Streit ums goldene Kabel

5
Streit ums goldene Kabel

Noch dominiert in Deutschlands Kabelfernsehsystem das Transportmodell. Dabei leiten die Netzbetreiber öffentlich-rechtliche und private Fernsehinhalte an die Zuschauer weiter. Die Kosten werden zu etwa 10 bis 20 Prozent bei den Programmlieferanten erhoben, die „restlichen“ 80 bis 90 Prozent beim Kabelkunden eingesammelt. Doch es gibt seit Jahren Bemühungen, auf das Vermarktungsmodell umzusteigen. Dabei können die Netzbetreiber vom Kabelkunden nicht nur für die technische Dienstleistung der Durchleitung kassieren, sondern auch für eigene Programme Geld verlangen. Diese Änderung des Geschäftsmodells der Netzbetreiber kann praktisch nur im Zusammenhang mit der weiteren Digitalisierung und der Einführung neuer Dienste wie HDTV umgesetzt werden.

Die Programmveranstalter möchten vor diesem Hintergrund am liebsten nur die Kabelkunden zahlen lassen. Dr. Peter Charissé, Geschäftsführer des Kabelverbandes ANGA, kann entsprechende Forderungen nicht nachvollziehen. „Die Kabelinfrastruktur muss von den Programmveranstaltern genauso behandelt werden wie Terrestrik und Satellit. Da werden die Verbreitungskosten zu 100 Prozent von den Programmveranstaltern getragen. Das erwarten wir zwar nicht, aber zumindest eine gewisse Kostenbeteiligung. Hintergrund ist der Wettbewerb gegenüber den Endkunden, wo wir sonst Kostennachteile hätten. Jetzt wollen sich einige Sender von dem bewährten Modell verabschieden. Zudem bekommen viele kleinere Kabelnetzbetreiber bisher gar nichts, und diese Ungleichbehandlung darf sich nicht noch weiter verschärfen. Wenn nun ARD und ZDF das bisherige Geschäftsmodell kippen wollen – und eben nicht nur für die HD-sondern auch für SD- und analoge Einspeisung nicht mehr zahlen wollen – ist das unakzeptabel.“

Im übrigen würde es die Beteiligung der Sender an den Übertragungskosten für rund 16 Mio. Kabelhaushalten (KDG 8,9 Mio., Unitymedia 4,5 Mio. und KBW 2,3 Mio. angeschlossene Haushalte) geben, und nur für einen kleineren Teil, eben etwa zwei Mio., werde eine Ausnahme gemacht. Und weiter: „Insgesamt erhalten also bei Satellit, DVB-T und Kabel 32 von 34 Mio. Fernseh-Haushalten zumindest einen Beitrag an den Übertragungskosten – nur eine kleine Anzahl von Betreibern müssen alles selbst übernehmen, was wir nie akzeptiert, sondern nur zähneknirschend erduldet haben.“ Die Konsequenz sei klar: „Wir fordern, dass die bislang benachteiligten Kabelnetze nun dem allgemeinen Standard angeglichen werden. Wir sollten nicht die Situation einer kleinen Gruppe zum Maßstab für die übergroße Mehrheit machen.“ Bisher galt die Grundregel, dass die Kabelnetzbetreiber einerseits möglichst viele Programme anbieten und die Sender andererseits analoge und digitale Reichweite erreichen wollen. Bei HD funktioniert dieser Interessenausgleich nach Ansicht der Kabelnetzbetreiber aber nicht mehr richtig. „Für die Sender ist die HD-Reichweite weniger wichtig, da sie ja überall schon in SD im Netz sind. Unsere Position bleibt jedoch: „Solange die Satellitenbetreiber für die zusätzlichen HD-Kapazitäten bezahlt werden, liegt die Argumentation der Sender neben der Sache“, so der ANGA-Geschäftsführer. Während es sich bei Satellit und DVB-T um eine 100 Prozent-Übernahme der Transportkosten handelt, dürften es sich beim Kabel um eine Kostenbeteiligung von 10 bis 20 Prozent drehen, zum Teil sind jährliche Haushaltspreise in Höhe von 20 Euro-Cent und mehr die Regel. Demnach würde allein KDG mit ihren 8,9 Mio. angeschlossen Haushalten pro Programm jährlich rund 1,7 Mio. Euro erhalten. Insgesamt zahlt die ARD laut KEF-Bericht an die drei großen NE3-Betreiber, nämlich KDG, Unitymedia und Kabel BW einschließlich Hörfunk und Dritten Programme 47 Mio. Euro Einspeisegebühren. Zum Vergleich: Bei Satellit sollen es 75,6 Mio. Euro und für die Terrestrik 63,4 Mio. Euro sein. Das ZDF dürfte beim Kabel mit rund 10 Mio. Euro und beim Satellit mit rund 19 Mio. Euro Verbreitungskosten dabei sein. Die Terrestrik kostet den Mainzern vermutlich 8,3 Mio. Euro. Bei den Dritten Programmen stellt sich das im Einzelnen anders dar. Da können durchaus nahezu 50 Prozent der Programmverbreitungskosten auf die Terrestrik, knapp 37 Prozent auf Satellit und 14 Prozent aufs Kabel entfallen. Übrigens generierte die KDG im vergangenen Jahr einen Umsatz von 1,114 Mrd. Euro – knapp 100 Euro sollen auf Einspeiseentgelte entfallen.

Kontrolle durch Bundesnetzagentur

Dass kein Kabelnetzbetreiber einen Sender bevorzugen oder benachteiligen darf, wird von der Bundesnetzagentur kontrolliert – freilich nur nach entsprechenden Hinweisen. Alle Sender müssen Einspeiseentgelte in gleicher Größenordnung zahlen. Nur haben die verschiedenen Netzbetreiber unterschiedliche Kostenstrukturen – und daher differieren die Einspeiseentgelte zwischen den großen Netzen.
Nun gibt es kein Gesetz, das die Verpflichtung zur Zahlung von Einspeiseentgelten enthält. „Das hat historische Gründe, hat mit dem darauf basierenden Geschäftsmodell zu tun und war bei den anderen, ursprünglich reinen NE4-Betreibern so nicht der Fall, da fand diese Leistung nicht statt“, erklärt Prof. Dr. Karola Wille, Juristische Direktorin des MDR (Foto). Für die zusätzlichen HDTV-Programme haben sich für ARD, ZDF und ARTE „aufgrund der von Kabel Deutschland im Hinblick auf HDTV implementierten Preisstruktur“ die Verbreitungskosten nicht erhöht, heißt es in der gemeinsamen Pressemitteilung von ARD, ZDF, ARTE und KDG vom 28. Januar 2010. Zwar dürfen diese Programme nicht extra vermarktet und verschlüsselt werden, müssen also frei empfangbar bleiben, werten aber den Kabelanschluss auf. „Mit unseren Programmen erhalten die Kabelnetzbetreiber ein wertvolles Produkt, womit ihnen das Geschäft beim Endkunden erleichtert wird. Vor diesem Hintergrund gehen wir davon aus, dass für diese digitale Welt, wo sie Plattformbetreiber werden, künftig auch die Zahlung von Einspeiseentgelten ein Auslaufmodell sein wird“, so die Begründung der MDR-Juristin. Bei der Kabelweitersendung realisiere der Kabelnetzbetreiber eine Zweitverwertung beim Endkunden. Daher seien schon jetzt Urheberrechtsvergütungen an die Sender zu zahlen. „Einspeisentgelte wird es so oder so auch nach dem 1. Mai 2012 noch geben. Eine Kabelweitersendung bleibt es auf alle Fälle, und damit eine Zweitverwertung der Programme durch die Kabelnetzbetreiber. Daher sind an die Rechteinhaber auch Urheberrechtsvergütungen zu zahlen“, meint Prof. Wille.
Für ARD und ZDF sei die Verschlüsselung „aus grundsätzlichen Erwägungen“ kein Thema.

Zusatzkosten für HD im Kabel?

Bei der KDG hält man sich in Sachen HDTV-Einspeisung und den dazu inzwischen mit ARD und ZDF geschlossenen Verträgen bedeckt. „Wir sind mit dem HD-Einspeisevertrag zufrieden, sind weder eingeknickt, noch mussten wir von unseren Positionen großartig abrücken. Wir haben einfach ein anderes Modell gefunden, mit dem beide Seiten leben können“, erklärt Marco Gassen, Leiter Externe Kommunikation bei Kabel Deutschland. Demnach zahlen die Öffentlich-Rechtlichen nach wie vor für die genutzte Bandbreite – auch für HD. Am Verfahren der Einspeiseentgelte möchte KDG naturgemäß nicht rütteln lassen. „Wir wollen nicht, dass sich deswegen der Kabelanschlusspreis für die Kunden erhöht“, so Gassen. Einen Analog-Abschalttermin ist bei den Kabelnetzbetreibern nicht in Sicht. „Wir werden das analoge Kabelfernsehen über 2012 hinaus unseren Kunden noch anbieten, weil die das effektiv nachfragen“, so der KDG-Sprecher. „Es gibt auch Kundengruppen, die eine analoge Bestandsgarantie nachfragen, so zum Beispiel die großen Wohnungsbaugesellschaften. Auch die privaten TV-Sender möchten das analoge Fernsehen weiter erhalten wissen. Im analogen Spektrum haben nur 33 Sender Platz und so kommen die privaten Sender auf eine viel höhere Reichweite als in einem Konzert von 100 oder mehr digitalen Sendern.“ Und schließlich: „Wir werden den Kunden auch über das Jahr 2012 hinaus die Wahlfreiheit lassen, das heißt sie können selbst entscheiden, ob sie analoges oder digitales Fernsehen nutzen möchten.“ Vorschriften sollen den Kunden jedenfalls nicht gemacht werden.

Die jetzige Regelung dürfte auch Unitymedia, seit dem 28. Januar 2010 Teil von Liberty Global, zufrieden stellen, kann der zweitgrößte deutsche Kabelnetzbetreiber so doch nach eigenen Angaben auf die geringsten Kabelanschlussgebühren in Europa verweisen. Zudem werde den Programmveranstaltern mit dem hybriden Glasfaser-Koaxialnetz (HFC) einen sehr günstigen Verbreitungsweg geboten. Von einem Playout-Center in Kerpen werden Haushalte von Rheine im Norden NRWs bis Bensheim in Südhessen versorgt, wofür natürlich auch ein Transportentgelt kassiert wird, ebenso wie Satelliten- und DVB-T-Netzbetreiber Verbreitungsentgelte verlangen. Nun stehen diese Geschäftsmodelle nicht oder nur marginal zur Diskussion, viseo+ und HD+ dürften als erste Fingerübungen zu verstehen sein. Unitymedia erhält auch für die HD-Einspeisung Geld. So gibt es wohl mit ARD und ZDF einen Gesamtvertrag, der auch die digitale Verbreitung inklusive einer HD-Option enthält.

Unitymedia praktiziert derzeit – wie die anderen Netzbetreiber auch – beide Geschäftsmodelle, nämlich sowohl das Transport- als auch das Vermarktungsmodell. Beim Free-TV ist es das Transportmodell, indem die Bandbreiten zur Verfügung gestellt werden, über die dann die Veranstalter ihre Programme zu den Kunden verbreiten und vermarkten. So generieren sie damit technische Reichweite, und die Augenpaare der Zuschauer verkaufen die Sendeanstalten dann als TKP (Tausender Kontakt-Preis) an die werbetreibende Wirtschaft. In dem Vermarktungsmodell werden die Programme gegen Entgelt vermarktet, ist eben das Pay-TV-Geschäftsmodell. Dann gibt es sicherlich noch Mischformen wie in Amerika, wo die Kabelnetzbetreiber die Programme einkaufen und selbst die Werbevermarktung betreiben.

Beim Analog-Digital-Umstieg sieht sich Unitymedia auf einem guten Weg, wenn man den letzten Geschäftsberichten glauben darf. Von Seiten der Programmveranstalter gibt es nach wie vor eine große Nachfrage nach analoger Verbreitung, da deren Nutzung beim Kunden weiterhin hoch im Kurs steht. Der Zuschauer hat sich an das technisch besonders einfache Plug- und Play-Verfahren gewöhnt. Das gibt es derzeit nur in der analogen Welt. Da kann man ohne Zusatzgeräte in jedem Zimmer einer Wohnung mit jedem Fernseher über einen Kabelanschluss alle Programme empfangen, digital ist es eben doch noch komplizierter. Das Interesse der Endkunden am Fortbestand der Analogtechnik können auch die Sender nicht ignorieren, sondern müssen es akzeptieren.

In NRW und Hessen kann Unitymedia derzeit im Kabel schon einen Digitalisierungsgrad von 31 Prozent vorweisen. Doch ist das Kabel wegen der Digitalblockade der privaten Programmanbieter eigentlich erst ab 2006 mit dem vollen Simulcast mit digitaler Programmverbreitung richtig gestartet und musste gegenüber anderen Infrastrukturen viel aufholen. Im analogen Kabel werden heute noch auf 36 Kanälen analoge Programme verbreitet, und die bilden über 98 Prozent Zuschauer-Marktanteil ab. Insofern dürfte das Gros der Nachfrage durch die analoge Verbreitung gedeckt werden, was die Digitalisierung nicht schneller macht. Doch der Digitalanschluß wird so nachfragegetrieben. Dass immer mehr Menschen zur digitalen Verbreitung wechseln, und immer mehr Kunden Interesse an Pay-TV-Programmen zeigen, bestätigt diesen Trend. Vor allem sind Zusatzangebote wie VoD und HDTV die Triebfeder für die digitale Verbreitung.

Für Maurice Böhler, Öffentlichkeitsarbeiter bei KabelBW, haben die Programmveranstalter einen gewissen Spielraum, können über die gemieteten Kapazitäten im Prinzip frei verfügen. „Deshalb waren außer gewissen Verabredungen zur Abwicklung der HD-Einspeisung keine neuen Verträge erforderlich.“ Eine Änderung des Geschäftsmodells sieht der KBW-Sprecher nicht – „zumindest nicht in der Breite. Im Moment gibt es dazu keine vernünftige Alternative.“
Den Ausstieg aus dem Transportmodell hält Dr. Christoph Wagner, Partner in der Anwaltskanzlei Hogan&Hartson, für recht komplex. „Würden ARD und ZDF keine Einspeiseentgelte zahlen, könnte zwar kein Kabelnetzbetreiber die Hauptprogramme aus dem Kabel nehmen – aber eventuell damit drohen, einige der Dritten rauszunehmen, oder auch ARTE beziehungsweise 3sat.“ Es gebe weder ein Rechtsanspruch auf die Einspeisung noch eine Must-carry-Regelung.

Auch Tele Columbus will Einspeiseentgelte

Tele Columbus bezeichnet sich selbst als der „größte unabhängige deutsche Kabelnetzbetreiber, versorgt nach eigenen Angaben rund 2,3 Mio. angeschlossene Haushalte und hätte demnach ebenso viele Kunden wie Kabel Baden-Württemberg, die – ebenso wie Unity Media und KDG – Einspeiseentgelte von den öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten bekommen. „Nur wir nicht“, entrüstet sich Dietmar Schickel, Geschäftsführer der Unternehmensgruppe immer wieder. „Diese Ungleichbehandlung ist absolut gravierend. Wir bauen neue Netze und bieten alle Leistungen wie unsere Wettbewerber, sind ein integrierter Netzbetreiber, verfügen ebenfalls über die NE3, müssen aber auf Einspeiseentgelte verzichten.“ Durch die Ungleichbehandlung infolge der historischen Verträge seien kleinere Netzbetreiber schlechter gestellt. Die Geschäftsmodelle unter den Kabelnetzbetreibern würden sich nicht mehr unterscheiden. Schickel: „Sogar der Satellitenbetreiber bekommt nun neben den Transponderkosten, die er den Sendeanstalten berechnet, über das Angebot HD+ Zusatzeinnahmen vom Kunden. Bei DVB-T zeichnet sich über viseo+ ähnliches ab.“ Der Tele Columbus-Chef fordert deshalb „Gleichbehandlung für alle, egal, ob Zahlung oder Nichtzahlung. Wenn keiner Geld bekommt, wäre es wenigstens gerecht. Doch es geht nicht, dass nur eine Gruppe Geld bekommt und die andere nicht. Die Verträge müssen daher auf die anderen Infrastrukturbetreiber erweitert werden.” Schickel und seine Mannen kämpfen dafür auf politischem und juristischem Parkett. Für sie steht fest: bis Ende 2012, wenn die bisherigen Einspeiseverträge wie von ARD und ZDF angekündigt auslaufen, soll nicht gewartet werden. Schickel: „Wir brauchen vorher ein neues Modell.“
Aber bis dahin muss auch eine neue Baustellenordnung geschaffen sein. Wenn nämlich am 30. April 2012 die analoge Programmverbreitung der öffentlich-rechtlichen Sender eingestellt werden soll, müssen die Kabelnetzbetreiber re-analogisieren. Rund 5.000 bis 7.000 Euro dürfte das pro Kopfstelle kosten, und wer – wie Tele Columbus – rund 1.300 davon besitzt – muss schon knapp zehn Mio. Euro investieren – um eine alte Technik weiterhin nutzen zu können. Ein Zeichen, dass bundesdeutsche (Medien-)Politik hier in den vergangenen Jahren bei den Hausaufgaben wohl etwas schludrig war. „Und wenn die Wohnungswirtschaft nicht mitzieht, können und wollen wir den digitalen Umstieg nicht realisieren“, erklärt Schickel.
Dabei sind die Netze selbst schon alle digital. Nur die Kunden müssen noch vom digitalen Angebot überzeugt werden, müssen sich mit digitalen Set-Top-Boxen ausrüsten und für die privaten Programme weitere Kosten akzeptieren. Die öffentlich-rechtlichen Digitalprogramme – einschließlich HD – sind ohne Zusatzkosten, aber eben nicht ohne Zusatzbox oder IPTV, zu empfangen.

Die Rolle der Medienanstalten

Prof. Wolfgang Thaenert, Europabeauftragter der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) hält eine Reduzierung der Einspeisegebühren für möglich. Nur über eine mögliche Kompensation mag er noch keine Aussage treffen. Und Reinhold Albert, Direktor der Niedersächsischen Landesmedienanstalt, gibt sich bescheiden. „Wir haben keine Zuständigkeit in diesem Bereich, im Streit zwischen Anbietern und Sendern sind wir außen vor“ meint er mit Blick auf den Konflikt um die zusätzlichen Einspeiseentgelte für die HDTV-Programme, die für Kabel Deutschland eine „zwingende Voraussetzung“ für die Einspeisung ins Netz waren. „Die Kabelnetzbetreiber sagen, für HD-Einspeisung werden höhere Datenraten gebraucht – und damit auch größere Kapazitäten gebunden. Andererseits bedeutet HD auch attraktiveren Content, den die Kabelgesellschaften eben besser vermarkten können“, sagt Albrecht. Doch das sei im Kontext der allgemeinen Refinanzierbarkeit zu sehen. „Der Werbemarkt kann die Kosten allein nicht mehr bringen, und so sind andere Geschäftsmodelle gefragt. Denkbar sei, dass nicht derjenige, der sein Programm verbreiten will, etwas bezahlt, sondern derjenige, der es verbreitet. Diese Entwicklung sei ja auch bei HD+ zu beobachten. Albert: „Es macht Sinn, dass man für ein höherqualitatives Programm von den Nutzern auch eine entsprechende Vergütung bekommt. Jedenfalls sollte man von dieser Werbeabhängigkeit wegkommen.“ Doch die Konsequenzen sind auch klar: „Wenn der Programmanbieter keine Einspeiseentgelte mehr bezahlt, sondern sogar was haben will, muss die Kabelgebühr erhöht werden.“ Längerfristig würde das System der Einspeiseentgelte keinen Bestand mehr haben. Und damit könnte auch das heutige Free-TV-Angebot zur Disposition stehen – mit Ausnahme der gebührenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Programme.

„Wir wollen in Zukunft nicht nur weniger Einspeisegebühren bezahlen, sondern – wie in vielen anderen Ländern auch – eine gewisse Summe von den Kabelnetzbetreibern dafür bekommen, dass sie mit unseren Signalen, mit unseren Inhalten Geld verdienen. Da sind wir mit allen Kabelnetzbetreibern im Gespräch und sind optimistisch, auch in Europa langfristig eine gewisse Trendwende erreichen zu können“ sagt RTL CEO und Bertelsmann-Vorstand Gerhard Zeiler. Und NLM-Direktor Albert signalisiert „großes Verständnis“ für diese Position.
Allerdings ist längst noch nicht klar, wie sich das an der Kabelgebührenfront darstellt. Nur beliebig dürften auch da die Schrauben nicht angezogen werden – DVB-T steht als medientechnisches und -politisches Korrektiv dagegen. Rainer Bücken
(MB 04/10)