Klimaneutrale Produktionsweise

Rund 30 Millionen Euro hat die Bavaria in die Modernisierung ihrer Studios in Geiselgasteig gesteckt und dabei das ökologische Ziel ausgegeben, die Filmstudios als vermutlich weltweit erstes klimaneutrale Studio zu positionieren. Gegenüber seinen internationalen Kunden spricht Studio Geschäftsführer Achim Rohnke mit Vorliebe vom Green Production Lot in Grünwald. Zusammen mit André Heim, Leiter für Standort Services, erklärt der Bavaria Chef die ökologische Strategie des Unternehmens, das Ende 2013 schon eine klimaneutrale Bilanz ziehen wird.

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Klimaneutrale Produktionsweise

Die Studios vor den Toren der bayerischen Metropole München liegen inmitten eines weit gestreckten Forstareals. „Nachhaltige Produktion ist nicht nur ein Zeitgeistthema, sondern wir haben im Zuge der Modernisierung dieser traditionellen Filmstudios auch die Verpflichtung gesehen, unsere eigene Energiewende mit in Angriff zu nehmen“, erklärt Achim Rohnke, der gerne auf die grüne Lage der Bavaria verweist: „Wir haben uns vorgenommen, unsere Studios in Grünwald zu einem Green Production Lot mit Modellcharakter umzugestalten und die Bavaria als einen einzigartigen klimaneutralen Studiokomplex international zu positionieren.“ Rohnke, der immer wieder in Los Angeles präsent ist, um zukünftig noch mehr internationale Spielfilmproduktionen nach Bayern zu lotsen, verspricht sich mit einer nachhaltigen und grünen Produktion noch bessere Chancen in Hollywood, wo Umweltfragen ein großes Thema sind. „Das wird dort schon gelebt“, schildert er seine Erfahrungen und wundert sich auch nicht mehr über die zahlreichen Hybridautos, die dort vor den Studios parken. Ob Entscheider, Produzenten oder auch die Stars – alle seien sehr umweltorientiert und unterstützen grüne Projekte. Etwa Kevin Costner, der in Pumpentechnologie investiert habe, um den Golf von Mexiko von dem Öldesaster der havarierten BP-Plattform zu befreien.

Nutzung der Erdwärme

Als einen ersten Schritt zu einer ökologischen Betriebsführung hat Bavaria Film seit Sommer 2012 die Wärmeversorgung auf dem Studiogelände in Grünwald von Gas auf Geothermie umgestellt, das in Nähe des Studios gefördert wird „Dadurch sind wir von der fossilen Versorgung über Erdgas auf die Erdwärme umgestiegen“, bestätigt André Heim, Leiter Standort Services. Die Bavaria hat als der größte Abnehmer der Erdwärme Grünwald GmbH einen lang laufenden Vertrag abgeschlossen und dadurch das Zustandekommen dieses Projekts erst ermöglicht. Die Geothermie oder auch Erdwärme ist die im zugänglichen Teil der Erdkruste gespeicherte Wärme, die zu den regenerativen Energien gezählt wird. Sie kann sowohl direkt zum Heizen und Kühlen im Wärmemarkt als auch zur Erzeugung von Strom genutzt werden: „Wir haben hier in der Nähe des Studiogeländes eine geotopologische Lage, wie sie sehr selten zu finden ist, durch die sich das Geothermieaufkommen bereits in einer Tiefe von 4.000 Meter erschließen lässt. Das ist ein Standortvorteil, den wir unbedingt nutzen wollten“, erklärt Rohnke. Seit dem 1. Januar dieses Jahres wurde nun auch die Stromversorgung auf regenerative Energie umgestellt, die zu hundert Prozent aus Wasserkraft bezogen wird. Und auf günstig ausgerichteten Dächern einiger Neubauten wurden Fotovoltaik Anlagen installiert. Diese Solar-Anlagen erzielen bis zu 86.000 Kilowattstunden Leistung im Jahr. Die erzeugte Energie diene nicht der autonomen Versorgung der Bavaria, sondern werde ins allgemeine Stromnetz gespeist.

Durch die Umstellung auf die Geothermie und den grünen Strom durch regenerative Energie führt die Bavaria den CO2 Ausstoß um 97 Prozent von 7.000 Tonnen (2011) auf 200 Tonnen Ende 2013 zurück. Ausgangsbasis für diese Bilanz, die von dem Umweltberatungsunternehmen Climate Partner in München errechnet wurde, war das Jahr 2011. Als Status Quo wurden die Energiequellen Strom, Wärme, Wasser, auch die Kältemittel der Klimaanlagen sowie der Standort bezogene Fuhrpark mit einbezogen, erläutert Heim. Für die restlichen 200 Tonnen werde die Bavaria in Zertifikate eines indonesischen Geothermieprojekts investieren, um die Restbelastung vollends zu kompensieren. Rohnke und Heim haben sich darüber hinaus noch weiter gesteckte Ziele gesetzt und sehen mit dem jetzt Erreichten ihre Mission als noch nicht beendet an. In einem nächsten Schritt wollen sie nun die Energieeffizienz voranbringen. So sollen alte Gebäudeklimaanlagen durch eine zentrale Kälteanlage, die viel energieeffizienter arbeiten kann, ersetzt werden. Heim verspricht sich von dieser Maßnahme künftig weniger Strom für die Kühlung der Gebäude aufzuwenden. Im Gespräch sei auch eine technologische Lösung, um aus der Absorptionskälte, die aus der Geothermie entsteht, Kälte zu erzeugen.

Dass es die Bavaria ernst mit ökologischer Verantwortung meint, zeigt sich ebenso daran, wie sie mit den Altlasten umgeht. Vor allem das Filmkopierwerk hat in der nun schon über neunzig Jahre währenden Geschichte der Bavaria Spuren hinterlassen, vor allem in früheren Jahren, als die Entsorgung die Böden auf dem Gelände belasteten. Rohnke: „Diesem Erbe aus den frühen Zeiten der Bavaria mussten wir uns verantwortlich stellen, auch um glaubwürdig zu sein für unsere grüne Mission, auf die wir uns begeben haben. Wir haben die letzten zwei Jahre 130.000 Tonnen Erdreich ausgehoben und entsorgt und dafür insgesamt neun Millionen Euro aufgewendet.“ Die Filmstadt ist ihrem Ziel, klimaneutral zu produzieren, schon sehr nahe gekommen. Schrittweise sollen bei der Bavaria nun auch die Produzenten für eine nachhaltige grüne Herstellungsweise gewonnen werden.

Geringe Emissionsbelastung

Das ARD-Wetterfernsehen, das von der Bavaria Tochterfirma Cumulus Media in Geiselgasteig produziert wird, ist die erste Produktion, die sich aufgrund dieser Maßnahmen „klimaneutral“ nennen darf. Die von den Moderatoren Claudia Kleinert, Sven Plöger, Karsten Schwanke präsentierten Wettersendungen sind unter anderem vor der Tageschau und nach den Tagesthemen jeweils live im Ersten zu sehen. Außerdem wird für verschiedene Landesrundfunkanstalten sowie für den Hörfunk und fürs Internet produziert. Insgesamt bis zu zwölf Sendungen täglich. Da diese in einem der klimaneutral geführten Studios auf dem Gelände produziert werden, bleibt nur noch eine geringere Emissionsbelastung übrig, die im Wesentlichen durch die Reisetätigkeit von Geschäftsführer und Moderatoren entsteht. Auch hier investiert die Bavaria in ein ökologisches Projekt, um damit den Schadstoffausstoß vollständig auszugleichen.

Rohnke: „Wir wollen mit gutem Beispiel voran gehen und uns bei den Produzenten, die bei uns ihre Filme herstellen, dafür einsetzen, dass nachhaltiges Ressourcen-Management am Ende weiterführt. Unser Ziel ist es, sukzessive alle langlaufenden Produktionen in der Filmstadt auf eine klimaneutrale Produktionsweise umzustellen.“
Bernd Jetschin
(MB 02/13)

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