Kollaboratives Arbeiten in Echtzeit

Seit es Animation gibt, werden auch Wege gesucht sie günstiger und schneller zu produzieren. Ein völlig neues Verfahren wird gerade mit DJINNI von der Babelsberger Firma Wonderlamp Industries vorangetrieben. Im kommenden Jahr soll die erste Beta-Version der Software fertig sein. Ziel von Wonderlamp Industries ist es nicht nur neue Genres zu ermöglichen, wie zum Beispiel die animierte Daily Soaps, sondern die Herstellung zur heutigen Produktionsweise auch um ein Vielfaches günstiger zu machen.

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Kollaboratives Arbeiten in Echtzeit

Die Idee zu DJINNI wurde bereits Ende der 2000-Nuller-Jahre von der UFA entwickelt und patentiert. Die Ursprungsidee folgte der seriellen Daily-Produktion der GrundyUFA, die fortlaufend mit dem Ziel der Effizienzsteigerung weiterentwickelt wird. So dass am Ende eines Drehtags eine fertige postproduzierte Sendung täglich on Air gehen kann. Alexander Dannenberg, ehemals Head of Movie Production bei GrundyUFA und Produzent bei Teamworx, hat das Projekt im Frühjahr 2010 von der UFA übernommen. Verbunden bleiben GrundyUFA und Wonderlamp über einen First-Look-Deal, der GrundyUFA einen Zugang zu DJINNI ermöglicht. DJINNI wird eine Kombination aus Hard- und Software sein, das die Wonderlamp Industries als ein „Software-as-a-Service“ Geschäftsmodell in Form verschiedener Angebotspakete am Markt anbieten und lizenzieren wird.

In Robert Hödicke, Mitbegründer des Software-Entwicklers Mental Images, der sich mit der Software Mental Ray einen Namen machte, und dem Gesellschafter des Schweizer Fernsehsenders 3PlusTV und ehemaligen Fernsehproduzent Martin Schäfer fand Alexander Dannenberg zwei Partner für den Aufbau der Firma Wonderlamp Idustries. Mit Marc Weigert, Visual Effects-Supervisor der meisten Roland Emmerich-Filme, einen Gesellschafter mit internationalem Netzwerk. Weigert sieht in DJINNI auch die Möglichkeit der Prävisualisierung für Visual Effects in Kino Filmen. In dem Roland Emmerich-Film „White House Down“, bei dem Weigert und sein Partner Volker Engel für die Visual Effects verantwortlich zeichnen, wurde ein Prototyp von DJINNI in die VFX-Pipeline eingebaut, um darüber erste Praxis-Erfahrungen gewinnen zu können.

Obwohl die Funktionsabläufe von DJINNI bei der Animationsproduktion und Prävisualisierung fast identisch sind, soll DJINNI in erster Linie ein Tool für die TV-Content- und TV-Animationsindustrie werden. Der Unterschied zwischen TV-Animation und Kino-Prävisualisierung liegt in der Kostenersparnis bei der seriellen Produktion. „Bei der seriellen TV-Produktion entstehen die Kosten für die Vorproduktion wie Charakterentwürfe oder die Erstellung der Assets nur einmal – im Gegensatz zum Kino, da ist ja jeder Film ein Einzelstück und damit der Aufwand jedes Mal wieder sehr hoch. Die Kosten in der seriellen Produktion – also im eigentlichen Animationsprozess für jede Folge – sinken durch den Einsatz von DJINNI massiv. Je höher die Folgenanzahl – desto höher das Einsparpotential! Das spricht eindeutig für den TV Bereich“, betont Hödicke. Und der Bedarf an Animation steige. „Der Programmbedarf weltweit für 2D- und 3D-Animation ist mit einer prognostizierten Wachstumsrate über die nächsten Jahre von etwa sieben Prozent enorm“, meint Hödicke. Dabei würde bei gleichzeitiger Fragmentierung der Zielgruppen nicht nur die Angebotsvielfalt eine Rolle spielen, sondern auch ihre Qualität verbunden mit einer günstigen Herstellung. Eine Minute Animation kosten laut Hödicke derzeit circa zwischen 5.000 bis 12.000 Euro. Und schon heute würden viele Produktionsschritte in Niedriglohnländer ausgelagert, um die Kosten zu deckeln, berichtet er.

DJINNI wird einen Großteil der Produktion selbsttätig übernehmen – in Echtzeit. Nachdem alle Assets eingeladen und die wesentlichen Parameter der Produktion festgelegt sind, wird DJINNI aufgrund des in Daten umgewandelten Drehbuchs („DJINNI-Script“) automatisch in der Lage sein, die darin enthaltenen Inhalte in Szenen und Kamerapositionen aufzulösen. Selbstverständlich ist dies nur als Angebot an den Regisseur zu verstehen. Letztendlich obliegt es dem Kreativen die Auflösung, Kameraposition, Licht, Farbe und so weiter bis ins kleinste Detail selber zu gestalten. Alle Daten werden auf einem zentralen Server abgelegt, auf den man je nach Berechtigung von einer eigenen Workstation aus Zugriff hat. „DJINNI ist quasi eine drehbuchbasierte Cine-Engine, mit der kollaboratives Arbeiten in Echtzeit – wenn gewünscht – möglich wird, was die Art der Zusammenarbeit sehr stark ändern wird“, konstatiert Hödicke. „Der hohe Grad an Arbeitsteilung in der Animationsproduktion wird sinken, man arbeitet viel mehr miteinander – wie bei einem Realdreh am Set im Studio.“ Wonderlamp Industries plane gerade am Firmensitz in Babelsberg einen Showroom, in dem dieses kollaborative Arbeiten demonstriert werden kann. Ein wenig erinnert DJINNI an Machinima, mit der in der Gamer Scene kleine Filme aus den Games, mit ihren Helden, mit Hilfe einer Game-Engine generiert werden. Die DJINNI- Technologie unterscheidet sich aber diametral von den Machinima-Filmen und der klassischen Games-Produktion durch die Möglichkeit des Regisseurs, jederzeit in die Handlung der Produktion eingreifen und sie pro-aktiv verändern zu können.

Der Anspruch der Seher an das fertige Programm und seine Qualität ist hoch. Als serielle Referenzprodukte für die Wonderlamp und DJINNI nennt Hödicke die 3D-Produktion „Star Wars: The Clone Wars“ und die 3D-Produktion „Barbie“. Bis Produktionen mit diesem Production Value mit DJINNI möglich sind, ist es noch ein weiter Weg für Wonderlamp Industries und ihre zehn Mitarbeiter – das wissen auch die Geschäftsführer des Unternehmens. Daher wird man sich im ersten Schritt beim Markteintritt auf Kunden mit Pre-School- und Kids-Programmen, wie zum Beispiel die KiKa-Serie „JoNaLu“, konzentrieren, da in diesen Genres die Abläufe, Bewegungen und Oberflächen der Animationen relativ einfach gestaltet sind. Die Beta-Phase mit je einem Referenzkunden auf den drei relevanten Märkten EU, USA und Asien soll Mitte 2014 beginnen.

Laut Hödicke wird die Software permanent weiterentwickelt – bis 2017 soll DJINNI dann so weit sein, dass damit auch so komplexe Produktionen wie „Star Wars: The Clone Wars“ bewältigt werden können. Die Anfangsinvestitionen von Wonderlamp Industries betragen circa vier Millionen Euro.

Die Geschäftsführer konnten auch Christoph Fisser, den stellvertretenden Vorstandsvorsitzendender Studio Babelsberg AG, Prof. Thilo Kleine, Geschäftsführer von Antares Media und des VIP Medienfonds, ein Stuttgarter Family Office und die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) als Gesellschafter gewinnen, wobei die KfW etwa ein Viertel der Anteile hält. Gefördert wird das Projekt zudem vom Land Brandenburg mit 100.000 Euro. Obwohl es nicht aktiv angestrebt wird, Gesellschafter aus den USA zu gewinnen, arbeitet Wonderlamp Industries mit der britischen Investment-Firma Dragon Knight aus London zusammen, die der Wonderlamp internationale Venture Capital-Gebern zuführen will, „um Wonderlamp nicht nur technologisch, sondern auch im Gesellschafterkreis auf ein internationales Level zu heben“, so Hödicke.

Thomas Steiger
(MB 12/13_01/14)