Profis helfen Profis

Vor der Fußball-WM 2008 in Südafrika startete der FIFA-Produktionsdienstleister Hostbroadcast Services (HBS) die HBS Broadcast Academy. Sie offeriert seither weltweit umfangreiche Ausbildungs-, Trainings- und Beratungsservices im Bereich der Live-Produktion und anderer rundfunkrelevanter Themen. MEDIEN BULLETIN sprach darüber mit der Academy-Direktorin Lise Cosimi-Bréant.

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Profis helfen Profis

Die TV-Produktionsfirma Host Broadcast Services (HBS) wurde 1999 als Tochtergesellschaft von Infront Sports & Media gegründet. Erstmals war das Unternehmen als FIFA-Hostbroadcaster 2002 bei der Fußballweltmeisterschaft in Korea/Japan aktiv. Und auch danach wurde das Weltsignal aller FIFA World Cups von HBS produziert. Daneben engagierte sich das Unternehmen auch als Produktionsdienstleister bei anderen Sportarten und großen Multisport-Sport-Events. Hauptsitz von HBS ist Zug in der Schweiz, Planungszentrale in Paris/Boulogne.

Seit seiner Gründung hat sich HBS einen Namen dafür gemacht, die Messlatte bei Live-Produktionsstandards immer ein Stück höher zu legen. Eingesetzt werden die neuesten Technologien, die qualitativ besten und sichersten Produktionsmittel und Workflows sowie top ausgebildete Produktionsteams. Kein Wunder, dass an der HBS-Expertise auch andere partizipieren wollen.

„Vor der FIFA-Weltmeisterschaft in Südafrika hatten wir viele Anfragen, ob wir nicht Trainingsmaßnahmen für Live-Produktionen anbieten können“, erklärt Lise Cosimi-Bréant, Direktorin der HBS Broadcast Academy. „Wir haben mit der FIFA darüber gesprochen und dann ein entsprechendes Programm aufgesetzt.“ 2007 sei dazu auch die HBS Broadcast Academy gegründet worden. Ihr Ziel ist die Schulung und Fortbildung von TV-Profis in allen Gewerken der TV-Produktion und die Verbesserung der Produktionsstandards bei Rundfunkunternehmen weltweit.

Lise Cosimi-Bréant zeichnet seit Beginn als ihre Direktorin verantwortlich. Sie war zuvor unter anderem bei Eurosport in Paris tätig und arbeitete 1997 für TVRS 98, dem Hostbroadcaster der FIFA WM 1998 in Frankreich, in der Kommunikations- und Informationsabteilung. Seit 2002 ist sie bei HBS und leitet heute neben der HBS Academy auch das Büro des HBS-Geschäftsführers Francis Tellier.

Zur Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika wurde von der HBS Broadcast Academy auch ein Live-TV-Simulator als Trainings-Tool mit allen relevanten Technologien entwickelt. Hiermit reiste die Academy zu Broadcast-Kunden weltweit oder nutzte Sport-Live-Events, um mit dem Simulator Produktionen in einer kontrollierten Umgebung unter realistischen Arbeitsbedingungen und mit echten Live-Feeds zu trainieren. „Die Produktionsteams lernen dabei auch direkt von den Fehlern, die sie machen. Der Live-TV-Simulator ermöglicht zugleich die Analyse und Kontrolle aller aufgezeichneten Bilder der einzelnen Trainingsteilnehmer“, berichtet Cosimi-Bréant.

Exklusive Partnerschaft mit EVS

Dieser erste Simulator ist mittlerweile nicht mehr ganz State-of-the-art und wird deshalb auch nicht mehr auf Reisen geschickt. Gefragt war ein Upgrade beziehungsweise ein neuer Live-TV-Simulator, ausgestattet mit modernem Top-Equipment, um aktuelle Entwicklungen in der Live-Sportproduktion besser abbilden zu können. Dafür hat die Academy mit EVS einen exklusiven Partner gewinnen können, mit dem HBS auch schon seit der Fußball-WM 2008 eng zusammen arbeitet.

Die HBS-EVS-Partnerschaft in Sachen Live-TV-Simulator wurde auf der NAB 2016 von Muriel De Lathouwer, Managing Director und CEO von EVS, und HBS-Chef Tellier vorgestellt. „HBS und EVS passen gut zusammen, weil wir die gleiche Passion teilen – für Innovation und Legat. Seit wir zur FIFA WM 1998 zusammen arbeiten, haben wir sehr innovative Broadcast-Lösungen entwickelt und in allen Ländern, in denen wir zusammen aufgetreten sind, ein entsprechendes Vermächtnis hinterlassen“, betonte Tellier in Las Vegas.

Das neue Live-TV-Tool basiert großteils auf EVS-Technologie. Es beinhaltet mehrere Live-Server, die bis zu zwölf ISO-Kamera-Feeds in Ingest und Playout verarbeiten können sowie Replay- und Slomo-Systeme und einen Live-Videomischer, der von zwei bis drei Tranees gleichzeitig genutzt werden kann. „Mit dem Live-TV-Simulator lassen sich die wichtigen Aspekte einer Live-Produktion, wie Kameraführung, Redaktionsarbeit, Live-TV-Regie sowie Highlight- und Slomo-Produktion in einer Umgebung vermitteln, in der auch tatsächlich live produziert wird“, erklärt Cosimi-Bréant. Die HBS Broadcast Academy wolle dabei theoretische und praktische Inhalte vermitteln und diese möglichst eng miteinander verknüpfen. Die Schulungen werden von Profis durchgeführt, die HBS und EVS auswählen. Mit dem Live-Production-Tool ist man in der Lage, ein komplettes Produktionsteam so auszubilden, dass dieses möglichst schnell eine komplette Live-Produktion selbstständig stemmen kann. „Egal wie viele Kameras auf der Kundenseite eingesetzt werden sollen, wir sind in der Lage, das komplette Produktionsteam zu schulen“, betont Cosimi-Bréant.

Training mit und ohne Equipment

Neben dem alten und dem neuen Live-TV-Simulator gibt es bei der HBS Broadcast Academy noch ein weiteres Simulator-Tool zur Studio-Produktion, das laut Cosimi-Bréant allerdings nicht an Venues sondern in Schulungsräumen genutzt wird und das, im Gegensatz zu den anderen beiden Simulatoren, über keine integrierten Recording-Funktionen verfügt.

Neben den Trainings mit Live-TV-Simulatoren bietet die HBS Broadcast Academy mittlerweile auch zahlreiche andere Trainings-, Aus- und Fortbildungsmaßnahmen ohne Equipment an (Masterclasses, Seminare und Workshops). Auch Consulting spielt eine wichtige Rolle.

Im Bereich Live-Sport-Produktion gibt es diverse Trainingsmodule wie „Live Sport Regie“. Ziel hierbei ist es, den Einsatz verschiedener Kamerapositionen, Live-Schnitte und Replays für das optimale Storytelling in einer Live-Sport-Produktion zu trainieren, ebenso wie die richtige Nutzung von Broadcast-Equipment bei unterschiedlichen Event-Anforderungen und die Aufgabenverteilung in einem Produktionsteam, damit dieses möglichst effektiv zusammen arbeiten kann.

Weitere Kurse gibt es zu den Themen Live-Studio-Regie, Storytelling für Produzenten und Reporter, ENG-Crew-Einsatz, ENG-Kamera-Bedienung, Studio-Kamera-Bedienung, Lichtsetzung, Studio-Lichttechnik, Outdoor-Studio-Lichttechnik, Kommentatoren-Training, TV-Rechte, Marketing & Sponsorship, Sport Broadcast Management und Medien-Training. Beim letzten Punkt geht es um das Verständnis der verschiedenen Medien und den richtigen Umgang mit ihnen, um sicheres Auftreten vor der Kamera und um Kommunikationsverhalten durch Einsatz von Stimme und Körpersprache. Auch das Thema Digitale Medien mit Over-The-Top (OTT) Media und Fan Engagement steht im Ausbildungsprogramm der HBS Broadcast Academy. Die einzelnen Absolventen der Kurse erhalten von HBS Ausbildungszertifikate.

Dabei betreibt die Academy ein reines B-2-B-Geschäft. Die einzelnen Kurse können nicht von Einzelpersonen, sondern nur von Verbänden, Rundfunksendern, Produktionshäusern oder Medienunternehmen für ihre Mitarbeiter gebucht werden.

Zu den Kunden der HBS Broadcast Academy zählen neben der FIFA, die African Broadcasting Union, die Asian Broadcasting Union sowie weitere Verbände und Broadcaster, insbesondere in Afrika. Die Academy-Direktorin betont, dass alle Ausbildungsmodule- und -Kurse auf die jeweiligen Kundenanforderungen und Marktanforderungen in allen Weltregionen zugeschnitten sind. Die Ausbildungsmaßnahmen finden ausschließlich bei den Kunden statt. Die HBS Academy hat keine eigenen Schulungsräume in Paris.

„Wir fokussieren uns nicht nur auf einzelne Länder sondern auf die ganze Welt. Wir sind dort überall mit und ohne Equipment unterwegs. Natürlich sind Firmen in Afrika mehr an Ausbildung interessiert als europäische. Das hängt meist auch davon ab, ob ein großer Event gerade auf sie zukommt, oder sie ein Team in bestimmten Broadcast-Bereichen stärken wollen“, erklärt Cosimi-Bréant. Zudem gebe es auch Broadcaster wie Al Kass, die ihre Produktionsstandards und -kompetenz mit Blick auf die Berichterstattungen zu anstehenden Sport-Großevents von der HBS Broadcast Academy prüfen ließen, um anschließend gegebenenfalls Trainings in Einzelbereichen durchführen zu lassen.

Die HBS Broadcast Academy hat ihr Programm bislang in 19 Ländern weltweit erfolgreich anbieten können und dabei über 10.000 TV-Profis aus den unterschiedlichsten Arbeitsbereichen schulen können. Von 2008 bis 2015 wurden dabei 75 individuelle Kurse mit bis zu 100 Trainees pro Modul abgehalten.

„Der einzigartige Ansatz der Academy ist, dass Profis und Broadcast-Experten anderen in der Branche helfen, ihre Fähigkeiten zu verbessern“, sagt Cosimi-Bréant. „Es geht darum, Wissen und Erfahrungen über die besten Anwendungen in unserer Branche miteinander zu teilen und die Fähigkeiten aller Experten auf ein Niveau zu bringen.“

Eckhard Eckstein

© HBS

MB 3/2016

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