Eine solche Regatta hat die Welt noch nicht gesehen: Die besten Segler der Welt lieferten sich vom 7. bis zum 25. September in der Bucht von San Francisco auf Renn-Katamaranen der Extraklasse einen an Spannung kaum zu überbietenden Wettkampf. In der „Best-of-17-Serie“ der 34. America´s Cup Finals siegte am Ende das ORACLE Team USA nach einem Rückstand von 8:1 knapp mit 9:8 in der „Mutter aller Comebacks“ (Times) gegen das Emirates Team New Zealand. Der America´s Cup kann auf eine 162-jährige Geschichte zurückblicken. Zuletzt wurde er 2010 in Valencia, Spanien, ausgetragen. Auch damals hieß der Sieger Oracle Team USA. Für das diesjährige Segel-Spektakel in San Francisco wurde finanziell kein Aufwand gescheut. Rund 200 Millionen Dollar kostete allein die Entwicklung neuer Boote, die wie Tragflächenboote, raumschots mit einer Spitzengeschwindigkeit von 45 Knoten (83 km/h) über das Wasser rauschen können. Die gesegelte Durchschnittsgeschwindigkeit lag bei allen 17 Finalrennen immerhin bei über 30 Knoten (55 Km/h). Die neu entwickelten AC72-Katamarane sind 72 Fuß lang (25 Meter), 46 Fuß breit (14 Meter) und verfügen über einen 131 Fuß (40 Meter) hohen Masten mit verstellbarem, 260 Quadratmeter großem Flügelprofil statt konventionellem Segel. Bedient werden die Rennmaschinen von elf Seglern. Die Materialschlacht hatte maßgeblich Oracle-Chef Larry Ellison als Hauptsponsor des US-Teams angefeuert. Der 69-jährige Milliardär und Segel-Enthusiast hatte auch dafür gesorgt, dass über 80 Millionen Dollar in die TV-Produktion gesteckt wurden, um die faszinierenden Bilder von den 34. America´s Cup Finals in die Welt zu tragen.
Eine zentrale Rolle spielte dabei die britische Firma SIS LIVE, die seit dem 2010 als Produktionsdienstleister beim America´s Cup involviert ist. Das Unternehmen stellte auch bei den Finals die drahtlosen Übertragungssysteme für Audio und Video zur Verfügung. Neueste Technologie kam dabei zum Einsatz. Von Beginn an arbeiteten die SIS LIVE Ingenieure mit den Bootsbauern und den Crews der Renn-Katamarane zusammen, um sicherzustellen, dass die eingesetzte Technik so leicht wie möglich war und keinen Störfaktor für die Segler darstellte.
Die Videobilder von den einzelnen Booten lieferten jeweils sieben Kameras, eine davon mit fester Einstellung, die anderen mit beweglichen Köpfen. Bedient wurden sie von jeweils zwei Kamera-Remote-Operatoren. Vier Live-Signale von jedem Boot standen dem Regisseur an Land jeweils zur Verfügung. Zur Auswahl der Bilder hatte er zwei Quad-Split-Monitore zur Verfügung. Die von SIS LIVE entwickelten Spezialkameras waren mit einem Scheibenwischer und einer automatischen Kamera-Waschanlage ausgestattet. In regelmäßigen Abständen wurden die Kamerascheiben mit Frischwasser besprüht, um sicher zu stellen dass sie auch gestochen scharfe HD-Bilder liefern konnten. Aus der Luft wurden die Regatten von drei Helicopter-Kameras verfolgt, auf dem Wasser Kameras auf zwei Motorbooten und an Land von zwei weiteren Drahtlos-Kameras. SIS LIVE war auch verantwortlich für die Übertragung und den Empfang der Signale aller Drahtlos-Kameras. Zum Einsatz kam dabei das selbst entwickelte RF-over-IP-System des Unternehmens. Insgesamt hatte man gleichzeitig 21 Funk-Verbindungen für die Signalübertragung am Start. Beim America´s Cup war sehr viel Know-how in Sachen Spektrum-Management gefragt. Das SIS LIVE Team konnte sich hier ausgezeichnet beweisen.
Auch für die Tonaufnahmen an Bord der Renn-Katamarane wurde hoher Aufwand getrieben. Ingesamt 14 Mikrofone waren an Bord verteilt, um die Zuschauer an den Gesprächen und Kommandos der Crew-Mitglieder teilhaben zu lassen. Von jeder Yacht wurde ein 16-Kanal-Sound geliefert. Aufgenommen wurde der Ton von SIS LIVE selbst entwickelten wasserdichten 5.0 Surround-Sound-Mikrophonen, die direkt unter den HD-Kamera-Gehäusen angebracht waren, Deck FX Mics, Radio Mics an jedem Crew Mitglied und zwei Hull Mics, die innerhalb der Rümpfe angebracht wurden um die Geräusche des Bootskörpers während der Rennen aufzuzeichnen.
Als Hostbroadcaster für den America´s Cup verantwortlich zeichnete wieder die America´s Cup Event Authority (ACEA). Produktionschef Denis Harvey, ehemals Leiter Produktion und Sport beim neuseeländischen Sender TVNZ, erklärte: „Wir haben vor drei Jahren damit begonnen die TV-Übertragung des America´s Cups zu revolutionieren und einer ganz neuen Fan-Gruppe zugänglich zu machen. Segeln ist für die TV-Produktion nicht nur eine besonders herausfordernde Disziplin sondern auch herausfordernd für die Rundfunkübertragung weil es auf einem sich ständig verändernden Spielfeld stattfindet und das in einer rauhen maritimen Umgebung, in der alle Kamera- und Audio-Signale über Funktechnik übertragen werden müssen.“ Während der letzten drei Jahre hätten die SIS LIVE Spezialkamera- und die Wireless-Teams hier eine Pionierrolle eingenommen. „Sie haben Technologien und Verfahren entwickelt, um die On-Bord-Berichterstattung zu ermöglichen, die den Zuschauer direkt mitten ins Geschehen zieht. Ihr Einfallsreichtum und technische Genialität hat uns sehr dabei geholfen, unsere ambitionierten Ziele zu realisieren und die Messlatte für die On-Bord-Berichterstattung bei künftigen Segel-Events ein ganzes Stück nach oben zu setzen“, sagte er. Auch David Meynell, Geschäftsführer von SIS LIVE, zeigte sich begeistert von den Ergebnissen der Live-Übertragung. Die tollen Bilder hätten eine so große Begeisterung wie nie zuvor für den Amarica´s Cup ausgelöst. Der Erfindergeist des SIS LIVE-Teams habe eine der attraktivsten und innovativsten Rundfunk-Übertragungen ermöglicht und wesentlich zur enormen Akzeptanz eines der größten Sport-Spektakel in der Geschichte beigetragen. „Es hat sehr viel Spaß gemacht mit ACTV zu arbeiten und die innovativen Technologien zu entwickeln, die für die Rundfunkübertragung des America´s Cup notwendig waren“, meinte er.
In Deutschland und Österreich übertrug ServusTV alle Finalrennen live und exklusiv. Am 4. November 2013 wird auch die Dokumentation zum „Red Bull Youth America’s Cup“ gesendet.
Die On-Bord-HD-Kameras, -Mikrofone und drahtlosen Video- und Audio-Übertragungssysteme hat SIS LIVE in enger Zusammenarbeit mit ACEA in den vergangenen drei Jahren selbst entwickelt, installiert und betrieben. Bereits vor den America´s Cup Finals 2013 wurden sie bei den America´s Cup World Series 2011/2012 mit zwölf Regatten rund und die Welt, beim Louis Vuitton Cup und der America´s Cup Challengers Series eingesetzt. Die erste der jeweils Neun-Tage-Regatten der America’s Cup World Series startet im August 2011 im portugiesischen Cascais. In HD übertragen wurden für Millionen internationaler Fans sowohl Flottenrennen also auch Match Races.
Eine wichtige Rolle spielte dabei auch das eingesetzte Augmented Reality (AR) System „LiveLine“. Damit ist es möglich, auf die von Hubschraubern aufgezeichneten Live-Videobilder des Regattafeldes grafische Overlays zu legen. So war man in der Lage, den Zuschauern unter anderem die taktischen Manöver zu erklären, den Rennkurs, die Geschwindigkeit der Boote, die gefahrenen Strecken, die Windrichtung, die Strömung in der Bucht und die jeweiligen Positionen in Echtzeit zu visualisieren.
Bei den America´s Cup World Series 2011/2012 stellte Presteigne Charter die Räumlichkeiten für die Tonproduktion an allen Regattaorten zur Verfügung. Als Standard wurden Lawos mc²56 Pulte eingesetzt, zusammen mit einem crystal On-Air Pult als zusätzliches Mischsystem. Jedes mc²56 war mit 48 Fadern (16+16+16) und mit nahezu identisch konfigurierten HD Cores ausgerüstet, die jeweils bis zu acht MADI Schnittstellen mit einer DALLIS Stagebox nutzen. Vor Ort wurden die Pulte in temporären Regieräumen installiert und durch eine Nova29 MADI-Kreuzschiene via MADI miteinander vernetzt. Mit 1024×1024 transparent schaltbaren I/Os war die universelle Nova29-Kreuzschiene laut Presteigne Charter die ideale Standalone-Lösung als Herzstück der Broadcast-Einrichtungen. Für die Mischung von mehrsprachigen Reportagen für Internet- und Großbildschirm-Übertragungen wurden zusätzlich ein Lawo crystal Pult eingesetzt.
Eckhard Eckstein
(MB 11/13)
© ACEA Abner Kingman