Zwischen SDI, IP und Cloud – Wie AJA die Broadcast- und AV-Welten zusammenführt

Abe Abt über AJAs Weg von SDI zu IP, die Verschmelzung von AV und Broadcast sowie neue Software-Strategien. Exklusives IBC-Gespräch mit mebucom.

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Abe Abt trägt einen bekannten Namen in der Broadcast-Welt – und das nicht ohne Grund: Als Sohn von Firmengründer John Abt ist er nicht nur Senior Product Consultant bei AJA Video Systems, sondern auch eng mit der Geschichte und Zukunft des Unternehmens verbunden. Im Gespräch mit mebucom gewährt er exklusive Einblicke in die strategische Ausrichtung des Unternehmens und die technologischen Umbrüche, die Branche und Hersteller gleichermaßen fordern.

Ursprung in der Transformation

„Wir sind 1993 angetreten, um technologische Lücken zu schließen“, erinnert sich Abt. Damals ging es darum, zwischen analogen und digitalen Videowelten zu vermitteln. Der erste Markterfolg: kleine, bezahlbare Wandler für SDI und analoge Signale. Es war der Auftakt einer Unternehmensphilosophie, die sich bis heute durchzieht – Komplexität zu reduzieren und Technologie zugänglich zu machen.

So brachte AJA mit dem Ki Pro 2008 einen der ersten digitalen Field-Recorder auf den Markt, der Kamera-Signale direkt in ein schnittfähiges Format auf Festplatte aufzeichnete. Später folgte mit dem FS-HDR ein Tool zur Live-Konvertierung zwischen SDR und HDR. „Die Idee war immer, professionelle Produktionsprozesse zu vereinfachen und in die Live-Welt zu bringen. Und das mit minimaler Latenz und maximaler Kontrolle“, sagt Abt.

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Kundenfeedback als Entwicklungstreiber

Produktideen entstehen bei AJA selten im Labor, sondern im Dialog mit Anwendern. Abt selbst besucht Installationen in Stadien, Unternehmen oder Regierungseinrichtungen und spricht mit Broadcastern, Resellern und Endnutzern. „Wir wollen herausfinden, wo es hakt – und genau dort ansetzen“, sagt er.

Aktuell ist das vor allem die IP-Transformation. Viele Kunden hätten Respekt vor der neuen Komplexität: IP-Technologien bedeuteten ein völlig neues Mindset – weg vom reinen Videotechniker, hin zum IT-Admin. AJA begegnet dieser Hürde mit bekannten Workflows: „Ein KONA IP-Board verhält sich exakt wie eine reguläre KONA-Karte – nur dass die Signale eben über IP laufen“, erklärt Abt.

Abe Abt im Gespräch mit mebucom über technologische Übergänge, globale Trends und die Zukunft von AJA zwischen Broadcast, AV und Cloud.
Abe Abt im Gespräch mit mebucom über technologische Übergänge, globale Trends und die Zukunft von AJA zwischen Broadcast, AV und Cloud.

HDR, IP und die Demokratisierung von Broadcast

Ein zentraler Trend aus Abts Sicht ist die breitere Verfügbarkeit professioneller Produktionsmittel. Mit Tools wie ColorBox oder Bridge Live ließen sich heute Inhalte mit Kino-Anmutung in Echtzeit produzieren und das sogar aus einem Highschool-Stadion in Texas.

„Früher war für so etwas ein Ü-Wagen notwendig. Heute genügt eine Bridge Live-Unit, um einzelne Kamerafeeds ins Netzwerk zu schicken und zentral in Broadcast-Qualität zu verarbeiten“, so Abt. Diese Demokratisierung ermögliche es, deutlich mehr Inhalte in professioneller Qualität zu erzeugen – sei es für E-Sports, Corporate AV oder lokale Events.

Broadcast trifft AV – und die Cloud

Die Grenzen zwischen Broadcast und AV verschwimmen zunehmend. Legislative Sitzungen, Unternehmenskonferenzen oder Kulturveranstaltungen nutzen heute Synchronisationstools und Multi-Kamera-Workflows, wie sie aus der TV-Produktion stammen. „AV wird breiter, Broadcast wird interaktiver. Beides wächst zusammen“, sagt Abt.

Dazu passt auch AJAs strategischer Schritt in Richtung softwaredefinierter Lösungen. Gemeinsam mit Partnern wie Colorfront oder Comprimato entstehen Produkte wie Bridge Live, die stark auf CPU- und GPU-Verarbeitung setzen. Und mit Virtual KONA kündigt sich bereits eine Lösung an, die capture und playout direkt in der AWS-Cloud ermöglicht.

AJA auf der IBC 2025

Globale Formate, einheitliche Workflows

Mit der zunehmenden Globalisierung von Medienproduktionen wird ein weiteres Thema laut: die Vereinheitlichung von Formaten. „Ein Event wie die Fußball-WM zieht Inhalte aus der ganzen Welt. Unterschiedliche Framerates, Rastergrößen oder Farbräume erschweren die Distribution“, sagt Abt. Lösungen wie UDC-4K adressieren genau dieses Problem und wandeln Formate in Echtzeit – egal ob 50p oder 59.94, 4K oder Inversa-Raster.

Konvergenz und Software als Zukunftsmodell

Wo steht AJA in fünf Jahren? Auch wenn Abt kein Orakel bemühen will, ist seine Einschätzung klar: Die Branche konvergiert. Broadcast, AV, IT – all das wachse zusammen. Und AJA werde sich weiterentwickeln, um diese neuen Realitäten zu begleiten. Softwaredefinierte Video-Tools, IP-Integration und globale Formatvielfalt stehen dabei im Fokus.

„Vielleicht muss sich sogar die IBC umbenennen“, scherzt Abt zum Schluss. „Es ist nicht mehr nur die Messe für Broadcaster. Es ist eine Messe für Medien – weltweit.“