Wenn es um die kulturelle fiktionale Qualität von TV-Programmen, insbesondere der Königsdisziplin „Serie“, geht, werden heute im deutschen Feuilleton im Grunde genommen nur noch US-Formate wie „Mad Men“ und aktuell „Homeland“ hoch gelobt. Aber zwei Millionen für eine einzige Serienfolge „können wir nicht ausgeben“, sagte Alexander Thies, Vorsitzender des Produzentenallianz-Gesamtvorstands in seiner Begrüßungsrede zum Deutschen Produzententag. So viel Geld habe man nicht einmal für den erfolgreichen 90minütigen „Tatort“ zur Verfügung. Womit Thies aber keinesfalls eine Kritik verband. Seine Produzentenallianz, nur zur Erinnerung, versteht sich mit ihren rund 200 Mitgliedern als „maßgebliche Interessensvertretung der deutschen Produzenten von Film-, Fernsehen- und anderen audiovisuellen Werken“.
Obwohl vielfach nachzulesen ist, dass beispielsweise die ARD mittlerweile selbst bei der erfolgreichen Krimireihe „Tatort“ den Rotstift immer mehr angesetzt hat, lobte Thies „unser öffentlich-rechtliches System“ als „unbestreitbar eines der besten der Welt“. Das hat seinen Grund. ARD/ZDF sorgen für den überwiegenden Teil des Umsatzes der TV- und Filmproduzenten, wie Thies einräumte. So hatte die Produzentenallianz schon vor dem Produzententag eine Pressemitteilung herausgegeben, in der sie sich darum sorgte, dass die Finanzmittel des öffentlich-rechtlichen Rundfunks eingefroren werden könnten. Im Gegensatz zu vielen Berichten in der meinungsführenden und Boulevard-orientierten Presse begrüßt die Produzentallianz die Umstellung der Rundfunkgebühr auf den haushaltsbezogenen Rundfunkbeitrag, weil er ihrer Meinung nach „die Finanzierung von ARD und ZDF auf eine zeitgemäße Grundlage stellt“. Über je mehr Geld ARD/ZDF verfügen, umso besser für die Produzenten, hofft man.
Trotzdem: „Es ist nicht so, dass wir mit den Öffentlich-Rechtlichen wunschlos glücklich wären. Es gibt jede Menge Verbesserungsbedarf, nicht nur, was die Transparenz angeht. So wünsche ich mir, dass es den Verantwortlichen wieder bewusst wird, dass das Programm nicht der flexibelste Haushaltsposten ist, an dem man beliebig sparen und herumkürzen kann – sondern das Kerngeschäft!“ Das war dann doch eine dosiert-charmante Kritik, die Thies formulierte. Und er machte die Grundhaltung der Produzentenallianz gegenüber den Sendern deutlich: Man habe sich für den „evolutionären Weg“ entschieden. Man wolle „keinen Kravall“ entzünden, keine „unrealistischen Maximalforderungen“ aufstellen. Vielmehr „geduldig und zäh“ verhandeln. Sein Selbstlob dazu: Mit dieser Strategie habe man in den letzten fünf Jahren „mehr Erfolg gehabt, als uns anfangs zugetraut worden ist“.
Auch Staatsminister Bernd Neumann, Beauftragter der Bundesregierung für Kultur und Medien, lobte die Produzentenallianz und seine eigenen Aktivitäten. „Wenn es die Produzentallianz nicht gäbe, dann müsste man sie sofort neu erfinden“, sagte er. Er wies darauf hin, dass er eine Aufstockung des Deutschen Filmförderfonds DFFF von 60 auf 70 Millionen Euro jährlich erreicht habe. Sein Hauptziel sei es, den DFFF „zu einem Förderinstrument auf Dauer zu machen, damit die Filmwirtschaft auch ohne einen Staatsminister Neumann gut schlafen kann.“
Launig fügte Neumann hinzu, dass er aber gerne noch lange verantwortlicher Staatsminister bleiben möchte. Das Wahljahr lässt grüßen. Thies bedankte sich prompt: „Herr Neumann, ich weiß nicht, wie Sie das machen. Für uns sind Sie ein Zauberer – und wir lieben Zauberer.“
Alles paletti, zumindest auf der Oberfläche. Der eigentliche Themenschwerpunkt des Produzententags sollte dabei in diesem Jahr auf Geschäftsmodellen bei der Verwertung von audiovisuellen Inhalten jenseits des linearen Fernsehens liegen. Dabei kam allerdings so gut wie keine Information heraus. Zwar referierte Jochen Kröhne als Geschäftsführer der geplanten und als GmbH schon existierenden VoD-Plattform „Germany‘s Gold“, die neue Online-Plattform für deutsche Produktionen recht lang über die Unternehmung, zu der als Gesellschafter Töchter von ARD/ZDF und viele Produzenten gehören. Als einzige News kam heraus, dass es bei dem Namen „Germany’s Gold nicht bleiben werde. Man rechne damit, dass das Kartellamt in diesem Jahr grünes Licht für den Start geben werde. Von Alex Carloss, „Global Head of Entertainment Partnerships YouTube“, der eigens zum Deutschen Produzententag aus den USA angereist war, war zu erfahren, dass YouTube ein riesiges Publikum weltweit habe. Das sei für Produzenten, die sich bei YouTube engagierten eine riesige Chance für ihre Geschäfte.
Ganz konkret immerhin kündigte Hans W. Geißendörfer, Produzent unter anderem der „Lindenstraße“, bei der anschließenden Podiumsdiskussion an, dass die von ihm initiierte VoD-Plattform „Schätze des deutschen Films“ unter der Domain alleskino.de am 12. Februar 2013 starten werde. Eine VoD-Plattform, die alte und neue deutsche Kinofilme für wenig Geld einem breiten Publikum mit erklärendem Kontext zur Filmkunst zugänglich machen will. Erika Butzek
(MB 03/13)