Tools für die TV-Zukunft

Auf der IBC 2015 konnten Fachbesucher insbesondere in Halle 14 innovative Systeme für das Fernsehen der Zukunft entdecken. Im Vordergrund standen dabei Lösungen für die Personalisierung von Programm und Werbung, Rechteverwaltung, Empfehlungssysteme, Video on Demand (VoD), Over-the-Top (OTT) sowie Video-Streaming und -Verteilung via IP-basierte Netzwerke.

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Tools für die TV-Zukunft

Um das rasant wachsende Bewegtbild-Angebot in den kommenden Jahren effizienter nutzen zu können, kommt der Distribution eine Schlüsselrolle zu. Daten müssen weiter komprimiert, Bandbreiten vergrößert und die nötigen Infrastrukturen insgesamt ausgebaut werden. Auch neue Services und Business-Modelle sind gefragt, um Inhalte überall und jederzeit verfügbar zu machen und vor allem auch zu monetarisieren. Die damit verbundene Entwicklung ist stark IT getrieben. Intelligente, softwarebasierte Lösungen spielen hierbei eine immer stärkere Rolle. Das führt dazu, dass auf einer Broadcast-Messe wie der IBC in Amsterdam immer mehr neue Player mit ihren Angeboten Flagge zeigen. Und auch etablierte Technologielieferanten sind dabei, ihre Produkte und Lösungen den Anforderungen der Zukunft anzupassen.

Telestream, eine Softwarefirma, die digitale On-Demand-Digital-Video-Tools und Workflow-Lösungen anbietet, profitiert nach eigenem Bekunden vom gegenwärtigen Trend. Immer mehr Hardware-Firmen aus dem Distributionsbereich wollen mit dem Unternehmen kooperieren, so Dan Castles, Präsident und CEO von Telestream. Für ihn stehen die Herausforderungen der Distribution denn auch ganz vorne: „Distribution als Geschäftsfeld wird immer schwieriger. Wir stehen am Beginn des Übergangs von hardwarebasierten Lösungen zu softwarebasierten. Viele Hardwarefirmen werden deshalb vom Markt verschwinden. Gleichzeitig entstehen viele kleine Softwarefirmen und der Wettbewerb wird größer, was schon jetzt dazu führt, dass die ersten Firmen den Support einstellen, um günstiger anbieten zu können.“

Zu den Pionieren bei der softwarebasierten Distribution von Videos gehört die Firma Elemental aus Portland, Oregon. Deren Software sorgt dafür, dass die Videos unabhängig von den verschiedenen Endgeräten optimal wieder gegeben werden aber auch, dass unkompliziert zwischen mehreren Video-Streams hin und her geschaltet werden kann, wie sie etwa bei Sportveranstaltungen anfallen. Wie schnell sich die neue Welt des Fernsehens dreht, zeigt die Anfang September erfolgte Übernahme von Elemental durch Amazon Web Services (AWS). AWS ist Anbieter der größten Cloud-Infrastruktur der Welt. Damit reagieren Elemental und AWS auf die Distribution von Inhalten über das Internet, die in den letzten fünf Jahren immer stärker zugenommen hat. „Mit dem Zusammenschluss wollen wir unser Know-how in dem, was mal die Anforderungen für die traditionelle Fernsehübertragung war, in die neue Welt mit ihren digitalen Endgeräten übertragen. Wir wollen aber auch schnell auf neue Entwicklungen reagieren können und neue Wege der Monetarisierung entwickeln“, sagt Keith Wymbs Chief Marketing Officer, Elemental Technologies und fügt hinzu: „Hier am Stand auf der IBC zeigen wir, dass wir mit allem umgehen können, was auf uns zukommt wie etwa UHD und HDR.“ Dazu gehörte auch eine Demonstration Inhalte mit hoher Bildrate (HFR) in P120 zu übertragen, wodurch sich bewegende Elemente gleich sehr viel schärfer zu sehen sind, was gerade für den Sport relevant ist. Auch Wymbs sieht das Ende von hardwarebasierten Lösungen, weil sie im Gegensatz zu Software nicht schnell anpassbar sind, sondern kostenaufwändig ausgetauscht werden müssen. Darüber hinaus sieht er eine kontinuierliche Entwicklung hin zur Nutzung von mobilen Endgeräten, was kleine traditionelle Sender unter Druck setzt, die nicht das Kapital haben zusätzliche IP-Angebote zu machen. Durch das gemeinsame Angebot von Elemental und AWS werden Medien- und Entertainment-Unternehmen eine Reihe von integrierten Lösungen angeboten, mit denen sie effizient und wirtschaftlich Video-Infrastrukturen schaffen können, die sie flexibel, entsprechend den jeweiligen Bedürfnissen, anpassen können. Mit der Software von Elemental können Unternehmen ihre Live- und On-Demand-Inhalte, die für die traditionelle Verbreitung über Kabel, Satellit oder Over-the-Air bestimmt sind in Formate umwandeln, die für PCs und mobile Endgeräte bestimmt sind. Ursprünglich war Elemental eine Firma, die nur Videoprocessing und -encoding anbot. Im vergangenen Jahr stellte sie bei der IBC die Elementary Delta Vertriebsplattform vor, die als Verstärker für ein CDN eingesetzt wird. Mit ihrer Hilfe können Inhalte zurückgespult sowie auf Live-Übertragungen zugegriffen werden, bei denen man zwischen verschiedenen Kamerafeeds hin und her schalten oder sie gleichzeitig ansehen kann. Elemental hat mehr als 700 Kunden und unterstützt Over-the-Top (OTT) Anwendungen, wie den BBC iPlayer, CNNGo, ESPN ScoreCenter, HBO GO, Sky Go und Sky Now. Zusätzlich unterstützt Elemental UHD-Dienstleistungen wie die von der BBC während der WM 2014 gelieferten Bilder.

Interessant war auch der Messeauftritt des Videotechnologie-Unternehmens Kaltura, das seine OTT TV-Plattform um MediaX, einen Cloud-basierten Videorekorder ergänzt hat. Der Videorekorder nimmt Fernsehsendungen auf und macht sie später als Stream oder Download auf alle Endgeräte verfügbar. MediaX verfügt über Tools zur Inhalte-Suche sowie zur Analyse von Nutzungsmustern. Kaltura hat die weltweit erste Open Source Online-Videoplattform entwickelt und liefert Videotechnologien für OTT TV (Over the Top TV), OVP (Online Video Platform) und EVP (Enterprise Video Platform). Im Software as a Service (SaaS)-Modell übernimmt Kaltura den vollständigen Service inkl. Video-Hosting, Streaming, plattformübergreifende Übertragung, Transcoding, Analyse sowie Support- und Wartungsdienste. Darüber hinaus kann die Plattform im eigenen Rechenzentrum betrieben werden. Weitere Angebote von Kaltura sind MediaPrep, das die einfache Vorbereitung und Editierung von Videoinhalten und ihre Verschlüsselung für die digitale Rechteverwaltung ermöglicht. MediaHub enthält umfassende Verwaltungsanwendungen für Inhalte, Kampagnen, Analysen, etc.. MediaStore hat ein umfangreiches UX-Angebot, mit dem Abonnenten ihre Kennwörter, PINs, Jungendschutzeinstellungen, Gerät- und Rechnungsinformationen verwalten können. Und MediaGo liefert Anwendungen und Apps für die angeschlossenen Endgeräte.

Die französische Softwarefirma Hubee ist in gewisser Weise ein One-Stop-Shop. Sie widmet sich dem Management und der Auslieferung von Videos an den Endkunden. Dafür wurde die Huge Suite mit drei Modulen entwickelt. Mit Huge on Demand gestaltet und verwaltet man den Workflow seines VoD-Angebots. Die Ausspielung erfolgt an alle Endgeräte und die Software dafür, das Asset und Rechte-Management lassen kaum einen Wunsch offen. Die VoD-Plattformen lassen sich über mehrere Territorien aufbauen und das Managementsystem so einstellen, dass mehrere Shops mit einem Backend verwaltet werden. Mit Huge Replay lassen sich individuell gestaltete Angebote erstellen – im Grunde also auch der eigene Sender – wie Catch-up-TV aber auch Live-Angebote oder virtuelle Kanäle, die mit Videos bestückt sind, die man vorher auf einer Plattform wie YouTube oder Vimeo hochgeladen hat. Mit Huge Recording lassen sich lineare Sender auf mobile Endgeräte übertragen. Viel interessanter ist hingegen die Möglichkeit Sendungen aufzunehmen und dort auch zeitversetzt zu sehen, unabhängig wo man sich gerade befindet.

Der eigene Kanal

Den ersten Schritt zum eigenen Kanal bietet Piksel. Mit Piksel MCN wurde auf der IBC 2015 eine Lösung vorgestellt, mit der Firmen ihren eigenen OTT-Kanal betreiben können. Der Vorteil gegenüber einem YouTube-Kanal ist etwa, dass man hier sein eigenes Portal aufbauen kann, von dem aus Inhalte syndiziert werden können. Als große Firma, kann man hier sämtliche Inhalte zusammen bringen und durch Data Mining die Präferenzen der Nutzer kennenlernen und entsprechend darauf reagieren. Das erste Portal dieser Art hat Piksel für Endemol Beyond USA eingerichtet.

Egal ob Bewegtbild das Kerngeschäft ist oder ob Bewegtbild als Teil seiner Kundenbindung eingesetzt wird oder nur, um innerhalb der Firma zu kommunizieren, Piksel bietet entsprechende Lösungen an. Dabei geht es nicht nur um Technik, sondern generell darum wie Inhalte konsumiert und übertragen werden. „Die Workflows des linearen Fernsehens verbinden sich mit den Workflows von OTT, sodass wir nur noch einen haben“, sagt Miles Weaver, Innovation Lead bei Piksel. „Das ist ein starker Trend, der sich auf das traditionelle Denken auswirkt, wie Fernsehen verbreitet wird, und der bei der Entwicklung unserer Lösungen eine treibende Rolle spielt.“ Für den Sender Discovery hat Piksel eine OTT-UHD-Streaming-Lösung gebaut, die mit Hilfe einer App auf am Internet angeschlossenen Samsung- beziehungsweise LG-Fernseher abgerufen werden können. Auch der Trend zur Nutzung des eigenen Endgeräts wird von Piksel bedient. So ermöglicht Piksel Voyage Fluggesellschaften wie Transavia Gästen während des Flugs Inhalte zur Verfügung zu stellen, deren Betrachtungsrechte nach Beendigung des Flugs automatisch erlöschen.

Hosting von Inhalten

Zwar war das große Thema bei der IBC 2015 softwarebasierte Lösungen und die Umrüstung von SDI auf IP, dennoch müssen die Daten irgendwo gelagert und zugänglich gemacht werden. Hier kommt Edgeware ins Spiel. Die schwedische Firma hat die leicht skalierbare, stromeffiziente Edgeware Video Consolidation Platform entwickelt, die sich in zwei Produkte aufteilt. In die VCP Origin lassen sich pro Einheit bis zu 200 Kanäle einspeisen, die mit bis zu 20 Gbps gestreamt werden können. Das NAS Managementsystem erlaubt es die VCP als Cloud DVR und VoD-Services einzusetzen, die direkt zum Nutzer oder einem CDN streamen. VCP Origin kann Streams neu zusammenstellen und verschlüsseln. Das zweite Produkt ist VCP Edge, das nachgeschaltet wird und mit dem die Geschwindigkeit des Streaming auf bis zu 80 Gbps beschleunigt werden kann, was gerade dann interessant wird, wenn die Zahl der Zugriffe sich erhöht. Von hier werden die Inhalte direkt an den Endverbraucher gestreamt, unabhängig davon welches Endgerät er nutzt. Zu den Kunden von Edgeware gehören TelCos, die ihre OTT-Angebote streamen, aber in letzter Zeit auch immer mehr Fernsehveranstalter, für deren Catch-Up-TV-Angebote. Aber auch im Live-Bereich ist Edgeware VCP einsetzbar. „Unser System hat eine Latenz von unter einer Sekunde“, sagt Dominique Vosters, Senior Presales Consultant bei Edgeware. „Das ist besonders wichtig für Wettbüros, um keine Verzögerung zum Live-Event zu haben. Andere Stärken sind die zentrale und dezentrale Skalierbarkeit, das Managementsystem, mit dem wir Statistiken anlegen und Werbung auswerten können.“

Neue Komprimierungstechnologie

Um mehr Konsumenten Bewegtbildinhalte zugänglich zu machen, aber auch um Kosten zu sparen, ist es notwendig die Videos so weit wie nur irgend möglich zu komprimieren, um sie ohne Qualitätseinbußen auch über Leitungen mit wenig Bandbreite versenden zu können. Hier hat V-Nova mit seiner proprietären Perseus-Kompressionstechnologie einen großen Schritt nach vorne gemacht. Das System orientiert sich bei Kompression an den Prinzipien menschlichen Sehens, damit die Ausgangsqualität erhalten bleibt und es mit allen Übertragungsformen kompatibel ist. Perseus überträgt SD, HD, UHD, verschiedene Bild-Raten und Farbtiefen in einem Stream indem die Unterschiede zur anderen Qualität einzeln übermittelt werden anstatt ein eigenes Bild für jede Qualitätsstufe zu erstellen, weshalb ein Simulcast entfällt. Besonders deutlich wird der Vorteil dieser Technik im Flugzeugbau. Allein die Kabel für das In-Flight-Entertainment betragen über 1.000 Kilo, die man mit der V-Nova-Technologie deutlich reduzieren kann, weshalb die Firma auch mit Airbus kooperiert. „Es werden immer mehr und größere Daten über die Netzwerke transportiert, was eine große Herausforderung bedeutet. Doch Perseus bietet den effizientesten Weg das zu tun“, sagt Fabio Murra, SVP Product & Marketing (TV & Media) bei V-Nova.

Einrichtung von In-House-Angeboten

Bewegtbildinhalte werden nicht nur der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt. Für Hotels und Krankenhäuser gibt es meist angepasste Angebote aus freien, kostenpflichtigen und gezielt für Gäste produzierten Inhalten, die zusammengestellt, verwaltet und verteilt werden müssen. Aber auch bei Konferenzen ist es möglich Inhalte auf die mobilen Endgeräte der Teilnehmer zu streamen. Hierfür bietet Exterity Lösungen für das eigene In-House-IP-Netzwerk an. Die Inhalte werden für Standard-Fernseher und AV Displays mit dem Exterity AvediaPlayer Receiver bereitgestellt oder an PCs der Benutzer mit Artio Content Clients gestreamt. Mit dem AvediaServer, Exteritys Multi-User IPTV Management System, können verfügbare Inhalte verwaltet und kontrolliert werden, um zu bestimmen wo und bei wem die Kanäle empfangen werden können. Mit seinem neuen „Beyond the LAN“-System liefert Exterity Inhalte optimiert auch an mobile Endgeräte aus und kommt so dem Trend entgegen, dass viele Menschen bei Reisen oder Krankenhausaufenthalten ihre eigenen Endgeräte mitbringen, auf die dann die gewünschten – oder wenn es sich um eine Konferenz oder ähnliches handelt – erforderlichen Inhalte aufgespielt werden.

Empfehlungssysteme und Media Management

Doch je mehr Anbieter auf den Markt kommen, je mehr Inhalte zur Auswahl stehen, desto unübersichtlicher wird das Programm irgendwann für den Konsumenten. Ordnungs- und Empfehlungssysteme müssen implementiert werden, damit die Inhalte auch den Zuschauer erreichen können. Aber auch die Rechteverwaltung im Hintergrund erfordert organisatorischen Aufwand. Hier bietet die Münchener Firma CreateCtrl, zu deren Kunden unter anderem Sky Deutschland, n24, die Fox-Sender sowie Sender in Südafrika gehören, mit ihrem Media Browser, Time Line Editor, Asset Management System oder Planungs-Tool webbasierte Lösungen an, die auch von mobilen Endgeräten aus bedient werden können. „Lizenzen müssen eingekauft, verwaltet und überwacht werden, die Erträge werden geplant, hinzu kommen noch Rechtemanagement, Reporting und Controlling“, listet Uwe Rosenzweig, Senior Consultant bei CreateCtrl, nur einige der Erfordernisse auf. „Der Unterschied zwischen linearem Fernsehen und VoD ist in diesem Bereich gar nicht so groß, nur die exakte Auswertung, was gesehen wurde und wie lange, ist bei VoD präziser.“ Das Empfehlungssystem, der Schlüssel für den Erfolg einzelner Filme, lässt sich nicht nur automatisieren, sondern auch manuell beeinflussen. „Filme, für die man eine Minimumgarantie gezahlt hat und die nach oben müssen, damit sie gleich Aufmerksamkeit bekommen, kann man manuell dort platzieren. Den Zuschauer bei VoD dazu zu bringen einen Film zu sehen, ist schwieriger, als beim Fernsehen, wo man durchzappt und letztendlich irgendwo hängen bleibt. Bei VoD muss er aktiv eine Entscheidung treffen, weshalb die Bilder und der Text in der Vorschau extrem wichtig sind“, erzählt Rosenzweig weiter und sagt: „Mit unseren Lösungen werden Meta-Daten zusammengestellt, mit denen die Anbieter mehrere Plattformen in mehreren Sprachen verwalten können. Unsere Software ist im Grunde die SAP-Lösung für Bewegtbildinhalte.“

Die italienische Firma Contentwise sieht sich als One-Stop-Shop für Personalisierung von Angeboten für Konsumenten. Sie konzentriert sich auf Empfehlungen und berücksichtigt dabei sehr genau wer was schaut. „Der Abonnent hat in der Regel eine Familie, die das Abonnement genauso nutzt“, erinnert Massimiliano Bolondi, SVP Sales von Contentwise. „Contentwise unterscheidet zwischen den individuellen Personen, analysiert ihr Verhalten und basiert darauf die Empfehlungen.“ Contentwise geht sogar noch einen Schritt weiter. Es untersucht was Personen mit ähnlichen Profilen gesehen haben und bezieht dies in die Empfehlungen mit ein. Der Nutzer kann die Empfehlungssoftware nach eigenen Wünschen konfigurieren, auch um seine Privatsphäre zu schützen. Zwar ist die Empfehlungssoftware automatisiert, doch ohne redaktionelle Inhalte geht es nicht, betont Bolondi. Sie bieten einen erheblichen Mehrwert und sind daher Teil des Angebots. „Wenn man nur Technik anbietet, kann man schnell irrelevant werden“, begründet Bolondi das Vorgehen, mit dem er weiter wachsen möchte. Um seine Empfehlungen so exakt wie möglich anbieten zu können, benötigt Contentwise erhebliche Informationen über den Nutzer. In Deutschland verhindert das Datenschutzgesetz jedoch die Nutzung und Zuordnung solch detaillierter Daten, weshalb hierzulande Empfehlungen sehr allgemein gehalten sind.

Multiscreen im Heimnetzwerk

Am Ende der Übertragungskette steht der Account beziehungsweise der Haushalt des Verbrauchers. Hier reicht es nicht, das Signal nur an ein Endgerät zu liefern. Unter Umständen, und das wird immer mehr zur Regel, muss das Signal von mehreren Endgeräten empfangbar sein und dies nicht nur innerhalb der eigenen vier Wände. Access sorgt dafür, dass dies funktioniert. Die Technik von Access findet sich in diversen Gateways im Haushalt. Sie unterstützt den Aufbau eines Heimnetzwerks, bei dem sämtliche Medieninhalte auf den verschiedensten Endgeräten abgespielt werden können, managed die Meta-Daten und stellt sicher, dass alle Geräte miteinander kommunizieren. Seien es private Inhalte, die auf der Festplatte des Computers liegen, oder gestreamte. Das Heimnetzwerk basiert auf dem DLNA-Standard, mit dessen Hilfe Medien aller Art vom eigenen Computer oder mobilen Endgerät auf den Fernseher gestreamt werden können. Mit dem neuen DLNA-Standard lässt sich sogar die Benutzeroberfläche eines Inhalteanbieters von einem Gerät auf den Fernseher übertragen. „Der Anbieter zahlt eine Menge Geld für seine Benutzerführung, die ja ein wesentliches Mittel zur Monetarisierung ist. Wenn er aber nur die Inhalte frei gibt, bezieht der Nutzer sie über die Benutzerführung des Fernsehherstellers“, beschreibt Jörg Eggnik, Global Product Director, IA von Access Europe den Vorteil des neuen Standards. „Um das zu verhindern, bieten wir eine Technologie an, mit der die Set-top-Box mit dem Fernseher zusammen arbeitet und die Oberfläche ausgetauscht werden kann.“ Der nächste Schritt ist Access Twine. Auch hier geht es darum Inhalte an andere Geräte weiterzugeben. Allerdings um Inhalte, die aufgrund von Rechten nicht so einfach weitergegeben werden können. „Mit Access Twine lässt sich sicherstellen, dass die Geräte, die Teil dieses Systems sind, auch durch DRM geschützte Inhalte aus dem Heimnetzwerk empfangen können“, beschreibt Jörg Eggnik die Funktion. Zusammen mit Intel arbeitet Access daran einen Chip zu entwickeln, mit dessen Hilfe es möglich wird von einer Verschlüsselung in eine andere zu verschlüsseln. Der nächste Schritt ist, dass die Funktionen der Set-top-Boxen in den Router verlagert werden, da er letztendlich die Zentrale des Heimnetzwerks darstellt.

Antipiraterie

Bleibt das leidige Thema Piraterie. Hier gibt es zwei verschiedene Ansätze: die Identifizierung der Quelle für eine spätere Strafverfolgung, was in erster Linie bei fiktionalen Produkten wie Serien und Kinofilmen interessant ist, sowie die schnelle Identifizierung und Abschaltung von illegalen Live-Streams. Im ersten Bereich ist NexGuard aktiv, im zweiten Friends Media Techology Systems. Ursprünglich entwickelt um den Kampf gegen Kinopiraterie zu unterstützen, hat NexGuard seine Watermarking-Technologie für Screener, Pay-TV- und VoD-Inhalte weiter entwickelt. Diese ist sowohl für Fiktion als auch Live-Übertragungen einsetzbar.

Besonders relevant wird sie jedoch erst dann, wenn Kinofilme für einen Premiumpreis zeitgleich oder zeitnah zum Kinostart auch als Pay-per-View angeboten werden. Dafür werden die Nummer des Kunden und des Abspielgeräts unsichtbar in das Video integriert. Der Nutzer wird vorab über die Markierung informiert. Wird der Film geteilt, lässt sich der Verursacher rasch feststellen. Zum Einsatz kommt die Technologie vorerst jedoch nur in Märkten mit einer hohen Piraterie zum Einsatz. Allerdings hat NexGuard in diesem Jahr bereits Verträge mit drei europäischen OTT-Anbietern geschlossen. „Inzwischen ist es sehr viel einfacher Wasserzeichen einzufügen. Außerdem erkennen die Studios den Wert dieser Technologie und fangen an sie zu nutzen“, sagt Harrie Tholen, SVP Sales & Marketing bei NexGuard.

Die zweite Firma ist Friends Media Techology Systems, die einen Algorithmus entwickelt haben, mit dessen Hilfe Streams mit der Identität des Dienste-Abonnenten und dessen Gateway, üblicherweise der Set-top-Box, unsichtbar codiert werden. Friends MTS scannt automatisiert das Internet nach den codierten Streams.

Wird nun ein Stream illegal weiter geleitet, erfährt dies der Rechteinhaber, er kann nun Beweismittel sichern und dann die Set-top-Box beziehungsweise den dorthin geleiteten Stream abschalten und so den illegalen Weitertransport beenden. „Wird ein Inhalt – egal ob live oder OTT – an einer Set-top-Box abgenommen und illegal weiter verbreitet, garantieren wir, dass wir dies mit unserem Algorithmus binnen Minuten entdecken und den Stream sofort abschalten können“, sagt George Demetriades, Softwareentwickler bei Friend MTS. „Das ist gerade für Sportübertragungen interessant, bei denen wir den illegalen Stream auf Piraterie-Webseiten sofort abschalten können. Mit unserer Software geben wir dem Rechteinhaber die volle Kontrolle über seine Inhalte zurück.“ Dies ist zur Zeit jedoch nur für Live-Streams möglich, wobei in dem Augenblick stattfindenden Streams non-linearer Programme ebenfalls abgeschaltete werden können. Ist die illegale Verbreitung nicht mehr mit dem Stream verknüpft, hilft die Software nichts, da sie im Augenblick nur darauf ausgerichtet ist, die Set-top-Box zu blockieren, nicht aber nur einen ‚Kill-Switch‘ die Datei unbrauchbar zu machen. Auf diese Möglichkeit angesprochen, sagte Demetriades: „Das ist eine interessante Idee, aber sehr kompliziert umzusetzen.“

Thomas Steiger

MB 7/2015