Die Idee zu einer Archiv-Library in Verbund mit einer IT-basierten Cloud Computing-Lösung für Medienproduktionsfirmen kam Sven Kiesche, Gründer und Gesellschafter des Bremer Kamera-Equipment-Verleihs M. Medienproduktionen durch seine Gespräche mit den Medienproduktionsfirmen. Gefördert mit Mitteln der nordmedia, der Wirtschaftsförderung Bremen und der Bremer Aufbaubank wurde die Speicher M1 mit Sitz in den Speicherlofts im still gelegten alten Hafenareal in der Bremer Überseestadt gegründet. Das komplexe Serviceangebot aus Langzeitspeicherung, Online-Archiv und Asset Management-Lösung präsentiert das junge Unternehmen Speicher M1 erstmalig öffentlich am 3. August 2011 auf der Beyond Hands-on-HD Tagung in Hannover. Geschäftsführer Peter Flory,Projektleiter Joop Flack und Projektmanager Stefan Ziebach stellten MEDIEN BULLETIN das digitale Archivierungs- und Cloud Computing-Konzept vor.
Enorme Datenmengen müssen nachhaltig gesichert und möglichst praxisnah verwaltet werden. Wichtig ist, dass die in der Regel über Festplatten angelieferten Daten sicher aufbewahrt werden können. Das Filmmaterial wird bei Speicher M1 archiviert. Die Storage-Farm besteht aus einer modernen IBM-Tape-Library mit Magnetbändern (Version Jaguar 4), die den Datenbestand garantiert mindestens 30 Jahre lesbar halten können. Alle Daten werden gespiegelt, das heißt, zweifach und räumlich getrennt aufgehoben. Ein voll automatisiertes Roboter-System greift auf die Kassetten zu, die dazu mit einem Sender ausgestattet sind. Zur Qualitätskontrolle findet ein ständiger Abgleich des Datenbestandes statt. Die aktuelle Gesamtkapazität von 4.000 TB ist laut Flack leicht ausbaubar.
Sensibler Punkt für jeden Kunden, der sein Material extern aufbewahren lässt, ist der absolut vertrauensvolle Umgang mit seinen Daten und die Gewährleistung der Datenschutzbestimmungen. Dass Speicher M1 aus einem bekannten Dienstleistungsunternehmen entstanden ist, dürfte zudem Vertrauen wecken: „Da unterscheiden wir uns von den großen Datenhostern und Clowd-Anbietern im Markt, hinter denen sich häufig internationale Verflechtungen aufbauen“, erklärt der Projektleiter und er fügt hinzu: „Unser Service kombiniert die Langzeitarchivierung mit einer Online-Plattform für die professionelle Verwaltung, schnelle Bearbeitung und internationale Vermarktung der digitalen Assets. Und das alles aus einer Hand.“ Speicher M1 hat mehr als reines Datenhosting und Speicherplatz zu bieten. Die Kunden können sich in das System einloggen, die Filmmaterialien anschauen, darauf zugreifen, sie weiter verarbeiten und auch vermarkten. Die Online-Plattform bildet einen kompletten Video-Workflow ab vom Online-Transforming in die diversen Videoformate über den Online-Rohschnitt bis hin zur Online-Abnahme mit Feedback-Funktionen. „Wir können mit unserem System alle Formate verarbeiten bis zu 4K-Material von der RED Kamera und die Proxys auf der Online-Oberfläche darstellen. Das System liest zudem die Metadaten aus und hängt sie mit an,“ erklärt Flack. Die für den Online-Abruf vorgesehenen Daten hält das System parallel zur Tape-Library auf einem Festplattenspeicher in niedrig auflösenden Proxys vor. Sie sorgen für den schnellen und effizienten Zugriff. Dank gezielter Vergabe von Metadaten in Kombination mit einer einfachen Such- und Filterfunktion entsteht ein leistungsstarkes, zentralisiertes Verwaltungs-Tool, das vielfältige Möglichkeiten bietet. Die Projekte können mit Funktionen wie Browsing, Tagging, Viewing, Editing und Screening effizient verwaltet und bearbeitet werden. Die Browser-basierte Oberfläche, so Flack, entspricht den gewohnten Anwendungs-Standards aus der Postproduktion und ist jederzeit mit zusätzlichen Applikationen erweiterbar.
Das System sei auf individuelle Kundenwünsche ausgerichtet, meint er. Die Zugriffsrechte lassen sich in Absprache mit den Kunden genau definieren. Nur wer die höchste Berechtigung hat, darf auf die Daten zugreifen und kann mit diesen arbeiten. Medienfirmen können ihren Auftraggebern den Zugang zum Showroom ermöglichen, in dem die Produktionen angeschaut und auch Frame für Frame kommentiert werden können. „Die Plattform kann ebenso als Online-Marktplatz genutzt werden. Über Online-Publishing lassen sich Firmenvideos in den Internetauftritt einbinden oder auch ein firmeninternes Web-TV umsetzen“, erklärt Flack. Mit dem Konzept aus langfristiger Speicherung des Filmmaterials, Verwaltung und Vermarktung sowie der Möglichkeit zum Teamworkflow in der Cloud, will Speicher M1 Firmen ansprechen, für die Inhouse-Lösungen schlicht einen zu hohen Aufwand und auch zu hohe Investitionen mit sich bringen. Flack meint: „Die IT-basierte Cloud-Infrastruktur ist ein zukunftsweisender Lösungsansatz. Über kurz oder lang wird der Weg der Festplattenlieferung für den Ingest vom Netztransfer abgelöst, bei dem das Material komplett online transferiert werden kann. Optimal wäre schon vom Produktionsort aus über das Netz die Daten in der Online-Farm zu speichern.“ Voraussetzung hiefür sei, dass breitbandige Netze zur Verfügung stehen würden, vor allem auch durch den neuen Mobilfunkstandard LTE. Dass die Daten über LTE-Verbindungen vom Produktionsort direkt bei Speicher M1 eingespielt werden, ist eine der Zielvorstellungen des jungen Unternehmens.
Bernd Jetschin
(MB 09/12)