Hörer mit neuen Angeboten begeistern

In einem neuen Anlauf versuchen private Radioanbieter mit dem Digitalradio auf Basis des DABPlus- Standards Hörer zu gewinnen. angesichts des Siegeszuges des zunehmend mobiler werdenden Internets zweifeln indes Manche Kritiker an den Erfolgsaussichten Des Vorhabens. Die Programmveranstalter, die seit August bundesweit neue Angebote in den Äther schicken, wollen das Radiohören attraktiver machen. Boris Lochthofen, Sprecher der Regiocast-Gruppe und Geschäftsführer von Radio PSR, einem Radiounternehmen, das ausgerechnet mit seinem webbasierten Fußballradio 90elf einen beachtlichen Erfolg verbuchen konnte, erklärt die Zielrichtung.

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Hörer mit neuen Angeboten begeistern

Wozu braucht das Radio im Webzeitalter heute noch DAB-Digitalradio?

Mit dem bundesweiten DABplus-Multiplex erhalten wir einen digitalen Verbreitungsweg insbesondere für die mobile Distribution unserer Programme. Das Internet ist bisher nur begrenzt, etwa bei hohen Geschwindigkeiten auf der der Autobahn nutzbar und die Aussendung der Programme bleibt bis auf weiteres bei hoher Nutzung mit deutlich höheren Kosten verbunden als die digitale terrestrische Verbreitung. Das ist nicht zu unterschätzen.

Aber die jungen Netzbürger wird man mit DAB nicht mehr anlocken können. Ist die anvisierte Zielgruppe reifer?

Wir sind da optimistischer; wenngleich die jüngere Generation sicher mit dem Netz ganz anders umgeht als die etwas Älteren. Dennoch gehen wir davon aus, dass das geplante Programmangebot für alle Altersgruppen eine hohe Relevanz haben wird. Das Angebot wird in seiner Gesamtheit überzeugend sein und beispielsweise mit Fußball, Techno und klassischer Musik
generationsübergreifend etwas bieten.

Mit dem Fußballsender 90elf haben Sie ein Programm, das breite Altersschichten bedienen kann. Welche zusätzlichen Potenziale erwarten Sie durch diese bundesweite DAB-Verbreitung?

Natürlich ist DAB eine optimale Bühne für ein Programm wie 90elf. Fußball ist ein exklusiver Inhalt, der Plattformen treibt und erfolgreich macht. Im Endausbau des Netzes werden etwa alle Berufskraftfahrer das Programm über die Grenzen der Bundesländer hinweg empfangen können und das Angebot, Bundesligafußball live zu hören, sicher gerne annehmen. Der Netzausbau berücksichtigt die Autobahnversorgung mit Vorrang, damit die Vorteile von DABplus möglichst bald in der Praxis erfahrbar sein werden.

Im Umkehrschluss könnte man den Aufwand zur Internetaussendung zurückfahren…

Nein, das ist nicht geplant. Für uns ist DAB kein solitäres Verbreitungsmodell. Für 90elf ist DAB ganz klar additiv zum Web zu sehen. Kein Broadcaster wird in Zukunft um eine Multiplattform-Strategie herum kommen – auch wir nicht. Wir sehen den Kern aller unserer Bemühungen im Aufbau von starken, digitalen Audiomarken, die über die verschiedensten Verbreitungswege ausgestrahlt und von einer Vielzahl von Endgeräten empfangen werden können.

Von der Regiocast-Gruppe wird es auch das Programm „Remix“ geben. Das klingt nach einem ganz jungen Format.

Wir sind am Radiosender Sunshine Live mit beteiligt und dort ist man ausgesprochen erfolgreich in der Adressierung junger Hörer über ein Programm mit dem Schwerpunkt elektronische Musik. Dort wollen wir mit Remix anknüpfen. Der Vorteil der bundesweiten Verbreitung ist, dass man in einem großen Verbreitungsgebiet stärker in eine Nische hineingehen und dennoch wirtschaftlich erfolgreich sein kann.

Muss man das bundesweite DAB-Programmangebot anders gestalten als das regionale?

Klares Ja. Mit dem bundesweiten DAB-Angebot haben wir die Chance, die Hörer mit neuen, interessanten Radioprogrammen zu begeistern, die aus den regionalen UKW-Verbreitungsgebieten bisher nicht bekannt sind. Zudem kommt dem bundesweiten Start eine hohe Bedeutung zu, da sich hier zuallererst erweisen wird, wie die Hörer die neuen Angebote annehmen. Wir arbeiten intensiv daran, die Erwartungen der Hörer nicht zu enttäuschen und ein attraktives Bouquet zusammenzustellen.

„Programmieren“ kann man den Erfolg von DABplus deshalb längst noch nicht.

Nein. Aber wir können gemeinsam mit den Kollegen der ARD und des Deutschlandradios alles dafür tun, dass wir Erfolg haben. DABplus erschließt erstmals die Chance für echtes Wachstum im Radio. Diese Chance werden wir nutzen.

Statt Kampf um Quoten, jetzt gemeinsames Rudern für einen neuen Anfang?

Wenn Sie so wollen. Sicher wird die Einigkeit in der Sache nicht auf ewig bestehen, denn wir sind natürlich immer noch und weiterhin Wettbewerber. Aber an der Zukunftsfähigkeit der Mediengattung Radio haben wir auch künftig ein großes gemeinsames Interesse auf beiden Seiten des dualen Systems. Ambitionierte Projekte wie DAB brauchen das Know-how aller Akteure, die für Radio brennen.

Wie muss denn ein neuer Anfang für das Radio klingen, Herr Lochthofen?

Emotionalität, Nähe, seriöse Information und gut gemachte Unterhaltung sind die klassischen Zutaten guter Radioprogramme. Diese Radio-Essentials kombinieren wir für die digitalen Angebote mit neuen, attraktiven Inhalten.
Wir werden Erfolg haben.
Mario Gongolski
(MB 09/11)