Qvest GmbH
50829 Köln
Sie teilen sich bei der Olympiade 2010 wieder mit Gunnar Darge die technische Projektleitung. Wer macht was?
Gunnar Darge betreut die ARD/ZDF-Technik im IBC Vancouver und ich die in Whistler. In Vancouver ist der größte Teil der Technik installiert mit einer großen Regie und zwei Regien für die beiden digitalen Programme von ARD und ZDF.
Im zweiten IBC in Whistler befinden sich Bearbeitungs- und Redaktionsarbeitsplätze. Zudem wurde im dortigen Hilton- Hotel eine Regie mit Technikkomplex und einem Primetime- Studio für ARD und ZDF eingerichtet. Die IBCs in Vancouver und Whistler sind über Datenleitungen miteinander verbunden, so dass wir die uns dort zur Verfügung stehenden technischen Kapazitäten bündeln und wechselseitig nutzen können.
Welche Leitungsverbindung nutzen ARD und ZDF?
Um unsere Signale auszutauschen und überspielen zu können stehen uns von Vancouver nach Deutschland eine STM 16- und von Vancouver nach Whistler eine STM 4-Leitung zur Verfü- gung. Die haben wir über die EBU gebucht. Die Realisation der Endgeräte und Codecs übernehmen die Kollegen vom Leitungsbüro ZDF.
Warum müssen ARD und ZDF in beiden IBCs präsent sein?
Das ist eine redaktionelle Entscheidung. Die Skiveranstaltungen von Whistler haben bei den deutschen TV-Zuschauern einen höheren Stellenwert als die Events in Vancouver. Um die Sport- ler vor Ort immer greifbar zu haben und eine vernünftige Pro- grammgestaltung zu machen hat man sich dazu entschieden, das Primetime-Studio im Hilton von Whistler anzusiedeln. Man will damit auch den Sportlern den Weg nach Vancouver ersparen, um dort Interviews zu geben. Die beiden Orte liegen mit 125 km doch weit auseinander. Eine Fahrt kann da leicht drei Stunden dauern. Das kann man den Sportlern schlecht zumuten. Für die Rektion ist es einfach besser, möglichst nah an den Sportlern dran zu sein. Rein technisch wäre es natürlich auch möglich gewesen nur mit einem IBC zu arbeiten.
Wie ist der personelle Aufwand im Vergleich zur letzen Olympiade?
Unsere Personalstärke hat sich nur leicht verringert. Wir haben wegen der großen EVS- und Avid-Systeme jetzt zwar mehr Leute im Admin-Bereich, konnten aber das Personal in anderen Bereichen zurückfahren.
Was sind die Kernelemente beim Technikeinsatz?
Herstück bilden zwei Netzwerkstrukturen, eine von Avid mit einem großen ISIS System und eine von EVS mit XFile, Raids etc. Auf jedem System laufen alle Signale auf. Wenn ein System mal ausfallen sollte ist so ein Backup sicher gestellt. Gleichzei- tig können wir über den Transfermanager Daten von Avid zu EVS und umgekehrt austauschen.
Daneben arbeiten wir wieder mit Vizrt-Grafik, Penta-Displays, Standbildspeichern, Riedel-Kommunikationsequipment und MVS 8000 Bildmischern von Sony. Wir produzieren zwei Digital- kanäle, ein ARD- und ein ZDF-Kanal. In den Digi-Regien kom- men wieder die MFS-2500 Videomischer von Sony zu Einsatz.
Was bedeutet die HD-Ausstrahlung für die Vorbereitung?
Dadurch, dass wir uns mit HD-Thema ja schon länger beschäf- tigen, mussten wir bei dieser Planung kein Neuland betreten. Erforderlich war vor allem die HD-Umstrukturierung unserer Mobile Produktionseinheit (MPE). Dazu waren einige Neuanschaffungen nötig, deren Kosten ARD und ZDF gemeinsam getragen haben. Unsere bereits HD-fähigen Avid-Systeme wur- den um größere Speichersysteme ergänzt. Bei den EVS-Syste- men gab es Softwareupdates und auch etwas größere Spei- cherplatten. Die Videomischer hatten wir schon in HD. Die übri- ge Videoinfrastruktur wurde für HD aufgerüstet. Und im Tonbe- reich sind wir auf Lawo umgestiegen, zum einen mit dem großen Kreuzschienensystem mit 8.192 x 8.192 Koppelpunk- ten, das wir in Peking schon im Einsatz hatten, und zum ande- ren jetzt auch durch die Anschaffung von Lawo-Audiopulten.
Um welche Pulte handelt es sich?
In Vancouver haben wir das große Lawo MC290 im Einsatz und in Whistler das MC256. Ausrangiert haben wir dafür unsere Yamaha DM1000 Pulte. Die sind uns wegen der nun eingeführten 5.1-Produktion zu klein geworden.
Und welche Audiomix-Systeme haben sie in Kanada dabei?
Beim Audiomix sind wir von Pro Tools auf Fairlight umgestiegen. Das Zusammenspiel mit Avid funktioniert viel besser. Zur Leichtathletik-WM hatten wir noch ein paar Probleme mit Fairlight, die konnten aber mit Unterstützung der Firma ausräumt werden. Jetzt sind wir sehr zufrieden mit dem Workflow dieses Audiomix-Systems.
Wie hoch waren die Neuinvestitionen in MPE?
ARD und ZDF haben zusammen rund sechs Million Euro in die MPE-Umrüstung investiert. Ein Teil dieser Investitionen haben wir schon zur Olympiade in Peking getätigt, zum Beispiel in die Audiokreuzschienen von Lawo.
Welchen Einfluss hat die HD-Produktion auf die Studioplanung?
Gegenüber Peking hat sich da nicht viel verändert. Die Deko wurde wieder von Formpool entwickelt - wie auch schon Peking und Salt Lake City. Sie besteht aus einzelnen Elemen- ten, die sich von ARD und ZDF senderspezifisch anordnen beziehungsweise umgestalten lassen. Besondere Aufmerksam- keit wurde auf den Lichtbereich gerichtet um auch hier der HD- Anforderung gerecht zu werden. Im Studio Vancouver ist wieder ein 100 Zoll Display von Panasonic integriert.
Wann haben ARD und ZDF mit der technischen Installation für die Olympischen Spiele begonnen?
Die ersten Kollegen sind Anfang Januar nach Kanada gereist. Das Gros folgt Ende Januar. Mit einem kleinen Vorbauteam ver- suchen wir, die ganze Installation so hinzustellen, dass sie auch schon größtenteils betriebsfertig übernommen werden kann.
Wie und wo produzieren ARD und ZDF ihre unilateralen Signale?
Wir haben an den Haupt-Venues eigene Teams, die dort die deutschen Sportler hervorheben. Das ist bei Bob/Rodeln, Ski und Biathlon/Langlauf so. Alle anderen Sportarten werden in den beiden IBCs aufgearbeitet und nachkommentiert oder aus dem Stadion live kommentiert. Da wir das Olympia-Programm wieder nach ARD- und ZDF-Sendetagen aufgeteilt haben, arbeitet die Technik für beide Sender, gleich an welchem Venue und in welchem IBC, ob im Deutschen Haus oder im Hilton. Nur die Redaktionen wechseln an ARD- und ZDF-Sendetagen.
Was bedeutet das für die Aufnahmetechnik. Das ZDF arbeitet mit DVCPro HD und die ARD mit XDCAM HD?
Da unser ARD-Partner der MDR ist, arbeitet auch die ARD diesmal im EB-Bereich mit P2-Camcordern. Im Studiobereich sind wir mit der LDK 8000 Worldcam und der LDK 6000 von Grass Valley ausgestattet. Die LDK 6000-Systeme kommen von Wellen+Nöthen. Das Kölner Unternehmen ist auch dieses Mal wieder unser Hauptdienstleister, der das bei uns nicht vorhan- dene Equipment beistellt. Die Konfiguration und alles andere was dazu gehört verbleibt aber in unseren Händen. Das Know how bei der technischen Planung von Großevents wie z.B. den Olympischen Spielen wollen wir bei uns behalten und weiter- entwickeln. Für die ARD ist übrigens wieder Gearhouse als Dienstleister an den Venues aktiv.
Wie funktioniert diesmal die Signal-Kodierung?
Wir produzieren wie der Hostbroadcaster auch im 1080i- Standard. Wellen+Nöthen stellt uns unter anderem drei Alchemist Ph.C-HD- und 14 Mach HD-Wandler von Snell zur Verfügung. Hiermit konvertieren wir schon in Vancouver das gesamte Material in unser 720p-Sendesignal. In Deutschland kommen die Signale also schon in 720p an.
Wie sind ihre Erfahrungen mit den Snell-Systemen?
Bei der Leichtathletik WM in Berlin und einigen kleineren Veran- staltungen haben wir schon mit Alchemisten gearbeitet. In der Hauptsendeleitung sind wir mit dem Wandlersystem recht zufrieden. Mit den Mach HD-Wandlern von Snell hatten wir anfangs Probleme. Da hat sich Snell, das muss ich allerdings betonen, sehr kooperativ gezeigt. Durch Änderungen am Sys- temaufbau konnten wir auch mit Mach HD ordentliche Ergeb- nisse erzielen. Snell-Mitarbeiter waren öfters bei uns in Mainz, um, auf dem kleinen Dienstweg, Beanstandungen auszuräumen und die Systeme zu optimieren bis wir damit zufrieden waren.
Die Diskussion um die Formatwandlung, die zur Leichtathletik- WM in Berlin geführt wurde, ist also ausgestanden?
Davon kann man ausgehen. Die Zuschauer werden auf ihren Flachdisplays schöne Bilder sehen können. Das ist unser stetiges Bemühen.
Wieviel Tonnen Equipment wurden nach Kanada geschafft?
So genau kann ich das nicht beziffern. Mit dem Leihmaterial zusammen haben wir jedenfalls 30 Schiffs-Container Material nach Kanada geschickt. Mit dabei waren aber auch die hier in Deutschland vorgefertigten Bühnenteile, die einiges an Platz benötigen.
Eckhard Eckstein (MB 02/10)