Großes Fernsehen fürs Großherzogtum

135 Kameras, IP-Remote-Workflows, 5G-Zellen und ein sternförmiges Glasfasernetz: Luxemburgs Thronfolge wurde zu einer TV-Produktion, die Maßstäbe setzt. BCE übernahm die Rolle des Hostbroadcasters, TV SKYLINE lieferte die technische Infrastruktur.

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Thronfolge in Luxemburg
Die Thronfolge in Luxemburg wurde zum Schauplatz für eines der aufwendigsten TV-Events in der Geschichte des Landes. ©TV SKYLINE

Als Großherzog Henri von Luxemburg am 3. Oktober 2025 abdankte und seinem Sohn Guillaume die Regierung übergab, war es nicht nur ein historischer Moment für das Großherzogtum – es bedeutete auch eine logistische Meisterleistung für die Broadcast-Teams vor Ort. BCE koordinierte im Auftrag der luxemburgischen Regierung die internationale Fernsehproduktion. TV SKYLINE stellte als technischer Partner die gesamte Produktionsarchitektur: von der Kamera bis zum Signalrouting, von IP-basierten Layer-2-Strukturen bis zur vollintegrierten Remote-Regie.

Xavier Thillen
Xavier Thillen, Head of Production & Digital Media Operations bei BCE. ©BCE

„Unser Ziel war es, ein visuell starkes, technisch einwandfreies und journalistisch neutrales Signal zu liefern, das sowohl die staatstragende Würde als auch die bürgernahe Emotionalität dieses Moments einfängt“, sagt Xavier Thillen, Head of Production & Digital Media Operations bei BCE. „Die Übergabe war ein Ereignis von nationaler Tragweite – entsprechend hoch war der Anspruch an die Umsetzung.“

Vom Place Guillaume II aus in alle Welt

Das Herzstück der Produktion lag auf dem Place Guillaume II, direkt gegenüber dem großherzoglichen Palast. Dort stand der Ü-Wagen Ü7 von TV SKYLINE, der als zentrales Steuerzentrum für die gesamte Fernsehproduktion fungierte. Alle Signale – auch von weit entfernten Außenstandorten – liefen hier zusammen. Die IP-Architektur basierte auf einem sternförmig organisierten Layer-2-Glasfasernetz, eingerichtet von LuxConnect und betrieben durch LuxNetwork.

TV SKYLINE Ü7 Regie
Blick in den Ü-Wagen Ü7: Hier liefen alle Signale zusammen – auch von über einem Dutzend Remote-Standorten. ©TV SKYLINE

Die Bildregie der Zeremonien übernahm Christian Fischer, Senior Producer bei der RTL Group. Aus dem Ü7 heraus steuerte er allein die Live-Inszenierung in der Stadt und band gleichzeitig die Remote-Feeds in das offizielle Weltsignal ein – ohne zusätzliche Regieassistenz oder Assistenzsysteme.

An den Außenstandorten – darunter Wiltz, Grevenmacher, Steinfort und Düdelingen – waren nur Kameras, Bildtechnik und CCUs vor Ort. Regie, Intercom, Tally, Audio und Aufnahmeleitung liefen über dedizierte Layer-2-Tunnel vollständig remote aus dem Stadtzentrum.

„Wir haben über Haivision Makito X4-Encoder 45 Kamerasignale von den Remote-Locations live in die Regie transportiert – inklusive Programm-Returns, Tally, Steuerdaten und Intercom“, erklärt Laurent Schiltz, technischer Gesamtleiter bei TV SKYLINE. „Zusätzlich haben wir unsere eigene TVS Audio Connect-Technologie genutzt, um bis zu 64 Audiokanäle bidirektional über das Layer-2-Netz zu führen.“

Zwei Tage, über ein Dutzend Schauplätze

Scorpio 45 von PMT
Auch ein Scorpio 45 Kamerakran von PMT kam bei der Inszenierung zum Einsatz. ©TV SKYLINE

Die TV-Produktion gliederte sich in zwei Haupttage: Am Freitag begleitete das Team den neuen Großherzog durch die Stadt Luxemburg – vom Palast zur Chambre des Députés, weiter zum Rathaus, zur Bühne auf dem Place d’Armes und zum Empfang im Cercle Cité. Dort entstand das erste große Worldfeed: Mit 26 Kameras – darunter Steadicams, HF-Handkameras, Teleskopkräne, Remotes und klassische Kamerazüge – bildete TV SKYLINE die Übergabezeremonie aus allen Blickwinkeln ab.

Am Abend folgte das Galadinner mit Staatsgästen im Palast – ebenfalls in voller Länge übertragen. Über 16 zusätzliche Kameras, darunter Innenkräne, Remote-Kameras und Steadies, begleiteten Ansprachen, Fototermine und den Einzug der Gäste über den roten Teppich. Auch diese Tagesproduktion steuerte das Team vollständig aus dem Ü7.

Der zweite Tag: quer durchs Land – per Remote

Am Samstag begab sich der neue Großherzog auf eine Rundreise durch das Land – mit Stationen in Grevenmacher, Wiltz, Steinfort und Düdelingen. An jedem Ort setzte das Produktionsteam ein eigenes Live-Event um, jeweils mit fünf bis neun Kameras. Die Standorte unterschieden sich stark – vom Fußballplatz über ein Pflegeheim bis zur Schlossbühne mit Theateraufführung. Gemeinsam war allen: Die Produktionen liefen vollständig remote – ohne lokale Regie oder Tonmischung.

„Vor Ort hatten wir jeweils nur eine Bildtechnik – Kameras, CCUs und Konverter“, so Schiltz. „Das gesamte Signalrouting, Audio, Intercom, Tally und die Produktionssteuerung liefen zentral aus der Stadt. Für ein Projekt dieser Größe war das ein Novum.“

Vom Palast bis zur Provinz: Die Broadcast-Produktion verband Symbolik, Technik und Public Value. ©TV SKYLINE

Am Abend folgte das Finale: eine aufwendig inszenierte Show auf der Roten Brücke und der 360-Grad-Bühne im Glacis – produziert mit 46 Kameras, darunter ein Moviebird 45 auf einem Gator-Fahrzeug, zwei Agito MagTrax Dollies, Towercam, Drohnen und mobile Steadies. Die Regie verantwortete Hans Pannecoucke gemeinsam mit seinem Team. Auch hier lief das finale Signal über das Layer-2-Netz in den Ü7 zurück und wurde von dort aus an Eurovision und ENEX übergeben.

Präzision aus der Luft

Ein entscheidender Bestandteil der Inszenierung waren die Drohnenbilder. TV SKYLINE beauftragte für diese Aufgabe die theis.media GmbH, die drei vollwertige Broadcast-Systeme der Inspire-Klasse einsetzte. Die Besonderheit: Die Drohnen basierten auf DJI-Inspire-Frames, wurden jedoch vollständig modifiziert – mit Proton-Kameras, DTC Pico-Funkstrecken von Domo Tactical, eigener Telemetrie und RCP-Steuerung aus dem Ü-Wagen.

„Wir nennen das eine gimbal-gesteuerte Drohne in der Inspire-Klasse“, sagt André Theis, Geschäftsführer von theis.media. „Wir nutzen nur den Frame, den Rest bauen wir selbst – inklusive Receiver-Platinen, Sender und Kamerasteuerung. So lässt sich das Bild in der Regie exakt aussteuern und an andere Kameras angleichen.“

Drohnen von theis.media
Drohnenteams von theis.media begleiteten die Zeremonien mit modifizierten Inspire-Systemen in Broadcast-Qualität. ©theis.media

Zum Einsatz kamen die Systeme vor allem in der Live-Übertragung von der Roten Brücke und vom Glacis. Dort lieferten sie stabile Luftbilder mit sauberem Framing – etwa beim Gang des Großherzogs über die Brücke oder während der Bühnenauftritte.

„Wir hatten einen Steiger mit Antennenpositionen, eine lückenlose HF-Abdeckung, eigene Frequenzen und sämtliche Freigaben“, erklärt Theis. „Gerade bei einem royalen Event wie diesem ist die Abstimmung mit Behörden, Luftaufsicht und Sicherheitsdiensten extrem aufwendig. Es gibt Vorbesichtigungen, Notfallpläne, Luftsperrzonen – das war echte Präzisionsarbeit.“

Smartphones, 5G und der Balkonblick

Ein weiteres Highlight war der Einsatz eines privaten 5G-Netzes, das speziell für das TV-Event eingerichtet wurde. Sechs iPhone 16 Pro integrierte das Team über eine eigene 5G-Zelle in die Liveproduktion. Sie begleiteten den neuen Großherzog aus ungewöhnlichen Perspektiven – etwa beim Gang über die Rote Brücke. Zusätzlich positionierte TV SKYLINE eine 5G-Beauty-Kamera rund einen Kilometer entfernt, um das Geschehen aus der Totale zu zeigen.

Live inszeniert: Die großherzogliche Ankunft mit der Tram markierte den Übergang zum abendlichen Bühnenprogramm. ©BCE

„Die Smartphones wurden bewusst eingesetzt, um ein jüngeres, dynamischeres Bildgefühl zu erzeugen“, sagt Schiltz. „Sie waren auf Gimbals montiert und von jungen Kamerateams geführt, die die Perspektive von Teilnehmern im Festzug einnahmen.“

Die gesamte 5G-Campus-Infrastruktur stellte TV SKYLINE bereit: Das Unternehmen besitzt zwei eigene 5G-Zellen und konnte so die drahtlose Kameraintegration vollständig kontrollieren.

Neben den innovativen Ansätzen kam auch klassische Infrastruktur zum Einsatz – darunter Supertechno-Kräne mit 30 und 45 Fuß Länge, PTZs, Dollys und HF-Handkameras.

Media House, Streamings, Studio

Direkt gegenüber dem Palast: Ü-Wagen, SNGs und Studio bildeten das Rückgrat der Übertragung. ©BCE

Parallel zur Liveproduktion koordinierte BCE von einem temporären Media House auf dem Place Guillaume II die internationale Distribution. Der Standort bot nicht nur einen direkten Blick auf den Palast, sondern war auch funktional breit aufgestellt – mit SNG-Positionen, Übersetzerplätzen, einem Studio für RTL Télé Lëtzebuerg sowie mehreren Kommentatorenkabinen.

Das Encoding der insgesamt zwölf parallelen Livestreams – in unterschiedlichen Sprachen und barrierefreien Varianten – übernahm TV SKYLINE direkt vor Ort. Die anschließende Online-Distribution erfolgte über BCEs Streamingplattform Streamcaster.

RTL Télé Lëtzebuerg nutzte das internationale Hostsignal als Grundlage für ein eigenständiges nationales Programm – mit Live-Schalten, Studiogesprächen und zusätzlichen Einordnungen aus dem Media House.

Ein Team, ein Signal, ein historischer Moment

Rund 280 Personen arbeiteten an den drei Produktionstagen – davon allein 184 im Team von TV SKYLINE. Hinzu kamen Drohnenteams, Netzwerkpartner, Toningenieure, Kamera- und Lichtcrews. Das Zusammenspiel dieser Gewerke funktionierte auf hohem technischem Niveau – mit klaren Zuständigkeiten, reibungsloser Kommunikation und durchdachter Redundanz.

„Jede Location hatte eigene Anforderungen – vom Palast bis zur Opernsängerin auf dem Bankgebäude. Aber es hat alles funktioniert“, sagt Schiltz. „Und wenn doch ein Kabel durchtrennt worden wäre – wir hatten an jedem Ort eine Backup-Übertragung über 5G oder das öffentliche Internet mit Haivision Pro460 Video-Transmittern vorbereitet.“

Eine Produktion dieser Größenordnung hatte Luxemburg noch nicht gesehen. Und sie dürfte Maßstäbe setzen – technisch, logistisch und kommunikativ.