Ein Tor zur virtuellen Welt

Neue Studiotechnik an der HFF: Sony-LED-Wand, Echtzeit-Rendering und Tracking bilden Basis für Lehre und Forschung im Creative Innovation Lab.

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In der Halle F, einem von vier Studios der Hochschule für Fernsehen und Film München (HFF), hat die Hochschule am vergangenen Donnerstag ihr neues Virtual-Production-System als Teil des Creative Innovation Lab offiziell eingeweiht. Das neue Set-Up entstand mit Unterstützung des Förderprogramms Innovative Hochschule, das von Bund und Ländern getragen wird und für das sich die HFF 2022 beworben hatte.

Zentrales Element der neuen Technik ist eine hochauflösende, mobile LED-Wand von Sony. Das System wird durch Game-Engine-Technologie, Echtzeit-Rendering-Workflows und modernes Kamera-Tracking ergänzt. Damit verfolgt die HFF das Ziel, virtuelle Produktion nicht nur technisch zu erforschen, sondern auch gestalterisch und wissenschaftlich weiterzuentwickeln.

„Wir beschäftigen uns jetzt seit fast anderthalb Jahren mit Virtual Production. Es ist ein sehr, sehr komplexes Thema“, sagte Simon von der Au, der das Lab leitet. Die HFF nutzt reale Produktionen, um neue Technologien praxisnah zu erproben. Schon vor dem Aufbau der LED-Wand haben VFX-Studierende mithilfe improvisierter Setups – zum Beispiel mit gebogenen Computermonitoren – an virtuellen Szenen gearbeitet, um sich mit den grundlegenden Prinzipien vertraut zu machen. „Die Idee ist, dass hier sehr, sehr anwendungsnah geforscht wird. Das heißt, dass wir anhand von realen Produktionen innovative Technologien ausprobieren.“

Durch die neue Sony-Technologie sollen jetzt auch deutlich komplexere Szenarien umgesetzt werden können – etwa virtuelle Autofahrten oder Szenen mit Echtzeit-Reflexionen und halbtransparenten Objekten.

(v.l.). Simon von der Au, Prof. Dr. Siegfried Fößel und Prof. Dr.-Ing. Peter C. Slansky
(v.l.). Simon von der Au, Prof. Dr. Siegfried Fößel und Prof. Dr.-Ing. Peter C. Slansky bei der Einweihung der neuen LED-Wall

Final Pixel und Echtzeit-Feedback

Im Zentrum der Forschung steht der Final Pixel Shot. Dabei entsteht das Bild direkt am virtuellen Set und muss in der Postproduktion nicht mehr aufwendig bearbeitet werden. „Die Idee ist, am Ende des Tages einen Final-Pixel-Shot hinzubekommen. Einen Shot, wo man theoretisch in der Postproduktion nicht mehr ranmuss“, erklärte von der Au.

Allerdings stellt diese Produktionsweise hohe Anforderungen an das gesamte Team. Kamera, Licht, Tracking und digitaler Hintergrund müssen exakt zusammenspielen. „Das ist nicht Plug and Play“, betont von der Au. „Es ist auch noch einiges an good old Informatik und rumhacking.“ Daher gehören Themen wie Color Management, Lichtabgleich und Latenzoptimierung zum festen Bestandteil der täglichen Arbeit im Lab.

Hohe Helligkeits- und tiefe Schwarzwerte zeichnen die Verona-Serie von Sony aus
Hohe Helligkeits- und tiefe Schwarzwerte zeichnen die Verona-Serie von Sony aus.

Mobil und flexibel: Die LED-Wand im Detail

Damit das virtuelle Produktionssystem flexibel nutzbar bleibt, hat sich die HFF für eine mobile Lösung entschieden. Die LED-Wand besteht aus Panels der Verona-Serie von Sony mit einem Pixel-Pitch von 1,5 Millimetern. Diese gehören zur zweiten Generation speziell für Virtual Production entwickelter LED-Technologie. Sie erzeugen ein besonders homogenes Bild mit hohem Kontrastverhältnis und sind auf geringe Moiré-Effekte sowie optimierte Schwarzwerte ausgelegt – entscheidende Voraussetzungen für realistische virtuelle Hintergründe. Darüber hinaus benötigen die Panels bis zu 30 Prozent weniger Strom als herkömmliche Modelle, verspricht Sonys Sebastian Leske während der Veranstaltung.

Die Wand der HFF lässt sich in drei Konfigurationen aufbauen: als rechteckige Fläche, als 5-Meter-Breite oder als 3×3-Meter-Szenerie. Da der gesamte Aufbau auf einem höhenverstellbaren Rollwagen montiert ist, kann das System problemlos zwischen den Studios der HFF bewegt werden.

Auch die technische Infrastruktur wurde mobil konzipiert. Rendering-Nodes, Bildverarbeitung und Steuerung sind in Flightcases untergebracht. Ein Brompton Tessera SX40-Prozessor übernimmt die Bildverarbeitung, während zwei Workstations – die sogenannte Brainbar – das System steuern. Ein Vive Mars-System sorgt für präzises kamerabasiertes Tracking. Zusätzlich setzt das Team auf Sonys Virtual Production Toolset (siehe Video), das bereits in der Vorproduktion eine detaillierte Planung von Kamera- und Licht-Setups ermöglicht.

Forschung, Lehre und Produktion im Gleichklang

Das Creative Innovation Lab verbindet kreative Ausbildung mit technologischer Entwicklung und industrienaher Forschung. Es geht dabei nicht nur um technische Belastungstests, sondern auch um neue szenische Ansätze und veränderte Workflows. Die zentrale Frage lautet: Welche Erzählformen lassen sich mit Virtual Production realisieren? Wie kann die Produktion effizienter werden? Und was verändert sich in der Zusammenarbeit der Gewerke am Set?

Für die HFF bedeutet das Lab nicht nur ein technisches Upgrade, sondern eine langfristige Investition in die Ausbildungsqualität. Präsidentin Bettina Reitz sagte dazu: „Ich glaube, das sind hervorragende Voraussetzungen – nicht nur für die HFF München, sondern für den Standort Bayern, insgesamt für den Standort Deutschland.“

Gleichzeitig bleiben bestehende Kooperationen bestehen. Die Zusammenarbeit mit der Hyperbowl in Penzing wird weiterhin aktiv gepflegt. Studierende wie Alexander Rupp arbeiten dort an ihren Diplomprojekten. Reitz betonte: „Das ist nicht das Ende, das ist der Anfang einer intensiven Zusammenarbeit.“ Durch das neue Lab erhält die HFF eine eigene Plattform, auf der Studierende Forschung und kreative Praxis unter realen Produktionsbedingungen vereinen können.

Bettina Reitz,
Präsidentin der Hochschule für Fernsehen und Film München bei der Vorstellung der neuen Technik
Bettina Reitz, Präsidentin der Hochschule für Fernsehen und Film München bei der Vorstellung der neuen Technik

Ein Anfang mit Perspektive

Mit dem Creative Innovation Lab und der mobilen LED-Wand geht die HFF konsequent einen Schritt in Richtung zukunftsfähiger Filmproduktion. Die enge Verbindung aus Lehre, Forschung und Anwendung eröffnet neue Perspektiven – für Studierende, für Industriepartner und für das kreative Potenzial des Mediums Film.

„Wir wollen wissen, was jetzt möglich ist“, sagte Simon von der Au. Und genau diese Neugier treibt das Projekt von Anfang an.