In der heutigen Broadcast-Realität, in der klassische SDI-Infrastrukturen mit IP-basierten Workflows koexistieren, ist eines wichtiger denn je: exakte Synchronisation. Ohne präzise Zeitreferenzierung geraten Multikamera-Produktionen, Remote-Workflows oder hybride Studio-Setups schnell aus dem Takt. Drei Technologien bilden das Rückgrat für saubere Signale und stabilen Betrieb: Genlock, Timecode und PTP. Jede dieser Methoden erfüllt eine eigene Aufgabe – erst im Zusammenspiel entsteht ein verlässliches Synchronisations-Setup.

Genlock – Die Taktgeberin der Bildfrequenz

Genlock (Kurzform von „Generator Locking“) ist seit Jahrzehnten das Standardverfahren zur Synchronisation von Videosignalen. Es sorgt dafür, dass alle angeschlossenen Kameras und Bildquellen im exakt gleichen Takt arbeiten – also nicht nur dieselbe Bildfrequenz einhalten, sondern auch exakt phasengleich laufen. Das ist besonders in Regien mit mehreren Kameraperspektiven essenziell, etwa bei Sportproduktionen oder Konzerten, bei denen schnelle Umschnitte zwischen verschiedenen Quellen erfolgen.

Das Genlock-Signal – klassischerweise ein Blackburst oder Tri-Level-Sync – wird von einem zentralen Generator bereitgestellt. Alle Empfängergeräte richten sich danach aus. Genlock verhindert dadurch Bildsprünge, Tearing oder asynchrone Umschnitte. Allerdings ist Genlock an physische Verbindungen gebunden – und damit an die Welt der SDI- und analogen Systeme. Im wachsenden Feld der IP-Produktion stößt das Verfahren zunehmend an Grenzen.


KriteriumGenlockTimecodePTP (Precision Time Protocol)
FunktionSynchronisation von Bildfrequenz & PhaseFrame-Adressierung & ZuordnungNetzwerkbasierte Zeitsynchronisation
TypAnaloges TaktsignalMetadaten / ZeitzählerDigitale Zeitverteilung über IP
EinsatzbereichSDI-/Video-HardwareAufnahme, Schnitt, Multicam-PostproduktionIP-basierte Produktionsnetzwerke (z. B. ST 2110)
SignalübertragungKoaxialkabel (Blackburst/Tri-Level)Embedded, LTC oder MetadatenEthernet/IP
SynchronisationsgenauigkeitMikrosekundenFrame-genau (abhängig vom Taktsignal)Sub-Mikrosekunden bis Nanosekunden
Abhängigkeit von HardwareHochMittelGering (mit geeigneten Switches & Clocks)
StärkenStabil bei klassischer Live-ProduktionUnverzichtbar für PostproduktionSkalierbar, flexibel, ideal für IP-Infrastrukturen
SchwächenNicht IP-fähigKein Taktsignal, driftet bei längeren AufnahmenKomplexe Konfiguration, abhängig von Netzwerktopologie

Timecode – Orientierung im Frame-Dschungel

Timecode ist kein Synchronisationssignal im engeren Sinne, sondern ein Adressierungssystem. Es weist jedem Videoframe eine eindeutige Zeitmarke zu – etwa im Format Stunden:Minuten:Sekunden:Frames. Diese Informationen werden entweder im Bildsignal mitgeführt (Embedded Timecode), separat übertragen (LTC – Linear Timecode) oder in Metadaten gespeichert.

In der Praxis ermöglicht Timecode die präzise Zuordnung von Bild- und Tonspuren sowie die framegenaue Bearbeitung in der Postproduktion. Besonders bei Multikamera-Drehs oder wenn Ton separat aufgenommen wird (z. B. mit Field Recordern), ist Timecode unverzichtbar. Doch er allein garantiert keine saubere Live-Synchronisation: Ohne ein zusätzliches Taktsignal wie Genlock kann es über längere Zeit zu Drift kommen – also leichten zeitlichen Verschiebungen zwischen Geräten.

PTP – Präzision im IP-Zeitalter

Mit der Verlagerung von Broadcast-Workflows in IP-basierte Infrastrukturen gewinnt ein drittes Verfahren an Bedeutung: das Precision Time Protocol, kurz PTP. Es wurde ursprünglich für industrielle Netzwerke entwickelt und ist heute als IEEE 1588 in der Broadcast-Welt durch SMPTE ST 2059 und ST 2110 standardisiert.

PTP verteilt eine hochpräzise Zeitinformation über das Netzwerk, meist mithilfe eines zentralen „Grandmaster“-Clocks. Dieser synchronisiert alle PTP-fähigen Geräte im Netz – mit einer Genauigkeit im Sub-Mikrosekundenbereich. Möglich wird das durch sogenannte Boundary- oder Transparent-Clocks in modernen Switches, die Netzwerkverzögerungen kompensieren. Für IP-basierte Produktionsumgebungen ist PTP damit das funktionale Äquivalent zu Genlock – allerdings softwarebasiert, flexibler und deutlich skalierbarer.

PTP ist integraler Bestandteil von SMPTE ST 2110 und damit Grundvoraussetzung für den synchronen Betrieb von Video-, Audio- und Datenströmen in IP-Setups. Fällt die PTP-Referenz aus oder ist instabil, drohen im schlimmsten Fall Bildaussetzer oder Audio-Artefakte.

Zusammenspiel in hybriden Infrastrukturen

In der Übergangsphase von klassischen SDI-Studios zu IP-first-Produktionen kommt es häufig zu hybriden Setups. Hier arbeiten Genlock, Timecode und PTP nebeneinander – und müssen dennoch perfekt ineinandergreifen.

Ein typisches Beispiel: Ein SDI-basierter Ü-Wagen produziert ein Event, die zentrale Regie empfängt die Signale via IP. Der Sync-Generator an Bord gibt sowohl Genlock als auch Timecode und PTP aus – idealerweise aus einer gemeinsamen GPS-Referenz. Hochwertige Geräte wie der Leader LT4670 bieten genau diese Funktion: Sie erzeugen Blackburst, Tri-Level-Sync, LTC und PTP-Signale gleichzeitig und halten bei Verlust des GPS-Signals die Synchronisation durch interne Oscillatoren stabil.

Auch in der Postproduktion ist die Kombination entscheidend: Timecode ermöglicht die spätere Zuordnung, Genlock oder PTP sichern die Live-Synchronität während der Aufnahme. Wo SDI auf IP trifft, sorgen Konverter oder Gateways für den Signaltransfer – doch ohne gemeinsame Zeitbasis wird’s problematisch.

Synchronisation verstehen – und beherrschen

Genlock, Timecode und PTP sind keine konkurrierenden Systeme – sondern spezialisierte Werkzeuge für unterschiedliche Ebenen der Broadcast-Synchronisation. Wer saubere Live-Switches, stabile Multicam-Aufzeichnungen und funktionierende Remote-Workflows sicherstellen will, kommt um die präzise Abstimmung dieser Technologien nicht herum. Die Broadcast-Welt wird digitaler, verteilter und softwarebasierter – aber ohne präzises Timing bleibt alles nur Flickwerk. Wer die zugrunde liegenden Prinzipien versteht, sorgt für reibungslosen Betrieb – ob im SDI-Ü-Wagen oder im virtuellen IP-Studio.