
Die Postproduktion im Rundfunk Berlin-Brandenburg steht vor einem tiefgreifenden Wandel. Adobe Premiere Pro ersetzt das bisherige Doppelsystem als zentrale Schnittlösung – ergänzt durch das Workflow-Management-Tool Helmut von MoovIT. Damit geht ein organisatorischer und technischer Umbau einher, der die Arbeitsweise im Sender spürbar verändert. Carl Förster und Patrick Westphal-Techen, beide Content Manager und Supervisoren im crossmedialen Newscenter des rbb, gehören zu den Architekten dieser Transformation.
Sie waren von Beginn an Teil des Projekts, erhielten intensive Schulungen von MoovIT, bauten erste Workflows und entwickelten ein tiefes Verständnis für das Potenzial der neuen Infrastruktur. Heute sind sie mehr als Betriebsadmins – sie agieren als technische Übersetzer zwischen Redaktion und Systemwelt. „Früher waren wir vor allem mit Fehlersuche und Filetransfers beschäftigt“, erinnert sich Förster. „Heute entwickeln wir Prozesse, die unseren Kollegen echte Arbeit abnehmen.“
Automatisierung statt Handarbeit
Was früher manuell erledigt werden musste – etwa die Projektanlage, das Einpflegen nutzerspezifischer Tastaturkürzel, die Einrichtung von Workspaces, die Integration von Grafikelementen oder die Auswahl des richtigen Export-Profils – läuft heute automatisiert im Hintergrund. Möglich macht das der sogenannte Streamdesigner von Helmut: eine grafische Oberfläche, mit der Workflows modular und flexibel aufgebaut werden können. „Der Einstieg ist vergleichsweise niedrigschwellig. Man verbindet grafisch Knotenpunkte, die bestimmte Funktionen auslösen“, erklärt Förster. „Wer tiefer einsteigen will, kann später sogar JavaScript ergänzen, um komplexere Logiken umzusetzen.“
Die Umstellung auf Adobe Premiere bringt eine Reihe technischer Herausforderungen mit sich. So müssen je nach Zielplattform Audio-Routings angepasst, Proxy-Workflows automatisiert, Projektvorlagen zentral gepflegt und sendefähige Exportformate wie XDCAM-MXF oder AVC-Intra mit EBU-konformer Audio-Limiterung (nach R128) erzeugt werden. Für lineare Ausspielwege sind auch die richtigen Bildpegel entscheidend – etwa über einen SMPTE-konformen 104-E-Limiter mit 3 % Kompression. All diese Parameter werden durch Helmut zentral gesteuert und für jede Produktion automatisch angewendet.

Standardisierte Projekte, effizienter Export
Diese Automatisierung zeigt sich bereits bei der Anmeldung in Helmut Connect: Sobald sich eine Nutzerin verbindet, werden ihre persönlichen Premiere-Einstellungen geladen, ein standardisiertes Projekt mit vorgefertigtem Layout und Motion Graphics geöffnet und sämtliche Audio- und Video-Pfade korrekt konfiguriert. Die Projekte stehen nicht mehr nur lokal, sondern über den Helmut-Server auch standortübergreifend zur Verfügung.
Ein besonders praxisnahes Beispiel ist der Workflow für Sprachaufnahmen: Redakteurinnen können ihre Premiere-Projekte automatisch in eine Tonkabine übertragen lassen, wo die Sequenz bereits geöffnet ist, wenn sie eintreffen. „Das spart kostbare Minuten im Nachrichtenalltag“, sagt Westphal-Techen. Auch die Exportprozesse sind deutlich effizienter geworden: Für Social-Media-Plattformen wie BlueSky wurden eigene Streams gebaut, die automatisch Formate und Dateigrößen berücksichtigen. „Ein Klick genügt – und der Beitrag wird exakt nach Plattformvorgaben erzeugt“, so Förster. Selbst Warnsysteme bei Überlänge sind integriert.
Schnitt, Redaktion und Systeme rücken zusammen
Die Integration von Helmut beschränkt sich nicht auf die Schnittumgebung. Auch die Systemlandschaft des rbb wurde konsequent angebunden: Inhalte können direkt aus dem Helmut-Panel an VPMS 2.0, Digas, dem Online-CMS Adobe Experience Manager (AEM), ProTools oder Swat.io exportiert werden. „Helmut ist der Klebstoff, der alles miteinander verbindet“, sagt Förster. Die Übergabe von Beiträgen erfolgt medienneutral, automatisiert und – vor allem – zuverlässig. IDs und Statusmeldungen fließen zurück ins System, der manuelle Aufwand sinkt.

Dass solche Workflows im Haus selbst entwickelt werden können, ist eine strategische Entscheidung. „Wir wollten unabhängig sein, keine Blackbox“, betont Westphal-Techen. Daher setzt der rbb gezielt auf internes Know-how statt auf externe Dienstleister. Dafür braucht es ein Team mit technischem Interesse, Verständnis für Postproduktionsprozesse und Ausdauer. „Man wächst hinein, Schritt für Schritt“, sagt Förster. „Das System ist logisch – wenn man sich regelmäßig damit beschäftigt.“ Für den tiefen Backend-Bereich – etwa die Serverstruktur – gibt es beim rbb zusätzlich eigene Helmut-Administratoren.
Ein Kulturwandel im Maschinenraum

Die Umstellung ist kein reiner Systemwechsel, sondern auch ein Kulturwandel. Rollenprofile verändern sich, Zuständigkeiten verschieben sich, Schnitt und Redaktion rücken näher zusammen. „Früher hat die Technik gebaut, was die Redaktion wollte. Heute bauen wir gemeinsam“, beschreibt es Westphal-Techen. Das bringe mehr Agilität – auch im Support. „Wenn heute eine neue Produktionsanforderung kommt, müssen wir kein Ticket mehr bei Adobe öffnen. Wir bauen den Workflow oft selbst.“
Trotz aller Vorteile ist der Übergang kein Selbstläufer. Gerade erfahrene Cutterinnen und Cutter, die lange mit einem Legacy-System gearbeitet haben, wünschen sich vertraute Abläufe und gewohnte Funktionen. Hier helfen Standards, klare Strukturen und der Support des internen Teams. „Unser Ziel ist es, den gleichen Komfort wie früher zu bieten – und dabei gleichzeitig neue Möglichkeiten zu schaffen“, sagt Westphal-Techen. Dass das neue System trotz seiner Komplexität stabil läuft, sei dabei ein entscheidender Faktor: „Der Supportbedarf ist niedrig, das Vertrauen hoch.“
Den Wandel gestalten statt verwalten
Für andere Medienhäuser, die ähnliche Schritte planen, rät das rbb-Team zu einem gestuften Ansatz: Verständnis für Postproduktion und technische Abläufe, Schulungen mit dem Tool-Anbieter und eine schrittweise Erweiterung der Skills. Denn die Kombination aus Adobe Premiere und Helmut bietet enormes Potenzial – wenn sie richtig genutzt wird. „Es ist vielleicht genau der richtige Zeitpunkt, alte Lasten abzuwerfen“, sagt Förster. „Jetzt, wo wir ohnehin alles neu aufstellen, können wir die Systeme so bauen, wie wir sie wirklich brauchen.“ Das perfekte Setup werde es nie geben – aber das jetzige komme verdammt nah dran.










