„Als wir unser Festival 1990 gestartet haben, gab es zwar Bands wie Metallica, Guns N’ Roses oder AC/DC, aber Heavy-Metal war nicht angesagt. Wir sind trotzdem dabei geblieben“, berichtet Holger Hübner, der das Wacken Open Air Festival gemeinsam mit dem E-Bassisten Thomas Jensen gegründet hat. Der Rockmusiker gehörte mit seiner Coverband Skyline zu den ersten Gruppen, die dort aufgetreten und inzwischen zu einer festen Tradition geworden sind.
In diesem Jahr (1. – 3. August) standen in Wacken Kult-Bands wie Deep Purple, Alice Cooper, Motörhead oder Rammstein auf der Bühne, die mit einem besonderen Überraschungsauftritt für Furore sorgten. Die hartgesottenen Rockmusiker präsentierten einen Song gemeinsam mit dem deutschen Schlagerstar Heino, der breitbeinig im knallroten Ledermantel auf der Bühne stand. Die einzigartige Mischung aus „Metalheads“ und anderen speziellen Musikern verleiht Wacken seinen Charme. Legendär ist inzwischen auch der Auftritt der Wackener Feuerwehrkapelle, die als „Firefighters“ mit dem Schlachtruf „Wacken, Wacken, Feuerwehr!“ hymnisch von den Fans gefeiert wird. Das Lebensgefühl, das die inzwischen mehr als 75.000 Festivalbesucher in Wacken zum Ausdruck bringen, zieht die Medien magisch an.
Gesorgt dafür hat die in Hessen lebende koreanische Filmemacherin Sung-Hyung Cho mit ihrem Dokumentarfilm „Full Metal Village“, der auf amüsante Art zeigt, wie Zehntausende von Heavy-Metal-Fans auf die knapp 2.000 Dorfbewohner in Wacken treffen. „Ihr Film hat uns den Weg ins Feuilleton geöffnet“, erklärt Hübner, „denn sie war damit in zahlreichen Talkshows und Tageszeitungen präsent.“ Während das Festival bis dahin vor allem in der weltweiten Fan-Community bekannt war, meldeten 2006 auch öffentlich-rechtliche Sender wie das ZDF und der NDR ihr Interesse in Wacken an.
„Wir haben schon immer auf unserem Festival gefilmt“, erläutert der Festivalgründer, der jedes Jahr DVDs für die Fans produziert, die weltweit vertrieben werden. Inzwischen wird das Wacken Open Air Festival live beziehungsweise zum Teil zeitversetzt vom NDR gestreamt, so dass es die Fans auf der ganzen Welt im Netz verfolgen können. Der Digitalkanal ZDFkultur produzierte am Samstagabend (3. August) von 20.00 bis 24.00 Uhr eine Live-Sendung in Wacken. Ergänzt wurde die groß angelegte Berichterstattung von Deutschlands größtem Open Air-Festival durch zehn Einzelkonzerte, die nach dem Festival zwei Wochen lang jeweils um Mitternacht ausgestrahlt wurden und ebenfalls per Stream in der Mediathek abrufbar sind. Und schließlich wurde in diesem Jahr mit „Wacken 2013 – Louder Than Hell“ (Regie: Norbert Heitker) auch noch ein Kinofilm in 3D produziert. „Wir stellen den Sendern und Produktionsfirmen die Struktur vor Ort zur Verfügung. Der Einsatz von Kameras auf der Bühne ist ein sensibles Thema“, sagt Hübner. „Unser Ansatz sieht vor, möglichst viele Synergien zwischen dem ZDF, NDR und der 3D-Kinofilmproduktion zu schaffen, was sich auch kostenmäßig positiv auswirkt.“
acht Kamerapaare auf den Hauptbühnen
Um die Gesamtdisposition der TV-Produktion in Wacken kümmerte sich Herwig von Meyszner von der Nice Television GmbH, der nicht nur als Head of TV Productions tätig war, sondern auch die Sendungen für ZDFkultur produzierte. Für die beiden Hauptbühnen (True Metal Stage und Black Stage) gab es ein festes Kamerakonzept, das den Einsatz von jeweils acht Kameras für ein Konzert vorsah. Da die Auftritte der Bands in diesem Jahr für den Kinofilm auch in 3D gefilmt werden mussten, wurden jeweils acht Kamerapaare auf der Bühne positioniert. „Für die 2D-Produktion haben wir nur ein Signal benötigt und jeweils das ‚linke Auge‘ verwendet“, berichtet Meyszner. Zum Aufbau gehörten dabei zwei Handkameras vom Typ Sony HCD-1500 links und rechts auf der Bühne, eine Chip-Kamera am Schlagzeug sowie ein Kamerasystem, das im hinteren Bühnenbereich auf einem Blackcam-Schienensystem hin- und herfahren konnte. Das Blackcam-System B40-3D war mit einem Mini-Spiegelrig der Firma 2EyeTec und mit zwei HD 1200 Kameras von LMP ausgerüstet. Auf beiden Hauptbühnen befanden sich jeweils sechs Meter Blackcam-System-Schiene, die in Höhe und Position individuell an das Bühnendesign der jeweiligen Band angepasst wurden. Die dynamischen Bilder dieses Kamerasystems wurden ebenfalls sowohl für die 3D- als auch für die 2D-Produktion genutzt.
„Zur Produktion unseres Kinofilms ‚Wacken 3D – louder than hell’ haben wir das Blackcam-System eingesetzt, um eine außergewöhnliche Perspektive hinter dem Schlagzeug zu besetzen. Ausgestattet mit einem kleinen Spiegel-Rig, lieferte uns das System spektakuläres Material von Bands wie Rammstein, Deep Purple, Alice Cooper, Motörhead, Anthrax, Nightwish und vielen anderen. Die minimale Größe und hochkompatible Einsetzbarkeit machen das Blackcam-System zu dem perfekten Instrument für Bilder, die man noch nie gesehen hat“, erklärt Produzent und Supervising DOP Tomas Erhart von der Berliner 3D-Spezialfirma Jumpseat 3D plus Germany, die gemeinsam mit Koproduzent Wüste Film aus Hamburg für die 3D-Produktion verantwortlich zeichnete. Und Regisseur Sven Offen, Live Regie Konzerte 3D, ergänzt: „Blackcam hatte ich schon einige Male im Einsatz, das System hat mich hier in Wacken aufs Neue überzeugt, vielmehr restlos begeistert. Aufgrund der Position und des schnellen Umbaus, der Geschwindigkeit, die sie fahren kann und der Unauffälligkeit. Das System hatte keinerlei Ausfälle, das Blackcam-Team war hochkompetent, kollegial und hat hochprofessionell agiert. Das Blackcam-System war für unsere 3D Produktion wunderbar. Also, es war sicherlich bei vielen Bands die spektakulärste Perspektive, bewegt hinter dem Drummer, ob nun mit Pyro oder ohne – gegen die Moshpits zu schießen ist halt immer ein schönes Erlebnis.“
Auf den Wacken-Bühnen eingesetzt wurden auch Miniaturkameras von Toshiba, die aufgrund ihrer kompakten Bauart optimal für Bühnenshows geeignet sind, ebenso wie Super-Motion-Kameras HDC-3300R von Sony Zeitlupen-Aufnahmen. Hinzu kamen ein Cruise Kamerapaar für Schienenfahrten im Frontbereich der Bühnen, eine 2D-Führungskamera, die nur für die Bilder auf den Vidiwalls benutzt wurde, sowie ein Sony-HDC-P1 Kamerapaar, das auf einem Kran positioniert war. Durch die Vielfältigkeit der Kameratypen war es laut Produktionschef von Meyszner möglich, verschiedene Anforderungen der Auswertung für unterschiedliche Formate wie Kino, TV, DVD sowie Vidiwall auf dem Festivalgelände zu bedienen. „Für die Vidiwalls benötigen wir keine Totalen“, erläutert er. „Die Totalen werden nur für die Zuschauer zuhause aufgenommen.“ Das Publikum in Wacken wollte hingegen auf den 30 x 30 Meter großen Vidiwalls Close-up- und Handkamera-Aufnahmen von den Bandmitgliedern sehen. Um diese Bilder einzufangen, wurden Objektive von Canon mit bis zu 100-fachem Zoom-Faktor eingesetzt. Die Vidiwall-Technik in Wacken stammte von Barco. Um das riesige Wacken-Festivalgelände mit einem ordentlichen Sound zu versorgen wurden Lautsprecher von d[&]b audiotechnik aus Backnang eingesetzt. Die Bühnenmikrofone stammten vorwiegend von Shure.
Audio und AÜ-Technik
Eine wichtige Rolle spielte bei der TV-Produktion in Wacken natürlich der Ton. Die Aufzeichnung der Audiosignale mit bis zu 48 Kanälen erfolgte via Glasfaser auf Festplatte. „Das FOH-Signal (Front of House), das der Mischer der Band produziert, geht an die Beschallungsanlage“, erläutert Meiszner. „Unsere Toningenieure produzieren ihren eigenen Mix, den wir auf unsere Aufzeichnungen geben. Für eine Beschallungsanlage wird ein anderer Ton gemischt als in der Tonregie für die Zuschauer zuhause.“ Während die TV-Teams bei Live-Produktionen die gesamte Tonmischung vornehmen würden, erfolge für die DVD-Produktion später noch eine weitere Mischung. „Der TV-Ton wird von den Bands meist nicht akzeptiert. Sie nutzen deshalb die Möglichkeit, den Ton entweder selbst mit eigenen oder mit unseren Ressourcen noch einmal neu abzumischen“, bestätigt der Head of TV Productions. „Der Ton ist den Bands natürlich wichtiger als der Look der Bilder.“
Die 2D-TV-Produktion wurde mit dem Ü-Wagen Ü3HD plus Rüstwagen von TVN aus Hannover realisiert. Zudem wurden von diesem Ü-Wagen aus auch die acht große LED-Vidiwalls auf dem Wackengelände sowie über 20 Monitore in allen Produktionsbüros mit Audio- und Video-Signalen versorgt. Bei der 3D-Kinofilmproduktion hingegen war TopVision aus Berlin mit seiner AÜ-Technik am Start.
Der Ü-Wagen von TVN ist mit einem Lawo-Audiomischpult mc2 56 ausgestattet mit Steinberg Nuendo Recording-Systemen sowie mit reichlich Sennheiser-Equipment. „TVN produziert W.O.A. durchgängig seit 2006. Wir haben in diesem Jahr die Aufzeichnung aller freigegebenen Bands der beiden Hauptbühnen auf 20 TB Xsan-Massenspeicher und Mazen – 75 XDCAM Mazen und DVDs sowie zehn 2TB Externe Festplatten realisiert“, berichtet TVN-Projektleiter und Relationship Manager Florian Legatis. „Es fand dabei ein vollredundantes Audiomehrspurrecording beider Hauptbühnen statt, mit 2×64 Spuren, Livemischung und Nachmischung ausgewählter Bands“, sagt er. Die zehn Ein-Stunden-Sendungen für den ZDF Kulturkanal seien an vier glasfaser-vernetzten Schnittplätzen (FinalCut) vorpoduziert worden. Darüber hinaus sei das 32 Mitarbeiter starke TVN-Team in Wacken auch für den dreitägigen Livestream für den NDR und die permanente Überspielung von Rohmaterial an den NDR zuständig gewesen. TVN habe ferner einen Highlightschnitt von jedem Tag für die Presse sowie einen Highlightschnitt über alle Festivaltage gefertigt und Material für Abspänne sowie die Wacken Internetseite geliefert. Eingesetzt wurden von TVN 6-kanalige EVS-Harddisksysteme für Aufzeichnung, Zuspielung, zeitversetztes Senden, Highlightschnitt und Live-Encoding im ProRes HD Format (für Liveschnittsystem). „Zwei Bild-Regien und eine Subregie wurden auch für Werbezuspielungen in allen Umbaupausen eingesetzt. Über drei Tonregien wurden die beiden Bühnen und die ZDF-Livesendung abgemischt. Mikrofoniert wurde für Atmo inklusive 5.1“, berichtet Legatis. Im Audiobereich verantwortete Stephan Thyssen, TVN-Leitung Audio, die Produktion. „Wir haben die beiden Hauptbühnen live in zwei Tonregien gemischt und jeweils eine 64-Spur-Multitrackaufzeichnung gemacht. Beide Tonregien haben die Multitracks zusätzlich an ein von uns gestelltes Recordingmobil übergeben. Dort waren drei verschiedene Mehrspuraufzeichnungsgeräte installiert, die die beiden Bühnen USV gepuffert aufzeichnen konnten. Dadurch waren wir voll redundant aufgestellt“, erklärt er. Den Live-Mix habe man bei Bedarf direkt in der darauffolgenden Nacht oder im Nachgang des Festivals auf Basis der Multitracks neu mischen oder modifizieren können. Nach Freigabe liefen die Konzerte als Specials beim ZDF Kulturkanal oder bei Arte. 28 der 30 Mixes beim diesjährigen Wacken wurden laut Thyssen direkt freigegeben. TVN installierte nach seinen Angaben zusätzliche Surroundmikrofone und lieferte das gesamte Audiomaterial für das 3D-Kinofilmprojekt zu. Der Ton, so Thyssen, soll dort später in DTS/Dolby Surround nachgemischt werden.
„Der NDR hat von uns das fertig geschnittene Programmbild erhalten“, verrät Meiszner. Für die Bildgestaltung sorgten dabei die Regisseure Sven Offen und Hans Christian Vetchy. Der NDR erhielt die Signale vom kompletten Festivaltag in Wacken. „Die Sender müssen sich selbst um die Freigabe der Rechte kümmern, um diese Aufnahmen streamen zu dürfen“, sagt Meiszner. ZDFkultur hingegen hatte die Live-Sendung von 20 Uhr bis 24 Uhr am Samstag als Auftragsproduktion vergeben, für die Meiszner ebenfalls verantwortlich war.
Neben den Aufnahmen von den Musikbands wurden zwei Moderatoren auf das Festivalgelände geschickt, um Interviews zu führen und atmosphärische Aufnahmen einzufangen. Um diese Kamera-Teams während des Festivals delegieren zu können, wurde ihnen vom Veranstalter ein Host an die Seite gestellt. Damit sollte sichergestellt werden, dass sich auch das Publikum nicht durch die Teams gestört fühlt.
Auch auf die Befindlichkeiten der Heavy-Metal-Musiker musste Rücksicht genommen werden. „Wir würden uns einen zusätzlichen Lichtaufbau für die Kameras wünschen, aber da spielen die meisten Bands nicht mit“, weiß Meiszner. Wird eine Kamera von der Bühne ins Publikum geschwenkt, erfordert die Blendenveränderung der Kamera so viel Zeit, dass nur die ersten zehn Reihen im Publikum sichtbar sind. „Wir haben deshalb zusätzliche Scheinwerfer an die Türme gehängt, um die Bilder aufzuhellen, denn die Zuschauer zuhause möchte sehen, dass sich dort tausende von Fans aufhalten.“
Glasfasernetzwerk
Die Video- und Audiosignale wurden per Glasfaser direkt in die Ü-Wagen geschickt. „Wir verfügen seit drei Jahren über Glasfaserleitungen in Wacken“, hebt Hübner hervor. „Damit bieten wir den Produktionsfirmen Möglichkeiten, die kaum ein anderes Festival besitzt.“ Um die Struktur in Wacken zu optimieren, haben die Veranstalter über drei Millionen Euro investiert. Zu den Maßnahmen gehörten neben der Verlegung von Glasfaser in Betonröhren auf dem Acker auch ein Festnetzanschluss von EON, eine eigene Trinkwasserleitung sowie ein Abwassersystem. „Bisher haben wir an allen Plätzen die Signale selbst gezogen“, sagt Meiszner. „Nun kooperieren wir mit der Firma Riedel, welche die Signale zentral auf dem ganzen Gelände verteilt.“ Über das Riedel MediorNet, einem Glasfaser-basierten Echtzeitnetzwerk für Video, Audio, Kommunikation und Daten, wurden nicht nur die Videosignale für die Ü-Wagen transportiert, sondern es diente zugleich auch als Basis der Sicherheitsinfrastruktur bei dieser Großveranstaltung. Zu diesem Zweck waren auf dem Festivalgelände 24 CCTV-Kameras eingesetzt worden, die über das Netzwerk gesteuert wurden. „Der Operator in der Einsatzzentrale kann bequem von seinem Platz aus die entfernten Kameras bedienen“, erklärt Nils Quak, Presse- und Marketingchef von Riedel. „Zusätzlich zu den Kameras gibt es eine Notfallsteuerung der Besucher über Videowalls. Der jeweilige Content wird über das MediorNet-System zu den einzelnen Stellen transportiert und kann zentral ausgewählt werden, um etwa Ausgänge zu kennzeichnen oder ein bestimmtes Verhalten zu steuern.“
Wacken 3D – louder than hell
Bei der Produktion des 3D-Kinofilms „Wacken 3D – louder than hell“ lag der Fokus auf den großen Bands. Für diese Konzertaufnahmen wurden an den beiden Hauptbühnen zehn 3D-Rigs eingesetzt, deren Signale im Ü-Wagen von TopVision auflagen. Hinzu kamen drei Kamera-Units, welche verschiedene Protagonisten auf dem Festival begleiteten. „Die B-, C- und D-Units mit im Prinzip speziell für das Festival entwickelten Kameras stehen für das emotionale Fundament des Films“, erklärt Produzent Erhart. „Sie zeigen uns die Menschen, nehmen uns mit über das Festival, mit ihnen erleben wir die Abenteuer, die das Wacken Open Air ausmachen und definieren. Die nächste Ebene sind die Bands, die wir hinter der Bühne mit der A-Unit besuchen. Diese Unit zeigt uns all die Dinge, die ein normaler Festivalbesucher niemals sehen kann. Sie soll die Musiker begleiten, Gespräche aufschnappen und Statements festhalten.“ Auf klassische Interviewsituationen wurde hingegen verzichtet. „Wir wollen keine Fernsehberichterstattung machen, sondern die Musiker in ihrem Umfeld vor und nach dem Konzert erleben.“
Filmisch beleuchtet wurden auch drei Nachwuchsbands, die auf eigene Kosten nach Wacken gereist waren, um dort an dem „Metal Battle“-Wettbewerb teilzunehmen. „Wir folgen aber auch ganz normalen Besuchern, die wir über die Facebook-Seiten von Wacken gefunden haben, die es in unterschiedlichen Sprachen in unterschiedlichen Gegenden gibt“, berichtet Stefan Schubert vom Ko-Produzenten Wüste Film.
Eine weitere Kamera-Einheit war die „Fette Bilder-Unit“. Sie bestand aus einem Unimog auf dem ein Supertechno 30 Kran von Technocrane montiert war, an dem wiederum das größte 3D-Rig befestigt war, das dieser tragen kann. Dadurch war die Unit auch bei schlechtem Wetter beweglich und immer mobil. Mit der „Fette Bilder-Unit“ sind große Kinobilder wie Panorama-Aufnahmen, Sonnenaufgänge und Kamerafahrten über das Festivalgelände gedreht worden, während sich zwei kleine „Rock’n’Roll-Units“ mitten ins Getümmel stürzen mussten, um das Publikum während der Show hautnah aufnehmen zu können. Zwei große Kräne im Infield vor den Hauptbühnen ermöglichten es, hoch über die Köpfe der Zuschauer zu fliegen und spektakuläre Aufnahmen von den Bühnen und den Crowdsurfern zu drehen. Zu dem in Wacken eingesetzten Kamerakränen gehörten neben dem Supertechno 30 (auf Unimog) auch noch ein Supertechno 50 mit Z-Head-Remotehead und ein GF-8 Xten von Grip Factory Munich mit Minimote-Remotehead. Eingesetzt wurden ferner eine CruiseCam von Professional Motion Technology (PMT) mit Minimote-Remotehead und zwei Rockerdollys von MovieTech.
neuer 3D-Kamera-Rigs und -Workflows
Für „Wacken 3D“ hat die Produktionsfirma ganz eigene, neue Kamera-Rigs, Units und Kamera-Workflows entwickelt, die einen derartigen Dreh unter extremen Bedingungen überhaupt erst ermöglicht haben. Als erfahrener Kameramann hatte Produzent Erhart über einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten alle marktüblichen 3D-Systeme getestet und das geeignete Setup für diese Großproduktion gestaltet. „Der Dreh eines Dokumentarfilms in 3D ist eine große Herausforderung, weil 3D wie alle großen Kamera-Innovationen zunächst immer noch zu schwer, zu teuer und zu langsam ist.“ Da sich das Projekt nicht auf Anhieb in abendfüllender Länge realisieren ließ, hatte er zunächst das Open Air 2012 genutzt, um Erfahrungen zu sammeln, wie man sich überhaupt mit Kameras auf einem Festival bewegt. Als Regisseur engagierte er Norbert Heitker, der für seine Arbeit an dem Clip „Engel“ von Rammstein mit einem Echo ausgezeichnet worden ist. Bei diesem Vordreh entstanden 70 Stunden Material, aus denen 20 Stunden brauchbare 3D-Aufnahmen destilliert und für einen siebenminütigen Trailer verwendet wurden. Dieser Trailer begeisterte Schubert auf Anhieb so sehr, dass er als Koproduzent in das Projekt einstieg. „Wacken 3D soll kein Konzertfilm werden, sondern ein Dokumentarfilm, der vermittelt, warum Menschen auf der ganzen Welt in dieses kleine Städtchen im Norden Deutschlands pilgern und dort sich und ihre Lieblingsbands feiern“, sagt er.
Neben Erharts Produktionsfirma Jumpseat 3D plus Germany, Wüste Film und dem europäischen Kulturkanal Arte ist auch das Wacken Open Air Festival mit der ICS – Festival Service GmbH an dem 3D-Film beteiligt, der im Frühjahr 2014 in die deutschen Kinos kommen soll. „Wacken ist unsere Marke und unser Festival“, resümiert Hübner. „Deshalb geben wir dabei unseren Input.“ Die Berliner Filmproduktionsfirma Totho cmp begleitete übrigens die Dreharbeiten und Macher des 3D-Kinofilms bei ihrer Arbeit in Wacken. Totho produziert eine 60-Minuten-TV-Dokumentation über den stereoskopischen Film und seine Geschichte von den ersten 3D-Bewegtbildern Mitte des 19. Jahrhunderts bis hin zu „Wacken 3D – louder than hell“, einer der größten und aufwendigsten 3D-Musikfilmproduktionen überhaupt.
Birgit Heidsiek
(MB 09/13)