Schäffer zeigte sich sehr zufrieden mit dem Auftakt der diesjährigen Veranstaltung. Der langjährige Hands on HD-Kongress war bei seiner ersten Ausgabe mit nur 50 Teilnehmern gestartet. Das Corporate Media Forum ist die direkte Antwort auf die aktuelle Studie der nordmedia, wonach die audiovisuelle Branche in Niedersachsen und Bremen zu 64 Prozent Aufträge von Unternehmen aus dem Corporate Segment erhält. Sender wie Radio Bremen und NDR zählen bei nur einem Drittel der befragten Produzenten zu den Auftraggebern, ebenso verhält es sich mit den Aufträgen aus der Werbewirtschaft. Richtig verwundern kann dieses Verhältnis allerdings kaum, denn Radio Bremen gibt so gut wie keine Aufträge an unabhängige Produzenten heraus, sondern wickelt seine Produktionen über das ausgegliederte Tochterunternehmen Bremedia ab, das jetzt mehrheitlich zu Radio Bremen gehört, die Minderheitsbeteiligung liegt bei der Bavaria. „Corporate Media hat daher in Niederachsen und Bremen einen besonderen Stellenwert. Unsere Aufgabe als Medienförderer ist es, diese Geschäftsfelder zu fokussieren und Auftraggeber und Kreative im Land zusammen zu führen und die Vernetzung zu fördern“, erklärte Schäffer.
Projektmanagerin Lisa May sieht die früher eher getrennt operierenden Bildproduktionsbranchen im Zuge der digitalen Technologie weiter zusammenwachsen. Die starke Unternehmensstruktur in Niedersachsen und Bremen biete nicht nur solvente Auftraggeber mit hohen Budgets, sondern sei auch sehr innovationsgetrieben, da die Unternehmen in ihrer Kommunikations- und Werbestrategie stets den neuesten Trends folgen.
Das erste Corporate Media Forum eröffnet eine Plattform für die Kreativbranche und die Unternehmen als potentielle Auftraggeber, erklärt May, die zudem auf eine starke Präsenz von großen Firmen wie VW oder Continental aus Niedersachsen sowie der Still GmbH aus Hamburg beim ersten Corporate Media Forum verweisen kann. An der Hochschule Hannover ist zudem der neue Studiengang „Integrierte Medienkommunikation“ gestartet mit dem Ziel, die Absolventen an der Schnittstelle von Marketing, Public Relation, Design und Journalismus zu qualifizieren.
Integrierte Medienkonzepte, die alle digitalen Kanäle nutzen, interaktive Einbeziehung von Mitarbeitern und Kunden in die Kommunikation und vor allem Bewegtbild-Kampagnen sind die aktuellen Instrumentarien für Corporate Media, ganz gleich ob Schulung, Mitarbeiterinformation oder Imagetransfer generiert werden soll. Videos sind gegenüber Texten oder auch Standbildern klar im Vorteil, wenn es um emotionale Botschaften geht. „Bewegtbild ist ein großer Treiber des Medienwandels“, wie es Peter Skulimma von der Schickler Unternehmensberatungs GmbH sieht, der in seinem Vortrag den Weg vom Corporate Publishing hin zum voll integrierten Newsdesk zeichnete, das täglich alle Kanäle nutzt, wodurch das Unternehmen selbst zum Sender wird. Die Unternehmenskommunikation folgt dabei der aktuellen Mediennutzung, die zunehmend individuell und mobil geschieht. Multi Screen-Nutzung ist ebenso ein Faktor wie die Interaktion mit dem Kunden oder Konsumenten, der im besten Fall selbst zum Inhalte-Produzenten wird. „Eigene Unternehmensinszenierungen sind heute nicht mehr gefragt, im Vordergrund steht die Kommunikation mit dem Kunden“, so Skulimma. Gleichzeitig besteht der Anspruch, die eigenen Inhalte auf einem glaubwürdigen und journalistischen Niveau zu vermitteln, um mit diesen Inhalten die Medien bedienen zu können. Ein Konzern wie Mercedes Benz beschäftige heute schon mehr Journalisten als die Auto Motor Presse in Stuttgart, weiß Skulimma. Gut gemachte Unternehmensvideos sind in den Medien gefragt, wie die Marketing-Vertreter von VW und Continental bestätigen. Das hochgeladene Footage-Material werde von Onlinemedien, Zeitungen und auch von den Sendern genutzt, selbst wenn es gebrandet ist. Es sollten allerdings keine komplett fertigen Imagefilme sein, die seien nicht unterzubringen auf dem Markt.
Aktuell ziele eine Corporate Marketing-Strategie darauf ab, auf den Kunden einzugehen, diesen über die Social Media-Kanäle einzubeziehen. Das klassische Imagevideo weicht der wesentlich schnelleren Kundeninteraktion. Unternehmen wie der Sportartikler Nike beziehen Twitter oder Facebook ein, wenn es um die Entwicklung neuer Produkte geht. Am Ende dieses Transformationsprozesses der Corporate Media-Kommunikation stehe bei großen Unternehmen der Corporate News Desk, in dem jedes Publishing-Ressort vertreten ist. Dort werden täglich Breaking News Flows generiert und durch die Kanäle verbreitet. Die großen Unternehmen nutzen für ihre Videos die eigene Firmen-Webseite ebenso wie die YouTube-Kanäle.
Zunehmend machen sich Agenturen für Promotion-Kampagnen auch Live-Events zu nutze oder inszenieren solche im Dienste der Corporate Media Kommunikation. Hannes Puzig von DAMS Events führte dies am Beispiel der Kampagnen zum Fallschirm-Sprung aus der Stratosphäre (Red Bull) und einer Presseschau von Lamborghini in Los Angeles aus, die zu einer Event-Kampagne umgemünzt wurde. Event-Kanäle dienten der Content-Vermittlung, dem Image Transfer und der Kommunikation, bei der die Konsumenten selbst zum aktiven Part werden. Die Red Bull-Kampagne rund um den Fallschirmabsprung im vergangenen Sommer hatte bereits im Februar 2013 medial eingesetzt. Bedient wurden alle Kanäle von Print, über TV-Berichte bis hin zu Online-Medien und Social Media. Die Liveübertragung dieses Sprungs sowie als Stream über NewTube wurden von rund zehn Mio. Zuschauern verfolgt. Einem Investment von 50 Mio. US Dollar stünde ein geschätzter weltweiter Mediawert von einer Milliarde US-Dollar gegenüber. Diese Live-Campaigns seien durchaus skalierbar, ist sich Putzig sicher. Das funktioniere nicht nur für die großen Marketing-Kampagnen von Weltfirmen, sondern sei ebenso gut auch für eine lokale sozialpädagogische Einrichtung in Wuppertal einsetzbar.
In Best Practice Cases stellten Unternehmen ihre Kommunikationsstrategien vor. Einen integrierten Ansatz für die B2B als auch B2C-Kommunikation verfolgt beispielsweise das Logistikunternehmen Still GmbH aus Hamburg, das auf Gabelstapler-Fuhrparks, Lager-Technologie und -ausstattung sowie Logistik-Software spezialisiert ist. Das Unternehmen setzt die Unternehmensvideos zu Information und Schulung ein, aber auch für die Mitarbeitermotivation. Und gutes Storytelling ist auch für den klassischen Unternehmensfilm maßgebend. Wie unterhaltsam so etwas aussehen kann, zeigt das Beispiel eines Videos aus der Hausproduktion, das mit den Mitteln des Musicals den Gabelstaplerfahrer als Helden jedes Lagers feiert; das Video entwickelte sich zum Hit bei der Belegschaft und wurde in der Firma und außerhalb schnell weiter verbreitet. Für die weltweiten Kunden hat das Unternehmen einen interaktiven Produktkatalog für die mobilen Endgeräte entwickelt. Die im vergangenen Jahr mit einem Wirtschaftspreis für die beste Kommunikation ausgezeichnete App soll Kunden helfen, sich selbst aktiv mit den Produkten von Still zu beschäftigen. Auch die Still GmbH verbreitet seine Videos über alle Kanäle von der eigenen Webseite bis hin zu YouTube. Allerdings setze man diese Produktionen zuerst in der Binnenkommunikation ein, um die Mitarbeiter zu informieren und für ein positives Binnenklima zu sorgen.
Auch der Reifenhersteller Continental Reifen Deutschland aus Hannover will die Identifikation der Mitarbeiter mit dem Geschäftsbereich Nutzfahrzeugreifen stärken und mit emotionalen Videos das Markenimage nach außen emotionalisieren, wozu sich gerade Videos sehr eignen. Als länger und auf Identifikation angelegtes Projekt setzt der Reifen-Spezialist auf Mitarbeiter-Testimonials, für die Mitarbeiter quer durch alle Abteilungen des Unternehmens bis zur Geschäftsleitung interviewt wurden. Die Interviews wurden frei geführt, erklärte Susanne Melcher dieses Firmenkommunikations-Projekt. Ziel ist es jedem Mitarbeiter seine eigene Geschichte erzählen zu lassen. Auch diese Videos werden intern wie extern genutzt und von den Mitarbeitern selbst weiter verbreitet. Die klassische Unternehmenskommunikation unterliegt einem starken Wandel. Cross Media, Social Media, Smartphone und Tablet PC lassen den Bereich Corporate Communication dynamisch wachsen. Kampagnen, die diese Instrumente bedienen müssen emotional sein, aber auch authentisch und sie müssen Relevanz und Mehrwert bieten, hieß es in einigen Vorträgen. Wesentlich mehr als früher wird der Kunde zum Markenbotschafter. Und er wird zunehmend zum Kommunikationspartner. Der Blick auf Social Media hat zu einem Paradigmenwechsel geführt. Es geht offenbar nicht mehr darum, mit Inhalten auf die Social Media Seiten zu gehen und dann die Reaktionen abzuwarten. Sondern heute wird erst geschaut, was die Menschen über Twitter oder Facebook gerade beschäftigt und was sie wichtig finden und dann die Inhalte darauf ausgerichtet. Eine solches Corporate Publishing muss flexibel und schnell reagieren können und möglichst mit seinen Kunden in Kontakt sein. Parallel zum Corporate Media Forum veranstaltete die ARD, ZDF Medienakademie einen Hackathon. Binnen 24 Stunden entwickelten die 30 Teilnehmer in fünf Projektgruppen Konzepte für Serious Games oder Apps.
Bernd Jetschin
© CorporateMedia
MB 5/2014