Mit seiner kurvenreichen Nordschleife gilt der Nürburgring als eine der schönsten und gefährlichsten Rennstrecken der Welt. Auf dem rund 21 Kilometer langen Kurs wird jährlich die Härteprüfung des ADAC Zurich 24-Stunden-Rennens veranstaltet. Bei der diesjährigen 44. Ausgabe des Rennmarathons stellte RTL Nitro den Weltrekord für die längste Live-TV-Übertagung eines Sportevents auf. Der Sender, dieses Jahr zum ersten Mal Hauptrechtinhaber in Deutschland, berichtete 25 Stunden und 50 Minuten nonstop über das Rennen. Einschließlich Vor- und Nachberichterstattung sendete RTL Nitro von Samstag, 15 Uhr, bis Sonntag, 16.50 Uhr. Der Sender hatte erstmals in diesem Jahr die Übertragungsrechte für das 24-Stunden-Rennen erworben. Zuvor lagen diese bei Sport1.
Zur Produktion des Events bot RTL Nitro vor Ort ein gut 90 Mann starkes Redaktionsteam auf. Die technische Umsetzung der Produktion lag indes komplett in den Händen der Wige Media AG, die seit Jahrzehnten eng mit dem Motorsport verbunden ist und selbst Übertragungsrechte an einigen Rennserien hält. Als Host-Broadcaster produzierte Wige das multilaterale Signal für verschiedene internationale Abnehmer und zusammen mit RTL Nitro auch dessen unilaterales, sprich nationales Programm. Zudem war Wige Media verantwortlich für einen durchgehenden Live-Stream auf dem YouTube-Portal von Vodafone, der gut 2,6 Millionen Zugriffe verzeichnete. Telekommunikationsanbieter Vodafone war noch in weiterer Hinsicht am Rennen beteiligt: Er errichtete vier Funkmasten, um den Nürburgring und stellte damit ein schnelles LTE-Mobilfunknetz bereit, über das die Signale von 16 Produktionskameras übermittelt wurden, darunter zwölf On-Board-Kameras von Marshall in den Rennfahrzeugen.
Allround-Technik-Dienstleister
Neben der TV- und Streaming-Produktion erbringt Wige Media seit Jahren umfassende technische Dienstleistungen am Nürburgring, von der technischen Ausstattung der Rennleitung und Zeitnahme bis hin zur Event-Medientechnik, etwa in den Fanbereichen der Fahrerlager. Wige Broadcast, die Übertragungstechnik-Sparte des Unternehmens, fuhr mit acht großen Aufliegern sowie diversen kleineren Fahrzeugen an die Nürburg, allen voran die beiden HD-Ü-Wagen Flaggschiffe der Wige-Flotte HDone und HDtwo samt deren Rüstwagen HDone Assist und HDtwo Assist. „Mit dem HDone produzieren wir das multilaterale Signal“, sagte Sebastian Wutschik, Vice President Wige Broadcast. Dieses Weltbild-Signal lieferte Wige an verschiedene internationale TV-Sender. Darunter etwa Moto Wizja in Polen, Sport 1/ZIGGO in den Niederlanden, beIN Sport im Mittleren Osten, O2 TV in Tschechien oder J-Sports in Japan. Das multilaterale Signal beinhaltete einen englischsprachigen Kommentar sowie den sogenannten IT-Ton, den internationalen Ton, der lediglich Atmos ohne Kommentar umfasst. „Das multilaterale Signal wird international verkauft“, erläuterte Wutschik. „Neben dem IT-Ton ist daher auf einer separaten Spur ein englischsprachiger Kommentar für all die Sender, die das Programm nicht selbst kommentieren.“
Zusätzlich zur Bild- und Tonregie für das internationale Signal war im HDone eine separate Slomo- und Highlight-Regie untergebracht. „Dadurch, dass so viele Kameras eingesetzt werden, gibt es entsprechend viele EVSen und Operator“, sagte Wutschik. Zehn Operator arbeiteten im Ü-Wagen und in einem ausgelagerten Bereich. Jeder Operator war jeweils für eine bestimmte Kamera zuständig. Daher kümmerte sich ein Regisseur allein um Zeitlupen und Highlights, mischte das Signal entsprechend vor und lieferte es der Hauptregie fertig zu.
Im HDtwo produzierte der nationale, exklusive Rechtehalter RTL Nitro das unilaterale Signal für seine knapp 26-stündige Rekord-Übertragung. Während RTL Nitro inhaltlich für Programm verantwortlich war, stellte Wige Broadcast die gesamte Technik. Das internationale Signal bildete die Basis für die Berichterstattung von RTL Nitro. Mit zusätzlichen abgesteckten Quellen, drei drahtlosen Schulterkameras samt einem Reporterteam in der Boxengasse, einem Zugriff auf das gesamten EVS-Netzwerk und eigenen Schnittplätzen produzierte RTL Nitro aus dem Weltbild sein eigenes Programm. Über ihren Hostbroadcaster, in diesem Fall Wige Broadcast, haben Sportverbände natürlich erheblichen Einfluss auf die Dramaturgie der Übertragung. „Die Verbände wollen ein Signal, das so aussieht, wie sie sich das vorstellen“, erklärte Wutschik. „Deshalb ist es üblich, dass die Sender ein Signal vom Host-Broadcaster bekommen und mit eigenen Moderationen und eigenen Highlights anreichern.“ Mit Nachrichten- und Magazinbeiträgen berichteten zudem n-tv, SWR, ARD und ZDF über das Rennen.
Das Programmsignal von RTL Nitro gelangte per Glasfaser nach Köln. Zudem standen drei SNG-Wagen von MEDIA BROADCAST vor Ort. Diese übermittelten das Worldfeed im Auftrag von Wige Media, belieferten über die EBU Eurosport und übertrugen das Programm von Japan Sports. Das RTL-Sendezentrum von Cologne Broadcasting Center (CBC) hatte zur Absicherung auch das internationale Signal aufliegen.
Kameraeinsatz an der Rennstrecke
„Inklusive aller Spezialkameras haben wir 63 zu verarbeitende Signale“, erläuterte Wutschik. Das waren zum einen über 30 Streckenkameras. „Wir verwenden hauptsächlich die Kameras Grass Valley LDX 80“, sagte Wutschik. Die Streckenkameras wurden zunächst an abgesetzte Übertragungswagen am Ring angebunden, wofür überwiegend Triax-Kabel genutzt wurden.
„Für diese Anzahl der Kameras gibt es nicht mehr genügend Bildtechnik-Arbeitsplätze im Ü-Wagen“, führte Wutschik aus. „Daher arbeiten wir mit abgesetzten Fahrzeugen. Dann sind auch unsere Techniker vor Ort, um die Geräte zu warten. Die Kameras sind ganz normal mit der CCU (Camera Control Unit) im Ü-Wagen verbunden, dort werden die Signale gematcht und per Glasfaser als HD-SDI-Signale hierher übertragen. Die 63 Signale kommen hier fertig an, sodass man sie gleich einbinden kann.“ Der Bildingenieur im HDone stand mit den Bildtechnikern in den abgesetzten Fahrzeugen in Kontakt. „Die Streckenkameras sind überwiegend bemannt“, sagte Wutschik. Lediglich an einigen unzugänglichen Positionen wurden Remote-Kameras von Q-Ball oder Chip-Kameras von Cunima eingesetzt. Eine Helikopterkamera des Dienstleisters HD Skycam lieferte Bilder aus Vogelperspektive. Der Spezialist für Helikopteraufnahmen bietet verschiedene Kamerasysteme an. Am Nürburgring arbeitete HD Skycam mit einem Cineflex V14-System, in dem eine Kamera Sony HDC 1500 befestigt war. „Im Helikopter sitzt ein Operator, der die Kamera steuert und die Wünsche der Regie umsetzen kann.“ Die Helikopter-Cam wurde über das Funksystem Vislink L1700 mit der Bildregie verbunden. Per Vislink-L1700-Funksystem waren weitere drei Schulterkameras Grass Valley LDK8000 für die Berichterstattung in der Boxengasse angebunden.
Als weitere Spezialkamera spannte Wige Broadcast eine Seilkamera CAMCAT 1D (eindimensionales System) über die gesamte Boxengasse sowie die Start- und Zielgerade.
LTE-Mobilfunknetz für On-Board-Kameras
Doch für das 24-Stunden-Rennen wurden nicht nur die direkten Funk-Verbindungen eingesetzt: Via LTE-Mobilfunknetz waren weitere Produktionskameras eingebunden. Vodafone hatte dafür eigens vier Funkmasten für das Rennen aufgebaut und damit die bereits vorhandene Mobilfunktechnik erweitert.
Smart Mobile Labs, ein Spezialist für Video- und Datenübertragung über Mobilfunknetze aus München, half die Kamerasignale von zwölf On-Board-Kameras in den Rennwagen per 4G-Mobilfunknetz einzubinden. Dafür wurden Marshall-Fingerkameras samt einem entsprechenden Encoder hinter dem Fahrer platziert. Die Videoencoder, die mit einem 4G LTE-Modem ausgestattet sind, wurden von Smart Mobile Labs selbst entwickelt. Die On-Board-Kameras lieferten auch bei Nacht ansprechende Bilder, was die Berichterstattung erheblich erleichterte. „In den vergangenen Jahren war die Auswahl der Kameras bei Dunkelheit sehr eingeschränkt“, kommentierte Michel Pathe, Vice President bei Wige Editorial und Sendeleiter des Vodafone Livestreams. „In diesem Jahr konnten wir dank der On-Board-Kameras viel besser über den Rennverlauf berichten.“ Zudem waren per LTE zwei DJI-Drohnenkameras eingebunden, eine DJI-Spreading-Wings S1000+ und eine DJI Inspire. Hinzu kamen zwei per LTE verbundene Sony-PDW-Schulterkameras, mit denen sich die Reporter völlig frei auf der gesamten Nordschleife bewegen konnten. An den Kameras wurde dafür ein entsprechender Encoder befestigt, der per HD-SDI mit der Kamera verbunden war und über den VMount-Akku der Kamera gespeist wurde. „Damit haben wir gestern beim freien Training Fan-Interviews von weit abgelegenen Zeltplätzen gesendet – das ist mit herkömmlicher Funktechnik nicht möglich“, erläuterte Wutschik.
Die Kamerasignale wurden per LTE zu einer Basisstation nahe der Ü-Wagen übertragen, decodiert und von dort per HD-SDI zum Ü-Wagen geführt. Knackpunkt für den Einsatz von LTE-Übertragungstechnik für TV-Produktionen ist die Latenz. Die Encoder von Smart Mobile Labs zeichneten sich durch eine minimale Verzögerung von der Kamera bis zum Ü-Wagen von weniger als 0,3 Sekunden aus. Laut Klaus Nagora, technischer Leiter bei Smart Mobile Labs, erreicht dies keine andere Lösung, die per Mobilfunk sendet. Insgesamt wurden die Signale von zwölf On-Board-Kameras in Rennfahrzeigen, zwei Drohnenkameras, zwei Reporterkameras sowie zwei weiteren Kameras in Streckenfahrzeugen per LTE übertragen. Laut Smart Mobile Labs die vermutlich größte Anzahl von Videosignalen, die jemals gleichzeitig bei einer Veranstaltung übertragen wurden.
Das Broadcast-Team der Wige war bei dem 24-Stundenrennen durch die schiere Größe des Geländes gefordert. „Die Herausforderung ist zum einen die unfassbare Ausdehnung der Spielfläche“, sagte Wutschik. Anders als etwa beim Fußball, bei dem die Fläche vergleichsweise eng begrenzt ist, die Fußballstadien zudem meist mit entsprechenden Leitungen vorverkabelt sind. „Wegen der Wetterkapriolen, aber auch der langen Produktionszeit, wird das Material ganz anders beansprucht“, erläuterte Wutschik. „Wenn an einer der Kameras etwas umgebaut werden muss oder ein Sucherbild ausfällt, was bei Technik immer passieren kann, dann muss ein Kollege in ein Intervention Car steigen und über die Rennstrecke zur Kamera fahren.“ Die Intervention Cars fahren dabei im Renntempo, da sie die anderen Rennfahrzeuge nicht behindern dürfen. „Das gibt es bei keiner anderen Sportart“, sagte Wutschik. Dabei, so verriet Wutschik, bedeuteten Technik und Ausfallsicherheit bei weitem nicht die größte Hürde für den knapp 26-ständigen Live-Sendungsrekord. Die Material-Logistik, das zuvor und anschließend für weitere Produktionen eingeplant war, sowie vor allem die Personalplanung stellte Wige vor weit größere Herausforderungen. Für den langen Sendetrieb musste entsprechend Personal beschafft werden. „Da wir das Rennen 24 Stunden am Stück übertragen, müssen wir in drei Schichten arbeiten. Daher sind es exakt 209 Mitarbeiter, die wir für die Fernsehproduktion hier vor Ort haben“, zählte Wutschik auf. Die Schwierigkeit dabei: Parallel zum Rennen produzierte Wige in Köln das Handball Final 4. Zudem fand am selben Wochenende das Champions League Finale im Fußball statt. Das bedeutete knappe Ressourcen auf dem Markt. Dennoch versicherte Wutschik auf Nachfrage, dass ausschließlich erfahrenes und bekanntes Personal am Nürburgring eingesetzt wurde.
Video-Streaming auf YouTube und Facebook
Aus dem sogenannten Gläsernen Studio im Start-Zielgebäude produzierte die Wige den Live-Stream für das YouTube-Portal von Vodafone. Der Live-Stream wurde mehr als 2,6 Millionen Mal abgerufen. Das Streaming-Angebot war auch auf der 24h-Rennen-Webseite des ADAC Zurich eingebettet. Ein Team um Marco Schleicher, Head of Innovation and Product Development bei Wige, verantwortete die Streaming-Produktion. Anfang des Jahres hatte Wige Media die Alpwerk GmbH um Gründer Marco Schleicher übernommen, die eine cloud-basierte Video-Distributions-Plattform entwickelt hatte. Nun leitet Schleicher innovative Medienprojekte wie beispielsweise Streaming. „Wir streamen auf die YouTube-Plattform von Vodafone, unserem Medienpartner“, erläuterte Schleicher. Ein Herzstück des Streamings waren die erwähnten zwölf On-Board-Kameras in den Rennfahrzeugen. „Das ist etwas zeitaufwendig, weil es mit den Teams abgesprochen werden muss“, erläuterte Schleicher.
Anders als verschiedene Reporter-Rucksäcke, die Live-Streaming per LTE ermöglichen, setzte Dienstleister Smart Mobile Labs auf eine andere Technik. Frederik Gester, Head of Business Development and Sales von Smart Mobile Labs, erklärte: „Wir machen keine Kanalbündelung, das sogenannte Bounding. Wir haben direkt priorisierte SIM-Karten von Vodafone.“
Insgesamt produzierte Wige 15 verschiedene Streams – übertrugt jede einzelne On-Board-Kamera als Stream, erstellte aus den Bordkameras eine Konferenz, und streamte ein deutschsprachiges Signal, das aus dem gläsernen Studio im Start-Zielhaus für Vodafone produziert wurde. Zusätzlich gab es einen englischsprachigen Kanal. 14 Streams verbreitete Wige auf YouTube, einen auf Facebook, so Schleicher. Die YouTube-Zuschauer konnten jeden einzelnen Stream anschauen und chatten. Die Basis für das Streaming-Programm auf der Vodafone-Plattform bildete das Rennprogramm, das auch im Fernsehen gesendet wurde. Dieses erweiterte das Produktions-Team beispielsweise mit Interviewpartnern wie Smudo, um mit dem Live-Stream eine jüngere Zielgruppe anzusprechen. Der rennsportbegeisterte Fanta-Vier-Rapper Smudo engagiert sich selbst in der Formel E für nachhaltigen Rennsport und fuhr beim 24-Stunden-Rennen in einem Biodiesel-Fahrzeug mit.
Für die Streaming-Produktion hatte die Wige Media ihre mobile Streaming-Unit im Vorraum des Gläsernen Studios im Start-Ziel-Gebäude aufgestellt. „Die ist normalerweise in einem Fahrzeug eingebaut“, erläuterte Schleicher. „Wir nutzen hier Hochleistungs-Encoder. 15 HD-Streams gleichzeitig zu verarbeiten ist ziemlich einzigartig. Um die Signale bestmöglich in H.264 zu encodieren, verwenden wir hier zwei Encoder Mediaexcel Hero DS9. Die Qualität der Encoder ist vor allem dann entscheidend, wenn wenig Bandbreite zur Verfügung steht. Zudem ist die Ausfallsicherheit der Encoder wichtig.“
Neben den Encodern befand sich ein Bildmischer Blackmagic 2M/E ATEM Production Studio 4k im mobilen Rack. „Bei den ATEM-Bildmischern haben wir die Möglichkeit, auf die APIs (Programmierschnittstellen) zuzugreifen“, erklärte Schleicher. Damit hatte das Team den Mischer so modifiziert, dass er im Zehnsekunden-Takt zwischen den On-Board-Kameras umschaltete und eine Konferenz erstellte. Dies wurde von zwei Technikern überwacht, die etwa bei einem Ausfall eingreifen konnten. Sie blendeten auch Grafiken ein und sorgten dafür, dass keine Bilder ins Netz gelangten, die nicht verbreitet werden sollten. Die Konferenz aus den On-Board-Kameras übertrug Wige auch auf die Videowalls auf dem Gelände, die beispielsweise in den Hospitality-Bereichen der Rennställe standen. Zudem verwendete das Wige-Team den Formatwandler Blackmagic Designs Teranex. Darunter befand sich ein weiterer Encoder im Rack, der Teradek Slice. Audiosignale wie Kommentatoren waren über zwei Audiointerfaces eingebunden.
Die Produktion der Streams erfolgte nach detaillierten Ablaufplänen mit den Zieladressen von YouTube. „Auf YouTube gibt es eine sogenannte Content ID“, erläuterte Schleicher. „Wir sind dafür unter anderem im direkten Kontakt mit Google.“
Eine weitere Schwierigkeit stellten die hohen Datenmengen dar, die beim Streaming anfielen. „YouTube ist in Deutschland segmentiert“, sagte Schleicher. „Die Server stehen nicht an einem Ort, sondern in mehreren kleineren Rechenzentren. Mit unseren Streams würden wir einzelne Rechenzentren stark belasten“, so Schleicher. Vodafone, Google und Wige arbeiteten daher sehr eng zusammen. Darüber hinaus wurde das Rennen auf Facebook gestreamt. „Das Facebook-Livestreaming ist gar nicht so einfach“, erläuterte Schleicher. Facebook hatte die Streaming-Möglichkeit erst einige Wochen zuvor eingerichtet. „Facebook setzt auf den US-amerikanischen Videostandard mit 30 Bildern pro Sekunde“, erläuterte Schleicher. „Auch deswegen ist das Facebook-Streaming technisch anspruchsvoll.“
Zudem arbeitet Wige noch mit einem weiteren wichtigen Kooperationspartner zusammen. „Auf der Microsoft-Cloud-Plattform Azure haben wir ein Portal für die Fans geschaffen, das ein Hochlast-Szenario verträgt“, erklärte Schleicher. „Denn wir haben unheimlich viel Traffic auf der Seite.“ Wige hatte sich für Azure entschieden, weil Microsoft aktiv mitarbeitete. „Das ADAC-Portal basiert auf WordPress, aber dahinter liegt eine Plattform, die auch 300.000 bis 500.000 Besucher aushalten kann“, erläuterte Schleicher. „Unsere Entwickler haben über Wochen sehr eng mit Microsoft zusammengearbeitet.“ Mehrere Server bilden das Rückgrat des Hochlast-fähigen Systems. Die Server können sich gegenseitig ergänzen. Das System kann automatisch weitere Server hinzufügen, zudem konnte das Wige-Team im Startzielhaus Server hochfahren, sollte ein kritisches Maß erreicht werden.
„Über dieser skalierbaren Plattform liegt ein CDN (Content Delivery Network) von Akamai, das die gesamten Anfragen cached“, erläuterte Schleicher. Je nach Content gebe es unterschiedlich lange Cache-Zeiten. Für News seien diese beispielsweise geringer, für weniger aktuelle Seiten länger. Diese Cache-Speicher lagen auf Edge-Servern von Akamai, die weltweit verteilt sind. So gelangte nur ein Bruchteil der Anfragen zu der eigentlichen Azure-Plattform. Die angeforderten Daten werden dann von der Plattform in die Cache-Speicher von Akamai geladen und von dort aus distribuiert. „Die Edge-Server von Akamai stehen näher am Standort der Anfrage“, erklärte Schleicher. „Dadurch verkürzen sich die Wege, zudem wird ein Teil der Daten auf den Cache-Servern gespeichert. Das alles, damit 300.000, 500.000, eine Million Leute am Tag auf die Seiten zugreifen können, ohne dass die Server überlastet sind. Das ist eine wesentlich komplexere Struktur, als wenn man eine einzelne Webseite hostet. Aber das bietet unheimlich viel Sicherheit“, erklärte Schleicher.
Die Leistungen der Wige Media AG umfassten zudem die bereits erwähnte medientechnische Ausstattung der Rennleitung sowie des gesamten Start-Ziel-Hauses. Projektleiter Jörg Löhr von Wige Solutions erklärte dazu: „Im Gebäude haben wir 38 Kilometer Kabel eingezogen. In der Race Control und der Zeitnahme wurden 378 Monitore installiert. Eine Kabelkopfstation versorgt das Gebäude mit DVB-C-Kabelprogrammen, eine Videokreuzschiene verteilt die Signale der Streckenüberwachungskameras (CCTV).“ Neben den 28 fest installierten Überwachungskameras an der Grand Prix-Strecke musste die gesamte Nordschleife mit zusätzlichen CCTV-Kameras ausgestattet werden.
Nicht nur die Produktion des diesjährigen ADAC Zurich 24-Stunden-Rennens war einzigartig, sondern auch der Rennverlauf. Nach gut 24 Stunden und 134 Runden gewann Maro Engel vom Team Mercedes-AMG Black Falcon mit nur 5,4 Sekunden Vorsprung vor dem zweitplatzierten Christian Hohenadel vom Team AMG HTP Motorsport Mercedes – der knappste Vorsprung in der 47-jährigen Geschichte des Rennens.
Jan Fleischmann
MB 3/2016