Eurosport Events
Der 5. Stopp der European Rallye Championship (ERC) auf São Miguel war einer der Highlights der diesjährigen Rennserie. Wohl kaum eine Rallye findet vor so eindrucksvoller Kulisse statt wie die auf der portugiesischen Azoren-Insel. Spektakulär waren insbesondere die Bilder von der Sete Cidates Etappe mit ihrer direkt auf dem seitlich steil abfallenden Kamm des Kratersees Lagoa Azul entlang führender Rennpiste. Die Rallye war dabei nicht nur sehr anspruchsvoll für die Fahrer der hochgerüsteten Rennmaschinen, sondern auch für die damit befasste TV-Produktion für die Eurosport-Tochter Eurosport-Events als Hostbroadcaster verantwortlich zeichnete. Der paneuropäische Sportsender arbeitete dabei eng mit den lokalen Fernsehkollegen von RTP Azores und der FIA (Fédération Internationale de l'Automobile) zusammen. Produziert wurden an zwei Tagen insgesamt vier Stunden Live-Bilder sowie Non-live-Aufzeichnungen des gesamten Rennens. Eurosport-Events ist seit 2013 für die ERC-Rallye-Vermarktung und -Produktion verantwortlich und hat mit der FIA dazu einen Zehnjahresvertrag abgeschlossen. Davor war Eurosport-Events seit 2006 Promoter der Intercontinental Rallye Challenge (IRC), die Ende 2012 mit der ERC fusionierte und damit aufgelöst wurde. „Eurosport-Events versteht sich als sportliche Marketing-Agentur, die die Organisation und Promotion von verschiedenen Events übernimmt. Um die zahlreichen Motorsport-Veranstaltungen realisieren zu können, haben wir Partnerschaften mit diversen Organisationen, wie beispielsweise der FIA, geschlossen. Wir koordinieren aber nicht nur Motorsport-Events sondern auch Reitturniere wie die Gucci Masters oder die Saut Hermès in Paris“, erklärt Lorraine Deloison, Director Marketing & Communications bei Eurosport Events. Ziel sei indes schon, die Aktivitäten im Motorsport weiter auszubauen. So übertrage Eurosport Events beispielsweise einen der vier Weltmeisterschaftsläufe der WTCC. Als Full-Service Agentur kümmere sich Eurosport Events sowohl um die Organisation des Events als auch um die Produktion, Postproduktion und Distribution der Fernsehbilder. „Für das letzte WTCC-Rennen haben wir das produzierte Programm in über 135 Länder weltweit ausgestrahlt. Das ist schon ziemlich beeindruckend“, sagte Deloison. „Die ERC Events zu stemmen war für uns eine spannende Herausforderung, aber dadurch, dass wir bereits sehr gute Erfahrungen in der Organisation und vor allem Produktion von Rallye Events gemacht haben, sind wir unbesorgt, auch dieses Event zu einem großartigen Ereignis zu machen.“ Eurosport-Events habe 2009 in Monte Carlo bei der IRC erstmals ein Rallye-Event live übertragen. „Das war so erfolgreich, dass wir gleich darauf auch die Produktion eines WRC-Events unterstützen sollten“, berichtet Deloison. Und auch die ERC würde mit Einstieg von Eurosport Events im letzten Jahr live übertragen. „Gerade hier auf den Azoren ist dabei die Produktion besonders anspruchsvoll, da die einzelnen Etappen der Rallye ungünstig für eine Live-TV-Produktion liegen. Das führt dazu, dass wir hier auf ein minimalistisches und flexibles Produktions-Set-Up bauen, das es uns möglich macht, ein stabiles Bild zu produzieren“, betont sie. Das gesamte Produktionsteam bei der Rallye Azores bestand einschließlich des Teams von RTP Azores aus 65 Personen. Bei der Live-Produktion kam eine Cineflex-Kamera im Helicopter, zehn In-Board-Kameras von Dienstleister AMP Visual in den Rallye-Autos, eine Kamera (Grass Valley LDK 8000) mit Kameramann und drei Remote-Kameras am Ende der einzelnen Zieleinfahrten zum Einsatz. Die Bilder der In-Board-Kameras wurden über ein ebenfalls von AMP Visual bereit gestelltes RF-Flugzeug, das als Relaisstation für die drahtlose Übertragung der Signale diente, zum Ü-Wagen übertragen. Der von RTP Azores von UVEAUVE aus dem spanischen Grenada ausgeliehene Ü-Wagen war mit weiteren mobilen Produktionseinheiten jeweils auf dem Produktionsgelände am Ende der einzelnen Live-Stages geparkt. Sechs weitere Kameras waren auf den einzelnen Etappen zudem im Non-live-Einsatz. „Als wir 2007 angefangen haben die IRC zu übertragen war das Ziel, eine Produktion auf die Beine zu stellen, die es so noch nicht gegeben hat. Die Philosophie von Eurosport war es ja schon immer, alle Events möglichst live zu zeigen. Wir dachten also, es muss auch möglich sein, Rallyes live zu zeigen“, berichtet Gilbert Roy, Direktor Eurosport Events, seit 1997 bei dem Sender tätig. „Vor allem wollten wir mit unserem Live-Programm nicht nur Rallye-Fans begeistern, sondern allen Zuschauern den Rallye-Sport so nah wie möglich bringen.“ Bei der IRC-Rallye 2009 in Monte Carlo seien erstmals sieben Etappen live produziert worden, 2010 dann elf und 2011 fast die ganze Rallye. „Zur Produktion haben wir schon damals ausschließlich On-Board-Kameras und einen Hubschrauber verwandt“, sagt er. „Ich denke, dass der Rallye-Sport mit der interessanteste Motorsport für TV-Zuschauer ist. Die Rallye-Serien finden immer an den schönsten Orten der Welt statt. Das zeigen auch die Live-Etappen hier auf den Azoren, bei denen die Autos unter anderem am Rand dieses wunderschönen Vulkans entlang fahren. Diese Bilder gehen um die Welt und zeigen den Zuschauern vor den Bildschirmen wie die Azoren aussehen. Das ist natürlich auch eine gute Werbung für den Tourismus der Azoren und wahrscheinlich mit der Ausstrahlung der Tour de France vergleichbar.“ Kein Wunder also, dass die Einheimischen alle von dem Event begeistert sind und die Inselverwaltung die Rallye-Organisatoren und deren TV-Produzenten tatkräftig unterstützen. Die lokale Touristenorganisation auf der Insel beteiligt sich sogar an den Produktionskosten der Rallye, um so für den Tourismus und die Bekanntheit der Inselgruppe zu werben. Der Hubschrauber wird nicht nur für die Rallye-Übertragung eingesetzt, sondern auch für Luftaufnahmen der Insel. „Ein Hubschrauber mit so toller Kameratechnik an Bord ist hier nämlich eher selten unterwegs“, meint Roy. „Die Philosophie der Produktion ist im Grunde die selbe wie bei der Rallye Dakar, nur dass die Rallye Dakar schwerer live zu produzieren ist. Da sind die Etappen einfach zu lang. Hier ist das anders, die einzelnen Etappen sind nicht länger als 25 Kilometer“, betont Roy. Die In-Board-Kameras seien für die Produktion sehr wichtig. Für den Zuschauer fühle es sich so an, als säße er selbst im Auto, die Anweisungen vom Co-Piloten sind hörbar. Das macht den Rallye-Sport so spannend“, sagt Roy. Und die Luftaufnahmen vom Hubschrauber würden Umgebung und Streckenführung perfekt darstellen. Vielmehr brauche man bei einer Rallye-Übertragung eigentlich nicht. Der Eurosport-Produzent räumt indes auch ein, dass bei einer Rallye-Produktion der Kostenfaktor eine zentrale Rolle spielt und natürlich auch der limitierende Faktor ist. „Wir verwenden für die Live-Produktion nicht so viele Kameras am Boden, brauchen deshalb auch nicht so viele Kameramänner. Das senkt natürlich die Kosten. Ich denke, dass man den Unterhaltungswert der Sendung mit mehreren Kameras am Boden auch nicht wirklich steigern könnte“, meint Roy. „Was für so eine Produktion am wichtigsten ist, ist die Zuverlässigkeit des gesamten Teams und des Materials. Zum einen ist es wichtig mit solider, technischer Ausstattung zu arbeiten, zum anderen müssen wir uns hier sehr auf ein eingespieltes Team verlassen. Da ist der Hubschrauber Pilot genau so wichtig wie der Cineflex Operator oder unsere technischen Mitarbeiter am Boden“, betont er. Roy lobt in diesem Zusammenhang auch die gute Zusammenarbeit mit den lokalen Fernsehkollegen von RTP Azores. Auch sie übertragen die Rallye live auf ihrem Sender. „Der Sender beliefert uns mit technischem Equipment und kann im Gegenzug die Rallye live ausstrahlen. RTP Azores hat uns nicht nur den Ü-Wagen und den Hubschrauber besorgt, sondern auch die Satelliten-Trucks und den Generator zur Verfügung gestellt. Insgesamt stehen hier an jeder Live Etappe sechs Produktionsfahrzeuge“, berichtet Roy. „Ich denke, dass wir hier sehr effizient produzieren. Das liegt daran, dass wir uns hier auf das Essentielle konzentrieren.“ Noch weniger On-Board Kameras, Helikopter oder Kameramänner seien nicht möglich. Eine wichtige Komponente bei der Rallye-Azores-Produktion sei das Flugzeug, das die Kamerasignale aus Autos und Helicopter als Relaisstation übertrage. „Dieses Flugzeug folgt den Rallye-Fahrzeugen und kann dann in einem bestimmten Gebiet deren Video-Signale empfangen, um sie dann zu uns in den Ü-Wagen zu schicken. Ohne dieses Flugzeug ist uns die Live-Produktion der Rallye-Etappen nicht möglich“, sagt Roy. Die Postproduktion bei der SATA Rallye Acores wurde komplett auf São Miguel abgewickelt. „Auch wenn wir live senden, produzieren wir pro Tag zusätzliches Highlight-Material und ein Magazin das dann von Eurosport und RTP Azores im Nachgang ausgestrahlt wird. Die Postproduktion dafür wird im Service Park der Rallye in der Insel-Hauptstadt Ponta Delgada von insgesamt zehn Mitarbeitern vorgenommen“, erklärt Roy. Bei Eurosport ist man sehr zuversichtlich, das die Live-Übertragung der Rallyes für den Sender wie für die Rallye-Organisatoren Früchte trägt. „Wir haben hier ein Event, dass international für viel Aufsehen sorgt. Und wir sind weiterhin bemüht, zusammen mit der FIA, jedes Jahr weitere spannende Events auf die Beine zu stellen“, betont Marketing-Direktorin Deloison. Niklas Eckstein