Zukunftssichere Installation

Beim Bau des neuen Sport-Sendezentrums Sky Sport HQ in Unterföhring spielt Riedels dezentrales Echtzeit-Netzwerk MediorNet eine wichtige Rolle. Weltweit handelt es sich hierbei um die bislang größte MediorNet-Installation. Schrittweise will man damit den Weg hin zu IP-basierten Workflows gehen und auch die Möglichkeiten von Remote-Produktionen nutzen. Bei der Planung und Installation war Qvest Media maßgeblich involviert.

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Zukunftssichere Installation

In Unterföhring bei München entsteht derzeit, ganz in der Nähe der Unternehmenszentrale von Sky Deutschland, in einem dort vorhandenen Studiogebäude von MIT Teleport München, das neue Sport-Sendezentrums „Sky Sport HQ“. Der Probebetrieb soll im Juni 2017 starten. Für Juli 2017 sind die ersten Produktionen geplant. Im neuen Gebäude, das anfangs noch als „The Cube“ bezeichnet wurde, sollen alle für den Live-Sport auf Sky relevanten Inhalte produziert werden. Für Sky Sport HQ steht eine Gesamtfläche von 1.700 Quadratmetern zur Verfügung. Errichtet werden dort unter anderem zwei Studios mit angeschlossenen Regien, Redaktions- und Produktionsräume sowie die Sendeabwicklungen. Sky Sport HQ gilt als eine der modernsten und größten Broadcast-IT-Infrastrukturen für Live-Sportproduktionen in Europa.

Die Gesamtverantwortung für den schlüsselfertigen, technischen Neubau Sport-Sendezentrums liegt beim Kölner Handels- und Systemhaus Qvest Media. Der Zeitrahmen für den Bau ist sehr ambitioniert. Insgesamt stehen dafür gerade mal zehn Monate zur Verfügung. „Dem Start der Systemintegration von Sky Cube ging allerdings ein rund sechsmonatiges Beratungs- und Entwicklungsprojekt voraus“, erklärt Markus Heinen, Head of Systems Integration bei Qvest Media. In diesem legte die Consulting- und Planungsabteilung von Qvest Media in enger Zusammenarbeit mit Sky den Grundstein für das Design und den generellen Aufbau der Systeminfrastruktur. In regelmäßigen Workshops wurde außerdem ein Requirement Gathering durchgeführt und die verschiedenen Lösungsszenarien analysiert. Aufbauend auf den daraus gewonnenen Ergebnissen haben die Teams eine Grobplanung hinsichtlich der technischen Ausstattung ausgearbeitet. Dabei  sind auch die räumlichen Layouts, sowie die Kernsysteme und generellen Workflows definiert worden. „Von besonderer Bedeutung war es in diesem Entwicklungsprozess, die bereits vorhandene Infrastruktur bei Sky Germany zu berücksichtigen und in das Gesamtkonzept einzubinden“, betont Heinen. Auch auf die Interoperabilität innerhalb der Sky-Senderfamilie in Deutschland, UK und Italien sei in dem Projekt großen Wert gelegt worden, so beispielsweise im Bereich des Media Asset Managements. Heinen: „Das technologische Design soll dabei dennoch möglichst modular und skalierbar bleiben. Dies erreichen wir unter anderem durch den dezentralen Aufbau des Backbones mit Router-Technologie der neuesten Generation von Riedel. Darüber hinaus wird eine umfangreiche EVS- sowie kundenspezifisch angepasste Viz Opus-Installation für eine dynamische Live-Sportproduktion sorgen.“

Eine wichtige Rolle bei den Workflows von Sky Sport HQ spielt Riedels dezentrales Echtzeit-Netzwerk MediorNet, das bereits Ende Februar in Betrieb genommen wurde. „Bis auf die Sendekreuzschiene im Playout gibt es keine einzige klassische Broadcast-Kreuzschiene mehr bei Sky Sport HQ. Die zentrale Hauptkreuzschiene ist komplett dezentral durch MediorNet ersetzt worden. Über MediorNet MicroN Frames sind damit der komplette Zentrale Geräteraum (ZGR), die Schnitträume, und vieles mehr vernetzt,“ betont Olivier Görts, Sales Manager Broadcast bei Riedel und zuständig für die Kooperation mit dem Systemintegrator Qvest Media. Auch das ganze Multiviewing läuft mit Hilfe der neuen Multiviewer App von Riedel über MediorNet. Es ist das erste Mal, dass die Multiviewer App bei so einem Großprojekt zum Einsatz kommt. Offiziell wird die App erst zur NAB 2017 am Markt eingeführt. „Wir haben hier die bislang größte MediorNet-Installation, die Riedel je geliefert hat“, betont Görts. Insgesamt seien 67 MicronN-, 47 Micron MV- und 18 MetroN-Frames installiert worden. Die Zahl der Crosspoints liegt dabei bei 1.838 Eingängen und 1.180 Ausgängen.

Bei dem Sky Sport HQ- Projekt arbeitete Riedel sehr eng mit Qvest Media zusammen. Gleichzeitig suchte man aber auch den engen Kontakt zu Sky Deutschland. „Das war einfach, weil wir ja gleichzeitig schon am Bau der neuen Sky SNGs beteiligt waren“, sagt Görts. Sky hat im vergangenen Jahr sieben SNGs sowie zwei Ü-Wagen-Trailer mit MediorNet und SmartPanel Interfaces ausgestattet. Letztere wurden mit der neuen MediorNet Control App geliefert, die eine nahtlose Integration der Panels in die MediorNet-Netzwerkumgebung ermöglicht. „Das war auch ein Grund für Sky, weiter auf die Riedel-Schiene und auf ein Systemdesign mit einer Oberfläche zu setzen. Bei der Auswahl von MediorNet habe Sky die SNG-Anbindung mit der Möglichkeit, auch Remote zu produzieren, und den möglichen Aufbau von IP-Workflows im Auge gehabt. Heute schon überall IP-Workflows zu nutzen, sei nicht unbedingt gut. Das hätten auch viel Broadcaster erkannt. Görts: „Als Alternative dazu bieten wir mit MediorNet die beste Hybrid-Lösung, mit einem Standard der funktioniert, mit offenen Schnittstellen in die IP-Welt und einer schlüssigen IP-Roadmap.“ Mit dem ersten Systemdesign für Sky Sport HQ sei im Februar 2016 begonnen worden. „Wir haben uns dann in einem Shoot-out gegenüber anderen Mitbewerbern durchgesetzt, weil unser MediorNet recht modular und relativ schnell erweiterbar ist. Zudem lassen sich damit auch Räume direkt erschließen, die über 100 Meter weit voneinander entfernt sind und wo man mit einer normalen BNC-Verkabelung nicht so einfach hinkommt“, erklärt Görts.

Die Anforderung sei gewesen, unterschiedliche Geschosse und Räume auf Basis eines dezentralen Ansatzes, bei dem nicht alles monolithisch zu einem Raum hin verkabelt ist, miteinander zu vernetzen. Dazu sei die Anbindung von Sky News HD in der benachbarten Sky-Zentrale gefragt gewesen. „Mit MediorNet geht das leicht, weil es zwischen den beiden Sky-Gebäuden Glasfaser-Verbindungen gibt, ebenso wie hin zu MTI Teleport München, wo man auch Signale hin liefert. Das gesamte Netzwerk mit allen seinen Glasfaserstrecken lässt sich mit einem System überwachen, das gleichzeitig wie eine Kreuzschiene fungiert.“ Das komplette System war vor dem Einbau bei Sky als 1:1-Testaufbau bei Riedel in Wuppertal installiert worden, um zu prüfen, wie sich ein MediorNet-System dieser Größe verhält. „Es gibt weltweit keine dezentrale Kreuzschiene in der Größe. Das hier ist einzigartig“, meint Görts.

Er weist auch darauf hin, dass Riedel in dem Projekt auch mit seiner Artist-Interkom vertreten ist. Insgesamt wurden drei 128er Artist-Frames verbaut. Auch daraus ergeben sich einige Synergien in Richtung Sky-SNGs mit ihren SmartPanels und MediorNet Controll Apps. Sky ist einer der ersten, der diese auf der IBC 2016 präsentierte Technik in den neuen SNGs einsetzt. Die MediorNet Control App erlaubt, Intercom- und Routing-Funktionalitäten im SmartPanel User Interface zu verbinden. Routing und Kommunikation ist somit auf dem gleichen Panel möglich.

Die MediorNet-Installation erlaubt Sky wegen der Modularität des Systems auch, schnell Änderungen und Erweiterungen vorzunehmen. So können Frames auch für künftige Remote Produktionen einfach hinzugefügt werden. Zudem sind alle Frames redundant ausgelegt. „Damit ist auch die Produktionssicherheit gewährleistet“, betont Görts.

Beim Shoot-out habe Riedel mit MediorNet besonders beim Preis-Leistungsverhältnis gepunktet. „Wir waren sicher nicht die günstigsten aber wir konnten mit den zahlreichen Features unseres Systems und den Möglichkeiten, die wir Sky damit aufzeigen konnten, überzeugen. Beim Preis allein hätten wir gegen die großen Mitbewerber wenig Chancen gehabt.“ Görts lobt in dem Zusammenhang die Planungsarbeit von Qvest Media, das unterschiedliche Systeme gegenüber gestellt und deren Vor- und Nachteile aufgezeigt habe. Hierbei seien die Vorteile der MediorNet-Infrastruktur für Sky deutlich geworden. „Das System arbeitet dezentral, ist hochskalierbar, verfügt über sehr viele Funktionen im Netzwerk, nicht nur über einfache Kreuzschienen-Funktionen, es kann Multiviewing, beinhaltet Processing- und Glue-Features wie Embedding und Deembedding, ist IP-und 4k-ready und bietet durch seine App-Struktur Kunden Investitionssicherheit. Sie können auf ihren vorhandenen Frames viele Änderungen vornehmen, ohne immer gleich neue Hardware kaufen zu müssen. Für neue Features lässt sich unsere Hardware einfach umprogrammieren“, fasst Görts zusammen. Dadurch sei Zukunftssicherheit gewährleistet. Das habe Sky überzeugt. Zudem sei MediorNet ein sehr stabiles System, das sich schon bei vielen wichtigen Live-Großevents und Festinstallationen im Studio- und Ü-Wagenbereich bewährt habe. „Das System ist auch einfach zu installieren und schneller in Betrieb zu nehmen. Hier kommen die Vorteile der Glasfaserverteilung zum Zuge. Die ganze Kupfer-Verkabelung fällt weg“, sagt Görts. Bei dem Zeitdruck, den Qvest Media und Sky Deutschland beim Bau von Sky Sport HQ habe, hätte sich das bereits sehr positiv bemerkbar gemacht.

Eckhard Eckstein

MB 1/2017