Die Strategie, die Eishockey sichtbar macht

Der Deutschland Cup wird zur Bühne für ein Konzept, das Eishockey sichtbar macht: Nähe, Vertrauen, redaktionelle Präsenz, gezielt gesetzte Kameras und eine Distribution, die weit über die Arena hinausreicht. MagentaSport zeigt, wie man eine Tier-2-Sportart konsequent aufbaut.

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Multiviewer im Ü-Wagen beim Deutschland Cup 2025
Deutschland Cup: Blick hinter die Kulissen der Produktion von MagentaSport und thinXpool.

Im Eishockey ist der Deutschland Cup längst mehr als ein weiteres Turnier im Kalender. Für den Deutschen Eishockey-Bund ist er Standortbestimmung, für Spielerinnen und Spieler Schaufenster in Richtung Olympia – und für MagentaSport ein Labor, in dem sich zeigt, wie sich eine sogenannte Tier-2-Sportart dauerhaft wie ein Premiumprodukt inszenieren lässt.

Maximilian Waitl
Maximilian Waitl verantwortet die redaktionelle Umsetzung der Eishockeyübertragungen.

Der Zugang reicht bis in die heikelsten Räume der Arena. Wenn die Bundestrainerinnen und Bundestrainer ihre Teams in der Kabine einschwören, läuft die Ansprache live im Fernsehen. „Bei einem Fußballländerspiel wäre es völlig undenkbar, die Ansprache von Julian Nagelsmann vor oder nach dem Spiel live im Fernsehen zu zeigen“, sagt Maximilian Waitl, Redaktionsleiter Eishockey bei thinXpool, dem verantwortlichen Senderbetreiber für das Programm bei MagentaSport. „Wenn du beim Fußball nur mit einer Kamera in die Nähe der heiligen Kabine kommst, hast du ein echtes Problem.“

Beim Deutschland Cup in Landshut ist genau diese Nähe ein zentrales Asset. Sie zeigt, wie eng MagentaSport, Telekom und thinXpool mit Verband und Liga zusammenarbeiten – und wie stark das Vertrauen inzwischen ist.

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Eishockey als Langstreckenprojekt

Stefan Thelen ist seit 2017 Leiter Sport Content bei MagentaSport. Wenn er über Eishockey spricht, fällt als Erstes nicht das Wort Innovation, sondern Regelmäßigkeit. „Ich glaube, was die Basis ist, bevor man immer nach ganz vielen zusätzlichen neuen Geschichten sucht, ist erst mal die Regelmäßigkeit“, sagt er.

Seit 2016 produziert MagentaSport alle Spiele der PENNY DEL. 364 Hauptrundenspiele, rund 30 Partien im Pokal, dazu Playoffs, Nationalmannschaft, WM-Vorbereitung, Weltmeisterschaften, Nachwuchs. „Da kommst du im Jahr bei ungefähr 500, 520 Eishockey-Events raus, von August bis Ende Mai“, rechnet Waitl vor. Über die Jahre summiert sich das zu rund 5.000 Live-Events.

Stefan Thelen (li., MagentaSport) und Alexander Dechant (thinXpool)
Stefan Thelen (li., MagentaSport) und Alexander Dechant (thinXpool) über die Entwicklung der Eishockeyberichterstattung.

Diese Masse ist kein Selbstzweck, sondern die Grundlage für Reichweite und Community. „Das allein baut über die Zeit schon Reichweite, Community und Bühne auf“, sagt Thelen. Die Partner sind über lange Strecken die gleichen: NEP als technischer Produktionsdienstleister, thinXpool als redaktioneller Motor. Verlässlichkeit und Konstanz sind für ihn die Voraussetzung, um überhaupt über neue Formate und Innovationen nachdenken zu können.

Nähe statt Materialschlacht in der Regie

Vor Ort in Landshut wirkt die Produktion überschaubar – zumindest auf den ersten Blick. Es gibt keinen überdimensionierten Ü-Wagenpark, sondern ein klar definiertes Setup, das genau auf die Bedürfnisse des Turniers zugeschnitten ist.

Für die Spiele der deutschen Teams arbeiten thinXpool und NEP mit zehn Signalen. Kamera eins ist die Führungskamera, Kamera zwei eine Super-Slowmotion. In den beiden Ecken stehen zwei Handkameras mit langen Kabelwegen. Eine davon ist gleichzeitig Studio-Kamera, die andere begleitet Moderatorin, Reporterinnen und Reporter bis in die Kabinen. Dazu kommt eine Drahtloskamera, die aufs Eis geht, durch die Zuschauerreihen wandert und Stimmungen einfängt.

In der Regie des HD14 entsteht das Weltsignal für die nationalen und internationalen Partner.
In der Regie des HD14 entsteht das Weltsignal für die nationalen und internationalen Partner.

Hinter den Toren sind jeweils Kameras installiert, ergänzt um zwei Übertorkameras. Das Videobeweissignal für den Schiedsrichter-VAR fließt ebenfalls in den HD14 von NEP. Technisch läuft die 1080i-Produktion klassisch über SDI. Die Signale werden über zentrale Übergabepunkte in den Ü-Wagen geführt, nur die Funkkamera hängt an einer Stagebox.

Bei den nicht-deutschen Spielen sieht das Setup schlanker aus. Die beiden zusätzlichen Handkameras und die Drahtloskamera entfallen, der Kommentar wird von einem Einzelkommentator getragen. Das spiegelt die Erwartungshaltung im Heimatmarkt wider – und zeigt zugleich, wo MagentaSport die Prioritäten setzt. Deutsche Spiele sind inhaltlich breiter aufgestellt, mit Moderator, Reporterin, Expertin oder Experte und Kommentator im Zusammenspiel.

Der entscheidende Punkt: Die Produktion setzt nicht auf maximale Kamerazahl, sondern auf gezielt platzierte Perspektiven. Das ermöglicht live übertragene Kabinenansprachen, Wege aus der Regie direkt in die Teams und auf das Eis – und damit Bilder, die es im Fußball so nicht gibt.

Mit der Drahtloskamera entstehen Aufnahmen, die im Eishockey besonders wertvoll sind: echte Gesichter ohne Maske.

Aus einem Spiel werden tausend Clips

Die zweite Säule der Strategie liegt hinter den Kulissen. Dort, wo sich entscheidet, wie weit Bilder und Geschichten tatsächlich tragen.

„Das ist natürlich am Ende auch die Distribution der Inhalte, womit dieses Wachstum geschaffen werden kann“, sagt Thelen. Als MagentaSport 2016 mit Eishockey startete, war der Blick auf Sportrechte noch ein anderer: möglichst viel hinter der Paywall, um den Paywert der Rechte zu schützen. „Die Denkweise hat sich mittlerweile sehr gewandelt“, sagt er. Live-Rechte bleiben zwar das zentrale Bezahlprodukt, doch Teile daraus werden bewusst geöffnet.

Moderator Sascha Bandermann (re.) und Experte Patrick Ehelechner im Einsatz für MagentaSport.
Moderator Sascha Bandermann (re.) und Experte Patrick Ehelechner im Einsatz für MagentaSport.

Der Deutschland Cup läuft live und kostenlos bei MagentaSport und MagentaTV. Parallel werden die Signale an SportEurope TV weitergegeben, das die Spiele als Pay-per-View anbietet. International erhalten alle teilnehmenden Verbände das Weltsignal, teils klassisch via Satellit, teils per SRT-Stream.

Nach dem Abpfiff greifen zwei unterschiedliche Prozesse ineinander: thinXpool erstellt in der Content Factory in Ismaning die klassischen Highlights im Growing-File-Schnitt – ein Cutter und ein Redakteur bereiten das Material redaktionell auf und produzieren die Zusammenfassungen für MagentaSport.

Parallel dazu nutzt MagentaSport seit Jahren den externen KI-Dienstleister WSC Sports, dessen Software automatisiert Kurzclips erzeugt. „Content liegt in Echtzeit vorne auf einem Server und kann dann über künstliche Intelligenz in tausend Varianten geklippt und zusammengefasst werden und direkt in alle Kanäle distribuiert werden“, sagt Stefan Thelen. Dadurch entstehen zusätzliche Social- und Plattform-Clips, die weit über das Highlight-Format hinausgehen.

Zuletzt kamen digitale Out-of-Home-Screens hinzu. „Wichtig ist, dass wir die DEL überall dorthin bringen, wo digital Bewegtbild gezeigt wird.“, so Thelen. Für die Liga sei das enorm wertvoll, weil Sichtbarkeit zur Währung wird.

Blick in die Eishockeyhalle des Deutschland Cups 2025 in Landshut.

Eine Heimat für eine Sportart

Alexander Dechant, Geschäftsführer von thinXpool, beschreibt die Entwicklung als konsequenten Aufbau einer Heimat für den Sport. „Du hast eine Heimat geschaffen, nach und nach im ersten Schritt mal für Live. Also du weißt, wenn du Eishockey sehen willst, DEL oder Nationalmannschaft, dann gehst du zu MagentaSport.“

Früh entstanden parallel kürzere Magazine, Personality-Formate und Dokus. Ein Beispiel war „Kühlbox Live“ mit Patrick Ehelechner, damals noch in der Facebook-Live-Zeit. Die Idee: Spieler ohne Maske zeigen, sie zu Hause besuchen, in Kühlschränke und Wohnzimmer schauen, Charaktere nahbar und bekanntmachen.


Vor fünf Jahren noch die „Kühlbox Live“ im Facebook-Live-Format, heute unter „#EishockeyDeutschland“ – näher lässt sich der Sport kaum erzählen.


Heute läuft dieses Prinzip unter dem Dach „#EishockeyDeutschland“. Das serielle Format soll den Bogen spannen von den A-Nationalmannschaften der Frauen und Männer über die U20 und U18 bis hinunter in den Amateurbereich. Ziel ist, die „ganze Palette des deutschen Eishockeys“ zu zeigen und den Zugang so niedrigschwellig wie möglich zu halten – auch mit Blick auf die Heim-WM 2027.

Ein wichtiger Baustein ist das Archiv. thinXpool begleitet Eishockey bereits seit 2012 und hat ein großes Bandarchiv digitalisiert. „Alles, was seit der Zeit mit Telekom und Servus TV entstanden ist, liegt bei uns“, sagt Dechant. Historische Bilder, Tore, Meisterschaften – all das lässt sich heute in neue Geschichten einbetten. „Das ist eines der Assets der Liga, dass du eine historische Identität aufbaust.“

Dass aus einzelnen Ausschnitten über Jahre hinweg erzählerische Linien entstehen, kennt man nicht nur aus den US-Profiligen. Auch der deutsche Fußball arbeitet seit vielen Jahren mit einem zentralen Archiv: Sportcast betreibt dafür den DFL Media Hub, die als größte digitale Fußball-Bewegtbilddatenbank der Welt gilt. Genau dieses Prinzip – historische Momente systematisch vorzuhalten und wieder nutzbar zu machen – bildet die Grundlage für langfristige Spieler- und Ligageschichten.

Basti Schwele beim Kommentar, im Hintergrund die zentrale Kamera­position.
Basti Schwele beim Kommentar, im Hintergrund die zentrale Kamera­position.

Gesichter, Frauen, Nachwuchs

Eishockey hat es den TV-Macherinnen und Machern nicht immer leicht gemacht. Masken, kleinere Spielfläche, schnelles Tempo – vieles davon erschwert Identifikation. „Was trotzdem immer hilft, sind Persönlichkeiten, Gesichter und Namen“, sagt Thelen.

Deshalb inszeniert MagentaSport nicht nur Spiele, sondern auch Spielerinnen und Spieler. Bereits im linearen TV wurden Elemente wie die Starting Six eingeführt, in denen alle ohne Maske zu sehen sind. Dazu kommen Reportagen über Clubs, Dokus über Profis wie zum Beispiel Moritz Müller oder Langzeitbegleitungen von Talenten.

Besonders sichtbar sind aktuelle Effekte im Fraueneishockey. Früher hätten die Nationalspielerinnen teils vor sehr kleinem Publikum gespielt, heute liefen die Spiele multilateral und erreichten ein wesentlich größeres Publikum, erzählt Dechant. MagentaSport hat das Frauen Eishockey in den letzten Jahren bei den Weltmeisterschaften und in diesem Jahr bei der erfolgreichen Olympia Quakifikation eng begleitet und die positive Entwicklung mit angeschoben. Geholfen haben auch die gemeinsam ausgetragenen Turniere der Herren und Frauen Teams beim Deutschland Cup.

Drahtloskamera auf dem Eishockey-spielfeld
Mit der Drahtloskamera entstehen Aufnahmen, die im Eishockey besonders wertvoll sind: echte Gesichter ohne Maske.

Auch der Nachwuchs ist seit Jahren ein fester Bestandteil im Eishockey Programm von MagentaSport. Übertragen werden die U18 Weltmeisterschaften und jedes Jahr Ende Dezember die U20 WM, das Treffen der besten Nachwuchsspieler der Welt und immer auch ein Sprungbrett für die Talente bis hin zur NHL.

Gleichzeitig spüren viele Vereine eine steigende Nachfrage. „Die Vereine sind jetzt voll. Kinder müssen nach Hause geschickt werden, weil die Hallenzeiten nicht ausreichen“, sagt er. Für ihn zeigen beide Entwicklungen, wie stark die neue Sichtbarkeit und der Erfolg der Nationalmannschaft in unterschiedliche Bereiche des Sports hineinwirkt.

Zwischen Remote Produktion und Hallenluft

Technologisch steht Eishockey vor den gleichen Umbrüchen wie viele andere Sportarten. Remote-Produktion und Automatisierung werden an Bedeutung gewinnen. „Es ist offensichtlich, dass die Art der Produktion sich bei diesen Regelthemen verändern wird, dass man wahrscheinlich mit weniger Menschen in Zukunft einzelne Events produzieren wird“, sagt Thelen.

Für ein Unternehmen wie die Telekom, das Konnektivität im Kern hat, ist das mehr als nur ein Kostenthema. „TV-Produktionen sind mittlerweile auch Konnektivität und hochverfügbare Leitungen. Von der Arena bis der Kunde nachher das Livespiel auf dem Smartphone oder zu Hause sieht, ist es ein komplett durchdigitalisierter Prozess“, beschreibt er.

Blick in die Tonregie des HD14 von NEP.
Blick in die Tonregie des HD14 von NEP.

Auf seiner Wunschliste stehen 5G-Campusnetze für Venues. „Ich finde, ehrlicherweise, diese Campus-Netze 5G wären für TV-Produktionen ein Traum“, sagt Thelen. Noch ist der Aufbau solcher Netze aufwendig, doch die Richtung ist klar: Mehr Flexibilität für drahtlose Kameras, effizientere Produktionsketten, mehr Möglichkeiten für Remote-Setups.

Gleichzeitig wollen thinXpool und MagentaSport die redaktionelle Präsenz vor Ort keinesfalls aufgeben. Kommentatoren wie Basti Schwele leben von der Nähe zu Teams, Trainern und Managern. „Der Zuschauer merkt das natürlich. Er weiß, wir sind Ort“, sagt Dechant.

Für Thelen bleibt genau diese Nähe eine zentrale Währung in einem überfüllten Medienmarkt. Menschen hätten heute „unglaublich viele Möglichkeiten, sich in derselben Zeit berieseln zu lassen.“ Umso wichtiger sei es, klare Bezugspunkte zu bieten – und einer Sportart konsequent ein Zuhause zu geben.

Am Deutschland Cup in Landshut lässt sich beobachten, wie das aussehen kann: keine Materialschlacht, sondern ein schlau konstruiertes Setup, eine enge Partnerschaft zwischen Telekom, MagentaSport, thinXpool, NEP, Liga und Verband – und eine Distribution, die den Sport weit über die blaue Linie der Arena hinausträgt.