Live-Streaming-Nachfrage wächst

Digital Satellite News Gathering (DSNG) ist seit Jahren in der mobilen Live-Berichterstattung fest etabliert. Einige Außenübertragungsdienstleister haben sich auf Satelliten-Uplinks spezialisiert. Dazu kommen immer mehr Live-Streaming-Services. In welchem Wettbewerbsumfeld bewegen sich diese Unternehmen, welche Trends sehen sie? MEDIEN BULLETIN hat sich dazu bei ihnen einmal umgehört.

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Live-Streaming-Nachfrage wächst

Die Außenübertragungstechnik-Branche ist äußerst vielfältig aufgestellt. Neben den Übertragungswagen-Betreibern mit ihren unterschiedlich ausgestatteten und leistungsfähigen Fahrzeugen gibt es Unternehmen, die sich speziell auf das Digital Satellite News Gathering (DSNG) Geschäft konzentrieren. In der Regel stellen sie für größere Produktionen Uplinks für die Satelliten-Übertragung bereit. Oft können sie aber auch kleinere Produktionen mit drei bis vier Kameras oder sogar mittelgroße Produktionen mit bis zu zehn Kameras selbst realisieren.

Entsprechend reicht das Repertoire vom Klassiker, dem Ein-Reporter-Schaltgespräch, bis hin zu Produktionen von mittleren Konzertfestivals und Sportveranstaltungen. SNG-Wagen sind meist darauf ausgelegt, dass ein einzelner SNG-Operator alle notwendigen Geräte steuern kann: den Uplink, eine oder zwei Kameras, einen Videoserver und MAZen, ein kompaktes digitales Audiomischpult, die Kommandoanlage, Drahtlos-Mikrofone. Neben großen Unternehmen wie TVN aus Hannover, die ebenfalls reine SNG- oder mobile Streaming-Einheiten anbieten, mittleren Betreibern wie Betamobil in Berlin, Satcom bei Frankfurt, RT1.TV in Augsburg, Köln und Berlin, die Mahlsehen GmbH bei Leipzig oder auch MEDIA BROADCAST mit mehreren Standorten, unter anderem in Baden-Baden, Berlin, Köln, Hannover und München, tummeln sich auch immer mehr kleinere Anbieter wie Telefactory in Babelsberg, Steiwer TV bei Hamburg, die 0221 Mediagroup in Köln oder auch die Crosscast GmbH in Köln auf dem Markt. Wie schätzen sie die weitere Entwicklung in Sachen SNG und Streaming ein?

„Mittlerweile gehört es zum üblichen Repertoire, dass Broadcaster zusätzlich ein Live-Streaming im Internet anbieten“, sagt Sebastian Scholz, Geschäftsführer der 0221 Mediagroup. Die Haupteinnahmequelle bildet für 0221 jedoch die TV-Übertragung. Streaming gehöre durchaus zum Tagesgeschäft, ergänze beispielsweise oft TV-Übertragungen. So gebe es für manche Veranstaltungen einen kürzeren Sendeslot im Fernsehprogramm, und im Web werde der Event dann über einen längeren Zeitraum übertragen, erläutert Scholz. 0221 arbeitet vorwiegend im klassischen Broadcastbereich. Ein Produktions-LKW mit 7,5 Tonnen deckt mit acht fest installierten Kamerazügen mittlere Sendungen ab. Die Züge lassen sich bei Bedarf erweitern. Zudem sei man für jede Kundenanforderung aufgeschlossen: „Wir haben auch schon mit fünf GoPros gedreht“, sagt Scholz. Neben dem Produktions-LKW bietet die 0221 Mediagroup eine mobile Flightcase-Regie.

„Streaming wird immer mehr kommen“, schätzt wiederum Hacik Kölcü, Mitinhaber der ebenfalls in Köln ansässigen Crosscast GmbH. Das Fernsehen werde zwar, schätzt Kölcü, seine hohe Bedeutung beibehalten. Doch durch die sozialen Medien wachse die Nachfrage nach Live-Streaming. Kölcü und Jens Wolf haben das noch junge Unternehmen erst im Mai 2014 gegründet. Die Kunden von Crosscast stammen zu gleichen Teilen aus dem Broadcast- wie dem Streaming-Bereich. Firmen-Events belegen einen kleineren Anteil. Um die gesamte Bandbreite abzudecken, setzt Crosscast auf ein flexibles technisches Konzept. Kölcü und Wolf haben eine mobile Übertragungseinheit gebaut, die sich sowohl im eigenen Mercedes-Sprinter betreiben lässt, wie auch komplett im Flightcase in einen Veranstaltungsort hineingefahren werden kann. „Nicht immer kommt man mit dem Wagen nah genug ran“, verrät Wolf. Für große Hallen oder auch Studioateliers ohne eingebaute Technik sei das Flightcase daher eine ideale Lösung.

Mit Produktionstechnik wie einem Blackmagic Design ATEM 2 M/E-Bildmischer, einer Kreuzschiene und dem verbreiteten Audiomischpult Yamaha DM 1000 sind sie sowohl für die Fernsehproduktion wie für Streaming-Events gerüstet. Die Kameratechnik wählen die Unternehmer je nach den Produktionsanforderungen. So würden Systemkameras, ENG- oder auch DSLR-Kameras mit selbst entwickelten Adaptern verwendet, so Wolf. Das Unternehmen ist zudem für seine Sonderkamerasysteme wie Highspeed-Minikameras bekannt. Die Preise seien je nach Produktionsaufwand entsprechend unterschiedlich. Je nachdem, ob der Kunde aus dem Broadcast- oder Web-Bereich stamme, werde beispielsweise mit oder ohne Regisseur gearbeitet.

Die Vorstellungen und Produktionsweisen von Broadcast- und Streaming-Kunden unterschieden sich zum Teil beträchtlich, bemerkt Scholz von der 0221 Mediagroup: Die Leute dächten: Streaming – klar, machen wir schon. „Doch so leicht ist es nicht“, weiß Scholz. Denn am Ende erwarteten die Kunden den vollen Broadcast-Workflow mit mehreren Kameras, Kommandoanlage und Kommunikationsverbindungen. Der Produktionsaufwand werde oft nicht richtig eingeschätzt. Ob eine kleine Produktion mit drei bis vier Kameras oder eine größere Produktion mit neun bis zehn Kameras verlangt werde, ob eine reine technische Dienstleistung oder auch Regie und Redaktion gefragt seien, wäre den Kunden oft zunächst selbst nicht klar. „Wir erben Projekte aus dem Prosumerbereich“, sagt Scholz von 0221 mit Blick auf manche Streaming-Kunden, und scheint wenig begeistert über die Rahmenbedingungen. Einigen Kunden fehle die Erfahrung aus dem Broadcastbereich, doch sie erwarteten günstige Tarife. „Die Preise stehen auf dem Kopf“, beklagt Scholz. Dennoch sieht er Streaming positiv: „Das Streaming ermöglicht neue Projekte“, sagt er. Projekte, für die es im klassischen Fernsehen keine freien Sendeplätze gebe. „Wir haben auch dieses Segment drauf“, sagt Scholz, „und beraten unsere Kunden entsprechend.“ Doch man müsse bei den Anfragen genau schauen, wofür man welche Technik einsetzt und die Kunden auf mögliche Probleme aufmerksam machen.

Auch für Jörn Steiwer, Mitinhaber von Steiwer TV in Winsen-Luhe bei Hamburg, ist Streaming durchaus ein Thema. Doch er stellt ebenso fest, dass Internetproduktionen oft mit anderen Standards arbeiteten: Während bei Broadcast Kommunikationsverbindungen zwischen allen beteiligten Gewerken vorausgesetzt werden, sei dies bei Web-Streaming keineswegs selbstverständlich, sagt Steiwer. Intercomanlagen wie die Riedel Artist seien für Broadcast daher unverzichtbar – und gehören daher ebenso zu Steiwers Grundausstattung, wie eine auf Sendesicherheit ausgelegte Infrastruktur: unterbrechungsfreie Stromversorgung (USV), mehrfache Spannungsversorgungen sowie eine redundante Ausführung von wesentlichen Produktionsmitteln wie den Ericsson En- und Decodern sind bei seinem DSNG 2 HD-Fahrzeug an Bord. Daneben bietet Steiwers DSNG zwei fest installierte GVG-Kamerazüge, einen Videoserver vom Typ Grass Valley Summit K2, einen Ross Crossover 12 Bildmischer, eine 32 x 32 Kreuzschiene sowie den Yamaha DM 1000-Audiomischer. Außerdem besitzt Steiwer ein Schnittmobil mit einem Avid Mediacomposer samt Peripherie.

Steiwer ist schon lange im Geschäft. Sein Vater Hermann Steiwer gründete das AÜ-Technik Unternehmen 2003. Er brachte jahrelange Erfahrung als Berater und technischer Leiter in der TV-Branche mit. Auch Jörn Steiwer war über viele Jahre beim ZDF in Mainz angestellt, baute für den Sender das Kerner-Studio in Hamburg Rotherbaum mit auf, dessen Leiter der Tontechnik er bis 2009 war. Zu seinen Kunden zählt Steiwer vorwiegend TV-Sender wie das ZDF, ARD-Anstalten oder Privatsender. „Es gibt eigentlich keinen, für den wir nicht schon gearbeitet hätten“, sagt Steiwer.

Welche Qualitäten als SNG-Operator gefragt sind, offenbart ein Blick hinter die Kulissen einer Produktion von Steiwer beim Bundesligaspiel des HSV gegen Schalke 04. Während ihn Techniker und Producer über die Kommandoanlage ansprechen, telefoniert er parallel mit der Media Broadcast in Usingen, um den Uplink anzumelden, und dem Schaltraum des ZDF in Mainz. Gleichzeitig justiert er die Kamera- und Audioaussteuerung sowie die Antennenausrichtung. Einige Bilder sollen noch vor der Schalte abgesetzt, also zum TV-Sender überspielt werden. Die Regie des Heute-Studios säuselt kaum hörbar aus der Kommandoanlage. Plötzlich sagt Steiwer „Achtung“, und wenige Sekunden später ist der Reporter auf Sendung. Der Rückempfang des TV-Signals erfolgt durch die Satellitenstrecke um wenige Sekunden zeitversetzt zum Reporter vor Ort. Dies erschwert es dem ungeübten Beobachter, dem Verlauf zu folgen. Um hier den Überblick zu behalten, benötigen SNG-Anbieter einige Routine.

SNG-Pionier in Hessen

Satcom mit Sitz im hessischen Heusenstamm ist ein wahres Urgestein der SNG-Branche. Der Ursprung des Unternehmens, so erzählt Geschäftsführer Thomas Becke, lag in einem großen Tonstudiokomplex im hessischen Walldorf. Durch die Umwälzungen in der Musikindustrie und die zunehmenden Aufträge für die TV-Postproduktion verlagerte sich das Engagement Ende der 80er Jahre auf die TV-Produktion. Dann kam die Wiedervereinigung, und das ZDF berichtete auf Korrespondentenbasis aus Leipzig. Das Studio Walldorf Fernsehen realisierte die Übertragungen als technischer Dienstleister mit zwei Reportagewagen.

Ende der 80er Jahre wurden AÜ-Produktionen noch ausschließlich mit Richtfunk realisiert, erzählt Becke. Zu der Zeit fiel das Fernmeldemonopol der Deutschen Post und der private Rundfunk startete in Deutschland. Satcom erhielt als erster privater Anbieter eine Sendelizenz für ein mobiles Satelliten-Sendesystem. „Das dürfen Sie sich nicht wie einen heutigen SNG vorstellen“, erläutert Becke. „Damals waren die Satellitensysteme unerschwinglich.“ Zwei Millionen D-Mark kostete zu der Zeit eine Sendeschüssel mit 3,60 Meter Durchmesser, die auf einem eigenen Aufleger transportiert werden musste.

Heute ist Satcom ein mittelständisches Unternehmen mit mehreren Standbeinen. Es betreibt nicht nur die eigenen acht AÜ-Wagen und SNGs, die mit ihrem Flaggschiff, dem HD 940, Produktionen mit bis zu sieben Kameras abdecken. Becke und Thomas Marquardt, technischer Leiter von Satcom, entwickelten um 2004 eine Steuerung, mit der sich SNGs auch fernbedienen lassen. Dies ermöglichte es TV-Sendern erstmals, Videojournalisten ohne SNG-Operator im Reportagewagen loszuschicken. Die komplette Verbindung hin zum Schaltraum des Senders steuert die Firma Satcom in Heusenstamm. 30 solcher fernbedienbarer Satcom EasyLink-Systeme habe man aktuell am Markt, so Becke, einige davon beim ZDF und beim MDR. Zudem zählt Satcom etwa Globo TV, n24 oder die ARD zu seinen Kunden. Das Unternehmen ist weltweit unterwegs, war etwa für die WM 2014 in Brasilien. Die Unternehmenstochter ProVan Solutions betreibt zudem den Bau von SNGs und AÜ-Wagen. Für die Satcom GmbH ist Streaming seit gut 15 Jahren ein Thema. Anfangs habe man Unternehmens-Veranstaltungen per Streaming übertragen. Die Broadcast-Kollegen hätten die Technik nicht ganz ernst genommen. „Das war qualitativ auch nicht so toll“, erinnert sich Becke. Doch er war überzeugt, es werde ein Thema.

Streaming-Kunden

Welche Kunden beauftragen Live-Streaming? Bei Crosscast stammen die Interessenten aus ganz unterschiedlichen Bereichen: Die Industrie nutzt Streaming beispielsweise für Events, Bildungseinrichtungen setzten Streaming für Schulungszwecke ein. So überträgt Crosscast beispielsweise Operationen in Unikliniken auf Medizinkongresse. Sogar ein paralleles Streaming von mehreren Operationen zugleich werde nachgefragt, sagt Wolf. Aus einem völlig anderen Bereich stammen andere Streaming-Kunden von Crosscast: YouTube-Stars, die auf dem Videoportal so etwas wie kleine TV-Sender betreiben, setzen zunehmend auch Live-Streaming ein. Auch das Streaming auf die Spieleplattform Twitch setze Crosscast oft um. Firmen wie Endemol Beyond und Mediacraft sorgten dafür, dass sich die YouTube-Szene zunehmend professionalisiere. Die Videoplattformen wie YouTube und Twitch sorgen selbst für die Verbreitung der Streams, ein Content Delivery Network (CDN) ist hier nicht vonnöten. Diese Plattformen, so Wolf, eigneten sich perfekt, um Inhalte über Facebook crossmedial zu bewerben und für einen Live-Stream genügend Zuschauer auf den Punkt zu versammeln. Denn nur dann, weiß Wolf, lohne sich ein Live-Streaming überhaupt. Sonst könne man auch ein fertiges Video hochladen.

Crosscast überträgt zudem Live-Konzerte, wie das Ute Lemper-Konzert für Arte Concert. Dabei ist das Unternehmen nur für den Upstream zuständig. Die weitere Verbreitung übernähmen die Sender in der Regel selbst – oder vielmehr deren Streaming-Dienstleiser: „Sie haben bereits Verträge mit CDNs wie Limelight oder Akamai“, erläutert Wolf.

Arte setzt für seine Concert-Reihe vermehrt auf Streaming und ist daher Kunde bei mehreren SNG-Dienstleistern. Auch 0221 und Satcom zählen dazu. So realisierte Satcom für Arte beispielsweise die Übertragung des Cassandra Wilson-Konzerts Ende 2014. Daneben zählt Streaming vor allem auch für das Tochterunternehmen von Satcom, die Kommunikationsagentur ComSat Media GmbH, zum Tagesgeschäft. Die Agentur betreut Firmenkunden wie Siemens, Daimler oder BASF für die elektronische Kommunikation, unterhalte exklusive Verträge mit 20 börsennotierten Unternehmen. 0221 bedient als Streaming-Kunden beispielsweise das 24-Stunden-Rennen in Dubai oder die Snowboard-Veranstaltung Air & Style. Weitere Abnehmer stammten aus dem Corporatebereich, zudem übertrage man auch zahlreiche Musikfestivals, wie für Arte Concert. Pressekonferenzen von Messen wie die Gamescom in Köln oder auch Übertragungen der Fashion Week in Berlin seien weitere Geschäftsfelder.

Auch Telefactory in Babelsberg verfügt über einen Ka-Sat-Übertragungswagen mit Tooway Satellitenschüssel, der auch mit EB-Kamera und Avid-Schnittplatz gebucht werden kann. Der SNG ist schnell einsatzfähig, da er mit Batterien, USVs und Solarzellen ausgerüstet ist und so auch für einen gewissen Zeitraum ohne externe Stromversorgung auskommt. Der Wagen wird sowohl für TV-News-Produktionen als auch für Live-Streaming-Events via Internet angeboten.

Newsspotter KA-Sat

Die mobile elektronische Live-Berichterstattung erfolgt seit Jahrzehnten überwiegend über einen Ku-Band Satelliten-Uplink. Mit dem Newspotter-System über den KA-Sat von Eutelsat und der LTE-Kanalbündelung halten IP-basierte Übertragungstechniken Einzug in die mobile Live-Produktion. Welche Bedeutung hat das Newspotter-System für die SNG-Anbieter? „Der Ku-Band-Uplink ist für uns nach wie vor der gängige Standard“, sagt Scholz. Damit realisiert 0221 Projekte für Kunden wie die EBU oder das ZDF. Der KA-Sat spiele dagegen bisher keine große Rolle, sagt Scholz. Dies werde von seinen Kunden nicht nachgefragt. Mit LTE-Kanalbündelung hätten sie experimentiert. Doch wenn sich in einer Funkzelle, etwa bei Festivals, 150- oder gar 200.000 Menschen aufhielten, sei es mit der LTE-Übertragung vorbei. Der Ka-Sat hätte sicherlich den Vorteil, dass er einen großen Bereich in Europa abdecke, sagt Scholz. Doch bislang habe er keinen Bedarf für eine Investition gesehen. Mobile Streaming-Aufträge realisiert 0221 über einen klassischen Ku-Band-Uplink, der von der Empfangsstation über einen sogenannten Entry Point an ein CDN wie Akamai, Level 3 oder Limelight weitergereicht wird. Alternativ kann ein Internetzugang genutzt werden, den der Veranstalter zur Verfügung stellt.

Für Crosscast dagegen ist der Ka-Sat das wesentliche Übertragungsmittel. Eine Dawson-Antenne für die Ka-Sat-Übertragung haben die beiden Unternehmer angeschafft, jedoch keinen Ku-Band-Uplink. Broadcast-Live-Übertragungen würden sie zusammen mit einem SNG-Dienstleister realisieren, sagt Wolf.

Der KA-Sat werde zunehmend nachgefragt, meint auch Steiwer, die ARD hätte bereits eine KA-Sat-Anbindung für das Hybnet realisiert. Doch Steiwer verweist auf einige Nachteile des Ka-Sat-Konzepts: Die Verbindung gelingt nur über einen Satelliten. Gewähre der Standort des Wagens keine freie Sicht auf den Ka-Satelliten, scheitert der Uplink, und es muss eine geeignete Parkposition gesucht werden. Anders beim Ku-Band: Hier stehen mehrere Satellitenpositionen zur Wahl. Daher sei man bei der Parkposition des Fahrzeugs flexibler, so Steiwer. Zudem könne beim Ka-Sat ein Beam, wenn er von mehreren in einer Region sendenden SNG-Wagen zugleich genutzt wird, rasch ausgelastet sein. Ein weiter Punkt seien Latenzen: „Die sind bei KA-Sat nicht klar definiert“, sagt Steiwer, seien aber über den KA-Sat größer, als bei Übertragungen über das Ku-Band. Die Verzögerungen seien in den letzten Jahren ohnehin gestiegen, etwa durch aufwendigeres En- und Decoding. Bei einem Versatz von nur wenigen Sekunden könne man nicht mehr wirklich von live reden, bemerkt Steiwer.

„Das Ka-Sat-System von Eutelsat ist eigentlich aus der Not heraus geboren worden“, beleuchtet Becke die Entwicklung des Newspotter-Systems. Ursprünglich für die private Internetnutzung konzipiert, sei das Uplink-Potenzial des KA-Satelliten bei Weitem nicht ausgeschöpft worden. Da sei man bei Eutelsat auf die Idee gekommen, unter dem Namen Newspotter einen Uplink für Broadcaster anzubieten. TV-Sender wie Bloomberg oder CNBC hätten den KA-Sat früh für Übertragungen eingesetzt. Hierfür verwendet Satcom Fahrzeuge, die sowohl Ka-Sat wie gebündeltes LTE für die Übertragung nutzen. Dies gewährleiste eine höhere Ausfallsicherheit, erläutert Becke. Eine Steuerung ermittle automatisch, auf welchem Weg die Verbindung besser ist. Ein Cisco-Router mit integriertem QoS-Management könne dann nahtlos während der Übertragung umschalten – ohne sichtbare Störungen.

Der Preisunterschied zwischen Ku-Band- und Ka-Band-Uplinks ist jedenfalls weniger entscheidend. „Der größte Vorteil des Ka-Sat ist die einfachere Infrastruktur auf Empfängerseite“, sagt Becke. Das Ku-Band bedeute einen enormen Aufwand für die Sendestudios – die für den Downlink Parabolantennen installieren müssen. Der Ka-Band-Empfänger benötigt hingegen schlicht eine IP-Adresse.

Satelliten-Uplink via Ka-Band und Live-Streaming-Lösungen bietet seit Jahren auch das Unterföhringer Unternehmen TV1 GmbH von Michael Westphal an. Seine miniCASTER-Satelliten-Uplink-Lösung kann in Kombination mit einem Flightcase oder einem Fahrzeug genutzt werden. TV1 hat die Uplink-Lösung auf Basis von Minis realisiert. Westphal betont, dass die miniCASTER-Satelliten-Uplink Lösungen im Gegensatz zur 3G/4G-Kanalbündelung (Bonding/Multiplexing) dedizierte Bandbreite liefern und es so ermöglichen, von Großveranstaltungen zuverlässig live zu senden. „Mit unseren Satellite-Uplink-Lösungen kann jeder, jederzeit und von jedem Ort in Europa in professioneller Qualität und garantierter Bandbreite Live auf Sendung gehen. Kombiniert mit unserem mobilen HD H.264 Encoder haben wir eine Lösung entwickelt, die den Broadcast-Markt revolutioniert”, betont er.

Ebenfalls auf Ka-Sat-Uplink und auf mobile Internetverbindungen spezialisiert hat sich das 2012 von Tobias S. Gramm gegründete Unternehmen tividoo mit Sitz im Rheinland-Pfälzischen Langenlonsheim. tividoo bietet Internet auf Rädern, einen professionellen WLAN-Hotspot, Video- und Audio Encoding für Livestreaming. Zusätzliches Kameraequipment, Aufzeichnungs- und Streamingserver mitsamt CDN-Anbindung runden das Angebot für die Bewegtbildübertragung ab. Alle Systeme stehen mobil als Flightcase-Lösung zur Verfügung.

Neben den kleineren Spezialanbietern arbeiten heute die meisten SNG-Unternehmen für Web-Streaming. Ob es sich um eine direkte IP-Verbindung mittels einer Standleitung, eine Ka-Sat-, eine LTE-Übertragung oder einen Ku-Band-Uplink handelt, der schließlich zu einem Streaming-Dienstleister gelangt – es führen zahlreiche Wege zum Ziel. Eine feste Größe im Markt ist dabei MEDIA BROADCAST. Das Unternehmen verfügt über neun eigene SNGs. Drei davon sind sogenannte Produktions-SNGs, die unter anderem mit bis zu vier HD-Kameras, Bild- und Tonmischpult, Schnittplatz, Audio-Equipment und Intercom-Anlage ausgerüstet, redundant ausgelegt sind und eine nahezu hundertprozentige Verfügbarkeit bieten. Es können damit bis zu vier TV-Signale gleichzeitig übertragen werden. Und durch die Verteilung auf mehrere Standorte bieten sie den Vorteil, dass sie immer schnell vor Ort verfügbar sind.

Jan Fleischmann

MB 4/2015

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