„Die Studioproduktionen an unserem Standort haben im zweiten Halbjahr 2015 deutlich zugenommen“, konstatiert MMC-Geschäftsführer Philip Borbély, „aber auch im ersten Halbjahr 2015 haben wir für unsere Kunden innovative Shows und Formate umgesetzt. Besonders nennenswert sind dabei einige frische, alternative Formate, ‚Das Osterhasen-Rennen von Media Markt‘ etwa, das von Endemol Beyond bei uns im Studio 35 produziert wurde, gewann beim Media-Löwen in Cannes Gold.“ Erfreut ist Borbély auch davon, dass ZDF und ARD die Kölner MMC neuerdings verstärkt als technischen Dienstleister entdeckt und schätzen gelernt haben: „Wir hoffen hier auf eine weitere Zunahme der Aktivitäten sowie einen Ausbau der Beziehungen zu den beiden lokal ansässigen Sendern RTL Group und WDR sowie den Öffentlich-Rechtlichen Sendern allgemein.“
„Außergewöhnlich positiv“ habe sich zudem die Portfolioerweiterung in den Bereichen Postproduktion sowie der Schwesterfirma MMC Movies auf das wirtschaftliche Ergebnis ausgewirkt. So wird die MMC jetzt zum ersten Mal bei „Gotthard“ Koproduktionspartner bei einem großen internationalen TV-Event.
Für den aufwändigen TV-Zweiteiler wird in den Kölner MMC Studios demnächst ein Teil des Originaltunnels aus dem Jahr 1873 nachgebaut. In der 100 Meter langen Konstruktion werden dann Explosionen und Wassereinbrüche gefilmt. Gemeinsam mit Lukas Hobi und Reto Schaerli von Zodiac Pictures inszenieren sie im Auftrag des Schweizer Fernsehen (SRF), des ORF und des ZDF die Entstehung eines der weltgrößten Bauwerke im vorletzten Jahrhundert. Beim SRF, der eine federführende Rolle einnimmt, will man sich nicht zum Budget äußern, doch dürfte der Fernsehfilm schätzungsweise zehn Millionen Euro kosten. „Die Dreharbeiten starten jetzt, im September, mit bekannten Stars wie Miriam Stein, Maxim Mehmet, Roeland Wiesnekker, Marie Bäumer und Joachim Krol unter der Regie von Urs Egger in der Schweiz“, sagt Urs Fitze, der beim SRF für die fiktionalen Projekte verantwortlich ist. „Wir werden den Film in der Schweiz, Tschechien und in den MMC Studios produzieren“, ergänzen die Produzenten Borbély und Bastie Griese von der MMC. Das Projekt wird unter anderem von der Film und Medienstiftung NRW mit 600.000 Euro und der Medien- und Filmgesellschaft Baden-Württemberg (MFG,) mit 300.000 Euro gefördert.
Der Film entsteht anlässlich der Einweihung des neuen Gotthard-Tunnels im nächsten Jahr. Für das Schweizer Fernsehen ist „Gotthard“ die aufwändigste Fernsehproduktion bisher. „In dieser Größenordnung haben wir noch nie koproduziert“, betont Fitze und weist auf die Bedeutung des damals weltweit größten Eisenbahntunnels hin: „Dieses Bauwerk hat die Schweiz für immer verändert.“
„Gotthard“ sei allerdings nur einer von über zehn großen Filmen, die von der MMC teils als Koproduzent teils als Dienstleister realisiert würden: darunter etwa, „Anne Frank“, „Zazy“, „Das Löwenmädchen“, der RTL-Dreiteiler „Winnetou“, „Junges Licht“, „Pettersson und Findus 2“. „Auch für das nächste Jahr stehen schon einige interessante, vor allem hochkarätige internationale Projekte an“, erklärt Griese als MMC Head of Movies und ergänzt, dass die Umsätze im Filmbereich deutlich gestiegen seien: „Besonders bei den Koproduktionen haben wir eine große Steigerung erreicht. Das ist vor allem auf die MMC Zodiac zurückzuführen, mit der wir neue Stoffe entwickeln, die wir dann am Markt anbieten.“ In diesem Rahmen wollen die Kölner nun auch das Thema Serie stärker in den Fokus nehmen: „Und das, sowohl national als auch international.“ Denn, so Borbély, „hier sehen wir für die MMC Studios aber auch für unsere Fiction Schwester die MMC Movies deutliche Ansatzpunkte, diesen Markt bestens bedienen zu können.“ Am Standort Köln konnte zudem die Firma Stargate Studios Los Angeles mit Ihrem deutschen Kernteam angesiedelt werden. Diese gelten insbesondere für den Serienbereich als VFX-Profis. Mit deren Hilfe wurden bereits erste bei MMC produzierte TV-Shows mit VFX-Lösungen angereichert. Generell kann sich der Studio-Boss vorstellen, zukünftig möglicherweise weitere Schwesterfirmen mit internationalen Produzenten zu etablieren.
Grundsätzlich ist der MMC-Geschäftsführer für das laufende Jahr „besonders mit unserem innovativen Ertragsmanagement der MMC Studio-Flächen zufrieden“, welche die reine Auslastung als Kennzahl abgelöst habe. Einen Vorteil sieht der Medienmanager in der zunehmenden Änderung der Sehgewohnheiten und die wachsende Vielfalt der Programmangebote über die unterschiedlichsten Verbreitungskanäle: „Das fördert aus unserer Sicht eine Nachfrage an Studiofläche zur Umsetzung von TV-Entertainment-Events, die zwar über Mediatheken abgerufen werden können, deren live-Charakter, der Moment des Erlebens aber gerade die Exklusivität des Formates definiert. Hier sind wir am Entertainment Standort Köln bestens als Umsetzer positioniert. Wer professionellste Studio-Dienstleistungen zur Umsetzung von qualitativen TV-Entertainment und Film-Formaten benötigt, sollte an der MMC nicht vorbei kommen.“ „Natürlich“ werde es auch weiterhin Formate geben, die On-Location produziert werden. Auch dafür sieht man sich bei der MMC gut gerüstet. Im Mai 2015 wurde dazu eine strategische Partnerschaft mit dem Kölner Ü-Wagen-Dienstleister RecordLab geschlossen. Sie beinhaltet unter anderem den Geräteaustausch und die Nutzungsmöglichkeiten des Ü-Wagens Ü1 von RecordLab. Der Ü1 wurde von MMC unter anderem schon bei der Produktion des Deutschen Webvideopreises 2015 im Juni in Düsseldorf eingesetzt.
Trotz des Trends hin zu Außenübertragungen glaubt Borbély, dass auch „eine gesteigerte Studionachfrage im MMC-Angebotssegment“ zu erwarten ist. „Studios bleiben im Aufwind, wenn es um qualitative hochwertige Produktionen geht. Wir erkennen international einen klaren Trend zu mehr Beauftragungen. Insbesondere die neuen Player im Markt fördern zum einen den Wettbewerb, also die Innovationskraft der etablierten Player, werden aber zunehmend auch selber mit Eigenproduktionen aktiv, siehe beispielsweise Netflix, Amazon und bald auch Apple“, erklärte er. Entertainment Shows wiederum würden in Studios optimal umgesetzt, ohne unkontrollierbare Störfaktoren. Das senke die Herstellungskosten und garantiere einen hochwertigen Look. „Im Fiction-Bereich gilt das ebenso, wobei Auftraggeber zunehmend einen Mangel an Produktionsorten erkennen lassen. Das hat aus unserer Sicht drei Gründe: Verfügbarkeit, Förderung und Ressourcen“, meint Borbély.
Der MMC-Chef betont die Bedeutung der Fördermaßnahmen durch die Film- und Medienstiftung NRW für den Produktionsstandort. „Die Film- und Medienstiftung NRW ist aus unserer Sicht ein ideales und unverzichtbares Werkzeug, um Filmprojekte in NRW und Deutschland zu realisieren. Die positiven wirtschaftlichen Effekte, die durch Filmproduktionen auf allen Ebenen der Herstellung – auch bei Zulieferern und Beschäftigten – ausgelöst werden, sind immens. Neben der nationalen Förderung, zum Beispiel durch den DFFF, ist für uns die regionale Förderung von großer Bedeutung“, sagt er. Die Film- und Medienstiftung NRW sei eine der stärksten Länderförderungen Deutschlands und sie fördere neben der Herstellung auch nahezu alle anderen Phasen der Filmproduktion – vom Drehbuch über die Vorbereitungs- und Entwicklungsförderung bis hin zur Verleihförderung. Borbély: „Damit haben Produzenten, die in NRW drehen möchten, einen starken Partner. Durch den NRW-Effekt, bei dem der Produzent für jeden Euro Förderung mindestens 1,50 Euro in NRW ausgibt, profitieren selbstverständlich auch Studiobetreiber wie wir.“ Eine feinere Abstimmung der Filmförderungen in Deutschland würde dazu führen, dass sich die Dienstleister in einer Art Netzwerk aufstellen könnten, um die internationalen Anfragen noch besser zu bedienen und um gegen Wettbewerber aus dem Ausland erfolgreich zu sein.
Mit Blick auf die Tatsache, dass Produktionsunternehmen in Deutschland oft von den großen TV-Sendern wirtschaftlich unterstützt werden, meint der MMC-Geschäftsführer: „Die MMC ist ein unabhängiges Unternehmen, das tagtäglich auf einem realen Markt bestehen muss. Co-Finanzierungen und Co-Produktionen sind im nationalen und internationalen Filmproduktionsgeschäft völlig normal und auch wichtig. Aufwändige Filmproduktionen, die Zuschauer ja im Kino und TV sehen wollen, wären sonst nicht realisierbar. Differenziert muss man zum einen die öffentlich-rechtlichen Finanzierungsmodelle im Vergleich zu privat-wirtschaftlichen Senderfinanzierungen sehen. Beide möchten letztendlich das bestmögliche Programm für Ihre Kunden produzieren. Wir bieten unsere Services täglich auf einem wettbewerbsintensiven Markt an und sind auch daran interessiert, öffentlich-private Partnerschaften zu entwickeln, um den steigenden Kostendruck unserer Kunden zu entlasten.“
Borbély macht deutlich, dass sein Unternehmen insbesondere daran interessiert ist, hochwertige Serien zu produzieren. „Das war einer der Gründe, warum wir uns bemüht haben, die Firma Stargate Studios bei uns anzusiedeln. Für Stargate, mit Hauptsitz in Los Angeles, hat unser außergewöhnliches Tageslichtstudio den Ausschlag gegeben“, erklärt er. Als ein international führender Anbietern für virtuelle Produktionen und visuelle Effekte habe sich Stargate besonders durch ihre Arbeit für High-End-Serien wie „The Walking Dead“, „Grey’s Anatomy“, „24“ und „Californication“ einen Namen gemacht hat. „Das internationale VFX-Know-how für solche Produktionen steht bei uns also nun bereit – ein wichtiges Potential, wenn es um hochwertige Serienproduktionen geht“, betont Borbély.
Wilfried Urbe
MB 7/2015