Die Dreharbeiten zu „Star Trek – Into Darkness“ begannen Anfang 2012 und wurden im Mai 2012 abgeschlossen. Der Film von Regisseur J.J. Abrams war dann rund elf Monate in der Postproduktion, wurde nachträglich von 2D zu 3D konvertiert und komplett mit Avid geschnitten. Insgesamt wurden dabei zwölf Avid Media Composer Systeme eingesetzt, verbunden mit einem Avid ISIS-Zentralspeicher mit 64 TB. Als Chefcutterinnen zeichneten Maryann Brandon und Mary Jo Markey verantwortlich. Unterstützt wurden sie von den beiden Ersten Schnittassistenten Rita DaSilva und Julian Smirke. DaSilva arbeitete mit Mary Jo Markey zuvor bei „The Perks of Being a Wallflower“ zusammen und Smirke gehört zu J.J. Abrams Cutterteam schon seit der „Mission: Impossible III“-Produktion im Jahr 2005. Bei der „Star Trek – Into Darkness“-Produktion bereiteten DaSilva und Smirke das Filmmaterial vom Vortag für die Chefcutterinnen vor und organisierten das Material für die visuellen Effekte (VFX). Während des gesamten Editing-Prozesses arbeiteten sie dabei eng mit dem VFX-Editor zusammen. „Wenn Chefcutterinnen und Regisseur mit einer VFX-Szene zufrieden waren, wurde das dafür nötige Material an verschiedene VFX-Postproduktionshäuser zur Endbearbeitung übergeben“, berichtet DaSilva. „Mindestens einmal die Woche gab es eine VFX-Besprechung, in der J.J. darüber berichtete, welche VFX-Shots als nächstes angeliefert werden. Die damit verbundenen fortlaufenden Schnittarbeiten passierten alle am Avid Media Composer. Das war ein Prozess in dem Szenen ständig neu editiert und Aufnahmen neu eingescannt werden mussten bis J.J. sie für gut befand“, berichtet sie. Weil der Film am Ende in der Post in 3D konvertiert werden sollte habe man sehr früh damit begonnen, alle VFX- und Nicht-VFX-Aufnahmen zur 3D-Wandlung nach Stereo D zu schicken.
Auch zur Bewertung des 3D-Materials habe es einmal pro Woche eine Besprechung mit dem Regisseur gegeben. Mit dabei waren neben den Editoren der Stereographer Corey Turner und das VFX-Team. Die beiden Schnittassistenten berichten, dass es mit dem Media Composer sehr einfach sei, in 3D zu arbeiten. Die Workflows seien nicht sehr verschieden von denen bei 2D. „3D macht nur mehr Arbeit, weil jede Aufnahme des Films konvertiert werden muss. Weil wir in verschiedenen Filmformaten gedreht haben, musste jeder Nicht- VFX-Shot von uns eingescannt und zur Umwandlung in 3D an die Post geschickt werden“, sagt Smirke. Von dort habe man dann 1080p DNxHD Quicktimes zurückbekommen und sie mit dem „Fast Import“-Feature in den Media Composer importiert. Anschließend wurden S3D-Clips erstellt und in die aktuelle Version des Films auf einen Top Video Layer über die Editors Cuts geschnitten. „Wir haben die ganze Zeit in 2D geschnitten, konnten aber jederzeit die Bilder auch in einer 3D-Variante betrachten, wenn wir unser Projekt im Media Composer auf Stereoskopie umschalteten. Wenn wir uns die finalen 2K 3D-Aufnahmen anschauen wollten, dann haben wir das Mistika-System von SGO genutzt, das wir im Vorführraum von Bad Robot Productions zur Verfügung hatten“, erklärt Smirke.
Als „bahnbrechend“ bewertet seine Kollegin DaSilva die Tatsache, dass das Editing-Team von „Star Trek – Into Darkness“ den Film durchgehend mit einem provisorischen 5.1 Surround Sound schneiden konnte. „J.J. wollte schon immer einen vollständigen, temporären 5.1 Audiomix in den Editing-Prozess einbinden statt nur einfache Platzhalter für den Ton zu generieren. Aber die Technik war dafür bislang nicht da. Mit dem neuen Media Composer ist das anders. Deshalb haben wir uns letztlich auch dafür entschieden, ihn einzusetzen. Und das war in der Tat sehr hilfreich“, sagt die Cutterin. Die ersten Schnittarbeiten wurden noch am Avid Media Composer in der Version 5.5.3 erledigt, am Ende hatte man die Version 6.5.2 im Einsatz. Es wurden also regelmäßig Updates gemacht. „Bei allen anderen Filmen vor Star Trek, an denen ich beteiligt war, war man immer bemüht, in der gleichen Version zu bleiben, mit der man angefangen hat. Diesmal konnten wir ständig auf die neueste Version updaten und von den neuen Möglichkeiten profitieren, insbesondere beim Editieren mit 5.1 Sound“, berichtet Smirke. In der Vergangenheit habe man im Schnitt eine provisorische Tonarbeit gemacht, die anschließend vom Sound-Designer komplett gegen das eigene Sound-Design ausgetauscht worden sei. Smirke: „Bei Star Trek haben wir es erstmals geschafft, dass Teile unserer provisorischen Sound-Mixes am Ende auch erhalten blieben. Für uns als Schnitt-Assistenten bedeutet das eine besondere Anerkennung unserer kreativen Arbeit. Letztlich war sie aber nur durch den Einsatz der neueren Media Composer Versionen ab 6.0 möglich.“
Auch bei der Produktion von „The Great Gatsby“ wurde durchgehend mit Avids Media Composer gearbeitet. Eingesetzt wurde hier für den 3D-Offline-Schnitt die Version 5.5. „Wir sind mit unserem Projekt nur wenige Wochen vor Avids Veröffentlichung der Media Composer Version 6.0 gestartet. Dieses Update integriert vollständig alle 3D-Funktionalitäten einschließlich der Fähigkeit, Konvergenz einzustellen, Bildgrößen zu verändern unter Beibehaltung der 3D-Effekte sowie die Möglichkeit Titel im 3D-Raum zu generieren. Das wäre für uns von großem Vorteil gewesen. Leider war die Software beim Produktionsstart unseres Films nur als Beta-Version vorhanden und das Studio wollte sie deshalb nicht einsetzen. Deshalb sind wir bei Version 5.5 geblieben“, berichtet Cutter Matt Villa, der zusammen mit Jason Ballantine das Editing bei „The Great Gatsby“ besorgte. Beide hatten bereits mit Regisseur Baz Luhrman bei den Filmen „Moulin Rouge” und „Australia” zusammengearbeitet. Die Schnittarbeit bei „The Great Gatsby“ dauerte über ein Jahr.
„Eigentlich muss man von 18 Monaten ausgehen wenn man berücksichtigt, dass wir den gesamten Herstellungsprozess bereits von der Aufnahme her begleitet haben“, sagt Villa. Mit der Version 5.5. konnten die Cutter zwar schneiden und 3D betrachten – aber nicht mehr. Wenn Sie die Bildgröße ändern wollten oder einen 3D-Titel brauchten, mussten sie laut Villa das Material in eine andere Maschine mit der 6.0 Beta-Software exportieren, dort ihren 3D-Job erledigen und das Material dann wieder in die Version 5.5 zurück importieren. „Das war total unpraktisch aber der einzige Weg uns die Möglichkeit zu erhalten, die Edits, wenn erforderlich, in 3D zu betrachten“, berichtet Villa. Die Hauptaufgabe der Cutter hat sich seiner Meinung nach in den vergangenen Jahren wenig geändert. Es gehe nach wie vor darum, gemeinsam mit dem Regisseur die bestmögliche Erzählform mit dem vorhandenen Material zu kreieren. Allerdings seien heute dabei größere technische Fähigkeiten erforderlich, um die Schnitt-Tools bedienen zu können. „Der Cutter muss unter anderem in der Lage sein, Sound Effekte anzulegen, Musik nach Partitur zu schneiden und seine Arbeit auch im Bereich von VFX-Shots einbringen zu können“, meint Villa. Bei neuen Projekten sei es wichtig, sich intensiv mit dem Skript vertraut zu machen und möglichst viel Zeit mit dem Regisseur zu verbringen, um dessen Projekt-Philosophie zu verstehen.
Auch Villa sieht zwischen 2D- und 3D-Workflows beim kreativen Schnitt keine grundsätzlichen Unterschiede. Diese seien eher im Technikbereich zu finden. „Die Daten vom Set müssen in eine Form gewandelt werden, damit sie vom Media Composer gelesen und in 3D dargestellt werden können. Insgesamt wird der Materialaustausch umfangreicher“, meint er.
Bei “The Great Gatsby” habe der sogenannte „Onset Data Wrangler“ (Materialassistent beim digitalen Dreh) den Schnittraum mit Side-by-Side MXF Daten und DNxHD 115-Material versorgt. Nach dem Schnitt sei mit einem Baselight-System Farbbestimmung und Conforming gemacht worden.
„Aufgabe des Baselight Operators war es aber auch, für jede Einstellung im Film Stereo-Tiefenwirkung und Fokus so zu justieren, dass 3D zwar seine maximale Wirkung entfalten kann, ohne dabei aber das Wohlbefinden des Zuschauers zu stören. Auch wenn es natürlich im Conforming mehr Arbeit bedeutet als im normalen 2D-Arbeitsprozess, so hat uns das im Schnitt natürlich sehr geholfen“, betont Villa. „Durch die Verlagerung der 3D-Bearbeitung in den Conforming-Bereich hinein konnten wir beim Schnitt so arbeiten, wie wir das von 2D auch gewohnt sind. Wir wussten ja, dass jedes Bild im nachgelagerten DI-Prozess wieder korrigiert werden kann.“
„The Great Gatsby“ spielte allein am Eröffnungswochenende in den USA über 51 Millionen Dollar ein und eröffnete das Filmfestival in Cannes. Ob der Film seine Produktionskosten von rund 160 Millionen Dollar wieder einspielt, wird sich zeigen. Die Chancen dafür sind jedoch recht gut.
Eckhard Eckstein
(MB 07/08_13)
Foto: © 2013 Paramount Pictures