Internationale Expansion

Vom 14. bis 16. Februar 2012 gingen im Londoner Earls Court die Broadcast Video Expo (BVE) und The Production Show (TPS) über die Bühne. Die besondere Attraktivität der Doppel-Kongressmesse liegt in der großen Zahl kostenloser Seminare und Workshops. Die Veranstalter setzen auf Ausbau und Internationalisierung des Events. Ab 2013 soll es auf dem ExCel-Gelände in der Nähe City Airports stattfinden.

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Internationale Expansion

Rund 16.000 Besucher nutzen auch in diesem Jahr wieder die Gelegenheit, sich auf der Broadcast Video Expo (BVE) [&] The Production Show (TPS) über neueste Technologien und Workflows in allen Bereichen der Rundfunk-und Film-Produktion zu informieren. „Damit haben wir wieder das Niveau des Vorjahres erreicht“, sagt Steve Newbold, Managing Director des Veranstalters emap Connect, zufrieden. Positiv über den Verlauf der Messe äußert sich auch Charlotte Wheeler, Event Director BVE 2012. „Wir haben dieses Jahr 15 Prozent mehr Standfläche an unsere 350 Aussteller verkaufen können“, berichtet sie. Nun sei man vom verfügbaren Platz her in der Messehalle Earls Court allerdings an die Grenzen gestoßen.

Die BVE versteht sich als reine Technik-Messe, die TPS als Informationsbörse für die Kreativen aus Produktion und Postproduktion. Seit 2010 werden beide Events zusammen veranstaltet. Seit 20 Jahren adressiert die BVE, allerdings unter wechselnden Firmierungen, vor allem den britischen Broadcast-Markt. Besonderes Highlight von BVE [&] TPS ist laut Wheeler das Seminar-Programm. Es gilt das größte kostenlose Angebot seiner Art in ganz Großbritannien. „Es fehlt nicht nur in UK sondern auch auf allen anderen Märkten an Aus- und Fortbildungsmöglichlkeiten, weil überall die Budgets dafür gekürzt werden. Vielen kommen deshalb zu uns. Die BBC allein hat rund 500 Leute für kostenlose Trainings zur BVE geschickt“, sagt Wheeler.

Die BVE 2012 konnte mit rund 230 Seminaren aufwarten, TPS mit 50. Dazu kamen noch 20 Workshops mit praktischen Übungen von Herstellern wie Avid (Media Composer 6 and Pro Tools 10), Adobe (After Effects, Creative Suite), Sony (CineAlta F65, F3, FS100, XMPilot), Apple und ARRI. Die BVE 2012 nutzte für ihr Seminar-Programm elf Vortragsräume. „Bei der Auswahl der Redner legen wir sehr viel Wert darauf, Top-Experten zu gewinnen“, meint Marketing Research Consultant Diana Little. So berichteten in diesem Jahr William Sargent, Gründer und Chef des Postproduktionshauses Framestore in Soho, Tierfilmer Dave Blackman und Panasonics Peter Van Hooke über die neusten 3D-Trends.

Im Audio-Vortragsraum leitete Pieter Schillbeeck von Soundfield eine Panel-Diskussion über immersive Audio Systeme, Phil Coates referierte über Recording an besonders schwierigen Locations, Graham Boswell von SADiE erklärte wie man Tonstörungen beseitigt und Jo Tyler von der Bournemouth University erläuterte das akustische Potential von Radio. Auch aktuelle Fragen zum Thema Lautheitskontrolle und -messung wurden diskutiert. Im Postproduktionsraum gab Larry Jordan eine praktische Einführung zu Final Cut Pro X und zu Fragen der Speichertechnik.

Im Bereich „Broadcast Meets IT“ referierte unter anderem Mark Harrison, Kontroller der BBC Nord, über die zentralen Aspekte der filebasierten Produktion und Shane Warden von IMG World präsentierte den bandlosen Workflow beim Rugby World Cup. Weiteres Highlight war das Thema „Super Hi-vision-Einsatz bei der Olympiade 2012 in London“, präsentiert von Dr. John Zubrzycki, BBC Forschung und Entwicklung. Phil Rutter von AndCubed leitete eine Diskussion über die 4K-Produktion und -Distribution. Im „Content Delivery“-Vortragsraum wurde über aktuelle Web-TV-Services, Pay-per-View-, Social-TV- und Second Screen-Modelle diskutiert.

Einige Firmen nutzten die BVE 2012 auch wieder für Produktneuvorstellungen. Erstmals in Großbritannien zeigte Canon seine neue EOS C300 Kamera, Pixel Power sein integriertes Playout-System ChannelMaster und Camera Corps sein fernsteuerbares Kamerasystem Q-Ball mit Zoomoptik für HD und SD sowie Preset-Einstellungen. JVC präsentierte mit dem GY-HMQ10 den weltweit ersten Handheld-4K-Camcorder, Eyeheight den weltweit ersten zweikanaligen Stereo 3D Video Legalizer und SIENNA das Active Logging System. TC Electronic stellte ein neues Loudness Metering-System LM6 vor und das australische Unternehmen Rode als Weltpremiere ein neues Stereo-Mikrofon mit XY-Konfiguration für DSLR-Kameras.
FOR-A hatte den neuen HVS-4000HS Hanabi Bildmischer dabei. Mit einer Auswahl von verschiedenen Bedienkonsolen deckt er den Studio-Arbeitsbereich von 2 bis 3 Mischebenen ab und ist von HD auf 3G aufrüstbar.
Erstmals auf der BVE vertreten waren Unternehmen wie Nikon, Wohler, Cooke Optics, OASYS und Huawei Symantec.

Die Ausstellermeinung über die BVE war insgesamt eher gespalten – je nachdem, welche Standbesucher adressiert wurden. Diejenigen, die die Anwender im Auge hatten, lobten die BVE. Andere, die Management-Vertreter für Business-Gespräche suchten, waren weniger zufrieden. Maja Trajkovska von Vizrt erklärte zum Beispiel: „Die Messe hilft uns neues Geschäft zu generieren. Alle unsere Wettbewerber sind auch hier. Deshalb ist die BVE ein Platz, wo man sein muss. Und deshalb sind wir auch in diesem Jahr mit einem größeren Stand vertreten.“ Wilfried Luff, Geschäftsführer der Wiesbadener L-S-B Broadcast Technologies GmbH, Hersteller von mobilen Audio- und Videoübertragungssteuerungen, meinte hingegen, dass die für ihn interessanten Ansprechpartner weniger auf der BVE zu finden seien als auf den großen Broadcastmessen IBC und NAB.

BVE plant Internationalisierung

Unternehmen wie L-S-B zählen dennoch zu den Ausstellern, die die BVE-Organisatoren künftig verstärkt auf der Messe sehen wollen. „Auch außerhalb Großbritanniens gewinnt die BVE an Zuspruch. Wir sehen einen Trend hin zu mehr internationalen Ausstellern und Besuchern“, betont Wheeler. Die Zahl der ausländischen Besucher habe sich im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt. Konkrete Zahlen dazu verrät sie jedoch nicht. Klares Ziel sei jedoch, mehr internationales Publikum und europäische Aussteller auf die BVE zu holen.

Für internationale Besucher sei interessant, dass 40 Prozent der BVE-Aussteller (170 Firmen) auf keiner anderen großen Broadcastmesse außerhalb Großbritanniens anzutreffen seien. Umgekehrt könnten internationale Aussteller auf der BVE viele britischen Messebesucher treffen, die nicht zur IBC oder der NAB reisen könnten.
„Die BVE ist nicht als Konkurrenz sondern komplementär zur IBC zu sehen“, meint Newbold. „Wir wollen den Ausstellern aus Großbritannien mehr Kontakt- und Geschäftsmöglichkeiten mit Broadcastern aus Europa ermöglichen und den ausländischen Ausstellern die Tür zum britischen Broadcastmarkt öffnen.“

Um die Expansionspläne umsetzen zu können, bedarf es jedoch größerer Messehallen. Da trifft es sich, dass Earls Court ohnehin abgerissen werden soll und künftig nicht mehr zur Verfügung steht. BVE [&] TPS ziehen im kommenden Jahr (26. bis 28. Februar) deshalb auf das ExCel-Gelände in der Nähe des City Airports um. Für Europäer vom Festland wird die Anreise zur Messe dadurch leichter. „ExCel ist vom Flughafen in fünf Minuten zu erreichen. Es lohnt sich dann auch mal nur einen Tag zur BVE[&]TPS zu kommen“, sagt Wheeler. Zudem liege ExCel in der Nähe des Olympia Parks. In dem Gebiet seien rund 14.000 Hotelzimmer vorhanden.

Die Londoner Messebesucher selbst sind vom Umzug nicht ganz so begeistert. Die Bahnverbindung zum City Airport sei unzuverlässig und nicht für großen Andrang ausgelegt und Taxis vom Stadtzentrum zum ExCel-Gelände würden leicht über 60 Euro kosten, wird kritisiert.
Aber: Die auf dem ExCel-Gelände vorhandene Ausstellungsfläche ist mit 150.000 qm doppelt so groß wie die in der Earls Court-Halle. „Wir können den Ausstellern dort größere Standflächen anbieten und werden auch die Zahl der kostenlosen Seminare auf über 400 erweitern“, verspricht Little.

ExCel werde ein größeres 3D Kino mit 250 Plätzen bieten und ein Auditorium für Award-Verleihungen oder Keynotes mit 600 Plätzen. Geplant sei die BVE-Erweiterung um eine internationale High-end-Konferenz sowie um „Connected“ als zusätzlichen Ausstellungsbereich zu den Themen Connected Home, IPTV und Streaming-Media. 2.000 qm zusätzliche Messefläche soll dafür bereit gestellt werden. „Zur nächsten Show wollen wir um 25 Prozent wachsen. Und wir erwarten dann 18.000 Besucher“, gibt Newbold die Zielrichtung vor.
Eckhard Eckstein
(MB 03/12)

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