Maximale Ausbaustufe

Das Kölner Handels- und Systemhhaus Wellen+Nöthen hat gemeinsam mit seinem in Dubai ansässigen Schwesterunternehmen Qvest Media für das arabische TV-Netzwerk Al Jazeera einen mit reichlich Avid-Technologie ausgestatteten Sport-TV-Newsroom realisiert. MEDIEN BULLETIN sprach darüber mit Wellen+Nöthen Geschäftsführer Peter Nöthen.

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Maximale Ausbaustufe

„Auf dem Weg zur Internationalisierung haben wir uns mit unserem Schwesterunternehmen Qvest Media mittlerweile gut in der Middle East Region etabliert“, berichtet Peter Nöthen, Geschäftsführer von Wellen+Nöthen und Qvest Media. Seit gut zweieinhalb Jahren ist Qvest Media vom Standort Dubai aus aktiv. Zwölf Mitarbeiter sind derzeit für das Unternehmen in der Region im Einsatz. Sie kümmern sich zum einen um die Distribution von Broadcastlösungen vornehmlich deutscher Hersteller (u.a. von Riedel, S4M – Solutions for Media, Jünger Audio, LYNX und RTW), und zum anderen um das Systemintegrationsgeschäft sowie das weitreichende Feld Service und Maintenance Support.

„Distribution und Systemintegration sind für uns in Dubai gleichbedeutende Geschäftsbereiche. Allerdings haben zunächst die Bereiche Systemintegration sowie Service und Support durch die hohe Markt-Nachfrage einen größeren Wachstumsschub erfahren“, verrät Nöthen. Die Auftragslage in den arabischen Ländern ist gut. Qvest Media hat verschiedene Projekte in der Pipeline und konnte zuletzt wieder ein sehr wichtiges bei Al Jazeera abschließen. Der Sender aus dem Emirat Katar war einer der ersten Kunden des Unternehmens im Bereich Systemintegration. „Im ersten Auftrag haben wir Al Jazeeras Sport-Playout-System konzipiert und aufgebaut. Dieses wurde in den letzten zwei Jahren auf aktuell 20 Sendekanäle, von denen derzeit drei in HD ausgestrahlt werden, erweitert. Im letzten Jahr haben wir zudem mit Al Jazeera Sports erfolgreich die technische Abwicklung der Fußball WM-Übertragung realisiert. So hat sich die Beziehung mit Al Jazeera immer weiter entwickelt – auch über den Sportbereich hinaus“, sagt Nöthen.

Neben Al Jazeera Sports war man auch schon für den englischen und den arabischen Nachrichtenkanal von Al Jazeera tätig. Qvest Media hat zudem das Trainingscenter der Sendergruppe geplant und gebaut. Es besteht aus drei Studios mit kompletter Avid-Infrastruktur. „Avid iNews als redaktionelles Newssystem sowie Avid ISIS für die funktions- und senderübergreifende Produktion haben sich bei Al Jazeera in den letzten zwei Jahren zunehmend als Standard entwickelt. Das findet sich jetzt auch in den von uns realisierten neuen Sportnews-Applikationen wieder. Und dies wird sich auch in anderen Projekten, in die wir momentan konzeptionell involviert sind, weiter fortsetzen“, erklärt Nöthen.
Er spricht damit auch ein Projekt an, das das Unternehmen kürzlich abgeschlossen hat. Dabei handelt es sich um einen 24-Stunden-Sport-Nachrichtenkanal von Al Jazeera, der im Herbst auf Sendung gehen soll. „Bei heute 20 Sportkanälen verfügt der Sender natürlich über sehr viele Sportrechte. Das veranlasst Al Jazeera, einen eigenen Kanal zu gestalten, der sich ausschließlich auf nationale und internationale Sportnachrichten konzentriert“, sagt Nöthen.

Der Auftrag zur Realisierung des Al Jazeera Sportnews-Kanals umfasste die Erweiterung der bandlosen und HD-fähigen Kapazitäten für Ingest-, Editing- und Playout auf Basis des Avid Newsroom-Systems. Für eine konsistente Lösung verantworteten Wellen+Nöthen und Qvest Media in diesem Großprojekt alle Prozessphasen wie die Analyse der bestehenden technischen Infrastruktur, Consulting, konzeptionelle Ausarbeitung und Spezifikation der Workflows, Produktauswahl sowie die Integration, Inbetriebnahme und Vor-Ort-Begleitung der On-Air-Phase.
„Aufgrund sehr großer einlaufender Materialmengen wurde der Avid-Speicher bis an die Grenzen des Machbaren ausgelegt“, erklärt Nöthen. Integriert wurde das Avid ISIS 7000 Shared Storage System in seiner maximalen Ausbauvariante: Zwölf 32TB Chassis sorgen für eine Aufzeichnungskapazität von mehr als 5.500 Stunden in XDCAM HD. Die Infrastruktur des ISIS Systems ist aufgeteilt in insgesamt drei Storage Groups bestehend aus je vier Chassis. Eine der Storage Groups wird im „mirrored“-Modus betrieben, während die zweite und dritte Einheit als RAID 6 Level konfiguriert wurden, um dem Risiko eines Datenverlusts vorzubeugen. Für den Ingest wurde ein voll redundantes Interplay Capture System integriert. Am Baseband-Ingest stehen in der neuen Konfiguration acht Avid AirSpeed Multi Stream (MPEG-2 HD) für insgesamt 32 redundante Input-Kanäle zur Verfügung. Die direkte Materialübergabe erfolgt mittels Avid AirSpeed Multi Streams in XDCAM HD bei 50 Mbits an die ISIS 7000 Storage-Umgebung. Zur Einspielung von teilweise noch vorhandenen SD-Signalen werden Cross-Konverter der 5000er-Serie von LYNX eingesetzt. Die Playout-Umgebung wurde in ähnlichem Umfang ausgebaut: Hier sorgen jetzt sechs Avid AirSpeed Multi Stream für eine Kapazität von bis zu 24 Playout-Ports.

Das News-Playout und die Zuspielungen in die einzelnen Studios erfolgen via Avid iNews Command. Durch die Integration iniNEWS-Umgebungenund in jedes andere Nachrichtenredaktionssystem mit MOS-Unterstützung verwaltet Command das zuverlässige Ausspielen der Nachrichten durch dynamische Einbindung in Nachrichten-Rundowns oder eigenständige, lokale Playlisten. „Durch den Einsatz von Command können wir im Grunde verschiedene Studios zu Newsplayoutstudios machen. Vorgesehen ist zunächst aber nur ein festes Sport-Nachrichtenstudio“, erklärt Nöthen.
Auch eine komplette iNews-Redaktion wurde neu aufgebaut: Insgesamt 40 Redaktionsplätze, an denen wahlweise mit Interplay Instinct oder iNews Workstation Client gearbeitet werden kann, bieten Journalisten optimale technische Voraussetzungen für die Produktion des geplanten Sportprogramms. Im gleichen Schritt war es erforderlich, dass auch die Postproduktion mit dem steigenden Redaktionsvolumen mitwächst. Qvest Media und Wellen+Nöthen führten deshalb zusätzlich ein Upgrade von fünf NewsCutter Nitris DX, zehn Media Composer Nitris DX, zwei Media Composer Mojo DX sowie einem Avid DS System durch.

Für den vorgenommenen Ausbau des Systems und um auch auf künftige Erweiterungen vorbereitet zu sein, setzte man beim IP Switching und Routing auf zwei Cisco Catalyst 6509E Core-Switche mit VS-720 Supervisor Units sowie auf fünf Access-Switche des Typs 4948. „Das System bietet somit ausreichend Bandbreite für die file-basierten Workflows in der gesamten Systemumgebung“, betont Nöthen.
Ebenfalls auf die neuen Anforderungen hin skaliert wurde das zentrale Datentransfermanagement der Produktionsplattform: Für den Austausch mit anderen Produktionseinheiten bei Al Jazeera kommen Interplay Transfer Engines und EVS IP Directoren zum Einsatz. Die EVS Sportproduktionsserver wurden ebenfalls hard- und softwareseitig für den Datenaustausch mit der Avid-Systemwelt erweitert. Nöthen: „Die dadurch deutlich verbesserte Interkonnektivität zwischen der EVS- und Avid-Umgebung erlaubt es nun, mehr Programmanteile direkt innerhalb der neuen Avid-Infrastruktur zu produzieren.“

Über das Broadcast IT-Netzwerk können nun Files auf die verschiedensten Server bei Al Jazeera Sport transferiert werden, etwa auf die EVS-Umgebung für ein direktes Playout oder als Studiozuspielung auf Highlight-Server. Nöthen räumt allerdings ein, dass der Filetransfer zwischen der EVS- und Avid-Welt herstellerseitig noch verbessert werden könnte – insbesondere mit Blick auf die unterschiedliche Behandlung des XDCAM HD-Formats. „Rein technisch können wir den Austausch heute mittels Transcodierung gut abbilden, allerdings ist es nicht für jeden Operator immer nachvollziehbar, was da im Hintergrund eigentlich passiert. Nicht nur aus Sicht eines Systemintegrators, sondern insbesondere im Sinne des Anwenders wäre es daher wünschenswert, dieses handhabbare Formatchaos zu beseitigen, um so den Workflow weiter zu vereinfachen“, sagt Nöthen.

Eine besondere Herausforderung für den Systemintegrator bestand darin, den umfangreichen Ausbau während des laufenden Sendebetriebs vorzunehmen, ohne bestehende Arbeits- und Sendeabläufe zu beeinträchtigen. „Um diese Anforderung erfüllen zu können, war eine umfangreiche Planung, Vorbereitung und die Erstellung eines detaillierten Migrationsplans notwendig. So wurde beispielsweise eine komplette Interplay Engine von unserer Systemintegration in Köln aufgesetzt. Diese wurde dann vor Ort durch unsere Kollegen von Qvest Media als Master-Setup auf die installierten Interplay Cluster portiert“, erläutert Timo Punke, verantwortlich im Geschäftsbereich Solutions bei Wellen+Nöthen, das Vorgehen.

In der nun beginnenden zweiten Projektphase bei Al Jazeera Sports wird die Infrastruktur laut Nöthen um weitere Produktionssysteme erweitert. So wird die Video- und Audioproduktion um zwei Media Composer Nitris DX Systeme, zwei voll ausgestattete Final Cut Studio Workstations inklusive Peripherie, zwei Autodesk Smoke on Mac Systeme sowie eine komplette Audio-Suite mit Pro Tools HD 3 und D-Command ES Interface ausgebaut. „Außerdem planen wir auch den Aufbau eines Zentral-archivs und die Integration eines bislang noch nicht vorhandenen Media Asset Management Systems“, berichtet Nöthen.
Neben der Systemintegration liegt auch die Schulung der Operator und des technischen Personals von Al Jazeera in der Verantwortung des Unternehmens. Darüber hinaus übernimmt Qvest Media für die kommenden zwölf Monate den technischen Support sowie die Systempflege und Wartung der Infrastruktur.
Eckhard Eckstein
(MB 07/08_11)

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