Raus aus der Pay-TV-Nische!

Während Pay-TV in anderen Ländern Europas mittlerweile stagniert, holt es in Deutschland auf und gewinnt immer mehr neue Abonnenten. Dabei ist der Begriff „Pay-TV“ heute eigentlich überflüssig geworden, meint Katharina Behrends, da man auch in Deutschland für Fernsehen immer zahlen muss. im Gespräch mit MEDIEN BULLETIN erklärt die Geschäftsführerin von NBC Universal Global Networks Deutschland die Multiplattform-Strategie ihrer Sendergruppe. mit 13th Street und Syfy betreibt sie hierzulande die bislang quotenstärksten Pay-TV Sender. mit den TV-Angeboten via HD+ und den HD-Programmen von ARD und ZDF erhalten die aber neue Konkurrenz.

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Raus aus der Pay-TV-Nische!

Wie wichtig ist Sky Deutschland im Reigen mit anderen Pay-TV-Plattformen für die Abonnentengewinnung von NBC?

Sky ist nach wie vor die größte und wichtigste Plattform für uns – und unser wichtigster Partner. Das gilt sowohl für die Sender 13th Street und SyFy als auch für The Biography Channel und History, die wir im Joint Venture mit AETN betreiben. Gleichzeitig gewinnen auch Telekom, Unitymedia und Kabel Deutschland für uns an Gerwicht, da auch sie kontinuierlich wachsen.

Inwieweit profitieren Sie davon, dass Sky kürzlich die Drei-Millionen-Abonennten-Grenze geknackt hat?

Wir bieten mit 13th Street, den Sender für Thrill & Crime, den erfolgreichsten deutschen Pay-TV Sender. SyFy, unser Sender für Science Fiction, Fantasy und Mystery ist bei Pay TV-Abonnenten der zweitbeliebteste Spartensender. Damit sind wir auch bei Sky Treiber für das Abo-Wachstum. Darauf sind wir sehr stolz. Und wir freuen uns natürlich, dass es bei Sky mit den Abo-Zahlen aufwärts geht.

Welchen Stellenwert haben die anderen Plattformen der Kabelnetzbetreiber oder Entertain der Deutschen Telekom konkret?

Seit jeher verfolgen wir mit unseren Sendern eine Multiplattformstrategie: maximale Verbreitung über sämtliche Plattformen. Vor diesem Hintergrund haben alle Plattformen ihren Wert, der sich für unsere Sender zu rund fünf Millionen Abonnenten in Deutschland, Österreich und der Schweiz aufaddiert. Die technische Reichweite wiederum ist die Basis für unsere guten Einschaltquoten. Das Schöne ist, dass alle Plattformen wachsen. Der Prozess wird hauptsächlich durch HD, die gute Wirtschaftslage in Deutschland und auch durch die Digitalisierung im Kabel angetrieben. Deshalb sind für uns auch alle anderen Plattformen neben Sky wichtig. IPTV hat ein sehr gutes Wachstum, insbesondere bei der Telekom. Für uns ist es positiv, dass sich der Markt bei unterschiedlichen digitalen Verbreitungswegen wie Kabel oder IPTV jetzt so gut entwickelt.

Ist es nicht mühselig, sich über so viele verschiedene Plattformen ausbreiten zu müssen?

Nein, für uns ist es kein mühseliger Prozess. Wir sind mit unseren Lieblingssendern sozusagen eine gesuchte Braut: Die Plattformen kommen auf uns zu und nicht umgekehrt.

Sky bietet neuerdings über HD+ auch RTL & Co. in HD-Qualität und nach dem Switch-off des analogen Satellitenfernsehens auch eine Fülle von HD-Sendern von ARD und ZDF. Eine willkommene Konkurrenz für Sie?

Grundsätzlich befürworten wir den analogen Switch-off und die damit verbundene Digitalisierung des deutschen Fernsehens. Denn so haben wir die Möglichkeit, über digitale Empfangs-boxen noch mehr von Nicht-Abonnenten wahrgenommen zu werden – und unsere Reichweite weiter auszubauen. Ich bin sicher, dass dem Abo-TV so ein weiterer Schub verliehen wird. Was uns aber weit weniger gefällt ist die sukzessive Ausbreitung der digitalen Angebote der öffentlich-rechtlichen Sender. Für uns ist das eine klare Wettbewerbsverzerrung mit Gebührengeldern, wenn beispielsweise eine Serie wie „Mad Man“ von ZDFneo eingekauft wird – zu Bedingungen, die für privatwirtschaftlich organisierte Medienunternehmen nicht darstellbar sind. Das sehe ich höchst kritisch.

Die von Astra aufgebaute Privatsender-Plattform HD+ ist für Sie okay?

HD+ ist Pay-TV. Da muss man nicht drum herum reden.
Generell muss den Leuten klar sein, dass sie Fernsehen ohne Bezahlung in Deutschland nicht bekommen. Sei es wegen der Rundfunkgebühren, der Kabelgebühren, wegen technischer Anschaffungskosten oder auch Abo-Gebühren. Deswegen ist der klassische Begriff Pay-TV unzutreffend. Wir bieten mit unseren Spartensendern hochqualitatives Programm in ganz klar ausgerichteten Genres. Sie werden von den TV-Konsumenten als Lieblingssender oder Premiumsender wahrgenommen und nicht als Pay TV.

Ihre Sender sind auch mobil zu empfangen, via Telekom Mobile-TV zum Beispiel. Mit welchen Erfahrungen?

Unsere Lieblingssender werden in Österreich und Deutschland auch mobil sehr gerne geschaut. Und anders als oft behauptet, werden auch via Smartphones längere Filme oder Serienfolgen geschaut. Unsere Episoden dauern manchmal durchaus 45 Minuten. Ein klarer Beleg, dass nicht nur kurze Inhalte bei der mobilen Nutzung abgerufen werden.

Es kommen immer neue technische Plattformen für Videos auf dem Markt. Stichwörter: Mediatheken, Android- und Apple-Smartphones, Tablet-PCs, VoD, Video-Streaming. Welche Relevanz haben all diese Vertriebswege für Sie?

Aktuell haben wir mit unseren Sendern ein lineares Senderangebot, verbunden mit einem Catch up – also Video-on-Demand-Angebot. Das ist unser zentrales Geschäftsmodell. Doch uns ist klar, dass neue Verbreitungswege auch neue Möglichkeiten bieten, für die wir auch Pläne diskutieren.
Wichtig allerdings ist, dass wir Projekte dieser Größenordnung nur mit verlässlichen Partnern angehen und nicht bei jedem Startup dabei sein können und wollen. Für den deutschen Markt gilt: Die Angebote dürfen nicht kompliziert sein, sie müssen einfach zu vermarkten sein, sie müssen eine
ausreichende technische Reichweite besitzen – und man muss Durchhaltevermögen besitzen.

Kann man das lineare Angebot von 13th Street oder SyFy noch mal aufsplittern und als einzelne Videos anbieten?

Nein, denn das ist nicht unser Business-Modell. Wir vermarkten ganze Sender, und das an Plattformen, nicht an den Endverbraucher. Einzelne Videos sind zwar auf unseren erfolgreichen Websites Syfy.de und 13th Street.de zu sehen, aber hier auch unter dem Aspekt der Promotion. Hinsichtlich Sky go beispielsweise allerdings könnte das eine Überlegung wert sein.

13th Street oder Syfy sind auch noch nicht in den App-Stores der SmartTV-Geräte zu finden. Warum nicht?

SmartTV ist erst am Anfang. Auch da ist das Geschäftsmodell noch nicht ausgereift. Am Ende geht es immer um die Frage, wer die Kosten für die plattformspezifische Programmierung übernimmt: Ist es der Gerätehersteller, der Endkonsument oder wir, der Sender? Diese Diskussion ist noch längst nicht beendet – von daher können wir bislang noch kein tragfähiges Geschäftsmodell erkennen. Zumal Gerätehersteller dererlei Zusatzapplikationen zumindest im Moment noch kostenlos anbieten.

Die Fußball-Bundesliga-Rechte werden in diesem Jahr neu vergeben. Vermutlich wird es Auswirkungen auf die Reichweite Ihrer Sender haben, ob Sky oder Telekom die Rechte erhält?

Absolut. Aber sowohl Sky als auch die Deutsche Telekom haben überzeugend bewiesen, dass die Fußball-Bundesliga-Rechte bei ihnen sehr gut aufgehoben sind – bei der jetzigen Aufteilung zwischen TV- und IPTV-Rechten. Beide sind unsere Partner, beide sind wichtige Player im Markt. Aber ich bin sehr zuversichtlich, dass Sky im Zusammenhang mit der TV-Verwertung der Fußballbundesliga weiterhin eine zentrale Rolle spielen wird, die auch dem TV Markt gut tut.

So viele neue Möglichkeiten zu Verbreitung von Pay-TV – hat sich das positiv auf das Pay-TV-Klima in Deutschland ausgewirkt?

Das ist in der Tat so. Wir haben gerade im letzten Jahr ein Wachstum auf allen Plattformen erlebt. Das wird auch so weitergehen. Wir sind mittlerweile längst aus der Nische „Pay-TV“ heraus. Mit rund fünf Millionen Abonnenten für unsere Sender sind wir sind in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Wir sind nicht mehr wie früher in der Exotenecke. Unsere Sender haben sich als Entertainment-Angebot in der breiten Gesellschaft durchgesetzt.

Hat nun Deutschland in Sachen Pay TV im Vergleich zu anderen Ländern in Europa aufgeholt?

England und Frankreich beispielsweise liegen seit Jahren auf einem deutlich höheren Niveau als Deutschland – dort haben einzelne Anbieter wie Sky oder Canal+ mit Einführung des Privat-TVs binnen kürzester Zeit mit konkurrenzlosen technischen Standards Millionen von Abonnenten generieren können. Im Vergleich dazu war der Weg in Deutschland durch diverse Anbieter und unterschiedliche technische Standards deutlich steiniger. Aktuell aber macht sich die positive ökonomische Entwicklung in Deutschland bemerkbar. Sky und die anderen Plattformen verzeichnen signifikante Zuwächse an Abonnenten – wohingegen andere Länder stagnieren. Allein im letzten Jahr hatten wir ein Abo-Wachstum von zwölf Prozent – anders gesagt: Ja, wir holen auf!

Katharina Behrends ist seit Januar 2008 Geschäftsführerin der NBC Universal Global Networks Deutschland GmbH. Sie ist im Board der History Channel Germany GmbH vertreten sowie im Vorstand des Fachbereichs Fernsehen beim VPRT. Schon seit August 2005 stand die Rechtsanwältin an der Spitze des Bereichs Legal Business Affairs & Network Development bei NBC Universal. Davor war Katharina Behrends Head of Business Affairs and Distribution bei der MTV Networks GmbH & Co. OHG in Berlin. Dort leitete sie als General Counsel die Rechtsabteilung und verantwortete den Aufbau und die Leitung der Abteilung Distribution für MTV und MTV 2 Pop sowie insbesondere die Einführung der MTV Pay TV-Sender in den deutschsprachigen Raum. Vor ihrer Zeit bei MTV war die Juristin auch bei der Premiere Medien GmbH & Co. KG. tätig.
Erika Butzek
(MB 03/12)