Total überzeugt

Dirigent Justus Frantz tourte mit seinem Orchester Philharmonie der Nationen unlängst durch englische Großstädte. Brandenburgs privater Regionalsender und Produktionsgesellschaft Potsdam TV begleitete den Maestro für ein 45-minütiges Doku-Special. Gefilmt wurde mit einer neu angeschafften XDCAM HD-Kamera von Sony.

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Ingo Baar, Chefkameramann und EB Team-Leiter von Potsdam TV, nahm die Sache selbst in die Hand. Es galt ein Doku-Special von Justus Frantz mit seinem Orchester Philharmonie der Nationen auf großer England-Tour zu drehen. Eingesetzt werden sollte dabei eine nagelneue PDW-F330 XDCAM HD von Sony, ausgestattet mit einem Standardzoom-Objektiv von Fujinon (XS17x 5.5BRM). Baar entschied sich, in zwei unterschiedlichen Formatqualitäten zu drehen, sowohl in 25 Mbit/s als auch in 35 Mbit/s, der höchsten Qualitätsstufe. „Zum einen war klar, dass wir später Fremdmaterial zugeliefert bekämen“, erklärt er. „Zum anderen ist XDCAM HD für mich immer noch ein neues Format, und da möchte ich einiges ausprobieren. Trotz unterschiedlicher Bitraten sind beide Qualitätsstufen von vergleichbarer Güte, und auf einem 19-Zoll-HD-Monitor selbst für einen erfahrenen Kameramann nicht auszumachen. Allerdings haben wir klassische Musik gefilmt, da schwenkt man nicht ganz so schnell.“

Nach einer Vorbereitungsprobe in Hamburg ging es mit dem mehr als 100-köpfigen Orchester nach London zu einer Auftaktvorstellung. „Wir haben gleich am ersten Tag die Proben mitgedreht, ganz behutsam, mit viel Zurückhaltung gegenüber Justus Frantz“, berichtet Baar.
Für das Ende des zweiten Tourneetags hatte er ein Interview mit dem Dirigenten vereinbart und nutzte die Gelegenheit, um Frantz einige Minuten des bisher gefilmten Materials vorzuführen. „Ich hatte ein paar Professional Disks mit Aufnahmen vorbereitet, von denen ich meinte, dass sie wirklich schön geworden waren. Um intensive Bilder von ihm zu bekommen, wollte ich ihn auch aus nächster Nähe filmen. Dazu musste ich aber erst sein Vertrauen gewinnen.“ Baar baute seine Kamera auf, schloss sie an einen mobilen 19-Zoll-HD-Monitor an und startete die Vorführung. Justus Frantz war von dem, was er zu sehen bekam, begeistert. „Die Bilder seien so klar und verblüffend deutlich, sagte er spontan. Er war ganz erstaunt über den Detailreichtum in der Darstellung.“
Gedreht wurde zu 90 Prozent vom Stativ. Die Schulterkamera kam vorwiegend bei Nahaufnahmen von Justus Frantz zum Einsatz. „Die Kamera hatte eine sehr akzeptable Größe und störte nicht“, meinte Baar.

Am Ende jedes Drehtags zog sich der Kameramann auf sein Hotelzimmer zurück und sichtete das Material vom Tag. Die Kamera verlinkte er über den analogen HD-Ausgang mit dem Monitor und hörte den Ton entweder über Kopfhörer oder über ein Paar aktiver Lautsprecherboxen ab. Baar: „Die Kamera war neu, und mir ging es beim Sichten auch darum zu sehen, was sie verarbeiten konnte. Ich wollte wissen, wie ich die Bild- und Toneinstellungen verändern musste, um optimale Ergebnisse zu erzielen. Denn in den Konzertsälen haben wir im schwierigen Extremlichtbereich gearbeitet, hauptsächlich mit dem vorhandenen Bühnenlicht von oben.“

„Echter Quantensprung“
Für Baar bewährte sich vor allem der Workflow von XDCAM HD. „Das Thema HD ist für mich eine sehr gute Lebenserfahrung. Seit 1990 bediene ich elektronische Medien, davor habe ich mit 35mm gearbeitet. XDCAM HD ist ein echter Quantensprung. Weil ich ein Medium habe, das ich nicht mehr wickeln muss. Früher waren die Originalbänder ein Stück Heiligtum, das man aus Sorgfalt vor Spratzern möglichst wenig abspielte. Dadurch wurde die Arbeit umständlich und langwierig“, erzählt er. Mit diskbasierter Technologie ginge nun alles schneller von der Hand. Baar: „Für Cliplisten gibt es jetzt eine Thumbnailfunktion, die das Sichten enorm beschleunigt. Ich habe sofortigen Zugriff auf jede Einstellung. Ich muss nicht mehr jeden Clip anfahren“, sagt er. „Oder wenn ich mit einem Schwenk angefangen habe, der nicht den Inhalt der Einstellung verat ### häh??? ####, kann ich daraus ein Einzelbild bestimmen und als Startbild für den Thumbnail hochladen.“

Als Kameramann mit 30 Jahren Berufserfahrung nähert sich Baar neuen Formatträgern nach eigenen Angaben eher mit Vorsicht. XDCAM HD habe ihn indes total überzeugt. „Auf der Disk kann nichts mehr versehentlich gelöscht oder überspielt werden. Die Aufnahmen sind automatisch schreibgeschützt. Nachfolgende Aufnahmen werden immer ans Ende der letzten Aufnahme geschrieben, und die Speicherkapazität der Disks mit zirka 70 Minuten ist vollkommen ausreichend, ob ich nun mit 25 oder 35 Mbit/s drehe“, konstatiert der der Chefkameramann von Potsdam TV.
Als weiteren Pluspunkt wertet er den Stromverbrauch der Kamera. „Wir haben mit drei Sony GL-95 Akkus gearbeitet. Die reichten für den ganzen Drehtag aus. Die Kamera verbraucht nicht sehr viel. Und das LC-Display habe ich nur für den Soundcheck mit dem Tonmeister eingeschaltet. Für die Abstimmung der Farbharmonie setze ich es nur im Notfall ein. Dadurch minimiert man natürlich den Stromverbrauch“, berichtet er.
Eckhard Eckstein (MB 10/07)