netzwerke, die jedoch mehr und mehr mitei- nander verschmelzen. Es ist außerdem absehbar, dass Medie- ninfrastrukturen nahtlos IP-fähig werden. Hinzu kommt, dass Aufgaben und Prozesse vermehrt virtualisiert und von Cloud- Anwendungen abgelöst werden. Medienunternehmen müssen verstärkt ihre Assets schützen und Hackerangriffen vorbeugen. Wir sehen darin ein virulentes Thema, mit dem sich TV-Sender und Medienanbieter zwingend auseinandersetzen müssen.

Mit SecurView haben wir uns dazu einen professionellen Part- ner an Bord geholt. Das Unternehmen hat seinen Hauptsitz in den USA, und Cisco ist mit 25 Prozent an SecurView beteiligt. SecurView entwickelt seit Jahren für namhafte Unternehmen Sicherheitskonzepte und überwacht deren Infrastruktur über Security Operation Center (SOC). Dieses Konzept möchten wir in die Medienwelt transferieren, angepasst an die speziellen Systeme und Produktionsbedürfnisse. Auf der IBC regt sich ein erstes Bewusstsein für die Thematik. So wurden wir über das Branchennetzwerk Digital Production Partnership gemeinsam mit Firmen wie Akamai, Arqiva, Microsoft und Telestream als einer der Early Adopter für Cyber Security ernannt.

SecurView unterstützt uns mit seinem Team von rund 200 Mit- arbeitern und SOCs in den USA, England, Dubai und Indien. Gemeinsam planen wir, ein zusätzliches SOC in Deutschland aufzubauen und mit unserem bereits existierenden 24/7 Main- tenance Support zu verbinden. (11/17)

Das gesamte Interview mit Peter Nöthen lesen Sie in der neuen Ausgabe von MEDIEN BULLETIN (MB 4.2017)

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