TV-Übertragung mit LTE/5G

Wie sich TV-Programme mit LTE/5G übertragen lassen und welche technischen Optionen sich damit für die Zeit nach DVB-T2 HD bieten präsentierte das bayerische Forschungsprojekt IMB5 (Integration von Mobilfunk und Broadcast in LTE/5G) im Rahmen einer Informationsveranstaltung mit 150 Gästen am 14. Januar 2016 in der Bayerischen Vertretung in Berlin.

7
TV-Übertragung mit LTE/5G

Die 5. Generation des Mobilfunks (5G) soll ab 2020 marktreif werden und die Leistungsfähigkeit der Übertragungsnetze und Endgeräte deutlich steigern. Aktuell arbeitet dafür das globale Mobilfunk- Standardisierungsgremium 3GPP (3rd Generation Partnership Project) an den technischen Spezifikationen. Mit der Einführung von 5G könnte ein Markt mit Millionen von Smartphones und Tablet-PCs als potentiellen TV- Empfängern entstehen, welche Live-TV-Dienste, Mediatheken, Soziale Netzwerke und viele weitere Dienste attraktiv kombinieren können.

Im Forschungsprojekt IMB5 evaluieren unter der Leitung des Instituts für Rundfunktechnik ein Konsortium bestehend aus Fraunhofer IIS, der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Nokia, Rohde & Schwarz und den assoziierten Partnern Bayerischer Rundfunk sowie BMW Forschung und Technik die Entwicklungsfähigkeit des eMBMS- Mobilfunkmodus (evolved Multimedia Broadcast Multicast Service) hinsichtlich der Anforderungen an die Übertragung von Fernsehsignalen.

eMBMS ist bereits seit der 4. Mobilfunkgeneration LTE (Long Term Evolution) verfügbar und ist ein Punkt-zu-Mehrpunkt-Dienst, der es erlaubt, audiovisuelle Datenströme (Streaming) und Dateien (Push) an viele Nutzer gleichzeitig zu übertragen. Eine wichtige Funktionalität von eMBMS ist die Übertragung in einem Gleichwellennetz, bei dem mehrere Basisstationen synchronisiert und zu Funkzellengruppen zusammengefasst werden. Damit können in mehreren Funkzellen gleiche Inhalte auf einer Frequenz gleichzeitig übertragen werden. Das Prinzip entspricht dem im Rundfunk bekannten Gleichwellenbetrieb, z. B. DVB-T/T2 und DAB+.

2014 wurde an Senderstandorten des Bayerischen Rundfunks in München das weltweit größte Gleichwellennetz für LTE eMBMS in Betrieb genommen. Ein weiteres Netz für detaillierte Signal- und Protokollanalysen entstand bei Fraunhofer IIS in Erlangen. Mit ersten prototypischen Empfängern wurden die technischen Möglichkeiten im Feldtest evaluiert und erforderliche Systemveränderungen für skalierbare Verbreitungsnetze und eine verbesserte Signalversorgung betrachtet.

„Mit dem Forschungsprojekt IMB5 schlagen wir eine Brücke zwischen Rundfunk- und Mobilfunktechnik. Wir konnten nicht nur die prinzipielle Funktionsweise der Fernsehübertragung in zwei großflächigen LTE-Netzen im eMBMS-Gleichwellenmodus bestätigen, sondern auch dank der Koordination durch die Europäische Rundfunkunion (EBU) und Mobilfunkausrüster erste Standardisierungsbeiträge in 3GPP für die Rundfunkanforderungen in 5G, wie beispielsweise die großflächige Versorgung, leisten“, sagte Jochen Mezger, Geschäftsfeldleiter für Programmverbreitung am IRT.

Während einer Live-Demonstration in der Bayerischen Vertretung durch die Firma NOKIA erhielten 150 Gäste, darunter Dr. Tobias Miethaner, Abteilungsleiter Digitale Gesellschaft im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, einen Eindruck von der Funktionsweise des Rundfunkmodus eMBMS in LTE.

„Bereits heute kann Nokia die Marktreife von eMBMS, mit kommerziell verfügbaren Endgeräten und Infrastruktur-Produkten demonstrieren. Der Einsatz ist derzeit jedoch aus Kapazitätsgründen im Mobilfunkspektrum und aufgrund von Grenzen der heutigen Technologie weitgehend auf spezielle Inhalte wie z.B. Sport und auf lokale Versorgungsgebiete wie z.B. Stadien beschränkt. Das IMB5-Projekt erarbeitet technische Grundlagen für eine wesentlich breitere Versorgung mit vollständigen Inhalten und bundesweiter Reichweite. Nokia sieht großes Potential in einer flexiblen, konvergenten Verbreitung von audio-visuellen Inhalten über eMBMS“, sagte Ulrich Rehfueß, Head of Spectrum Policy, Nokia Networks.

Mit den aus dem Forschungsprojekt gewonnenen Erkenntnissen soll es langfristig möglich werden, die Effizienz bewährter Rundfunkdienste mit der Flexibilität und Individualität interaktiver Mobilfunkdienste in einem System attraktiv zu kombinieren. Die Ansätze befinden sich gegenwärtig in einem sehr frühen Forschungsstadium und wirken sich daher nicht auf die bevorstehende, geplante Einführung von DVB-T2 HD in Deutschland aus.

Im nächsten Schritt wird ein Folgeprojekt angestrebt, um Fragestellungen zur Wirtschaftlichkeit von gemischten Ausstrahlungsszenarien mit groß- und kleinzellularen Netzen sowie die Akzeptanz von Diensten im Rahmen von betriebsnahen Feldtests zu untersuchen. Ferner sind weitere internationale Standardisierungsarbeiten zur vollständigen Abbildung der Rundfunkanforderungen, wie beispielsweise Free-to-air ohne SIM-Karte, Receive-only-Modus, großflächige Versorgung (High-power-high-tower) und einmalige Verbreitung der TV-Programme trotz mehrerer Netzbetreiber sowie weitere Entwicklungsarbeiten zur Erreichung der Marktreife notwendig.

Das Forschungsprojekt IMB5 wird über die Laufzeit von 24 Monaten durch die Bayerische Forschungsstiftung gefördert. (1/16)