Gegenseitige Inspiration

Etwa 700 Kreative aus der europäischen Fernsehbranche zog die diesjährige PromaxBDA Europe Konferenz an, die dieses Jahr in Berlin stattfand. Dort wurden die neuesten Trends und anstehenden Herausforderungen bei Promotion und Marketing von Programm vorgestellt und diskutiert. Als besondere Gäste waren Theater-, Film- und Fernsehautor Sir Tom Stoppard sowie Oscar-Preisträger Julian Fellowes eingeladen, um über ihre Autorenarbeit zu sprechen.

8
Gegenseitige Inspiration

Die Keynote „Move Or Die: Can Channel Brands Survive in a Time of Moving Content?“ hielt der auf Markenstrategie und On Air-Architektur spezialisierte Berater Lee Hunt. Er berichtete von der Strategie US-amerikanischer Kabelsender ihre Urheberschaft mit ihren Programmen so zu verknüpfen, dass ihre Herkunft auch auf anderen Plattformen erhalten bleibt. Dies folgt analog dem System der Filmstudios. Jedoch, so Hunt, ist es in den circa 100 Jahren, die es die großen US-Studios schon gibt, nur Disney gelungen auch als Mutterhaus eine Marke zu werden. „Es geht hier um den Besitz von Rechten und das Problem ist der Elefant im Raum“, sagt Hunt. „Nämlich Netflix.“ Durch die Verwendung von Big Data und den dadurch möglichen individuellen Zuschnitt von Angeboten hat der Online-Vertrieb tatsächlich so viel individualisierte ‘Sender’ wie er Abonnenten hat. Darüber verliert sich nicht nur die ursprüngliche Herkunft von lizenziertem Programm, die traditionellen (Kabel)-Kanäle verlieren zugleich an Sichtbarkeit, weil letztendlich alles von Netflix angeboten wird und immer mehr Haushalte dazu übergehen ihr Kabelabonnement zugunsten von Netflix zu kündigen. So müssen sich die Kabelkanäle mit On Demand-Angeboten, klarem Branding und Logos sowie entsprechenden Promos neu gegen den Angreifer positionieren, um ihren Platz zu erhalten. „Es muss sichergestellt werden, dass die Sendermarken sowohl für die lineare, als auch die nicht-lineare Welt aufgestellt sind. Um das zu erreichen, braucht es eine Position und idealerweise ein Claim, der die Marke in beiden Welten klar definiert“, gab Hunt seinen Zuhörern mit auf den Weg.

Im Angesicht der von Hunt skizzierten Herausforderungen sieht sich PromaxBDA selbst als Leuchtturm und Zentrum jener Welt von Promotion und Marketing, die sich immer schneller dreht, täglich vor neuen Herausforderungen steht und auf mehreren Hochzeiten gleichzeitig tanzen muss. „Dies macht Promax relevanter, denn je“, erklärt Lester Mordue, Director, European Conference [&] Relations bei PromaxBDA. „Die Konferenz gibt einen Einblick wie Kreativität funktioniert und Kreative brauchen den Austausch, um sich gegenseitig zu inspirieren. Die schlauen Kreativen sind wie Vampire, sie saugen aus einem raus, was sie brauchen, lassen einen aber leben.“ Für Steve Kazanjian, President und CEO von PromaxBDA, ist die Konferenz nicht ein Blick in die Zukunft, sondern ein Ort, an dem die Zukunft über den Dialog der Kreativen, Agenturen und Auftraggeber initiiert wird. „Heute werden Inhalte über 1.000 verschiedene Wege distribuiert. Dabei geht es darum, wie wir auf Inhalte aufmerksam machen und wie uns die Technik hilft“, erklärt er.

Weitere Themen der PromaxBDA waren der nicht immer einfache Einsatz und Umgang von Humor. Die Verknüpfung von Commercials und Promotion in einer neuen „Cromo“ genannten Form, die gerade für Social Spots ideal geeignet ist. Der kreative Fluss und wie man ihn wieder zum Lauf bekommt – insbesondere dann, wenn er die berufliche Zukunft in Frage stellt. Aber auch wie man als Kunde mit der Agentur beziehungsweise als Creative Director mit seinen Kreativen kommuniziert, um sie bei der Stange zu halten und sie nicht zu demotivieren. Und nicht zuletzt das Eingehen auf das Publikum. Mehrere Sender haben dargestellt, wie sie sich komplett neu erfunden haben, indem sie Annahmen, Mutmaßungen und Marktforschung über Bord geworfen haben und zu den Menschen gegangen sind, einen unverstellten Dialog mit ihnen begonnen haben und mit ihnen die Sender geschaffen haben, die jetzt zu den erfolgreicheren Wettbewerbern gehören.

Thomas Steiger

MB 3/2015

© tomhowardphotography.com