Das neue Erzählen

Mit der „B3 BienNale des bewegten Bildes“ geht in Frankfurt ein neues Festival an den Start. Die Hochschule für Gestaltung Offenbach (HfG) hat im Auftrag des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst (HMWK), der Hessischen Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien (LPR) und der Wirtschaftsförderung Frankfurt das Konzept für die Veranstaltung erarbeitet. Sie soll alle zwei Jahre die aktuellen Entwicklungen im Bereich des bewegten Bildes von der Konzeption über die Produktion bis hin zur Distribution und Rezeption thematisieren. Ein eintägiger Kick-Off-Event im Dezember 2012 zeigte die Richtung, die die neue Bewegtbild-Biennale nehmen wird. MEDIEN BULLETIN sprach darüber mit dem B3 Biennale-Leiter Prof. Bernd Kracke, HFG-Präsident und Präsidiumssprecher der Hessischen Film- und Medienakademie (hFMA).

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Das neue Erzählen

B3 ist ein neues Konzept, mit dem Sie Ende vergangenen Jahres eine Auftaktveranstaltung gemacht haben. Waren Sie mit dem Kick-Off zufrieden?

Wir haben ja zwei Veranstaltungen gemacht, eine am Tag in der Naxos-Halle und eine Gala mit anschließendem Empfang und Party am Abend. Am Tag haben wir uns dem Dialog mit den Protagonisten, den Beteiligten aus Gesellschaft, Kultur und den Branchen gewidmet. Das war meines Erachtens ein sehr erfolgreiches Format, mit interessanten Präsentationen und Gesprächen, die auf einen fruchtbaren Boden trafen. Auch die Publikumsresonanz war mehr als vielversprechend, denn das Thema betrifft uns alle. Die Abendveranstaltung hatte dann eine eher repräsentative Ausrichtung, bei der es darum ging, das ganze Themenspektrum aufzublättern. Dazu hatten wir vorwiegend regionale Vertreter eingeladen, die auch sehr erfolgreich international agieren. Oscargewinner kommen ja nicht nur aus Hollywood, sondern auch aus Frankfurt und Kassel.

Die Fokussierung auf regionale Vertreter hatte wohl auch mit der Kürze der Zeit zu tun, die für die Organisation des Auftakts zur Verfügung gestanden hat. Anders wäre es ja wohl kaum möglich gewesen?

Nein, das war nicht nur der kurzen Zeit geschuldet, sondern sollte auch ein Auftaktstatement sein: B3 ist überall und auch besonders in der Rhein-Main-Region. Aus meiner Sicht war der gesamte Auftakt der B3 ein Erfolg, bei dem wir das, was wir in diesem Jahr vorhaben, anklingen lassen und auf den Weg bringen konnten. Allianzen wurden geknüpft. Jetzt planen wir gerade die erste Biennale, die vom 30. Oktober bis 3. November 2013 stattfindet und die selbstverständlich einen ganz anderen Umfang haben wird.

Können Sie schon Konkretes zum Planungsstand sagen?

Es ist noch nicht alles fixiert, aber die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren. Die B3 wird aus den drei Modulen – Festival, Parcours und Campus – bestehen. Besonders das übergeordnete Thema „Expanded Narration. Das neue Erzählen“ hat schon jetzt für großes Interesse und Aufmerksamkeit gesorgt. Es ist eine ideale und spannende Klammer für das vielschichtige und facettenreiche Programm der B3.

Das Festival wird in der Verschränkung mit dem Parcours und dem Campus die zentrale Fragestellung der „Expanded Narration“ durch herausragende Protagonisten aus Kunst, Design und Wissenschaft thematisieren. Der zentral gelegene Frankfurter Kunstverein wird das B3 Festivalzentrum sein und eine Videoausstellung mit dem Thema „Per Speculum Me Video“ beisteuern. Ihr Titel behauptet auf lateinisch, dass ein Ich sich mit dem Spiegel sehen könnte – und wirkt durch seine Diktion wie ein in Vergessenheit geratener Zauberspruch.

Wie weit ist die Partnersuche zum Event voran geschritten?

Der Parcours versammelt schon jetzt zehn Ausstellungspartner mit eigenen Beiträgen. Beteiligt sind der Kunstverein Frankfurt, das Deutsche Filmmuseum, das Museum für Kommunikation, das Städel Museum und die Städelschule mit dem Portikus, das Weltkulturen Museum, das Museum für Angewandte Kunst Frankfurt, das Museum für Moderne Kunst, das Deutsche Architekturmuseum sowie die Basis.

Auch der Campus, der in Kooperation mit der Hessischen Film und Medienakademie (hFMA), dem Netzwerk der 13 Hochschulen Hessens, entsteht, nimmt konkrete Gestalt an. In prominent besetzten Vortragsreihen, Panels, Screenings und Workshops fokussieren wir Themen aus Forschung und Lehre. Öffnen aber auch das Nachwuchsangebot für Schüler und Kinder.

Eine Gala gibt es aber doch auch wieder?

Es wird natürlich eine Eröffnung und eine abschließende Abendveranstaltung mit Preisverleihungen geben, am Sonntag, den 3. November 2013. Aber auch an allen anderen Abenden wird es spezielle Events wie Screenings, Performances und Konzerte sowie After Hours Clubs geben. Also B3 rund um die Uhr.

Was wollen Sie mit B3 am Ende erreichen?

Wir werden zentrale Bereiche rund um das Thema Bewegtbild präsentieren: das bewegte Bild in allen Facetten der Kreation und Produktion, der Distribution und Rezeption und auch Reflektion erfassen und in seiner umfassenden Relevanz präsentieren, ausgehend davon, dass das bewegte Bild ein zentrales Element in der Kultur unserer Zeit ist. Daraus ergeben sich zahllose Verknüpfungsmöglichkeiten. Bereits auf unserer Auftaktveranstaltung hat sich doch gezeigt, dass Kino und Fernsehen nicht mehr allein im Zentrum stehen. Kino und Fernsehen, wie wir es kennen, werden sich in dieser Form nicht endlos fortschreiben lassen. Deshalb lautet das Leitmotiv der Biennale in diesem Jahr „Expanded Narration – Das neue Erzählen“ – B3 wird sich erweiterten, verdichteten Erzählformen widmen, die durch technologische Innovationen und eine fortschreitende Medienkonvergenz alle Formen des bewegten Bildes betreffen. Zusammenfassend ist festzustellen, dass es unheimlich viel Bewegung gibt. Wir spüren eine hohe Dialogbereitschaft, das Publikum ist offen und auch die Macher sind am Gespräch interessiert. Es besteht ein generelles Interesse an spannenden Präsentationen. Wir wollen insbesondere auch den Nachwuchs -Schüler und Studierende -ansprechen. Kurz gesagt, wir wollen die Bedeutung, die das bewegte Bild heute und im 21. Jahrhundert hat, in den Fokus stellen.

Sie haben sich ja implizit vom Fokus der Vorgängerveranstaltung eDIT abgesetzt, die voll auf Kino und ein wenig auf Fernsehen ausgerichtet war. Ursprünglich wurde die eDIT als Wirtschaftsförderinstrument konzipiert. Bei B3 habe ich den Eindruck, dass es ein vielschichtiges Programm ist, in dem auch Kultur- und Kunstaspekte eine Rolle spielen. Wie sieht es denn mit den wirtschaftlichen Verknüpfungen aus?

Die Verbindung zu den unterschiedlichen Branchen bleibt ein wichtiger Aspekt. Bei unserer Kick-off-Veranstaltung im Dezember konnten wir von Pixomondo über die Spieleentwickler und MESO bis hin zum Reklamefilmpreis das bemerkenswerte Spektrum, das die Region zu bieten hat, präsentieren.

Es wird auch auf der Biennale ein Segment Markt geben, das Schnittstellen zwischen Industrie, Nachwuchs und beispielsweise den neuen Technologien herstellen soll. Ich denke, dass alle Bereiche von einer internationalen und hochqualitativen Leuchtturmveranstaltung profitieren. Die Region profitiert doch stärker von einer Veranstaltung mit großer Strahlkraft als von einer eher kleinteilig ausgerichteten Veranstaltung mit Fachmesse- oder Fachkongress-Charakter. Es braucht eben Impulse aus anderen Szenen. Das Feedback, das wir aus den audiovisuellen Branchen bekommen, ist durchweg positiv. Nichts wäre doch fader, als im eigenen Saft zu schmoren. Das ist auch nicht nachhaltig!

An dem Kick-off haben auch der Künstlerische Leiter der Ars Electronica in Linz und andere internationale Meinungsbildner teilgenommen. Wird es Kooperationen geben beziehungsweise welche Möglichkeiten haben Sie überhaupt, im Konzert international renommierter Festivals ein eigenes Profil zu entwickeln?

B3 ist ein neues Format. Das ist das eine. Wir sind nicht alleine auf der Welt, das ist das andere. Die Ars Electronica gibt es seit über 30 Jahren und sie hat es geschafft, sich im sehr engen Verbund mit dem ORF-Studio Linz zu einem internationalen Leitfestival zu entwickeln. Das kann man sicher nicht im ersten Jahr erreichen. Aber wir können natürlich von den erfolgreichen Veranstaltungen lernen und die notwendigen Konsequenzen für unsere Arbeit daraus ziehen. Eine Konsequenz ist sicher, das Konzept maßgeschneidert auf Frankfurt und die erweiterte Rhein-Main-Region anzulegen. Die Rhein-Main-Region hat durch die Einbindung der vielen Museen, den unterschiedlichen Bereichen der Wirtschaft und der Hochschulen eine Menge Potential, das nicht jeder Standort bietet. Dies ist ja auch die Basis für die von der B3 initiierte Allianz des bewegten Bildes. Ich bin überzeugt davon, dass man durch diese vernetzte Herangehensweise eine Menge Dynamik entwickeln kann. Das ist eine große Chance, die wir nutzen müssen.

Für die Ars Electronica in Linz spielt ja der ORF eine wichtige Rolle. In Frankfurt wäre der Hessische Rundfunk ein entsprechender Partner. Wie schätzen Sie ein entsprechendes Engagement ein?

Wir sind im Gespräch mit dem hr und mit vielen anderen möglichen Partnern. Wir werden sehen, wie sich das weiterentwickelt. Aber unser Allianzgedanke basiert natürlich stark auf Kooperationen und wir freuen uns über jeden neuen, motivierten und leistungsfähigen Partner. Für den Auftakt hatten wir beispielsweise arte mit an Bord. Aber auch die FAZ und das Journal Frankfurt. B3 muss breit wahrgenommen werden und muss entsprechend in allen Medien auftauchen.

Was ist eigentlich jetzt genau die Rolle der HfG bei B3?

Als Kunsthochschule des Landes Hessen sind wir der kreative Nukleus und Veranstalter der B3. Wir sind auch Mitinitiator und Gründungsmitglied der Hessischen Film- und Medienakademie (hFMA) und stellen damit eine logische Verbindung her zu dem künstlerisch-wissenschaftlichen Netzwerk der 13 hessischen Mitgliedshochschulen. Das B3-Konzept wurde von unserer Film-/Videoprofessorin Rotraut Pape, dem Filmemacher und Kurator Marcel Schwierin aus Berlin und mir entwickelt. Mittlerweile arbeitet ein umfangreiches und hoch engagiertes Team von HfG-lern und aus weiteren hessischen Hochschulen mit hinzugezogenen Spezialisten an der Detailplanung und Umsetzung der ersten B3.

Und welche Ziele verfolgt hier die hFMA?

Die hFMA mit ihrer Geschäftsstelle an der HfG in Offenbach ist ein deutschlandweit einzigartiges Netzwerk, das seit 2007 als Anlauf- und Ausgangspunkt für eine Vielzahl von avancierten hochschulübergreifenden Kooperationen, Veranstaltungen, Projekten, Präsentationen und Gemeinschaftsauftritten der 13 hessischen Hochschulen mit Lehrangeboten im Bereich Film und Medien fungiert. Durch Veranstaltungen wie etwa den „Hessen Talents“ während der Berlinal ein Berlin hat die hFMA in der Szene der deutschen Filmhochschulen eine deutliche Sichtbarkeit und Anerkennung erreicht.
Dieter Brockmeyer
(MB 05/13)

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