Studie zur Revision der AVMD-Richtlinie

Die Europäische Audiovisuelle Informationsstelle hat eine umfassende neue Studie zur Revision der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste (AVMD-RL) veröffentlicht. Untersucht wird darin, inwieweit die derzeitigen Rechtsvorschriften über Werbung, Sponsoring und Produktplatzierung von der Revision betroffen sind und welche Änderungen zu erwarten sind.

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Studie zur Revision der AVMD-Richtlinie

Werbung ist für die europäische Gesetzgebung schon immer eine Herausforderung gewesen. Für den Gesetzgeber gilt es, den Anliegen und Bedürfnissen unterschiedlichster Stakeholder gerecht zu werden: beispielsweise den Lobbyisten für Kinderschutz, den Gesundheit- und Sicherheitsaktivisten und den Kämpfern gegen Geschlechterstereotypen einerseits und der Pharmaindustrie, der Modebranche und den Spielzeugherstellern z.B. andererseits. Als wäre dies nicht kompliziert genug, kommen erschwerend die digitale Auslieferung von Inhalten, lineare und nichtlineare Dienste und auch die schnelllebige Welt der sozialen Medien hinzu. Mit der Revision der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste (AVMD-RL) erfolgt zurzeit eine intensive Überarbeitung der europäischen Mediengesetzgebung. Die Europäische Audiovisuelle Informationsstelle, die ihren Sitz in Straßburg hat und zum Europarat gehört, hat soeben eine neue Analyse darüber veröffentlicht, inwieweit die derzeitigen Rechtsvorschriften über Werbung, Sponsoring und Produktplatzierung von dieser Revision betroffen sind und welche Änderungen zu erwarten sind.

In den europäischen Rechtsvorschriften werden diese drei Bereiche als „kommerzielle Kommunikation“ bezeichnet. Im Mai letzten Jahres legte die Europäische Kommission ihren ersten Vorschlag für neue Rechtsvorschriften zur Regulierung der kommerziellen Kommunikation vor. Im Mai dieses Jahres präsentierten das Europäische Parlament und der Rat nach intensiven Verhandlungen Änderungen des ursprünglichen Vorschlags. Der Status quo ist geprägt vom Austausch, von Diskussionen und von der Suche nach einem Kompromiss zwischen den verschiedenen Instanzen der EU-Gesetzgebung. Eine der Hauptachsen der Diskussion ist das Gefühl, die bestehenden Rechtsvorschriften zur Werbung seien für lineare Dienste zu streng und für nichtlineare nicht streng genug. Bei den laufenden Verhandlungen soll auf diesen Punkt eingegangen werden.

Verfasst wurde dieser jüngste Bericht von der Abteilung für Juristische Informationen der Informationsstelle (Maja Cappello, Francisco Javier Cabrera Blázquez und Sophie Valais unter Mitarbeit von Christian Grece von der Abteilung für Marktinformationen). Der Bericht beginnt mit einem äußerst informativen Überblick über die aktuellen Herausforderungen der digitalen Werbewelt, von Datenschutzbedenken über die Zukunft der traditionellen werbefinanzierten Medien bis hin zu Fragen der Markensicherheit und des Werbebetrugs. Mit Blick auf die Zukunft beschreibt dieses Kapitel auch Faktoren wie die Nutzung von Virtual und Augmented Reality durch die Verbraucher, den Übergang zum Cloud-Computing und sogar das Aufkommen selbstfahrender Autos, durch das der Fahrer mehr Zeit und Aufmerksamkeit für Werbung übrig hat.

Kapitel 2 behandelt die aktuelle AVMD-RL und die derzeit geltenden Regelungen, sowohl die allgemeinen als auch die spezifischen Vorschriften etwa für Fernsehwerbung, Teleshopping und Produktplatzierungen. Dieses Kapitel spricht auch andere europäische Rechtsvorschriften mit Auswirkungen auf die kommerzielle Kommunikation an, beispielsweise die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken oder die Richtlinie über Tabakwerbung.

Kapitel 3 geht auf die nationale Umsetzung der Regelungen der bestehenden AVMD-RL ein. Die Autoren beschreiben die allgemeinen qualitativen Beschränkungen sowie die strengeren Vorschriften für Sponsoring und Produktplatzierung. Dieser Bericht enthält einen extrem wertvollen Überblick über die nationalen Strategien zur Umsetzung der bestehenden Vorschriften der AVMD-RL zur Produktplatzierung und der „12-Minuten-Regelung“ für den Umfang der Werbung pro Stunde.

Kapitel 4 beschäftigt sich mit der Selbst- und Koregulierung in der europäischen Werbewirtschaft und wird wiederum von einem detaillierten Länderüberblick über die verschiedenen nationalen Initiativen etwa zur Alkoholwerbung begleitet.

In Kapitel 5 stellt die europäische und nationale Rechtsprechung zum Thema Werbung im Zeitraum 2012 bis 2017 vor. Hier erfahren wir zum Beispiel, dass es sich in der Tschechischen Republik um Werbung handelt, wenn Schokoladengebäck in einer Fernsehshow zu stark lobpreisend hervorgehoben wird, während es in Irland unzulässig ist, mit der Aussage „die besten Autos weltweit“ zu werben.

Das Schlusskapitel zum „aktuellen Stand“ analysiert die Antworten des Europäischen Parlaments und des Rates vom Mai 2017 auf die Vorschläge der Europäischen Kommission von 2016 zur Änderung der Rechtsvorschriften für Werbung in Europa. Im Anhang bietet der Bericht eine tabellarische Übersicht über diese Antworten, der etwa zu entnehmen ist, dass EP und Rat gegenüber dem ursprünglichen Vorschlag für ein höheres Schutzniveau in Bezug auf „Junk Food“ eintreten. Zudem befürworten sie ein Verbot von Werbung und Produktplatzierung zugunsten von Alkohol, Tabak und elektronischen Zigaretten in Kinderfernsehsendungen und auf Videoplattformen. Ein dritter Vorschlag betrifft die Einführung strengerer Vorschriften zur Regulierung einer zu starken Herausstellung von Produkten.

Die Autoren schließen mit dem Ausblick, dass die endgültigen neuen Vorschriften, die aus Verhandlungen zwischen Kommission, Parlament und Rat (den sogenannten „Trilogen“) hervorgehen, bis Ende 2017 oder Anfang 2018 vorliegen dürften. Die Studie kann man hier kostenlos herunterladen. (11/17)