Für die Hersteller scheint es eine ausgemachte Sache zu sein, dass 3D fester Bestandteil des Home Entertainments sein wird. 3D-Displays überschreiten bereits die 100cm-Diagonale und sind bei kleineren Diagonalen schon für deutlich unter 1.000 Euro zu haben. Jedoch gilt gerade im 3D-Bereich, je größer, je besser, da beim Sehen von 3D idealerweise der komplette Sehbereich ausgefüllt sein soll. Der koreanische Anbieter LG gibt bei 3D das Tempo vor, indem er nicht nur die günstigsten und größten 3D-Fernseher und -Projektoren anbietet, er setzt vor allem auf passive Polfilter.
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„Wir sind der Überzeugung, dass mit der Verringerung der Kosten für 3D-Fernseher und -Brillen sowie einer allgemeinen Erholung der weltweiten Wirtschaft 3D-Fernsehen deutlich zunehmen wird”, ist LGs Home Entertainment President [&] CEO Havis Kwon überzeugt. Auch für Jürgen Boyny, Global Director Consumer Electronics, GfK Europe, steht fest, dass 3D ein festes Feature der Home Entertainment-Zukunft sein wird: „2012 wird der weltweite Flatscreen-Markt zu 20 Prozent aus 3D-fähigen Fernsehern bestehen. Und Konsumenten werden alleine deshalb schon 3D-Fernseher kaufen, um sicher zu sein, dass sie technologisch zukunftssicher sind und nicht plötzlich mit einer veralteten Technik dastehen.“
Passive Brille vs. Shutterbrille
Aber auch Philips hat den Markt von passivem 3D für sich entdeckt. Diese Technik ist deutlich günstiger, als die bisher im Home-Bereich favorisierte aktive Technik für die eine in der Anschaffung ebenfalls teuere Shutterbrille notwendig ist. Sie hat allerdings den Nachteil, dass für die Darstellung ihrer Bilder die Größe der Bildinformationen geteilt wird. Bei Shutterbrillen wird abwechselnd ein Bild für ein Auge projiziert, während die Shutterbrille das andere abdeckt. Dadurch wird jedes Bild in voller Auflösung dargestellt. Bei der passiven Variante werden beide Bilder gleichzeitig auf dem Bildschirm gezeigt. Dafür werden dem linken Bild die gerade Zeilen und dem rechten die ungeraden Bildzeilen zugewiesen. Dadurch können die Bilder jedoch nur in halber Auflösung dargestellt werden. Die Trennung der Bilder erfolgt mit Hilfe einer auf das Display geklebten Polarisationsfolie.
Kritiker verweisen darauf, dass so kein HD-Bild mehr möglich ist. Anderseits werden 3D-Bilder vom Zuschauer grundsätzlich als schärfer wahrgenommen, weshalb die Reduzierung der Bildqualität subjektiv nicht auffällt. Das passive Verfahren ist nicht nur deutlich günstiger als das aktive Verfahren, es ist zudem flimmerfrei und man hat keine Probleme mit der Infrarot-Verbindung zwischen Brille und Fernseher – sei es durch Hindernisse oder niedrigen Stromstand der Brille. Beim aktiven Verfahren kann der Zuschauer zudem oft ein irritierendes Flimmern bemerken, das sowohl von den Shutterbrillen selbst verursacht wird oder aber von Frequenzen bestimmter Leuchtkörper.
Da die passive Technik also einige erhebliche Vorteile aufweist, vorneweg den Preis bei den Geräten aber auch bei den Brillen, dürfte sie bald die Dominierende werden. Aber auch hier gilt: der Konsument muss sich genau überlegen unter welchen Umständen er 3D sehen will und die Entscheidung für eine Technik und für ein Gerät davon abhängig machen. Hilfestellung bei der Wahl gibt der „Einkaufsberater 3D-Geräte“ der Deutschen TV-Plattform. (Ähnliche Guides sind unter anderem auch zu den Themen Hybrid-TV oder Heimvernetzung erschienen.)
Autostereoskopie
Ein weiterer Schritt auf dem 3D-Display-Markt ist das autostereoskopische Display. Für den Einzelbenutzer und auf kleinen Monitoren, wie sie auf der Rückseite von Digitalkameras oder aber auch auf Laptops verwendet werden, funktioniert die Technik schon ganz leidlich. Für den Wohnzimmergebrauch steckt sie jedoch noch in den Kinderschuhen. Dies hat einige Hersteller jedoch nicht davon abgehalten autostereoskopische Displays vorzustellen. Philips präsentierte ein großes Display auf seinem Stand. Mit dem richtigen Abstand war auch ein gutes 3D-Bild zu erkennen, dass qualitativ einem Bild mit 3D-Brille in Nichts nachstand. Allerdings darf man sich nicht all zu viel bewegen, da man ansonsten in den ‘View’ des Nachbarn gerät. Autostereoskopische Fernseher teilen die Bilder für das rechte und das linke Auge mit Hilfe einer integrierten Prismenfolie.
Damit mehrere Zuschauer gleichzeitig Fernsehen können, wird pro Zuschauer ein eigenes Bild, ein View, benötigt. (mehr zur Funktionsweise von autostereoskopischen Displays und ihren Problematiken im Interview mit Ulrich Leiner vom Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut in MB 12/10, S. 34). LG versucht dieses Problem mit einem Augenverfolger zu verhindern. Der überprüft ständig die Position der Augen und sorgt dafür, dass das Bild auf die Augen justiert bleibt. Toshiba setzt große Hoffnungen auf die neue Glasses-Free-Technologie und erweckt in seinem öffentlichen Auftreten den Eindruck, als ob Glasses-Free allgemeiner Standard sei.
Die Firma zeigte ihre autostereoskopischen 3D-Fernseher den Besuchern der IFA in Viewing-Räumen, die jedoch zu kurz geraten waren, so dass man zu nahe am Gerät saß, was dazu führte, dass sich der 3D-Eindruck schwer einstellte. Die Toshiba-Technik arbeitet mit einer vierfachen Full-HD-Auflösung, deren Rechenleistung von der Eigenentwicklung CEVO Engine bewältigt wird, und einer ausgeklügelten 3D Linsensteuerung. „Die Technik ist marktfähig“, sagt Sascha Lange, Marketingchef, Consumer Visual Products von Toshiba Europe. Samsung hingegen verzichtet noch auf die Vorstellung dieser Technik, weil die Firma sie als „nicht ausgereift und daher nicht marktreif“ betrachtet, so ein Sprecher. Dafür erreichte das Unternehmen im ersten Halbjahr 2011 in Europa bei Fernseh-Flachbildschirmen einen Marktanteil von 30,8 Prozent. Jeder dritte LED- und jeder zweite in Europa verkaufte 3D-Fernseher stammt von Samsung.
Im Grunde sind bei autostereoskopischen Fernsehern nur bis zu 9 Views möglich. Durch jeden View verringert sich entweder die Auflösung des Bildes oder die Leistung des Fernsehers muss erhöht werden. Die deutsche Firma Jobo hat nun eine Technik entwickelt, die bis zu 28 Views erlaubt.
Konversion und Übersprechen
Unabhängig von den Bemühungen autostereoskopische Displays zu entwickeln, versuchen die Hersteller ihre 3D-Fernseher immer weiter zu verbessern und mit verschiedenen Features auszustatten. Fast alle Anbieter bieten auch Fernseher an, die das normale 2D-Bild in ein 3D-Bild umwandeln können. Mit leidlichen Ergebnissen wie man sich überzeugen konnte. Allerdings funktioniert die Konversion nur in die Tiefe. Mit ihr können keine Gegenstände aus dem Fernseher heraus ragen. Panasonic bietet zudem eine Technik an, die das sogenannte Übersprechen verhindert. Mit Übersprechung oder Cross-Talk wird das Phänomen beschrieben, wenn das Vorgängerbild noch sichtbar ist, während sich das nächste schon aufbaut. Das ist gerade bei Schnitten störend.
Diese Technik funktioniert vorerst allerdings nur bei dem von Panasonic im Grunde beherrschten Markt an Plasma-TV-Geräten. Auch eine weitere Problematik von 3D wurde angegangen: der durch die Brillen verursachte Helligkeitsverlust wird automatisch ausgeglichen, wenn der Fernseher in den 3D-Modus schaltet. Doch 3D ist nicht nur eine Sache des Sehens. Um das neue Seherlebnis auch genießen zu können, muss auch der Ton entsprechend verarbeitet und projiziert werden. LG hat dafür das HX906TX-Soundsystem entwickelt sowie den CINEMA 3D Sound HTS mit einem 9.1 Lautsprechersystem.
Den neuen Anforderungen hat sich auch Sonic Emotion gestellt, ein Anbieter für 3D-Tonsysteme. Ein neuer, auf der IFA vorgestellter Chip ermöglicht auf Grundlage der Wellenfeldsynthese die Konvertierung von Ton in ein ausbalanciertes Tonumfeld für Räume jeglicher Größe.
Marktgröße
Der Markt für 3D-Fernseher – wie auch der für Hybridfernseher, wobei in der Regel Beides im selben Gerät vereint ist – wächst sichtbar. Zurzeit soll es laut einer Erhebung der Beratungsfirma Goldmedia zusammen mit der gfu und ZVEI eine Millionen 3D-fähige Fernseher in Deutschland geben. 2012 sollen es schon mehr als das Doppelte, 2014 das Sechsfache und 2015 rund 8,4 Mio. Stück sein. Futuresource sagt sogar eine Anzahl von 13,6 Mio. für 2015 voraus. Für Europa sagt Display Search einen Anteil an 3D-Fernsehern von 45 Prozent (20,25 Mio. Stück) im Westen und 30 Prozent (8,4 Mio.) im Osten für 2015 voraus.
Eine Erhebung von In-Stat ergab, dass 2015 weltweit 300 Mio. Haushalte mit einem 3D-fähigen Fernseher ausgestattet sein werden. Das ist in sofern eine relevante Erkenntnis, da es abseits des Kinofilms noch immer zu wenig Inhalte für den 3D-Entertainment-Markt gibt, der getreu der Henne-Ei-Problematik, zögerlich entsteht und zudem von der Strategie des Bundeling gebremst wird. 3D-Titel von Kinofilmen werden noch immer zu oft in Verbindung mit 3D-Hardware verkauft, was das Nachkaufen attraktiver Filme für Besitzer von 3D-Abspieltechnik erschwert. Allerdings sollte sich dieses Problem längst erledigt haben, denn der Nachschub an 3D-Filmen ist enorm. Pro Jahr kann man weltweit mit 50 bis 100 Titeln rechnen.
Designer-3D-Brille
Der Abonnementsender sky geht 3D mit einem proaktiven Marketing an. Nach dem Motto Seeing is Believing hat der Sender 120 Sportbars mit 3D-Displays ausgerüstet, um zu zeigen, dass 3D im Fernsehen einerseits grundsätzlich und andererseits auch in der Menge funktioniert. Noch wird immer wieder die These penetriert, dass 3D in Kneipen oder zuhause nur dann wirklich funktioniert, wenn keine Brille mehr benötigt wird. Nach Stand der Dinge, ist dies jedoch ein sehr schwaches Argument. Die viel versprechende autostereoskopische Technik schränkt den Bewegungsspielraum im Gegensatz zu einer Brille, und hier insbesondere der Polbrille, extrem ein. Jede kleinste Bewegung kann dazu führen, dass der 3D-Effekt verloren geht. Das ist nicht nur per se nervend, richtig hässlich wird es, wenn es gerade dann passiert, wenn ein Tor fällt. Zudem ist die Zahl der möglichen Zuschauer durch die Views limitiert.
Auch ist Brillentragen nicht so unangenehm wie von den Kritikern von Home-3D gerne behauptet wird. Immerhin trägt der Mensch bei zahlreichen Gelegenheiten Brillen, etwa um sich vor der Sonne zu schützen, als (temporäre) Lesebrille oder (ebenfalls temporär) um Auto fahren zu können. Auch Brillenträger müssen sich nicht länger mit einer zweiten Brille herum ärgern: wie bei Sonnenbrillen auch, gibt es Aufsetzer, die auf die eigentliche Brille geklemmt werden. Und wem all dies nicht gefällt, kann sich seine eigene passive 3D-Brille mit geschliffenen Gläsern anfertigen lassen oder ein Designermodell kaufen. Letztere bietet die Firma EX3D in großer Bandbreite, inklusive Aufsteckern, an. Die Brillen sind nicht nur vom 3D-Technikanbieter RealD zertifiziert und erfüllen alle Standards der optischen Industrie, sie verfügen über gewölbte Linsen, die 3D besser darstellen, als die im Kino erhältlichen flachen 3D-Brillen. Im Gegensatz zu diesen können EX3D-Brillen auch als leicht tönende Sonnenbrillen verwendet werden.
3D-Standards
Der Popularität von 3D wird auch an anderer Stelle Rechnung getragen. Die SMPTE (Society of Motion Picture and Television Engineers) arbeitet an einem 3D Home Master Format sowie einer Standard Disparitiy Map und das Joint Technical Committee (JTC) Broadcast der European Broadcasting Union (EBU), des Comité Européen de Normalisation ELECtrotechnique (CENELEC) und des European Telecommunications Standards Institute (ETSI) haben im Februar 2011 eine technische Spezifikation zur Anlieferung von 3D-Content unter dem Begriff „Frame Compatible Plano-Stereoscopic 3DTV (DVB-3DTV)“ herausgebracht (DVB Document A154) veröffentlicht und arbeiten bereits an der Phase 2. Die US-Initiative Advanced Television Systems Committee (ATSC) hat Mitte August angekündigt an einem 3D-TV-Standard zu arbeiten und die ITU (Internationale Fernmeldeunion) hat einen 3D-Report in Arbeit. Und in den USA haben Industriefirmen und Sender die „Full HD 3D Glases Initiative“ gegründet, die unter anderem von Panasonic, Samsung, Sony, X6D Limited (XPAND 3D), Philips, Sharp, TCL Corporation und Toshiba unterstützt wird. Ihr Präsident ist Jim Chabin. Ziel der Initiative ist es einen gemeinsamen Standard für 3D-Shutterbrillen und Monitore zu erarbeiten, die per Bluetooth oder Radiowellen miteinander kommunizieren, und zu lizensieren, um es dem Konsumenten zu ermöglichen herstellerunabhängig Brillen und Displays zu benutzen. Zurzeit verwendet jede Firma eine eigene, nicht mit anderen Herstellern kompatible Technik.
Bei der Vorstellung eines Überblicks über den Stand der Standards im 3D-TV-Bereich betonte Dietrich Westerkamp von der Deutschen TV-Plattform, dass es letztendlich darauf ankommen würde, dass die 3D-Inhalte korrekt produziert würden. „Inhalte in schlechter technischer Qualität schaden 3DTV, aber von den Inhalten hängt bei 3D alles ab“, sagte er bei einer Präsentation, die er mit dem Fazit schloss: „Der 3DTV-Hype flaut zwar etwas ab, aber das ist eher positiv zu bewerten, da man sich so besser auf Qualität und Fortentwicklung konzentrieren kann. 3D ist zu einem Faktum im Markt geworden. Es ist inzwischen überall drin, verteuert die Geräte nicht mehr wesentlich und es wird kontinuierlich an der Qualität der Displays gearbeitet.“
Thomas Steiger
(MB 10/2011)