Digitalradio auf gutem Weg

Das Digitalradio DAB+ verzeichnet nach schweren Anfangsjahren mittlerweile eine positive Entwicklung. Das machte Thomas Wächter, Leiter Produkt Management des Radiogeschäfts-bereichs von MEDIA BROADCAST, im Gespräch mit MEDIEN BULLETIN deutlich. Auch das Projektbüro Digitalradio zeichnet nach einer erfolgreichen Werbekampagne ein positives Bild, ebenso wie der Verband der Automobilindustrie (VDA).

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Digitalradio auf gutem Weg

Den wichtigsten Anstoß für die positive Digitalradio-Entwicklung hat laut Thomas Wächter, Leiter Produkt Management des Radiogeschäftsbereichs von MEDIA BROADCAST, die Entscheidung der Landesmedienanstalten gegeben, bundesweite Verbreitungskapazitäten für DAB+ auszuschreiben und nationale Radioprogramme neben dem Deutschland Radio zu veranstalten. „2011 waren die Lizensierungsprozesse abgeschlossen und wir haben den Sendebetrieb für das nationale Rundfunksendernetz im Kanal 5c am 1. August 2011 gestartet. Unsere Reichweite lag von Anfang an bei 35 Millionen Menschen in den Ballungsgebieten“, erklärte Wächter im Gespräch mit MEDIEN BULLETIN. In den letzten zwei Jahren ist das Digitalradio-Sendernetz kontinuierlich weiter ausgebaut worden. Aus den Anfangs 27 Sendern sind mittlerweile 55 geworden. „Diese haben eine Bevölkerungsabdeckung von fast 60 Prozent und eine Flächenabdeckung von rund 55 Prozent, auf Autobahnen sogar 75 Prozent“, berichtet Wächter. Der DAB-Autobahn-Empfang sei besonders wichtig, weil er im Gegensatz zu UKW einen sehr verlässlichen Empfang biete. „Auch die Autoindustrie hat jetzt bemerkt, dass die Nachfrage ansteigt. Der VDA hat vor kurzem bekanntgegeben, dass zehn Prozent aller Neuwagen inzwischen mit DAB ausgestattet sind. Das alleine sind bei drei Millionen Autoneuanmeldungen im Jahr schon 300.000 neue Empfänger. Auch die GFK veröffentlicht Zahlen, die belegen, dass jeden Monat immer mehr DAB-Geräte verkauft werden – der Trend ist also eindeutig“, betonte Wächter. Im Moment sei MEDIA BROADCAST mit den Rundfunkveranstaltern im Gespräch über den weiteren Netzausbau. Wächter: „Die Gespräche sind sehr positiv und laufen darauf hinaus, dass wir hoffentlich bis 2015/2016 das Sendernetz auf über 90 Prozent Flächenabdeckung ausgebaut haben. Das käme einer Vollversorgung schon sehr nahe.“

Auch das Projektbüro Digitalradio sieht die DAB+-Zukunft positiv. So habe die medienübergreifende Werbekampagne für Digitalradio (DAB+) Anfang Juni 2014 in Nordrhein-Westfalen eine stärke DAB+-Gerätenachfrage bewirkt. Zwei Wochen lang waren in den Bahnhöfen von 33 NRW-Großstädten sowie auf 182 Infoscreens Digitalradio-Spots zu sehen. Unter dem Slogan „Ich will es einfach!“ liefen zwölf Wochen lang die Digitalradio-Spots über LED-Boards auf zentralen Plätzen sowie über Infoscreens an U- und S-Bahnstationen, auf Bahnhöfen und in Einkaufszentren. Positiv reagierten laut Projektbüro Digitalradio Elektrofachmärkte und -händler auf die konzertierte Digitalradio-Aktion. Über 160 Märkte ließen sich von Experten der Initiative Digitalradio Deutschland zur Radiotechnologie der Zukunft schulen und legten Informations- und Werbematerial in ihren Geschäften aus. In vielen Städten Nordrhein-Westfalens berichteten die Marktleiter, dass die Kunden während der Kampagne verstärkt nach den neuen Digitalradio-Geräten fragten und sich mit großem Interesse über die angebotenen DAB+-Programme informierten. Dabei hätten sowohl Händler als auch die Kunden durchaus zufrieden auf die derzeit angebotene Programmvielfalt reagiert, sich aber für die Zukunft noch mehr DAB+-Programme gewünscht, heißt es.

Die Radiosender in NRW berichteten im Kampagnenzeitraum ebenfalls verstärkt über ihre UKW-Programme vom Digitalradio – mit ausführlichen Serviceberichten und Verlosungsaktionen. Der Leiter des ARD-Projektbüros Digitalradio, Michael Reichert resümierte: „Das sehr positive Feedback des Handels zeigt, dass die Botschaft bei den Hörern angekommen ist. Damit hat für uns die bislang umfangreichste und intensivste Kampagne im bevölkerungsreichsten Bundesland ihr Ziel voll erfüllt und gezeigt, dass die enge Zusammenarbeit von Programmveranstaltern, Sendernetzbetreibern und der Industrie ein wichtiger Schlüssel zum Erfolg ist.“ Je nach Verbreitungsgebiet können in Nordrhein-Westfalen bis zu 25 öffentlich-rechtliche und private Programme über Digitalradio (DAB+) empfangen werden. Der WDR überträgt über den Kanal 11D seine Programme 1LIVE, 1LIVE diggi, Funkhaus Europa, KiRaKa, WDR 2, WDR 4, WDR 5, WDR VERA, WDR INFO sowie WDR EVENT. Hinzu kommen die privaten Programme domradio und Radio impala. Ergänzt werden die regional ausgestrahlten Programme um die 13 Sender des bundesweiten Digitalradio-Angebotes, unter anderem Absolut relax, Deutschlandfunk, Deutschlandradio Kultur, DRadio Wissen, ENERGY, ERF Plus, Klassik Radio, Lounge.fm, RADIO BOB!, Radio Schlagerparadies, Radio Horeb und sunshine live.

Auf einer länderübergreifenden Fachtagung in Zürich hatten sich Vertreter der Rundfunkbranche sowie Automobil- und Geräteindustrie im Mai 2014 darauf verständigt, gemeinsame Strategien zu entwickeln, um gemeinsam die Markteinführung von DAB+ im Auto zu beschleunigen. Laut Verband der Automobilindustrie (VDA) steigt die Kundennachfrage nach Digitalradio im Auto stetig. Bereits heute würden in Deutschland zehn Prozent aller Neuwagen mit DAB+ ausgeliefert. Kay Lindemann, Geschäftsführer des VDA, machte deutlich, dass die derzeitige Ausstattungsquote von zehn Prozent aller Neuwagen mit Digitalradio erst ein Anfang sei. „Noch höher ist sie bei Premiumautos. Das ist die typische Migration, die wir auch aus der Sicherheitstechnik kennen, sie beginnt bei der oberen Mittelklasse und bei den Oberklassefahrzeugen und wandert dann in das Volumensegment durch.“ Lindemann sagte weiter: „Auch die Autohändler berichten, dass die Kunden immer stärker nach Digitalradio fragen.“ Peter Blum, Leiter Infotainment AUDI AG, stellte fest: „Für uns gehört in ein modernes Auto auch die modernste Technik. Analoges Radio kann die Kriterien eines modernen Mediums nicht mehr erfüllen und muss von DAB+ abgelöst werden.“ AUDI setze heute auf das Miteinander von IP-basierten Diensten und Broadcast-Diensten, wie z. B. DAB+. Blum sagte weiter: „Wir brauchen den Paradigmenwechsel, denn wir sind jetzt nicht mehr in der Phase der Einführung, sondern im Rollout in der Breite. Wir müssen nunmehr auf europäischer Ebene den Umzug aller Radioprogramme und die durchgängige Verfügbarkeit der programmbegleitenden Zusatzdienste sicherstellen.“ Zweieinhalb Jahre nach dem Start von DAB+ in Deutschland könnten bereits 92 Prozent der Bevölkerung in Deutschland mindestens ein Digitalradio-Ensemble empfangen. Dabei komme dem Netzausbau entlang der Autobahnen eine besondere Bedeutung zu. 74 Prozent der Autobahnen seien mit Digitalradio versorgt, die Beteiligten strebten eine nahezu komplette Autobahnversorgung für das bundesweite Programmangebot an. Willi Steul, Intendant von Deutschlandradio, sagte zum sicherheitsrelevanten Aspekt von Digitalradio: „Digitalradio ist mehr als nur knitter- und störungsfreier Empfang von Radioprogrammen, die frei verfügbar und jederzeit verlässlich zu empfangen sind. Insbesondere für sicherheitsrelevante Meldungen wie Falschfahrer- oder Katastrophenschutzmeldungen wird Digitalradio immer wichtiger.“

„Eine gute Nachricht nicht nur für Fußballfans, sondern auch für die Weiterentwicklung von Digitalradio in Deutschland“, ist laut Willi Schreiner, Geschäftsführer der DRD Digitalradio Deutschland GmbH, die weitere Kooperation von SPORT1.fm und ENERGY für die Saison 2014/2015. Im bundesweiten Programm von ENGERGY werden die Live-Übertragungen der ersten und zweiten Fußball-Bundesliga in der neuen Saison sowie ausgewählte Pokalspiele des Sportradios SPORT1.fm via DAB+ ausgestrahlt. Diese Programmzulieferungskooperation zwischen ENERGY und SPORT1.fm begann im Juli 2013 und hat erfolgreich fortgeführt, was mit dem Fußballradio 90elf im August 2011 begann. „Sport ist wichtig beim Aufbau von Digitalradio in Deutschland, davon profitieren alle neuen DAB-Programme“, betont Schreiner.

Die Ende 2013 gegründete PRD – Privates Radio Deutschland GmbH hat indessen die Ausschreibung eines zweiten nationalen DAB+-Multiplex beantragt. Bereits ab Herbst 2015 sollen dort Spartensender bundesweit on Air gehen.

Eckhard Eckstein

MB 5/2014

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