Bei anamorphotischen Aufnahmen erste Wahl

Ferry Weiss und Isam Romdhane, beide im letzten Lehrjahr zur Ausbildung zum Mediengestalter Bild und Ton bei PLAZAMEDIA, haben als Abschlussarbeit den Film „Goran“ produziert. Weiss zeichnete als Regisseur und Romdhane als Produktionsleiter verantwortlich. Filmpremiere war am 4. Dezember im Münchner Rio Filmpalast. Gedreht wurde mit der ARRIFLEX D21-Kamera von ARRI, dem direkten Vorgängermodell der hoch gelobten ALEXA-Kamera. Als Kameramann agierte Gustav Hungar. MEDIEN BULLETIN sprach mit ihm über das Projekt der Nachwuchsfilmer.

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Bei anamorphotischen Aufnahmen erste Wahl

Wie lässt sich mit der D21-Kamera arbeiten?

Es war natürlich eine tolle Erfahrung mit einer so hochwertigen Kamera wie der D21 zu drehen. Die Schärfentiefe ist ja die gleiche, wie bei 35mm, was enorme Möglichkeiten für die Bildgestaltung eröffnet, allerdings auch einen sehr guten 1. Kameraassistenten erfordert, den wir zum Glück hatten.
Die Kamera selbst und der Objektivmount sind sehr robust, so dass wir uns keine Gedanken um das Auflagemaß machen mussten. Die Frontseite der D21 ist annähernd baugleich mit der 435, und man kann auch das Zubehör der ARRI 35mm Technik benutzen, was ebenfalls sehr praktisch ist. Für den Look genau so wichtig, wie die D21, war die Verwendung der Ultra Primes und des Lightweight-Zooms.

Welche Nachteile existieren gegenüber einer 35mm-Kamera?

Nachteile der Kamera sind, dass sie ziemlich schwer ist und nicht besonders lichtempfindlich, da die Optimaleinstellung bei 200ASA liegt. Dieser Punkt hat sich bei der ALEXA schon zum Positiven entwickelt. (Die ALEXA ist mit 6,2kg um fast 2.500 Gramm leichter als das Vorgängermodel, Anm. d. Red.). Der Nachteil gegenüber einer 35mm-Kamera ist, dass man immer Kabel hat, die an der Kamera hängen. Zum einen das HD-SDI Kabel, das zum Festplattenrecorder führte. Das andere Kabel war für die Stromspeisung erforderlich. Bei einer 35mm-
Kamera hat man die Möglichkeit eines geschlossenen Systems, was die Arbeit sehr viel mobiler macht.

Wie reagiert die Kamera auf Gegenlichtaufnahmen?

Zum Teil hatten wir sehr starke Kontraste. Die Charakteristik des „Ausbrennens“ gefällt mir recht gut. Ich denke auch, dass wir dank der sehr guten Vergütung der Objektive kaum Probleme mit Gegenlichtsituationen hatten.

Wie wurde die Datenspeicherung erledigt?

Die Speicherung der Daten erfolgte auf dem recht bedienungsfreundlichen Ki-Pro-Festplattenrecorder von AJA. Uns standen zwei 250GB AJA-KiPro-Module zur Verfügung. Jedoch gab es zum Beispiel bei der Unterbrechung der Stromzufuhr enorme Schwierigkeiten. Auch kann man die Festplatte am Mount nicht fixieren, so dass sie theoretisch schnell herausfallen kann. Wir hatten sie immer mit Gaffertape fixiert, was keine optimale Lösung ist. Auch hatten wir bei gleich zwei Festplatten einen mechanischen Defekt. Die Rückgewinnung der Daten war sehr teuer. KiPro ist meiner Ansicht nach für szenische Produktionen, gerade wenn sie außerhalb des Studios stattfinden, nicht unbedingt zu empfehlen.

Haben sie mit Schärfeassistent gearbeitet?

Genau wie beim Drehen auf 35mm-Film ist der Schärfeassistent oder der 1. Kameraassistent eine enorm wichtige Position. Da die Schärfentiefen je nach Brennweite, Objektabstand, Blende bei nur wenigen Zentimetern liegen kann, ist es enorm wichtig einen erfahrenen und professionellen 1. Kameraassistenten dabei zu haben, damit die Bilder überhaupt scharf werden.
Mit Kenneth MacDonald und Simon Preisinger, der ihn an einem Tag vertrat, hatten wir sehr gute Kameraassistenten, mit denen wir keine Kompromisse machen mussten.

Wie waren die Erfahrungen in Bezug auf Kosten. Ist das digitale Drehen billiger?

Auf Grund der Materialkosten hätten wir „Goran“ niemals auf 35mm oder 16mm drehen können. Beim digitalen Dreh benötigt man zum Sichern des Materials einige Festplatten zum Speichern, aber selbst, wenn man diese selbst kauft, ist es noch viel günstiger als das Filmmaterial und die Entwicklungskosten, obwohl die Datenmengen auch enorm sein können, wenn man unkomprimiert 4:4:4 aufzeichnet. Wir haben jedoch mit Kompression 4:2:2 gedreht, wobei die Daten direkt in ProRes Dateien umgewandelt wurden. Außerdem hat man digital die Möglichkeit mehr und längere Takes zu machen. Die maximale Länge bei 35mm liegt ja bei knapp elf Minuten bei 300 Meter Rollen.

Haben sie schon Erfahrungen im Umgang mit Arris ALEXA-Kamera gemacht?

Mit der ALEXA habe ich noch nicht gedreht. Jedoch würde ich sehr gerne mit der Kamera arbeiten. Bei einer Grundempfindlichkeit von 800ASA ist sie wirklich sehr lichtempfindlich, außerdem ist sie von der Bauweise viel kompakter als die D21.

Wie sehen Sie die ALEXA gegenüber der D21 positioniert?

Ich denke, dass viele potentielle Käufer noch abgewartet haben, wie sich die D21 weiterentwickelt, und dann vorerst vielleicht auch in die günstigere RED investiert haben.
Vielleicht war auch die Klobigkeit der D21 ein Hindernis.
Ich denke aber, dass sich die ALEXA sehr gut verkaufen wird. Die D21 ist und bleibt allerdings auf Grund des 4:3-Sensors auch nach der Einführung der ALEXA die beste Kamera für anamorphotische Aufnahmen.
Gert Zimmermann
(MB 12/10_01/2011)