Technikumbau sorgt für Optimismus

Die IBC 2016 gilt als wichtiger Meilenstein für die IP-Transformation in der Broadcast-Branche. Deutlicher denn je zeigte sich hier der Wille zum Technologiewechsel und die wachsende Bereitschaft der Hersteller, dabei enger zusammen zu arbeiten. In der IP Interoperability Zone (Halle 8) stießen der belgische Sender VRT und die EBU (European Broadcast Union) mit ihrem gemeinsam realisierten LiveIP-Studio-Projekt auf großes Besucherinteresse. Dafür gab es dann auch den IBC Innovation Award 2016 für Content Creation.

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Technikumbau sorgt für Optimismus

Zur IBC 2016 war ein Stimmungsaufschwung in der Branche deutlich spürbar. Der Grund dafür war auf einigen Pressekonferenzen der Technik- und Lösungsanbieter zu hören. „Das Investitionsverhalten unserer Kunden hat sich normalisiert. Das Broadcast-Geschäft ist wieder auf Wachstumskurs. Und wir sind sehr optimistisch mit Blick auf den Technologiewechsel hin zu IP-basierten Workflows“, erklärte etwa Grass Valley-Präsident Marco Lopez. Als beispielhaft für die IP-Transformation nannte er die neuen, komplett mit IP-Infrastrukturen ausgerüsteten 4k-Ü-Wägen von Arena Television in Großbritannien und das gemeinsam vom flämischen Sender VRT und der European Broadcast Union (EBU) realisierte LiveIP-Studio-Projekt.

Ein Bild davon konnte man sich in der IP Interoperability Zone in Halle 8 der RAI-Messe in Amsterdam machen. Ein Besuch dort gehörte für viele Besucher der diesjährigen IBC zum Pflichtprogramm. Das LiveIP Studio ist laut VRT das weltweit erste, voll funktionsfähige und Hersteller übergreifende Live-Produktionssystem, das komplett auf IP- und IT-Technologie basiert. Die Entwicklung des LiveIP-Studios wird getrieben vom VRT-„Sandbox“-Förderprogramm und der EBU (European Broadcast Union). Unterstützung erhält das Projekt von Herstellern wie Axon, Digital & Media Solutions (D&MS), Dwesam, EVS, Genelec, Grass Valley, Imagine Communications, Lawo, Nevion, Tektronix, Trilogy und Vizrt. Zum Einsatz kommen hier offene Industriestandards wie SMPTE 2022-6, AES67/RAVENNA, PTP und OpenFlow.

Zur IBC ging das LiveIP-Studio mit dem IBCTV viermal täglich live on-air. Gezeigt wurde dabei ein hohes Maß an Interoperabilität und die Vorteile von IP für mehr Effizienz zum Beispiel in Sachen Remote-Produktionen und Automation. Das LIveIP-Studio präsentierte sich zur IBC mit einem Studio und einem Kontrollraum in der IP Interoperability Zone sowie mit einem abgesetzten Data Center in Halle 8. Daran angeschlossen war zudem der IBCTV-Kontrollraum in Halle 13. Die mögliche Entfernung zwischen den LIveIP-Studio-Standorten ist laut VRT nicht limitiert. Auch können mehrere Kontrollräume und Studios an ein Data Center angeschlossen werden und gemeinsam die dort vorhandenen technischen Ressourcen nutzen. Das spart Kosten. Zudem ermöglicht das LiveIP-Studio-Konzept den Einsatz von Remote-Produktionen. Seit Sommer 2016 ist das LiveIP-Studio beim VRT-Kinderkanal Ketnet auch erfolgreich im operativen Betrieb. Täglich wird damit ein Live-Programm produziert und gesendet.

Das LiveIP-Studio-Projekt wurde zur IBC mit dem IBC Innovation Award 2016 für Content Creation ausgezeichnet. Projektmanager Karel De Bondt erklärte dazu: „Wir sind stolz auf diese Auszeichnung, weil sie die enormen Vorteile, die IP den Broadcast-Workflows bietet, hervorhebt, insbesondere bei der Live-Produktion und mit Blick auf den schon weit fortgeschrittenen Entwicklungsstand.“ Felix Poulin, Projektleiter IP- und Live-Produktion bei der EBU betonte dabei die Bedeutung der Interoperabilität. „Das Projekt zeigt, wie eine weit angelegte Zusammenarbeit zwischen 14 Partnern die IP-Live-Produktion auf die nächste Ebene der offenen Interoperabilität gehoben wird und zwar im Geiste des Interesses der gesamten Industrie.“ LiveIP-Projektleiter Michel de Wolf von Dwesam glaubt, dass der Projekt-Ansatz mit vielen involvierten Herstellern und starken Innovations- und Kollaborationsanstrengungen als Weichenstellung für die künftige Broadcast-Welt zu sehen ist. Und VRT-Show-Direktor Leonid Adamopoulos meinte: „Mit einem solchen Ansatz ergeben sich auch sehr viele neue kreative Möglichkeiten bei der Content-Produktion.“ Nicht nur die Preisverleihung machte deutlich, dass zur IBC 2016 eine recht optimistische Betrachtung der IP-Transformation in der Branche vorherrschte. Auch hatten sich dort mehr Aussteller als bisher das Thema auf die Fahnen geschrieben.

Imagine Communications setzt voll auf die IP-Karte

Als wichtiger Treiber der IP-Entwicklung zeigte sich erneut Imagine Communications mit seinem CEO Charlie Vogt. Er machte auf der Pressekonferenz des Unternehmens deutlich, dass Rundfunksender, Rechtehalter und Distributoren von Inhalten den schrittweisen Umbau aller technischen Einrichtungen in Richtung IP-basierte, virtualisierte Umgebungen, mit Einsatz seriengefertigter Produkte wie IP-Switches, jetzt in Angriff nehmen müssen. Vogt skizzierte dafür ein zügiges Entwicklungsszenario. „Schon 2020 werden sich IP-Technologien überall in unserer Branche durchgesetzt haben und zwar ohne, dass wir als Hersteller hier Druck machen“, betonte er. Grass Valley habe auf Grund dieser Entwicklung die AIMS-Initiative mitbegründet, die mittlerweile von über 50 Unternehmen unterstützt wird. „Das zeigt das große Interesse an Interoperabilität in der Branche und die Zuversicht, dass wir gemeinsam in den nächsten Jahren den IP-Durchbruch schaffen werden“, sagte Vogt. Grass Valley selbst habe in den vergangenen Jahren 300 Millionen Dollar in die Entwicklung neuer Produkte investiert, was sich heute bezahlt mache. Zur IBC hatte Grass Valley zahlreiche IP-relevante Neuentwicklungen am Start. Dazu gehörten Produkte wie die Transcoder-Plattform Selenio One, Speicherlösungen wie Versio IOX Storage oder die Multiscreen-Distributionslösung Telurio Packager. Zu den Themen mit IP-Bezug am Stand von Imagine Communications gehörten unter anderem Virtualisierung und Cloud, Live-Produktion, Multiscreen Delivery, Channel Playout und Next Generation Advertising. Dazu gab es auch noch eine Reihe interessanter Live-Sessions zu zukunftsorientierten Themen mit Kunden und strategischen Partnern. „Wir haben alles auf die IP-Karte gesetzt und den Einsatz verdoppelt. Das zahlt sich nun aus, nicht nur in den USA sondern auch in der EMEA-Region“, betonte Vogt. Grass Valley-Technik unterstütze heute 25 IP-basierte Kunden-Installationen, 50 IP-basierte lineare Kanäle und 3.000 IP-basierte Streams.

NewTek promotet Network Device Interface (NDI)

Große Aufmerksamkeit in Sachen IP-Workflows zog zur IBC 2016 wieder NewTek auf sich. Das Unternehmen nutzte die Messe, um sein Network Device Interface (NDI) weiter zu promoten. NDI ermöglicht die IP-basierte Live-Produktion über Standard-Ethernet-Netzwerke. Alle im Netzwerk angeschlossenen Produktionssysteme wie Videomischer, Grafiksysteme oder Digitalisierungskarten können mit Hilfe von NDI miteinander über IP kommunizieren und framegenaue, hochqualitative Video- und Audio-Datenströme mit niedriger Latenz in Echtzeit kodieren, senden und empfangen. So ist es möglich, die Anzahl der Quellen zum Mischen einer Live-Produktion exponentiell zu steigern, ohne direkt mit den Geräten verbunden zu sein, Standorte zu wechseln oder in teure, breitbandige Netzwerke investieren zu müssen, die SDI-basierte Workflows einfach ersetzen. Erstmals präsentiert wurde NDI zur IBC 2015.

Zur IBC in diesem Jahr wurde mit der NewTek IP Series nun ein Software gesteuertes, modulares IP-Video-Produktionssystem mit praktisch unbegrenzter Skalierbarkeit in Sachen Video-Quellen und -Mischoptionen vorgestellt, das auch komplett rückwärts kompatibel zu SDI funktioniert. Es besteht aus leistungsstarken Komponenten für Mischung, Steuerung sowie für In- und Output. Video-, Audio- und Kontroll-Signale dieser Komponenten werden auf Basis von NewTeks NDI-Technologie übertragen. Zentraler Bestandteil ist die NewTek VMC1 Video Mix Engine mit 64 Kanälen inklusive 44 externen Inputs und acht M/Es. Die Video Mix Engine verfügt über integrierte Compositing Optionen, eine hochentwickelte Macro Automations-Engine und ein sehr flexibles und skalierbares Effekt-System mit vielfältigen Möglichkeiten für Matting, DVE, Übergänge, Overlays, Virtual Sets, Echtzeit-Daten, et cetera. Mehrere NewTek VMC1 Video Mix Engines können in einem Netzwerk zur Erweiterung und Redundanz untergebracht werden. „So lassen sich alle Anforderungen erfüllen, egal wie groß eine Produktion auch ist“, erklärte NewTek-Marketing-Chef Will Waters. Über NewTeks VMC1 4S Control Panel kann ein Operator einzelne oder mehrere Video Mix Engines einer Produktion steuern. VMC1 IN Studio Input Module erlauben die Verbindung von jeweils bis zu vier SDI- oder IP-Signale mit der VMC1 Video Mix Engine verbinden. Die Module können an jeder Stelle im Netzwerk angebunden werden, um bei Bedarf die Zahl der benötigten Videoquellen und Kamerasignale zu erweitern. Jedes Modul verfügt über einen Multiviewer mit Return-Videosignal und bietet ISO-Recording-Option im Netzwerk-Speicher. Zu NewTeks IP Series-Set-up gehören ferner die ebenfalls vier-kanaligen VMC1 OUT Studio Output Module als modulare Multiformat Hubs zur Video-Verteilung.

„NewTeks IP Series wurde entwickelt, um alle Vorteile moderner IP-Infrastrukturen und der Software basierten Video-Bearbeitung nutzen zu können. „Es ist das erste voll skalierbare IP-Produktionssystem auf dem Markt und repräsentiert einen echten Paradigmen-Wechsel in der Live-Mischtechnik“, erklärte NewTek-CTO und -Präsident Dr. Andrew Cross. „Wenn schon die Distribution von TV-Inhalten unaufhaltsam über IP läuft, macht es Sinn, dass man bei der Produktion den gleichen Weg geht. Viele sehen das ähnlich. Aber nur NewTek liefert dazu eine komplette Lösung“, sagte er.

Lawo stellt V__matrix vor

Auch Lawo gehört zu den wichtigen Impulsgebern der IP-Entwicklung. Auf der IBC 2016 präsentierte das Unternehmen seine innovativen Lösungen für IP-Video-Core-Infrastrukturen und IP-basierte Remote Production. Zusätzlich zu neuen V__line Features stellte das Unternehmen erstmals in Europa V__matrix vor, eine software-definierte, IP-basierte Video-Routing- und Processing-Plattform, die bereits bei der UEFA Euro 2016 und den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro zum Einsatz kam. So wurden in Frankreich IP-basierte Lawo-Stageboxen in jedem Stadion rund um das Spielfeld verwendet, wie auch 500 IP-basierte Lawo-Commentary-Systeme, die alle Feeds aus den Venues lieferten. Lawo V__line-Einheiten und das VSM Steuerungssystem verteilten und steuerten Video Contribution Feeds von allen Stadien an das International Broadcast Center (IBC). Durch dieses Setup entstand eine vollständig IP-basierte 900 x 900 Video-Routing-Matrix, die über VSM geschaltet wurde, ohne dass ein SDI-Routing involviert war. Zu den Olympischen Spielen kamen 17 mc²56 Konsolen mit HD-Core für den Audiomix zum Einsatz, außerdem zehn Nova73 Compact Cores für die Signalverteilung. A__line und V__line sorgten für das IP-Interfacing, das Signal-Processing und die Distribution. Remote Production Kits, basierend auf V__remote4, wurden ebenfalls von unterschiedlichen Broadcastern genutzt. Die übergeordnete Steuerung wurde von einem VSM Server und VSM PBP17 Panels geleistet. Die Lawo-Aktivitäten belegen eindrucksvoll, was heute in Sachen IP-Produktion bereits Realität ist.

Panasonic mit Media-over-IP-Lösung

Panasonic demonstriert zur IBC 2016 seine Media-over-IP-Lösung, die ein neuentwickeltes MoIP Gateway für 4k und HD nutzt. Es kann hochauflösende Inhalte über IP-Netzwerke in nahezu Echtzeit übertragen, was nahtloses Video Switching ermöglicht. „Panasonic arbeitet auch darauf hin, Media-over-IP in der Broadcast-Branche zum neuen Standard zu erheben“, betonte Andre Meterian. „Panasonic nimmt aktiv an einer Reihe von Aktivitäten teil, um die Interoperabilität dieser Technologie zu verbessern. Auf der IBC 2016 war Panasonic bei der Joint Interoperability Demonstration in der Feature Zone in Halle 8 dabei, wo wir unsere SMPTE ST2110 (TR-03) und AMWA IS-04 (nmos) Implementation demonstrieren. Panasonic ist bestrebt, bei der Entwicklung eines gemeinsamen Sets von Standards für effektives MoIP Broadcasting zu helfen.“

Sony setzt verstärkt auf IP-Live-Produktion

Wichtiger Player bei der IP-Transformation ist auch Sony. Das machte der japanische Elektronik-Konzern auf der IBC 2016 wieder klar und zeigte dort neue Entwicklungen im Bereich Interoperabilität und IP-basierte Live-Lösungen. Sony engagiert sich seit 2012 für interoperable Lösungen und Systeme und unterstützt dafür nötige offene Standards, zunächst mit der Joint Taskforce for Networked Media (JT-NM), später durch die Mitgliedschaft bei den Allianzen ASPEN und AIMS und seit kurzem mit dem Projekt AMWA NMI Incubator, das die Entwicklung des Networked Media (NMI) Interface forciert hat. Auf der IBC 2016 hatten Besucher die Gelegenheit, sich von der Interoperabilität von Sony auf Basis der bestehenden offenen Standards SMPTE ST2022-6 und SMPTE-ST2059 sowie der zukünftigen offenen Standards TR-03 (SMPTE ST2110) und NMOS (IS-04) zu überzeugen. „Sony stellt seine Rolle als Technologieführer in der Branche einmal wieder unter Beweis, indem wir uns sowohl bei Normungsgremien als auch Hersteller-allianzen engagieren, um einheitlichere Interoperabilität zu ermöglichen“, sagte Norbert Paquet, Live Production Strategic Marketing Manager bei Sony Professional Europe. „Auf der diesjährigen IBC zeigen wir nicht nur einzelne Technologien, sondern neben einem kompletten End-to-End-Workflow in der 4k-/HDR-Live-Produktion via IP, auch Lösungen für die Fernproduktion und Rechenzentrumsarchitektur. Diese sind mit unseren Allianzpartnern interoperabel und dank der NMI-Interface schon heute einsetzbar.“ Das NMI entspricht dem 7-Ebenen-Referenzmodell der JT-NM und EBU und deckt alle dort festlegten Anforderungen ab: Media Transport, Timing, Identität, Entdeckung und Registrierung, Ablaufsteuerung, Ablauf-Switching und Komprimierung. Die von Sony initiierte IP Live Alliance, die die Branche mithilfe von herstellerübergreifender Zusammenarbeit näher in Richtung Interoperabilität rücken will, verzeichnet mit Asaca Corporation, ASTRODESIGN, Lambda Systems und Studer/Harman zur IBC vier neue Mitglieder.

Auf der IBC 2016 stellte Sony sechs neue Lösungen zur Vervollständigung des IP Live-Produktionssystems vor: die AV-Multiplexer/-DeMultiplexer-Karte NXLK-IP45F (ab März 2017 verfügbar), den SDI/IP-Konverter NXL-IP4F (ab Februar 2017 verfügbar), die NMI-Karte HKCU-IP43F für das HDCU-4300-Kamerakontrollsystem, NMI-kompatible QSFP+ E/A-Karten für XVS-Mischer und die Multi-Viewer-Software PWA-MV1N (ab Februar 2017 verfügbar).

Grass Valley mit IP-Plattform GV Node

Ein besonderes Hightlight bot auf der IBC 2016 Grass Valley mit seiner Echtzeit-IP-Processing- und Routing-Plattform GV Node. Grass Valley wurde für das System mehrfach ausgezeichnet, zuletzt am 17. November 2016 in Los Angeles von der Hollywood Professional Association (HPA) mit dem HPA Engineering Excellence Award 2016. Das in seiner Packungsdichte und Processing-Leistung einzigartige modulare 4HE Träger-System, so Grass Valley, ist ein Brückenschlag weg von traditionellen Basisband-Kreuzschienen/Multiviewer-Kombinationen hin zu IP enkapsulierten Video. Dabei werden weiterhin Basisbandsignale entgegengenommen und abgegeben. Allerdings verarbeitet GV Node intern alles auf IP-Ebene. Die hoch performante Busstruktur im Träger sowie die über IP zur Verfügung gestellte 2 TB/s Anbindung für zusätzliche Nodes oder direkten IP-Video-Zugang lässt Grenzen vergessen und Strukturen jenseits der 5002-Kreuzschienen/Multiviewer-Kombinationen kostengünstig und live fähig gestalten. Dabei werden altgewohnte Features wie zum Beispiel Embedding/Deembedding und das Einschleifen von MADI von Anfang an unterstützt. Die Steuerung erfolgt wie bisher auch über die bekannten Kreuzschienen/Multiviewer-Protokolle von Grass Valley oder diversen Drittanbietern.

„Mit GV Node schlagen wir eine Brücke zwischen der Broadcast und IP Welt indem wir für Broadcaster wichtige Funktionen liefern, die in traditionellen IP-Lösungen bislang nicht verfügbar waren“, erklärte Neerav Shah, Senior Vice Präsident Strategisches Marketing von Grass Valley, in Amsterdam. GV Node sei der wesentliche Baustein eines Broadcast Data Centers, der deterministische, vertikal genaues Switching von Video Signalen liefere, egal ob sie aus der SDI oder IP-Welt stammen würden, wie SMPTE ST 2022-6. GV Node biete integriertes Processing von Video und Audio Signalen und Multiviewer für reduzierte Verkabelung. Der modulare Aufbau von GV Node sei ideal für verteilte Architekturen und skaliere von ganz kleinen zu sehr großen Systemen insbesondere in Kombination mit COTS IP Switches (COTS = commercial off-the-shelf, Serienprodukte, Anm.d.Red.). Bereits im April 2016, zur NAB in Las Vegas, hatte Grass Valley dazu eine strategische Allianz mit Cisco angekündigt. Durch die Zusammenarbeit, so Neerav Shah, wolle Grass Valley seine führende Position im IP-Segment stärken.

Grass Valley zeigte sich übrigens auch kameraseitig gut auf die IP-Entwicklung vorbereitet. So bieten die Kamerasysteme der LDX-und LDX86-Serie mit Direct IP bereits IP-Interfaces. Klaus Weber, Senior Product Marketing Manager Kamera, erklärte: „Wir bieten eine sehr leistungsfähige Übertragungsstrecke. Mit der Direct IP-Funktion können wir unsere Kameraköpfe und Basisstationen direkt über herkömmliche ‘Of the shelf’-Switches betreiben. Die Basisstation verfügt über optionale IP-Ausgänge. Das öffnet den Weg in die Zukunft, falls sich die Infrastrukturen, die heute noch Baseband basierend sind, nach und nach Richtung IP wandeln. Unsere Kameras lassen sich dafür einfach nachrüsten, was in dieser integrierten Form die Systeme anderer Hersteller nicht können.“

So wie Grass Valley verkündeten auch einige andere Broadcast-Hersteller zur IBC 2016 Kooperationen mit Cisco. Dazu gehörten Riedel Communications und Chyron/Hego. David Ward, CTO of Engineering und Chief Architect bei Cisco Systems, erklärte: „IP wird die Broadcast-Industrie komplett verändern und ihr zugleich helfen, Kosten zu sparen. Wir arbeiten mit allen zusammen und sind stolzes Mitglied der AIMS-Initiative.“ Kooperationen, wie die mit Cisco, machten heute viel Sinn. Das meinte auch Sören Kjellin, CTO von Chyron/Hego. Er betonte zur IBC 2016 die große Relevanz IP-basierter Workflows für sein Unternehmen und kündigte die NDI-Integration über die ganze Chyron/Hego-Produktlinie hinweg an.

SAM zeigt IP-Remote-Produktion

AIMS-Gründungsmitglied SAM präsentierte sich zur IBC mit den Schwerpunkt-Themen in IP, 4k und Software Applikationen in der neuen Halle 9 und mit einem komplett überarbeiteten Produktportfolio. Eines der neuen Produkte ist Live Touch 4k, das neue SAM Slomo Replay System, das nun auch 4k unterstützt. Am SAM-Stand waren komplette Produktionsbereiche aufgebaut mit dem Produktionsmischer Kahuna, Router, Multiviewer, modularen Produkten in Kombination mit Live Touch. Vorgestellt wurde auch die Remote Produktion über IP. „Sport und News sind besondere Fokus-Punkte für SAM. Dafür haben wir zum Beispiel mit unseren Kahuna-Mischern die richtigen Schlüsselprodukte,“, sagte Said Bacho, SAMs Chief Business Development und Marketing Officer. Deshalb sei SAM auch als Techniklieferant im IP-Projekt von BCE in Luxemburg stark involviert. „Hier auf der IBC zeigen wir eine komplette End-to-end IP-Lösung. Als AIMS-Mitglied arbeiten wir hart daran, dass unsere Produkte interoperabel zu allen Systemen von Drittherstellern sind, die auch AIMS unterstützen.“

Nevion präsentiert VideoIPath

Auch Nevion zeigte zur IBC starkes IP-Engagement und präsentierte Lösungen zur IP-basierten Produktion, so zum Beispiel ein voll funktionsfähiges Switch-basiertes geschaltetes Netzwerk für Broadcast-Produktion, sowie mit VideoIPath, einen SDN-Controller für Aufbau, Nutzung, Überwachung und Wartung eines IP-Netzes, sowohl für Weitverkehr als auch für lokale Netze. Für die weit verbreitete Flashlink-Serie bietet der norwegische Hersteller nun ein komplettes Angebot an PTP basierten IP-Karten an, zur Übertragung von Audio, Video, Daten und Black Burst. Mit Virtuoso wurde eine neue Plattform als Bindeglied zwischen Weitverkehrsnetz und lokalen IP-Netz vorgestellt. Sie realisiert sowohl SMPTE2022-6 (-7), JPEG2000, H.264, Encryption und Monitoring inklusive Umschalter und arbeitet Signaltyp unabhängig mit SD, HD, 3G und 4k. Virtuoso wird laut Nevion die Art IP-basierte Netzwerke zu vernetzen drastisch vereinfachen und für den Nutzer das gleiche Frontend bieten wie er es aus dem SDI-basierten Umfeld gewohnt ist. Bei seinen IP-orientierten Entwicklungen kann Nevion auf jahrelange Erfahrungen in der Vernetzung von Rundfunkanstalten zurückgreifen. Das Unternehmen hat in den letzten Jahren einige der größten IP-basierten Netze Europas realisieren können. Die Switch-basierte Topologie, erlaubt den Aufbau eines IP-Netzes, welches für Schaltzwecke ohne Kommunikation mit den Quell- und Endgeräten auskommt. Dieser enorme Vorteil vereinfacht den Aufbau und die Wartung bzw. den Ausbau eines IP-Mediennetzes um ein vielfaches und erlaubt dennoch den Einsatz von Standardswitchen. VideoIPath steuert diese Netze und präsentiert sich für den Anwender wie eine Kreuzschiene. Somit ist eine Migration der Infrastruktur nach IP für die Bediener einfach und nicht zwingend sichtbar. Die neue Topology App in VideoIPath rundet den neuen Release ab und ermöglicht den Aufbau eines Netzes und das Hinzufügen neuer Komponenten grafisch. Oliver Suard, Marketing Direktor von Nevion: „Hier wird viel über IP geredet. Es geht dabei um einen Technologiewechsel und um fundamentale Veränderungen bei den Workflows. Live IP bietet gerade für Remote Produktionen enorme Möglichkeiten. Wir sehen mehr Lösungen für Virtualisierung und gemeinsamer Nutzung von Equipment. Die Netzwerktechnik ist gekennzeichnet durch mehr Software basierende Lösungen, die auf generische Hardware aufsetzt.“

Avid unterstützt kommende IP-Standards

Um der Branche den Weg zum reibungslosen Übergang zu konvergierten IP-Infrastrukturen zu weisen, präsentierte AIMS-Mitglied Avid in der IP Interoperability Zone die Kompatibilität seiner Produkte zu denen anderer Hersteller. Gezeigt wurden Lösungen zur Unterstützung kommender IP-Standards wie SMPTE 2022-6 und VSF TR-03. Die Technik-Demonstrationen umfasste Ingest-, Editing-, Playout, Grafikintegrations- und Monitoring-Workflows über IP mit mehreren Avid-Lösungen, darunter Media Composer, Maestro, 3DPlay und Playmaker. „Die innovative Architektur der Avid MediaCentral-Plattform sorgt für eine Gleichbehandlung aller Inhalte, unabhängig von Format oder Quelle“, meinte Alan Hoff, Vice President Market Solutions bei Avid. „Mit unseren jetzt vorgestellten Lösungen erweitern wir diese einheitliche Plattform und bieten erweiterten Support auch für aufkommende Technologien wie IP und UHD an.“ Auch für die Unterstützung von UHD stellte Avid zur IBC neue Lösungen vor, die sich sowohl nahtlos in eine Standard-SDI-Produktionsumgebung als auch in IP-Workflows integrieren lassen. „Um den immer größeren Herausforderungen, denen unsere Branche gegenübersteht, erfolgreich zu begegnen, investieren wir weiterhin in großem Umfang in neue Technologien, die den Erfolg unserer Kunden langfristig sicherstellen“, versprach Dana Ruzicka, Vice President und Chief Product Officer bei Avid. „Und mit den jetzt auf der IBC vorgestellten Lösungen wollen wir  Workflows zukunftssicher gestalten.“

Ross kauft IP-Know-how

Auch Ross Video setzt nach anfänglicher Zurückhaltung jetzt auf IP. Durch die zur IBC bekannt gemachten Übernahme der Technologiefirma Coveloz Technologies aus Ottawa in Kanada hat sich das Unternehmen das nötige Know-how für die IP-Entwicklung eingekauft. Coveloz hat sich einen Namen beim Umbau von Video-Workflows in Richtung IP-basierter Infrastrukturen gemacht und dabei eng mit dem mittlerweile zu Intel gehörenden Unternehmen Altera kooperiert. Auch künftig will man gemeinsam kostengünstige, interoperable Video-over-IP-Applikationen auf den Markt bringen. “Coveloz verfügt über einige großartige Kerntechnologien und über eine erstaunliche Vision zur IP-Zukunft. Wir waren davon beeindruckt als wir mit deren Team zusammengearbeitet haben, um Technologien in unsere Plattformen zu implementieren“, sagte David Ross, CEO und Präsident von Ross Video. „Wir sind begeistert davon, dass sie nun Teil der Ross-Familie sind und freuen uns darauf, dass Coveloz sich weiter auf seine Media-IP-Arbeit fokussiert.“

EVS mit IP4Live-STrategie

Bei EVS standen wieder IP-verbundene Live-Produktionen im Fokus. Man präsentierte dazu die schon im vergangenen Jahr vorgestellte IP4Live-Strategie mit dem Gateway-Produkt XIP, mit dem sich IP- und SDI-Infrastrukturen verbinden lassen. XIP gibt es jetzt auch als On-board-IP-Option bei den neuen XT4K und dem XS4K-Servern. Am EVS-Stand gab es zudem IP-basierte Live-Produktionsumgebungen zu sehen. EVS unterstütze in diesem Jahr auch wieder das IBCTV mit Technik und gehörte zu den Unterstützern des LiveIP Studio Projekts von VRT und EBU. EVS Marketing-Direktor Nicolas Bourdon betonte: „Das ist ein tolles Projekt, und wir sind froh dabei zu sein.“

VRT-LiveIP-Studio-Projektleiter Karel de Bondt erklärte auf der EVS-Pressekonferenz zur IBC 2016: „Seit Anfang des Jahres haben wir mit LiveIP-Studio erfolgreich Remote-Produktionen über Dark Firbre realisiert und jetzt sind wir mit unserem Kinderkanal Ketnet live on air. Das ist der ultimative Beweis dafür, dass IP in der TV-Produktion funktioniert.“

Riedel hat die Kundenwünsche im Blick

Sehr entspannt betrachtet man derweil die IP-Entwicklung bei Riedel Communications. „Wir sind seit Jahren mit unseren Produkten offen für alle Broadcast- und IP-Standards. Die IP-Entwicklung verfolgen wir wie immer mit Blick auf die Kundenwünsche und nicht weil es jetzt gerade angesagt ist“, meinte Riedel-Chef Thomas Riedel. „Für uns geht es darum, dass wir die Interoperabilität der Systeme auch in die IP-Welt gewährleisten können. Mit unserem MediorNet-System sind wir da auf dem richtigen Weg.“ Das gleich Ziel verfolge man mit der neuen Cisco-Kooperation zur Nutzung der Cisco Media Blueprint Plattform. Dazu unterstütze das Wuppertaler Unternehmen alle relevanten IP-Initiativen und Standards wie AIMS und Dante, erklärte Thomas Riedel auf der IBC-Pressekonferenz. Insgesamt stehe man auch Partnerschaften mit anderen Herstellern sehr offen gegenüber. Ein Beleg dafür sei die Präsenz von Netzwerktechnik-Hersteller Arista Networks am IBC-Stand von Riedel.

Neue Technologien, gemeinsame Standards, Interoperabilität und Kooperationen sind jedoch nicht allein entscheidend für den erfolgreichen Umstieg auf IP-basierte Workflows. „Es geht hier nicht nur um technologische Aspekte, sondern auch um eine ganz andere Philosophie und Denkweise. Technisch funktionieren IP-Lösungen in der Broadcast-Welt schon heute, wir müssen nur noch lernen, richtig damit umzugehen“, bringt es Klaus Weber von Grass Valley auf den Punkt.

Eckhard Eckstein

MB 4/2016