Alles aus einer Hand

Die Bavaria Studios sind ein Atelierbetrieb und produktionstechnischer Dienstleister für Film, Fernsehen und Werbung. Die zu den Bavaria Studios gehörende Bavaria Production Services sowie CineMobil, und seit dem Sommer das neu gegründete Joint Venture Bavariapool Services, bieten das gesamte Dienstleistungsspektrum von der Aufzeichnungstechnik über Postproduktion und Distribution bis hin zur digitalen Archivierung an. MEDIEN BULLETIN sprach mit Geschäftsführer Martin Moll über die Positionierung des Unternehmens im Produktionsgeschäft.

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Alles aus einer Hand

Die Bavaria Production Services wurde am 1. Februar 2010 in die Bavaria Film- und Fernsehstudios GmbH integriert. Es entstand daraus die Dienstleistungsgruppe Bavaria Studios und Produktionsservices GmbH – kurz: die Bavaria Studios. Was war damals der Grund für die Neuorganisation?

Wir hatten erkannt, dass wir unser Service-Angebot noch stärker den Bedürfnissen der Kunden anpassen und sie aus einer Hand mit den verschiedenen Dienstleistungen bedienen müssen. Dazu gehörten das klassische Studiogeschäft für fiktionale Projekte wie Kino- und Fernsehfilme in Geiselgasteig, aber auch das TV-Entertainment-Geschäft am Studiostandort Unterföhring. Dazu bieten wir Postproduktionsdienstleistungen an verschiedenen Standorten in Deutschland an sowie die Rental-Dienstleistungen der zu den Bavaria Studios gehörenden CineMobil.

Bei der Gründung der Bavaria Studios erklärte Bavaria-Film-Geschäftsführer Achim Rohnke, dass mit der Neuaufstellung im produktionstechnischen Bereich eine Vereinfachung der Gruppenstrukturen verbunden sei und dass damit die Voraussetzungen für ein „kundenorientiertes und kraftvolles“ Dienstleistungsunternehmen für Film und Fernsehen geschaffen würden. Hat sich das so bewahrheitet?

Ja. Wir können unsere Kunden jetzt voll umfänglicher aus einer Hand bedienen. Hier kommt uns die technologische Entwicklung entgegen, indem sie einfach ein stärkeres Zusammenwachsen der einzelnen Bereiche bedingt – insbesondere mit Blick auf den Rental- und Postproduktionsbereich.

Welche Rolle spielt da mittlerweile die HD-Technik?

Wir machen heute im Rental 90 Prozent der Aufträge in HD. Der Film ist quasi verschwunden. Das geht natürlich einher mit der Postproduktion. Daten, die in der Kamera erzeugt werden, können gleich in der Postproduktion weiter verarbeitet werden.

Wie macht sich die Neuorganisation heute konkret bemerkbar?

Wo in der Vergangenheit unterschiedliche Dienstleistungsaktivitäten eigenständig ihr Geschäft betrieben haben, beispielsweise im Dekorationsbau oder im Verleih von Rental-Equipment, erfolgt das heute durch eine stärkere zentrale Steuerung. Wir versuchen, dem Kunden möglichst umfänglichen Service aus einer Hand anzubieten. Es gibt weniger Schnittstellen und Reibungsverluste. Davon profitieren insbesondere unsere Kunden. Darüber hinaus konnten Ineffizienzen abgebaut werden.

Was sind die einzelnen Dienstleistungsbereiche genau?

Das ist das klassische Studiogeschäft mit Regietechnik, der Dekorationsbau, der Verleih von Kamera- und Lichtbühnen-Equipment an sieben Standorten in Deutschland, Postproduktion an fünf Standorten in Deutschland und die neue Gesellschaft Bavariapool Services GmbH. Sie bedient die Bereiche Archivierung, Distribution und Digitalisierung.

Die digitale Archivierung und Distribution haben Sie schon länger im Portfolio. Warum gibt es jetzt ein Extra-Unternehmen dafür?

Innerhalb der bestehenden Strukturen hatten wir bereits ein digitales Archiv und Content Management System, worüber wir die Digitalisierung und Archivierung betreiben. Außerdem unterhalten wir ein physisches Archiv von mehr als 80.000 Bänder. Wir sind dadurch breiter aufgestellt und können Global Screen, Telepool, Bavaria Fernsehproduktion und Bavaria Media und andere Kunden besser bedienen. Das ist letztendlich auch eine logische Konsequenz aus der Gründung der Global Screen, wo ja die Auslandsvertriebe von Telepool und Bavaria fusioniert wurden. Das war der Beweggrund, den Bereich zum 1. Juni 2012 auszugliedern und in ein gemeinsames 50:50-Joint Venture mit der Telepool einzubringen.

Und wer ist dort in der Geschäftsführung verantwortlich?

Das sind Christian Laus, vormals technischer Leiter der Telepool, und ich.

Welche Geschäftsbereiche in der Gruppe sorgen heute für den Hauptumsatz?

Unser Hauptstandbein ist das Studiogeschäft an den beiden Standorten in Geiselgasteig und in Unterföhring. Unser zweitgrößtes Geschäftsfeld ist das Rental-Geschäft, das wir in unserem Tochterunternehmen CineMobil betreiben.

Wieviel Studios haben Sie aktuell?

Wir haben in Geiselgasteig zwölf Studios und in Unterföhrung acht. Also zusammen 20.

Viele Studiobetreiber beklagen eine zu schwache Auslastung der vorhandenen Studiokapazitäten. Wie sieht das bei der Bavaria aus?

Generell kann man feststellen, dass das Marktumfeld für Studiobetreiber derzeit nicht einfach ist. Es ist in den letzten Jahren ein gewisser Rückgang an Studioproduktionen zu verzeichnen, insbesondere auch im Show- und Entertainment-Bereich. Wir hatten 2012 am Standort Geiselgasteig bisher drei große Kinoproduktionen in den Studios.

Das waren die beiden Constantin Film-Produktionen „Tarzan 3D“ an einem der größten Motion Capturing Sets weltweit, welches hier eingerichtet wurde, „3096“, die Verfilmung der Kampusch-Geschichte mit Michael Ballhaus als Kameramann, sowie kürzlich „Paganini – the Devils Violonist“ von Summerstorm Entertainment. Für das Fernsehen entstehen hier in Geiselgasteig seit etlichen Jahren die Telenovela „Sturm der Liebe“, die Serie „Die Rosenheim-Cops“ und neuerdings auch „Die Garmisch-Cops“ oder aber auch seit kurzem „München 7“. In unserem kleinsten Studio 11 werden seit Jahresanfang täglich Wettersendungen wie zum Beispiel das „Tagesthemen Wetter“ hergestellt. Ein anderes kleines Studio ist ab Herbst mit einem neuen Home Shopping Sender belegt. Am Standort in Geiselgasteig können in diesem Jahr mit der Auslastung zufrieden sein. Unterföhrung ist unser Standort, der hauptsächlich auf TV-Entertainment fokussiert und dafür auch mit seiner neuen HD-Technik perfekt ausgerichtet ist. Da machen wir Produktionen wie „Leute heute“, „Aktenzeichen XY“ und „Abenteuer Forschung“. Auch produzieren wir dort komplett den Home Shopping Sender 1-2-3.tv.

Wie sieht es denn in den Sommermonaten aus? Ist das auch für Sie ein Problem, dass das Studiogeschäft starken saisonalen Schwankungen ausgesetzt ist?

Ja, das kann man schon feststellen. Dieser Trend verstärkt sich.

Kann die Werbefilmproduktion auf dem Gelände das einigermaßen ausgleichen?

Genau aus diesem Grund bedienen wir auch dieses Segment. Anfang des Jahres hatten beispielsweise mehrere Werbeagenturen mit Werbeproduktionsfirmen die Werbespots für den DFB zur Fußball-Europameisterschaft hier produziert. Da waren parallel sechs Studios vom DFB bzw. seinen Partnern belegt. Wir bieten für solche Aktionen nahezu ideale Produktions-bedingungen, weil wir hier alles auf dem Gelände haben, von dem technischen Equipment, Lichtbühne und Kameras über Dekobau und Green oder Blue Screens bis zu gut verfügbaren Studios in allen Größen. Das vereinfacht natürlich gerade bei so knappen und kurzen Produktionen wie bei Werbefilmen die Reaktionszeiten und erhöht die Effizienz.

Was tun Sie, um die Studio-Entwicklung zu forcieren?

Eine wichtige Maßnahme war die jetzt erfolgte aufwändige Renovierung der Studios. So konnten wir die Bedingungen noch einmal verbessern. Hier am Standort Geiselgasteig ist damit wahrscheinlich das größte Modernisierungsprogramm in der Geschichte der Bavaria umgesetzt worden. Mit etwa zehn Millionen Euro wurden die Studios hier modernisiert. Das geht los bei unserem großen Show-Studio, das Studio 9, ein ganz auf große TV-Shows ausgerichtetes Fernsehstudio mit 2.400 qm Fläche. Es wurden zusätzliche Nebenräume gebaut. Zusammen mit einem neuen, großen VIP-Foyer und moderner Klimatechnik haben wir optimale Produktionsbedingungen für unsere Kunden geschaffen. Daneben haben wir in den anderen Studios auch eine umfangreiche Renovierung vorgenommen mit der Modernisierung von Produktionseinrichtungen, der Modernisierung von Studio-Innenflächen und -Räumlichkeiten bis hin zum großen Studio 12, der Bayerischen Filmhalle mit 3.000 qm Fläche. Hier fand auch eine deutliche Aufwertung in vielerlei Hinsicht statt.

Ist es so, dass die Produktionsfirmen auf ein angenehmes Studioambiente großen Wert legen oder interessiert sie mehr der Preis bei der Anmietung?

Der Preis spielt zweifelsohne eine entscheidende Rolle. Nichtsdestotrotz haben wir in Abstimmung mit unseren Kunden die Ausstattung der Studios verbessert, um hier einfach noch bessere Produktionsbedingungen zu haben.

Welchen Stellenwert hat denn die Werbefilmproduktion insgesamt in Ihrem Dienstleistungsspektrum?

Unser Hauptfokus zielt klar auf die fiktionale Produktion für Fernsehen und Kino. Darüber hinaus ist das TV-Entertainment-Geschäft ein wichtiges Standbein. Die Werbefilmproduktion ist für uns eher ein Zusatzgeschäft, für das wir aber auch gut eingerichtet sind.

Und wie wichtig ist die Produktion von Corporate Business Filmen für die Bavaria mittlerweile?

Die Bavaria Film hat mit der Bavaria Film Interactive eine Tochterfirma, die explizit darauf spezialisiert ist. Sie ist jedoch nicht Teil der Bavaria Studios. Wir als Dienstleistungsgruppe arbeiten mit ihr natürlich eng zusammen – dort, wo es sich anbietet. Umgekehrt nutzt die Bavaria Film Interactive natürlich auch unsere Ressourcen, die Studios, die Technik, die Postproduktion. Sie ist aber auch bei vielen Kunden vor Ort tätig und macht dort die Produktion.

Die Bavaria Film hält einen Anteil von 62,4 Prozent an den Bavaria Studios, das ZDF 25,1 Prozent und die LFH Förderbank Bayern 12,5 Prozent. Inwieweit profitieren Sie vom ZDF als Mitgesellschafter?

Das ZDF ist nicht nur Gesellschafter sondern auch ein extrem wichtiger Kunde. Das wird deutlich, wenn man sieht, dass wir mit unserer Dienstleistungsgruppe ungefähr ein Drittel der Umsätze im Produktionsbereich innerhalb der Bavaria Film, ein Drittel mit dem ZDF und ein Drittel mit privaten Auftraggebern generieren.

Zum Thema Investitionen in Produktionstechnik. Was wurde in letzter Zeit angeschafft und was ist geplant?

Die jüngste Vergangenheit vor allem durch die Umstellung auf HD von einem extrem hohen Investitionsbedarf geprägt. Das ging im Rentalbereich los. Es wurden neue HD-Kameras angeschafft, vor allem Arri- und Red-Kameras. Auch im Studio- und Postproduktionsbereich wurde in HD-Technik investiert. Für das Wetter-TV-Studio haben wir in eine moderne HD-Regietechnik investiert, mit der wir täglich acht bis zwölf Live-Wettersendungen in Geiselgasteig produzieren. Die Daten werden aus der Schweiz angeliefert und die Distribution erfolgt dann durch uns an die ARD und ihre Regionalsender.

Gibt es weiteren Investitionsbedarf?

Die HD-Investitonen haben wir weitgehend abgeschlossen. Nichtsdestotrotz ist man als technischer Dienstleister jedes Jahr gefordert, Re-Investitionen in bemerkenswertem Umfang zu tätigen, um einfach immer die neuesten technischen Entwicklungen anbieten zu können und um eine sukzessive Erneuerung beziehungsweise Erhalt des Bestands zu gewährleisten.

Was heißt das denn für Sie als Dienstleister die Diskussionen um noch höher auflösende Produktionen im 4K-Bereich. Kriegen Sie da erst einmal einen Schreck… Jetzt kommt schon wieder die nächste Investitionswelle auf Sie zu und Sie müssen schon wieder eine Menge Geld in die Hand nehmen.

Das ist in gewisser Weise das Leid der technischen Dienstleister, dass es immer wieder neue Investitionsnotwendigkeiten gibt. Die Innovationszyklen werden immer kürzer. Es ist absehbar, dass wieder was Neues kommt. Das beschreiben Sie völlig richtig.

Sehen Sie sich in Sachen Investitionen in einer privilegierten Position, weil Sie einem größeren Konzern angehören und Innovationsschritte einfacher mitgehen können als kleinere Produktionsunternehmen?

Die Zugehörigkeit zu einer Firmengruppe wie Bavaria Film bietet natürlich gewisse Vorteile, aber ungeachtet dessen müssen wir die Investitionen selber tätigen und refinanzieren. Da geht es uns mit Sicherheit nicht besser als unseren Wettbewerbern.

Die zehn Millionen Euro Investitionen betreffen ausschließlich die Studios in Geiselgasteig. Wieviel Geld wurde in Unterföhring ausgegeben?

Das ist korrekt. In Unterföhring haben wir zusätzlich einen ordentlichen siebenstelligen Betrag in den vergangenen zwei Jahren in die HD-Technik gesteckt.

Das Thema Standortpolitik möchte ich noch einmal ansprechen. Vielleicht können Sie da noch einmal Ihre Schwerpunkte nennen. Sie sind ja auch in Prag und Wien vertreten, ebenso wie in Köln. Gibt es da irgendwelche Ausbaupläne?

Zunächst einmal möchte ich betonen, dass die Wurzeln der Bavaria Studios in München und Bayern sind. Nur hier haben wir Studios und verfügen über die beiden Studiogelände. Das ist der Ausgangspunkt von allem. Mit den Bereichen Rental und Postproduktion haben wir uns auf den verschiedenen Standorten in Deutschland positioniert, um die Kundenbedürfnisse in ganz Deutschland besser erfüllen zu können. Die Kunden erwarten überall vor Ort Services und Technik. Da ist es konsequent, dass man diesen Kundenbedürfnissen gerecht wird, um die Kunden in ganz Deutschland optimal bedienen zu können. In Wien und Prag sind unsere Aktivitäten eher sehr reduziert. Sie beschränken sich auf den Rental-Bereich und da ist auch keine weitere Expansion oder Ähnliches geplant.

In Berlin gibt es jetzt aber auch noch die Kooperation mit der Berliner Union-Film (BUFA). Die bezieht sich, so ist zu hören, nur auf den Rental-Bereich. Schließen Sie aus, dass später auch der Studio-Bereich dazu kommt?

Es ist so, dass wir den kleinen Rental-Bereich von der BUFA integriert haben, also nur die Technik und die Mitarbeiter übernommen haben. Die BUFA war in diesem Geschäftsbereich – im Gegensatz zu uns – nur in Berlin aktiv, was heute einfach nicht mehr ausreicht. Und wir haben im Gegenzug unsere Berliner Niederlassung auf das BUFA-Gelände verlagert. Wir bieten die Studios der BUFA im Zweifelsfall auch unseren Berliner Kunden an, um ihre Produktion dort machen zu können. Aber eine Übernahme der BUFA oder ihrer Studios ist nie geplant gewesen und ist auch künftig nicht beabsichtigt. Wir sind ein Mieter auf dem BUFA-Gelände und die Kooperation bezieht sich letztendlich darauf, dass wir für eine gewisse Belebung des Geländes sorgen wollen und gleichzeitig auch unseren Kunden in Berlin Studios mit anbieten können, sofern sie diese brauchen. Aber es ist damit kein Einstieg in das Studiogeschäft in Berlin verbunden.

Sie wollen Ihre Studioaktivitäten also ganz klar in München und Umland gebündelt wissen.

Wie allgemein bekannt ist, stehen diverse Studios in Deutschland zum Verkauf. Unser Fokus liegt aber in München.

Wäre eventuell auch Köln ist für Sie ein attraktives Pflaster für Studiovermietung?

Nun, wie Sie wissen, soll MMC aktuell verkauft werden, im TV-Entermainment-Bereich der größte Studiobetrieb in Deutschland. Grundsätzlich sind wir vorsichtig, was die Investionen in andere Studiostandorte betrifft.
Eckhard Eckstein
(MB 10/12)

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